184
Dritte Periode des Mittelalters.
Recht der Königsrvahl übten. Es waren die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, die Kurfürsten von Sachsen, der Pfalz, Brandenburg und Böhmen. Die geistlichen Kurfürsten begleiteten die Kanzlerwürden der drei Reiche Deutschland, Italien und Burgund, die weltlichen die Ämter des Truchseß, Marschalls, Kämmerers und Mundschenks. Die rheinischen Kurfürsten von Köln, Mainz und der Pfalz wählten den Bruder des englischen Königs Heinrichs Iii., den mit den Welfen und Hohenstaufen verwandten Richard von Cornwallis, die übrigen Kurfürsten wählten den weisen Alfons von Kastilien, einen Enkel Philipps von Schwaben. Aber keiner von Leiden konnte allgemeine Anerkennung im Reiche finden. Richard zog einige Male den Rhein hinauf, verschenkte Schätze und Königsrechte an seine Wähler und fand Anhang, bis in Basel seine Mittel erschöpft waren, worauf er verlassen in sein Land zurückkehren konnte. Alfons betrat nie das Reich, dessen König er geworden war. Die Zeit von Wilhelms Tod bis zur Wahl Rudolss von Habsburg (1256—1273) heißt darum Interregnum (Zwischenreich). Es war eine Zeit des Schreckens für das Reich, wo das Recht mit Füßen getreten wurde und die Faust oder das Schwert entschied. Zucht und Ordnung waren gewichen, Fürsten und Städte lagen in beständiger Fehde, die Ritter hausten auf ihren Burgen wie Räuber und Mörder, überfielen die Kaufleute, wenn diese mit ihren Waren zu den Messen und Märkten zogen, trieben Zölle und Brandschatzungen ein und machten Gefangene, wo sie konnten, um Lösegeld zu erpressen. Da in dieser kaiserlosen, schrecklichen Zeit jeder sich selbst Schutz schaffen mußte, so bildete sich das Städtewesen (§. 41) weiter aus: 1254 entstand der rheinische Städtebund, der über 60 Städte den Rhein entlang umfaßte und im 14. Jahrhundert in den schwäbischen Bund (§. 36, 4) überging. In Westfalen suchte das Fehmgericht (§. 41) unter dem Schutze des Erzbischofs von Köln Gesetz und Recht zu wahren; im Norden entfaltete die deutsche Hansa (§. 41) weit über die Grenzen des Reiches hinaus eine bedeutende Macht zu Lande und zu Meere. Aber nur ein thatkräftiger deutscher Kaiser konnte das Reich vor gänzlichem Verfall bewahren.
§• 28. Jxan&reitfi, England", Spanien,
1. Frankreich.
Die Äapetinger, welche von 987—1328 über Frankreich regierten, hatten anfangs wenig Macht und Ansehen, da die Herzöge und Grafen des Reichs ihnen bis auf den königlichen Titel gleichstanden. Zudem gehörten
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Sachsen Brandenburg Deutschland Italien Burgund Mainz Rhein Basel Rhein Westfalen Spanien Frankreich
218
Vierte Periode des Mittelalters.
von Böhmen, der allein eine ausreichende Macht zu dieser Würde zu haben glaubte und daher selbst auf die Krone gehofft hatte, war der Wahl fern geblieben und spottete jetzt über den armen Grafen, der Herr und Haupt der deutschen Fürsten sein solle.
Rudolf war, als er in seinem 55. Jahre auf den Thron erhoben
wurde, eine stattliche Erscheinung. Der kleine, dünnbehaarte Kopf wurde durch eine hohe Stirn und lebhafte Augen geziert, aus dem blassen Gesichte trat eine große Adlernase hervor, die starke Unterlippe kennzeichnet noch heute die Habsburger.
