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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das Deutsche Reich - S. 33

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 33 — Alld seinen Blick auf den Weltmarkt zu richten. Die Dichte der deutschen Be- völkerung und die Eigenschaften des Bodens machen es erklärlich, daß unter den nach Deutschland eingeführten Gütern obenan Nahrun gs und Genußmittel und Rohstoffe für die heimische Industrie stehen, während unter den Au s suh r a rt ik e l n die gewerblichen Erzeugnisse immer niehr und mehr in den Vordergrund treten. Ein- und Ausfuhr sind in Deutsch- land fast stetig gewachsen. An der Gesamteinfuhr, die im Jahre 1900 auf •6043 Mill. Mark gestiegen ist, beteiligen sich der Reihe nach die Baumwolle mit 318, Schafwolle mit 261,6, Weizen mit 171,1 und roher Kaffee mit 155,8 Mill. Mark. Außerdem betrug auch noch die Einfuhr von gemünztem und rohem Gold. Steinkohlen, Mais, Kupfer, gesägtem Bau- und Nutzholz, Wollengarn, Rohseide und Eiern je über 100 Mill. Mark. Die Roggeneinfuhr betrug 96 Mill., die von Gerste 92,5 Mill. Mark. Die Gesamtausfuhr belief sich im Jahre 1900 auf 4752,6 Mill. Mark. Unter den Ausfuhrartikeln stehen obenan Baumwollenwaren mit 244,7, Wollenwaren mit 235,8, Maschinen aller Art mit 228,8, Steinkohlen mit 216,9, Zucker mit 216,3 Mill. Mark. Auch Seiden- und Eisen waren repräsentieren Aus- fuhren von je über 100 Mill. Mark, Ein- und Ausfuhr stellen heute Deutsch- land an die 2. Stelle unter den handeltreibenden Mächten. Nur England ist ihm mit seiner Einfuhr von (1899) 9908 und seiner Ausfuhr von 5503,5 Mill. Mark noch über. Freilich entsteht Deutschland in der Gegenwart in den Ver- einigten Staaten von Nordamerika ein gefährlicher Nebenbuhler, der in seiner Ausfuhr (1899: 5262,2 Mill. Mark) bereits unser Land überflügelt hat. — Am engsten ist Deutschland in handelspolitischer Beziehung mitgroßbritannien, der Union und seinen unmittelbarennachbarn verbunden. Hinsichtlich ihrer Einfuhr nach Deutschland folgten 1900 in % der Gesamteinsuhr aus- einander : Die Union 16,9; Großbritannien 13,9; Rußland mit Finnland 12,1; Österreich-Ungarn 12; Frankreich 5; Belgien und die Niederlande je 3,6; Italien 3,1 und die Schweiz 2,8%; außerdem betrug die Einfuhr aus Argentinien 3,9%. In der Ausfuhr folgen: Großbritannien 19,2; Österreich-Ungarn 10,7; die Union 9,3: die Niederlande 8,3; Rußland mit Finnland 7,6; die Schweiz 6,2; Frankreich 5,9; Belgien 5,3% der Gesamtausfuhr. — Die Eigen- art des deutschen Handels zeigt sich in den Verkehrsadern, die ihm dienen. Das deutsche Eisenbahnnetz ist trefflich für den Binnen- wie für den Durch- gangshandel geeignet. Von Jahr zu Jahr werden neue Verkehrsgebiete an das bestehende Eisenbahnnetz in Deutschland angeschlossen. Wenn im Jahre 1889 auf 1000 qkm Fläche nur 75,7 km Eisenbahn kamen, so ist diese Zahl 1899 auf 90,4 km gewachsen. Die durchschnittliche Zunahme der Bahnlänge erreicht in einem Jahre fast 1000 km. Am Jahrhundertanfange besaß Deutschland ziemlich 50000 km öffentliche Eisenbahnen. Es ist bezeichnend für die int er- nationale Bedeuiung dieser Eisenbahnen, daß an sie ein Netz von weiteren 40000 km anschließt, das in Österreich-Ungarn, den Niederlanden, Luxemburg und Rumänien dem Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen gehört. In Gemeinschaft mit dem Schiffsverkehr von den deutschen Rheinplätzen aus, auf der Memel, der Weichsel, der Donau, dem Bodensee, dem Rhein-Rhone- und Rhein-Marnekanal sorgen die durchgehenden deutschen Eisenbahnlinien dafür, daß die politischen Grenzen zwischen Deutschland und seinen Nachbarn fast ver- schwinden und die Entfernungen sich verkürzen. Man kann an weniger als einem Tage von einem Ende Deutschlands zum anderen gelangen. Dazu sorgen Linien wie die Verbindung: 1. Köln über Hannover-Stendal" oder Magdeburg nach Berlin und Königsberg, 2. die von Metz über Frankfurt a. M., "Bebra, Dresden nach Breslau und Myslowitz, 3. von Hamburg über Berlin nach Myslowitz oder Dresden, 4. die von Berlin (Kolberg-Stettin oder Warnemünde- Rostock-Strelitz) über Halle-Leipzig, Hof nach München und dem Bodensee, 5. die rheinische Eisenbahn von Wesel und Krefeld nach Basel dafür, daß man in kürzester Zeit in die Hauptbrennpunkte des wirtschaftlichen und politischen Lebens der Nachbarstaaten gelangen kann (Petersburg, Warschau, Lemberg, Budapest, Prag und Wien, Innsbruck und Verona, Zürich und Genua, Bern, Genf und Marseille, Paris, Brüssel, Antwerpen und Vlissingen, Kopenhagen). Von Berlin kann man in 44 Std. in Moskau, in 41 ®tb. in Bukarest, in Tronniau, Lehrbuch der Schulgeographie Ii.*** 3