Er war gerade in einer Fehde mit dem Bischof von Basel
begriffen, dessen Bürger einige von seinen Leuten erschlagen hatten,
und lag mit seinem Kriegsvolke vor der Stadt; da weckte ihn einst in der Nacht sein Schwager Friedrich von Zollern und teilte ihm das Ergebnis der Wahl mit. Als der Bischof von Basel die un-
erwartete Kunde vernahm, rief er bestürzt aus: „Lieber Herr Gott, setze dich fest auf deinen Thron, sonst holt dich der auch herunter!" Die Belagerung von Basel wurde aufgehoben, die Stadt öffnete dem Kaiser die Thore und schenkte ihm 9000 Mark Silber als Beitrag zu den Krönungskosten. Rudolf begab sich hierauf mit einem großen Gefolge nach Aachen, wo ihn der Erzbischof von Köln krönte. Bei dieser feierlichen Handlung bekundete er aufs neue seinen frommen Sinn. Als Rudolf nach der Krönung den Fürsten die Belehnung mit dem Zepter erteilen sollte und dasselbe fehlte, nahm er das
Kruzifix vom Altar, küßte es und sprach: „Dies Zeichen, in welchem die ganze Welt erlöst wurde, kann wohl ein kaiserliches Zepter vertreten!" Die Fürsten küßten das Kreuz und empfingen mit demselben die Belehnung. Festlichkeiten aller Art verherrlichten die Krönung, und Kurfürsten verrichteten die Ehrendienste. Zum erstenmale wurde ein mit Wildpret gefüllter Ochse für das Volk gebraten; 2000 Mark Silber empfing die Volksmenge, und 5 Tage währte das Turnier.
Nach der Krönung schrieb Rudolf an den Papst. Er sagte der Kirche seinen Schutz zu und versprach, sich der Eingriffe in die Angelegenheiten Unteritaliens zu enthalten, worauf ihn der Papst als rechtmäßigen König anerkannte und Alfons von Kastilien zur Verzichtleistung auf den deutschen Thron bewog. Von einem Römerzug sah deshalb Rudolf ab, er begnügte sich mit der Huldigung der Lombarden und richtete seine ganze Kraft auf die Ordnung und Besserung der Verhältnisse in Deutschland. Als er auf feinem Königsritt durch das Land von Bürgern und Bauern allerorten Klagen über Willkür und Wegelagerei, welche Adlige trieben, vernehmen mußte, gab er strenge
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Extrahierte Ortsnamen: Basel Basel Basel Aachen Deutschland
236
Vierte Periode des Mittelalters.
Eberhards des Greiners Sohn, den Grafen Ulrich von Württemberg in der Schlacht bei Reutlingen 1377. Karl erlebte kurz vor seinem Tode 1378 noch die Freude, daß sein Sohn Wenzel zu seinem Nachfolger erwählt wurde. Nun schienen Macht und Glanz des luxemburgischen Hauses, wofür er gelebt und gewirkt hatte, dauernd begründet zu sein.
4. Die letzten luxemburgischen Kaiser.
Wenzel 1378 — 1400 war nicht ohne Bildung und zeigte im Anfang seiner Regierung auch die Absicht, den wilden Ausbrüchen des Faustrechts und den in der Kirche entstehenden Spaltungen entgegenzutreten ; aber es fehlte ihm an der nötigen Umsicht und Thatkraft. Da er nicht gleich mit Erfolg durchdringen konnte, zog er ein bequemes Leben den Reichsgeschästen vor, überließ sich dem Müßiggang, wurde jähzornig, grausam und fand nur noch Gefallen an wüstem Jagdleben und zügellosem Treiben. In seiner Umgebung befand sich gewöhnlich eine Koppel großer Jagdhunde, unter deren Bissen sogar seine erste Gemahlin Johanna von Bayern (§. 42, 10) ihr Leben aushauchte.
Brandenburg überließ er seinem geldbedürftigen Bruder Sigismund als Lehen, der die Mark seinem Vetter Jobst von Mähren bis zu dessen Tode 1411 verpfändete. In Süddeutschland wütete während seiner Regierung der große Städtekrieg (1377 — 1388), ohne daß Wenzel thatkräftig für die Beilegung desselben auftrat. Die unter seinem Vater und nach dessen Tode entstandenen einzelnen Städtebündnisse in Schwaben, Franken, am Rh ein und in Hessen schlossen sich nämlich zur Wahrung des Landfriedens und zum Schutze vor dem Raubadek, der vom Wegelagern (vom Stegreif) lebte, zu einem großen, über 70 Städte umfassenden Stä dtebun d zusammen, dem auch die Schweizer Eidgenossenschaft beitrat. Die Folge war, daß die Ritterschaft nun auch Ritterbündnisse, wie den Schlegler-, Löwen-, St. Georgsbund re. bildete. Bald gerieten beide Bündnisse in hartnäckige und grausame Kämpfe miteinander, fodaß Gesetzlosigkeit und Faustrecht die schlimmsten Zustände im Reiche herbeiführten. Als Leopold Iii. von Östreich in der Schweiz die östreichische Herrschaft wieder ausrichten wollte, wurde er von der Eidgenossenschaft bei Sempach 1386 besiegt (§. 35, 2) und fiel mit einem großen Teil der östreichischen Ritterschaft. Der Erfolg der Schweizer trieb auch die freiheitsliebenden
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§. 28, 2. England.
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dem Eroberer (1066—1087) brachen wiederholt Empörungen aus, die niederzuwerfen seine ganze Kraft erforderten. In den dadurch entstehenden Kämpfen wurden die vornehmsten angelsächsischen Adelsfamilien ausgetilgt und ihre Güter und Ämter gingen an die Normannen über. Wilhelm führte einen neuen Lehnsadel ein, begründete eine strenge Lehnsverfassung und erhöhte die Abgaben an die Krone.
Ihm folgte in der Normandie sein ältester Sohn Robert, in England sein zweiter Sohn Wilhelm Ii. (1087—1100), der die Einrichtungen seines Vaters aufrecht erhielt. Aber dessen Bruder Heinrich I. (1100 —1135) und ihr Neffe Stephan (1135 bis 1154) waren genötigt, Kronrechte aufzugeben und an Adlige und Geistliche Freibriefe zu bewilligen. Mit Wilhelms des Eroberers Urenkel Heinrich Ii. kam das Haus Anjou oder Plantagenet (1154 bis 1399) in England zur Regierung.
Heinrich Ii. (1154 — 1189) vereinigte mit England die Normandie und die südlich davon gelegenen Küstenländer als Lehen Frankreichs. Er befestigte die Ruhe und Ordnung in seinem Reiche, zerstörte die Raubschlösser und ordnete das Gerichtswesen. 1172 eroberte er Irland, und der König von Schottland mußte ihm den Lehnseid leisten. Als er die Geistlichkeit in weltlichen Dingen der königlichen Gerichtsbarkeit unterstellen, die Berufung nach Rom und die Exkommunikation von seiner Einwilligung abhängig machen wollte, widersetzte sich ihm sein vormaliger Kanzler und Freund Thomas Becket von Canterbury, wurde aber durch vier Diener des Königs, die in die Kirche eindrangen, an den Stufen des Altars ermordet. Obgleich Heinrich dem Frevel fern stand, so benutzte doch der Papst diesen Vorfall zum Nachteil des Königs und drohte mit dem Bann. Heinrich mußte sich der Kirche unterwerfen. Knieend beteuerte er seine Unschuld und pilgerte einige Jahre später zu dem Grabe des heilig gesprochenen Erzbischofs, wo er sich von den Mönchen geißeln ließ und die Nacht auf dem Pflaster der unterirdischen Kirche zubrachte.
Richard Löwenherz (1189 —1199), Heinrichs Nachfolger, war ein unbesonnener, heftiger und leidenschaftlicher Fürst und verband mit der größten Tapferkeit einen höchst abenteuerlichen Sinn, Rachsucht und Grausamkeit. Er vereitelte den dritten Kreuzzug, wurde ein Jahr lang in Deutschland gefangen gehalten und brachte die folgenden Jahre in seinen Besitzungen in Frankreich zu, wo er gegen Philipp August kämpfte und bei der Belagerung der Burg eines untreu gewordenen normannischen Vasallen seinen Tod fand.