2. Das Deutsche Reich - S. 104

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 104 — beiden genannten Monate ein ungünstiges Gesicht zeigen, um so schlimmer wird es um einen guten Wein bestellt sein.^ Das Sprichwort sagt: „Was August und September nicht braten, Das läßt der Oktober auch ungeraten". Mit der Reife der Trauben, sobald also dieselben genießbar werden, schließt die Ortsbehörde die Weinberge. Besondere Wächter, „Ehrenflurschüpen", werden ernannt, um über den Traubenzustand zu wachen. Die vollständige Reife erlangen die Beeren mit dem Eintritt der Edelsäule. Bei ihrem Erscheinen erhält die Traube eine dunkelgelbe Farbe; sie wird mit Schimmel, „dem Zucker- stosf", überzogen. Die edelsaulen Beeren geben den besten Wein; werden sie für sich gepflückt und gekeltert, so erhalten wir die „Auslese". Anhaltend nasses Wetter im September erzeugt die Rohfäule, die den Wein verdirbt, ihn sauer macht. In früheren Zeiten begann die Lese der Trauben (die Ernte) bereits im Oktober; es waren schöne Tage für den Rheinländer, und manches schöne Vor- kommnis zeugte von dem echt fröhlichen Geiste dieses Volkes. In den letzten Jahren wird die Ernte dagegen möglichst weit hinausgeschoben; gewöhnlich beginnt sie erst im November und zieht sich nicht selten bis in den Dezember hin. Diese Tatsache ist aus das „Herbsten" der Trauben nicht ohne Einfluß geblieben. Die Kälte hat sich gesteigert, rauhe, dichte Nebel lagern im Tale und aus den Höhen und' lassen keine rechte Erntelust zustande kommen. Nach dem Pflücken wandern die Trauben zur Kelter und von da als süßer Most in das Faß Bald regt es sich hier; die Gärung hat begonnen. Schon jetzt ist uns ein süßer Trank möglich, es ist der beliebte „Federweißen". Die Fässer enthalten durchschnittlich 1200 Liter; sie führen den Namen „Stückfaß". Die viel größeren Lagerfässer kommen wieder mehr und mehr in Gebrauch. Größere Weingutsbesitzer setzen den fertigen Wein durch öffentliche,, gewöhnlich von Notaren abgehaltene Versteigerungen ab; kleinere Winzer geben ihn „aus der Hand" ab oder bedienen sich der Winzervereine. b) Das Rheiutal ist nicht nur geographisch, fonberit auch in Hinsicht auf landschaftliche Schönheiten, Bodenkultur. Handel und Ver- kehr das wichtigste aller genannten Flußtäler. Der 3thein*) begleitet nach seinem Austritt aus der oberrheinischen Tiefebene iu westlicher Richtung den Taunus und durchzieht so von Maiuz bis Bingen den weinreichen, fruchtbaren Rheiugau. Bei dem freundlichen Wiuzer- städtchen Biugeu beginnt das Durchbruchstal, welches vou hier bis- Bonn reicht. Durch das Becken von Neuwied zwischen Koblenz und' Andernach wird das Rheintal in eine südliche und eine nördliche Ab- teilung gegliedert. Der südliche Teil des Durchbruchstales, von Bingen bis Koblenz, ist in ein so enges, scharf ausgegrabenes Bett gezwängt, daß kaum für die Straßen nud beiderseitigen Uferbahnen Raum bleibt. Mit scharfen Felsmassen hängen die Schieferhöhen des Ufers über den Strom; selten haben sie Gesträuch, noch seltener Wald, desto mehr Reben, die der Strom „mit grünlicher Woge kühlet". Ehedem war dieser Teil des Stromes sehr reich an Klippen und Strudeln. Am gewaltigsten war der Kampf der Elemeute bei dem Quarzitfelseuriff des „Biuger Lochs". Die Katarakte und Strudel des Binger Felsen-- kessels waren bis in die neueste Zeit der Schisfahrt gefährlich. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sowohl auf dem Niederrhein als auch auf der S im rock, Rheinsagen aus dem Munde des Volkes und deutscher Dichter, Reumont, Rheinlands Sagen, Geschichten und Legenden. Simrock,. Warnung vor dem Rhein. — Geibel. der Rhein. — Goethe, Geisrergruh. — Heine, Lorelei. — Kopisch, der Mäuseturm.