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§. 25, 1. Der erste Kreuzzug.
147
Eroberung Jerusalems 1099. Nach der Befreiung Antiochiens stritten sich die Fürsten über den Besitz der Stadt und vergeudeten in Streifzügen Zeit und Kräfte. Daher kämen die Kreuzfahrer, etwa noch 20 000 Fußgänger und 1500 Reiter stark, erst ein Jahr später vor Jerusalem an. Als sie am 6. Juni 1099 endlich von einer Anhöhe bei Emaus die heilige Stadt erblickten, fielen sie auf die Kniee und dankten Gott für diese Gnade. Alle Mühsale und Entbehrungen, die sie erduldet, waren nun vergessen. Schon nach wenigen Tagen wurde ein allgemeiner Sturm gewagt und die erste Ringmauer erobert; allein der gänzliche Mangel an Belagerungsgerät zwang sie zur Umkehr. Da fanden sie in einem Gehölze bei Bethlehem Holz zu Sturmleitern und Mauerbrechern, und jeder half und wußte kaum sich selbst zu genügen, um das große Ziel zu erreichen. Doch bei einer unerträglichen Hitze trat ein peinigender Durst ein, denn alle Quellen waren versiegt, der Bach Kidron vertrocknet, und die einzige Quelle Silos spendete ungenießbares, salziges Wasser. In dieser Not erschien eine genuesische Flotte mit reichlichen Vorräten aller Art und trefflichen Werkleuten. Ein neuer Sturm wurde versucht, aber abgeschlagen. Schon am folgenden Tage wurde derselbe mit aller Kraft erneuert; unter dem Rufe: Gott will es! drangen die Christen über die Mauern ein, öffneten die Thore und wurden nach grausamem Morden (15. Juli 1099) Herrn der Stadt. Nachdem sich die Pilger vom Blute und Staube gereinigt hatten, zogen sie zur Aufersiehungskirche, lobten Gott und dankten ihm, daß er ihre Gebete erhört hatte.
Um den Besitz der heiligen Stätte zu sichern und den Samen der Zwietracht unter den Führern zu ersticken, beschlossen die Kreuzfahrer jetzt, einen König zu wählen. Die Wahl traf den Würdigsten, Gottfried von Bouillon. Allein der bescheidene Held wollte da, wo der Erlöser die Dornenkrone getragen, keine Königskrone annehmen und nannte sich deshalb nur Beschützer des heiligen Grabes. Er ordnete dann die Regierung des Landes nach den Grundsätzen der abendländischen Lehnsverfassung. Ein Heer des ägyptischen Sultans, welches den neugegründeten christlichen Staat von Süden her bedrohte, schlug er (August) 1099 bei Askaion. Aber schon im folgenden Jahr erlag er dem ungewohnten Klima und den heftigen Anstrengungen. Nun wurde fein Bruder Balduin als König von Jerusalem fein Nachfolger. Er eroberte, unterstützt von Flotten aus Genua und Pisa, Akkon und Tripolis und gebot über Jerusalem, die Grafschaften Tripolis, Edessa und das Fürstentum Antiochia.
10*
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§. 34. Rudolf von Habsburg.
217
§. S4. üutfotf uon Msßiirg 127z—im.