3. Das Deutsche Reich - S. 157

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 157 — das frische Haff, umsäumt von dem dunkeln Waldbande der großen kapor uischen Heide. Ottskunde. ki) In Ostpreußen: Memel, am „Memeler Tief," nörd- lichste Stadt des Deutschen Reichs; Handelsplatz für Holz, Getreide, Flachs (Ausfuhr) und Kohlen (Einfuhr). Handel und Reederei sind in den letzten Jahren sehr zurückgegangen, teils infolge der Zoll- schränken, teils ans Mangel an Binnenverkehrsstraßen, die das Hinter- land erschließen. S. von der Stadt führt der König-Wilhelm-Kanal nach der untern Minge, von wo aus die Binnenwasserstraße sich durch den Ruß memelaufwärts und durch die Gilge und den großen Friedrichsgraben zur Seime und von hier zum Pregel fortgesetzt. — Cranz, bedeutendes Ostseebad am Südende der knrischen Nehrung, durch Eisenbahn mit Königsberg verbunden. — Königsberg i. Pr.*), (188 Tsd. E.), un- weit der Pregelmünduug gelegen. 1225 durch den Orden angeblich auf den Rat Ottokars von Böhmen erbaut, entwickelte sich Königsberg als Handelsplatz bedeutend und bestand bis 1724 aus drei Städten: der Altstadt mit dem Schloßbezirk, dem von den Pregelarmen umschlossenen Kneiphof mit dem Dom und dem Löbenicht. Seit dem zweiten Thorner Frieden Sitz des Hochmeisters, war sie später Residenz der Herzöge und wurde 1701 die Krönungs- stobt der preußischen Könige mit dem Titel einer „Kgl. Haupt- und Residenzstadt". Heute ist K. die Hst. der Provinz, Festung I. Ranges mit zahlreichen, weit vorgeschobenen Forts nnd.ein bedeutender Handels- pl atz für Getreide, Holz, Flachs, Kohlen und Kolonialwaren. Doch hat der Handel infolge der Zollschranken wesentlich gelitten, so daß Königsberg darin von dem aufstrebenden Stettin überflügelt worden ist. Auch das Großgewerbe (Maschinenbau, Bernsteinwaren, Bier und Spiritus, Leder) ist hervorragend. Zu den Sehenswürdig- feiten gehören das Schloß mit den Kaiserzimmern und dem Moskovitersaal, das mit Gärten umrandete große Becken des Schloß- teichs, die Universität, 1544 von Herzog Albrecht gestiftet, die Königsdenkmäler, die Börse, der Dom und das Museum. In der Umgegend die herrlichen Anlagen der „Hufen". — Pillan, befestigter Vorhafen von Königsberg am „Pillauer Tief", mit lebhaftem Verkehr besonders auch im Winter, wenn Haff und Pregel zugefroren sind. b) In We st Preußen Danzig (141 Tsd. E.), alte Seehandels- stadt am Einfluß der Radaune in die Mottlau, unweit der alten Weichselmündung gelegen. D. war bereits um 1000 Hauptstadt von Pommerellen. Dieses kam mit Danzig 1309 an den Orden, 1466 an Polen; bei der 2. Teilung Polens 1793 siel die Stadt an Preußen. Heute ist D. die Hst. von West Preußen. Als Stapelplatz der Erzeugnisse des weiten Weichselgebiets, sowie als Einfuhrhafen des Hinterlandes war die Stadt von jeher von großer Bedentuug, wenn auch neuerdings die Zoll- schranken die Entwickelnng etwas eingeengt haben. Zweiter deutscher Ostseehafen, Haupthaudelsvlatz für Getreide, Holz, Kohlen und Kolonialwaren. Auch das Großgewerbe ist bedeutend, namentlich *) Wirkungsstätte berühmter Männer: Kant, Herbart, Fichte, Bessel, Rosenkranz.