Während der schrecklichen Zeit des Interregnums waren Jammer und Not über das deutsche Reich gekommen, und dieses mußte seiner vollen Auflösung entgegengehen, wenn nicht bald eine kräftige Hand die Zügel erfaßte und Gesetz und Recht darin wieder zur Geltung brachte. Daher gab Papst Gregor X., als Richard von Cornwallis 1272 gestorben war, in Deutschland die Anregung zur Wahl eines neuen Reichsoberhauptes, und die Kur- oder Wahlfürsten beschlossen, einen deutschen Fürsten an die Spitze des Reiches zu erheben, der Macht genug besitze, den gesetzlosen Zuständen darin ein Ende zu machen und wieder geordnete Zustände zu schaffen, der aber auch nicht allzusehr begütert sei, damit sie nicht zu befürchten hatten, die Kron-rechte und Reichsgüter wieder zu verlieren, die sie sich, wie viele andere deutsche Fürsten, während der „kaiserlosen" Zeit angeeignet hatten. Der kluge und besonnene Erzbischof von Mainz, Werner von Eppenstein, entbot die Kurfürsten zu einem Wahltage nach Frankfurt. Dort lenkte er im Verein mit dem Burggrafen von Nürnberg, dem vaterländisch gesinnten, thatkräftigen Friedrich Hi. von Hohenzollern, die Aufmerksamkeit der Wähler auf dessen Schwager, den Grafen Rudolf von Habsburg, der in der Schweiz und im Elsaß ansehnlich begütert und durch seine Tapferkeit, Frömmigkeit und Leutseligkeit bekannt war. Der Erzbischof selbst hatte Rudolfs frommen Sinn und seine Zuneigung zur Kirche und Geistlichkeit kennen gelernt. Als nämlich Werner einst hatte nach Rom gehen wollen, um den bischöflichen Mantel daselbst in Empfang zu nehmen, hatte ihn Rudolf in Straßburg abgeholt und sicher über die Alpen geleitet. Darum hatte ihm auch Werner beim Abschiede dankend zugerufen: „Wollte Gott, Herr Graf, ich lebte nur so lange noch, um Euch für den mir erwiesenen Dienst reichlich belohnen zu können." Ebenso rühmte Werners Kaplan Rudolfs Frömmigkeit. Denn als jener ehedem in der Schweiz mit dem heiligen Sakramente zu einem Kranken wollte und durch einen angeschwollenen Waldbach zu waten genötigt war, übergab ihm der hinzukommende Graf demutsvoll sein eigenes Roß und widmete es bei der Rückgabe dem Dienste dessen, von dem er selbst Seele und Leib, Ehre und Gut zu Sehen empfangen.
Nachdem Rudolf den deutschen Fürsten den Fortbestand ihres Besitzes und der sich beigelegten Rechte zugesagt hatte, wurde er 1273 in Frankfurt einhellig zum deutschen Kaiser gewählt; nur Ottokar
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Extrahierte Ortsnamen: Nassau Nassau Rudolfs Frankfurt Mainz Rhein Italien Frankreich England Frankreich Thüringen
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Vierte Periode des Mittelalters.
der Fürsten durch Heranziehung der Städte zu brechen, zu deren Gunsten er die Rheinzölle aufhob. Als er seine Hausmacht durch Holland und Seeland vergrößern wollte, wo die männliche Linie des regierenden Grafenhauses ausgestorben war, drang er nicht durch, sondern mußte die Länder der weiblichen Linie des Hauses Avesnes überlassen. Böhmen gab er zwar, nachdem Ottokars Enkel Wenzel Iii. ohne Nachkommen gestorben war, 1306 seinem Sohne Rudolf als Reichslehen; doch nach dessen Tode (1307) weigerten sich die böhmischen Stände, wieder einen Ostreicher zum König anzunehmen und beriefen den Herzog Heinrich von Kärnten, den Schwager Wenzels und Sohn Meinhards von Tirol zur Regierung. Thüringen und Meißen suchte er dadurch zu gewinnen, daß er vorgab, sein Vorgänger habe diese Länder für das Reich erworben. Aber Friedrich und Diezmann leisteten aufs neue Widerstand und bereiteten seinem Heer bei Lucka unweit Altenburg eine Niederlage.
Ebenso erfolglos war ein Landerwerbsversuch in der Schweiz. Schon seit Karl dem Großen gehörte ein Teil der heutigen Schweiz zum deutschen Reich; Kaiser Heinrich Iv. hatte diesen 1097 dem Herzog Berthold von Zähringen und seinen Nachkommen verliehen. Als diese 1218 ausstarben, kam das Land wieder an das Reich, und Landgrafen verwalteten die Hoheitsrechte desselben. Kaiser Friedrich Ii. trennte die Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden, welche zu Zürich und zum Aargau gehörten, von der Landgrafschaft und erhob sie, da sie sich durch treue Dienste dem Kaiser verpflichtet hatten, zu unmittelbaren Reichsländern. Zur Zeit des Interregnums hatten die drei Urkantone den Grafen von Habsburg zu ihrem Schirmvogt erwählt, und dieser bestätigte ihnen nachher als deutscher Kaiser die erlangten Freiheiten und Rechte. Nach Rudolfs Tode schlossen Uri, Schwyz und Unterwalden zur Wahrung ihrer Reichsunmittelbarkeit 1291 einen Bund, die Eidgenossenschaft, mit einander. Adolf von Nassau erkannte ihre Rechte und Freiheiten ebenfalls an. Als aber Albrecht I. zur Regierung kam, machte er als Landgraf im Aargau in den drei Urkantonen die Erblichkeit der Schirmvogtei, die sein Vater geübt hatte, geltend und schickte Vögte in dieselben, welche die drei Landschaften zur Aufgebung ihrer Reichsunmittelbarkeit und zum Anschluß an das habsburgische Haus bewegen sollten. Die Vögte übten aber einen solchen Druck über das Volk aus, daß sich die Eidgenossen erhoben und ihre Bedrücker vertrieben, eine That, mit welcher durch spätere einheimische Geschichtschreiber die Sagen von dem Schwur auf dem Rütli, von Geßler und Tell verknüpft worden sind.
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36, 4. Die letzten luxemburgischen Kaiser.
237
Bürger der süddeutschen Städte mit erneuter Heftigkeit in den Kampf; die Ritterburgen wurden erbrochen und arge Verwüstungen und Grausamkeiten verübt. In Bayern blieben die Städte Sieger, in Franken kam es zu keiner Entscheidung, in Schwaben jedoch wurde die Bürgerschaft aus Mangel an Heereszucht und Führung von dem unter Eberhard dem Greiner von Württemberg
stehenden Adel in der Schlacht bei Döffingen 1388 bestegt; die rheinischen Städte erlagen um dieselbe Zeit der Ritterschaft unter Ruprecht von der Pfalz bei Worms, die hessischen bei
Frankfurt. Der Adel war Sieger geblieben.
Im folgenden Jahre (1389) gebot zwar Wenzel auf dem
Reichstage zu Eg er die Auflösung der Ritter- und Städtebündnisse und forderte aufs neue die Aufrechterhaltung des Landfriedens; aber der Adel beachtete Wenzels Forderung nicht, und der rechtlose Zustand im Reiche dauerte fort.