4. Europa - S. 78

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 78 — und alles ist wieder trocken wie zuvor. — Bergbau ist auf der Halbinsel mit Ausnahme der reichen Marmorbrüche von Carrara kaum vertreten. Dagegen sind die Inseln besser mit Mineralien ausgestattet. Sieilien liefert Schwefel, Elba Eisen und Sardinien namentlich Zink. — Die Armut au Mineralien, namentlich an Steinkohlen, läßt die Großindustrie uicht recht zur Entwicklung kommen. Bedeutendes leistet Italien hier nur in der Seidenproduktion, die besonders in der Lombardei vertreten ist. Von der gesamten Seidenprodnktion der Erde liefert Italien x/3- Außer der Seidenindustrie wäre uoch die Verfertigung von Donwaren (Majolika), Glaswaren und Strohhüten zu nennen. — Italien ist der Hauptsitz der mittelmeerischeu Koralleufischerei und Korallenindustrie. Auch die Fischerei ist bedeutend. Namentlich wird der Thunfisch in großen Mengen gefangen. Der Tintenfisch liefert die Sepia in den Handel. — Italiens Handel war im Mittelalter so bedeutend, daß alle Kulturvölker die Handelseinrichtungen der Italiener nachahmten und ihnen die Knnstansdrücke für dieselben entlehnten. Nach langem Verfall hat sich neuerdings, namentlich seit Erbauung des Sueskauals, der italische Handel wieder gehoben und wird durch Dampferverbindungen und Erweiterung des Eisenbahnnetzes gefördert. Auf der Halbinsel laufen an beiden Küsten entlang wichtige Schienen- stränge; aus Oberitalien führt die Mont Cenis-Bahn nach Frankreich, die Gotthard-Bahn nach der Schweiz und die Brenuer-Bahn nach Deutschland und dem obern Rheingebiet. Ausgeführt werden Süd- früchte, Wein, Seide und Seideuwareu, Häuf, Butter, Schwefel, Marmor^ Glaswaren, Majolika, Strohflechtarbeiten, Veilchenwurzel*) n. a. m. Die direkten Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien sind verhältnismäßig gering. Der Grund liegt darin, daß infolge des geographischen Lageverhältnisses beider Länder der Haupthandel zwischen ihnen als Durchgangshandel dnrch die Schweiz und Österreich-Ungarn erscheint. Deutschland führt aus Artikel der Eisenindustrie (Maschinen und gewöhnl. Eisenwaren 1900:22,4 Mill. Mk.), außerdem Gold- und Silberwaren (1900:6,3 Mill. Mk.), Tucb- und Zeugwaren (1900:6,0 Mill. Mk.) und Hand- schuhleder (1900:5,2 Mill. Mk.). Italien führt ein nach Deutschland Haupt- sächlich Rohseide (1900:70,4 Mill. Mk.), außerdem Eier (1900 : 9,8 Mill. Mk.) und Hans (1900:9,4 Mill. Mk.). 4. Staatliche Verhältnisse. ->) Das Königreich Italien ist eine erbliche, konstitutionelle Monarchie mit 2 Kammern, dem vom Könige berufenen Senat und der vom Volke gewählten Deputierteukammer. Das Land ist in 69 Provinzen geteilt, die sich auf 16 Landschaften verteilen: 1. Piemont, 2. L o m b a r d e i, 3. V e n e t i e n, 4. E m i l i a, 5. L i g n r i e n, 6. die M a r k e n, 7. Umbrien, 8. Toskana, 9. Latium, 10. die Abrnzz e n und Molise, 11. Campanien, 12. Apnlien, 13. die Basilieata, 14. Calabrien, 15. Sieilien, 16. Sardinien. Herkömmlich unterscheidet man Oberitalien (1—5), Mittelitalien (6 — 10), llnteritalien (11—14) und die Inseln (15—16). Auswärtige Besitzungen: Erythräische Kolonie, das Küstenland zwischen Raskasar und Raheita, von der 250000 qkm beansprucht werden, während im faktischen Besitze nur 110000 (jkm sind. b) Im Gebiete von Mittelitalien die Republik San Marino. (ö. 68.). c) Der souveräne Besitz des Papstes besteht aus dem Vatikan, dem Lateran und dem Lustschloß Castell Gandolfo in den Albaner Bergen. *) Veilchen Wurzel wird der geschälte Wurzelstock der slorentinischen Schwertlilie (ins florentina) wegen des Veilchengeruchs genannt. Dient zu Zahnpulver, Parsümerien u. s. w.