Statt durch entschlossenes Auftreten dem königlichen Gebote
Achtung und Geltung zu verschaffen, blieb er unthätig in Böhmen. So verlor er allmählich alles Ansehen, nicht bloß im Reich, sondern auch in seinem Erblande Böhmen. Dort überwarf er sich mit dem Erzbischos von Prag über die Grenze weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit. Da der Erzbischof entfloh, so ergriff Wenzel den ehrwürdigen Generalvikar Johann Pomuk, ließ ihn töten
und zuletzt von dem Henker in die Moldau werfen. Daraus
bildete sich die Sage, der heilige Nepomuk sei der Königin Beichtvater gewesen und in die Moldau geworfen worden, weil er dem Könige die Beichte seiner Gemahlin nicht habe verraten wollen. Wegen seiner vielfachen Gewaltthätigkeiten zerfiel Wenzel auch mit den böhmischen Landständen; es entstand eine Verschwörung gegen ihn, an welcher selbst sein Bruder Sigismund und sein Vetter Jobst von Mähren Anteil hatten, und Wenzel wurde drei Monate in Hast gehalten, aus der ihn endlich sein jüngster Bruder Johann mit Hilse
des Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz befreite. Mehr und mehr
trat Wenzels Unvermögen zur Bewältigung der Verwirrungen im Reiche zu tage. Als er nun gar, ohne die Reichsstände zu fragen, die Mailänder Herzogswürde für 100000 Gulden an Galeazzo Visconti verkaufte, erregte er vollends den Unwillen derselben. Jetzt setzte sich der Erzbischof Johann von Mainz mit den Kurfürsten in Verbindung, um Wenzel abzusetzen und das Wittelsbachische Haus wieder an die Spitze des Reiches zu erheben. Die vier rheinischen Kurfürsten luden Wenzel 1400 zu einem Fürstentag nach Lahnstein
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§. 36, 4. Die letzten luxemburgischen Kaiser. 239
an der unteren Donau 1396 von dem Sultan Bajazet geschlagen worden. Nichts schien nunmehr den Siegeslauf der Türken hemmen zu können, am wenigsten der König Ruprecht von der Pfalz.
Trotz seiner Machtlosigkeit hatte sich Ruprecht zu einem Zuge nach Italien bestimmen lassen, war aber durch den von Wenzel zum Herzog erhobenen Galeazzo Visconti zurückgeschlagen und zur Rückkehr genötigt worden. Dieser unglückliche Zug schadete ihm viel. In Deutschland war Ruprecht ernstlich bemüht, den gesunkenen Rechtszustand wieder herzustellen. Allein die Fürsten und Städte sahen in diesen Bemühungen Gefährdung ihrer Freiheit und schlossen daher unter dem Einflüsse des herrschsüchtigen Erzbischofs Johann von Mainz den Marbach er Bund, um ihm Widerstand zu leisten. Als er gegen diesen aufbrechen wollte, wurde ein neuer Bürgerkrieg durch seinen Tod verhütet. Er starb 1410 in Oppenheim und wurde in der Marienkirche zu Heidelberg bestattet. Die Zerrüttung blieb im Reiche bestehen und drohte seine volle Auflösung herbeizuführen.
Sigismund 1410 —1437. Trotz der geringen Macht, welche mit der deutschen Krone noch verknüpft war, erhoben nach Ruprechts Tode doch drei Fürsten Anspruch auf dieselbe. Der erste war Wenzel von Böhmen, der auch nach seiner Absetzung noch an der Königswürde festhielt; der andere war sein Vetter, der alte (Jodokus) Jobst von Mähren, der das Reich auch in den schlimmen Zeiten noch für eine begehrenswerte Quelle zur Vermehrung seiner Einnahmen hielt; der dritte war Wenzels Bruder Sigismund, der Kurfürst von Brandenburg und König von Ungarn. Dieser schien den reichstreuen Fürsten in anbetracht seiner bedeutenden Hausmacht allein geeignet, den jammervollen Zuständen im Staate und in der Kirche abzuhelfen, es gelang deshalb dem klugen und entschlossenen Hohenzollern, dem Burggrafen Friedrich Vi. von Nürnberg, nach vielen Bemühungen, bei der Wahl in Frankfurt wenigstens drei Kurstimmen auf Sigismund zu vereinigen. Aber einige Tage später wurde auch Markgraf Jobst gewählt, und es schien, als werde nun ein Krieg um die deutsche Krone ausbrechen. Da starb Jobst von Mähren 1411, und Wenzel begnügte sich bis zu seinem Tode 1419 mit dem Königstitel, den Reichskleinodien und der Hälfte der Reichseinkünfte. Bei einer abermaligen Wahl in Frankfurt erhielt Sigismund jetzt alle sieben Stimmen.
Sigismund stand in kräftigem Mannesalter, als er zur Regierung kam. Er war in seinem blondgelockten Haar eine stattliche und liebenswürdige Erscheinung, sprachgewandt, kunstliebend, ritterlich.
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