5. Europa - S. 87

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 87 — seines Hauses und die Wächterin in guter Sitte und Ordnung: sondern.sie gilt als ein niederes Wesen, als ein Spielball der Willkür und Laune des Mannes. Der reiche Türke darf vier gesetzmäßige Frauen und soviel Nebenfrauen und Sklavinnen in seinen Harem aufnehmen, als ihm beliebt. „Wer seine Frauen nicht mit gleicher Liebe umfassen kann", sagt der Koran, „verdient keine zu be- sitzen". Der arme Türke hat in der Regel aber nur eine Frau, da er mehr nicht ernähren kann. Nur der Hausherr, kein anderer Mann, hat Zutritt zum Harem, der von Eunuchen streng bewacht wird. Öffentlich darf die Frau sich nur verschleiert zeigen. Mit dieser Stellung der Frau ist natürlich ein Familienverkehr und ein gesellschaftlicher Umgang unserer Art unvereinbar. Die Vielweiberei ist das Grab alles häuslichen Lebens, der Harem die Stätte der Faulheit, der Putzsucht und der Jntriguen. Der Mangel an höherer Bildung und idealerer Lebensauffassung läßt im Harem kein Interesse für Litteratur, Kunst und Wissenschaft aufkommen. Von einer planmäßigen Kindererziehung ist keine Rede. Selbst die Mädchen der Vornehmeren lernen in der Regel weder lesen noch schreiben, höchstens gewisse feine Handarbeiten. Der Knabe lernt notdürftig lesen und schreiben und wird in den Religionsbräuchen, im Reiten und in der Führung der Waffen geübt. Öffentliche Schulen, die mit den Moscheen in Verbindung stehen, werden meistens von Kindern des Mittelstandes besucht. Das Lieblingsgetränk des Türken ist der Kaffee, neben dem die Pfeife, der „Tschibuk", nicht fehleii^darf. Zahlreich sind daher die öffentlichen Kaffee- Häuser, und in großen Städten gibt es auch in den Straßen umherziehende Kaffeewagen. Sehr zerrüttend auf die Gesundheit wirkt das Opiumessen und Opiumrauchen, sowie der Genuß des indischen Hanfes. Obwohl der Wein ver- boten ist, sind geistige Getränke wie Branntwein, Cyder, weit verbreitet. Ein kühlendes Getränk ist der Scherbet. Große Sorge wird für frisches Wasser- getragen. Reine Quellen werden mit Steinen eingefaßt und Trinkbecher dazu- gesetzt: solch ein Brunnen ist dem Muselmann heilig, und keiner wagt es, freventlich die .Hand daran zu legen. — Als Speise dient Fleisch aller Art, nur kein Schweine- und Kalbfleisch. Vorzugsweise aber wird schaffleifch unter mannigfacher Bereitung und Zusatz von Gewürzen genossen. Reis ist Haupt- Nahrungsmittel, als Suppe und als „Pillav", mit heißem Fett gedämpft und mit Safran, Pfeffer, Paradiesäpfelsauce oder Honig und Fruchtsaft versetzt. Kompots allerlei Art spielen eine große Rolle bei der Tafel. Die Zahl der Türken in Europa wie ihr Privatbesitz nehmen immer mehr ab. größtenteils eine Folge der künstlichen Beschränkung ihrer Kinderzahl und ihrer Lässigkeit und Trägheit. Der Türke ist im allgemeinen einem reichen Kindersegen ebenso abhold, wie eine mit vielen Kindern (besonders Knaben) gesegnete Familie der Stolz des christlichen Bewohners der Türkei ist. Das stetige Zurückweichen des mohammedanischen Elements vor dem gebildeteren, handelstätigeren Griechen- und Bulgarentume ist eine unbestreitbare Tatsache. Eine Zusammenfassung der geschilderten wirtschaftlichen Verhältnisse unter den Bewohnern der n. Balkanhalbinsel ergibt, daß unter den Nahrungs quellen in erster Linie die Landwirtsch aft zu nennen ist. Freilich ist dieselbe trotz des meistenteils fruchtbaren Bodens und günstigen Klimas arg vernachlässigt. Von Bedeutung für die Ausfuhr ist der Getreidebau in Bulgarien, der Anbau von vorzüglichem „türkischen" ^abak. die Rosenkultur im Maritzatal und die Olivenkultur in Make- donien. Sehr ausgedehnt ist die Schafzucht. Das Fleisch der Schafe ist ein Hauptnahrungsmittel; die Wolle wird zu allerlei Webereien verbraucht uttb auch roh ausgeführt. In Bosnien und Serbien steht die Schweinezucht, begünstigt durch die großen Eichenwaldungen, auf hoher Stufe. — Die Erzeugnisse des Gewerbefleißes sind unbedeutend, abgesehen von der Teppichweberei. Auch Webereien aus Seide werden in den s. Provinzen gefertigt, wo die Seiden zu cht eine

6. Europa - S. 144

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 144 — {3500). Merkwürdigerweise kommen aber etwa 1000 Mormonen zusammen in beiden Ländern vor. Der strengreligiöse Sinn der Skan- dinavier ist gegen Andersgläubige wenig duldsam. Die Volksbildung steht trotz der in der Landesnatur liegenden Hinder- nisse auf hoher Stufe. In den kleinen Dörfern und weit zerstreut liegenden Einzelgehöften sorgen Eltern und besondere Wanderlehrer für den nötigen Unterricht der Jugend. Schweden insbesondere behauptet in der Schulbildung mit Deutschland, Dänemark und der Schweiz die erste Stelle uuter allen Ländern der Erde. Für die höhere Bildung sorgen die Universitäten in Kristiana, Lund, Upfala, sowie zahlreiche technische und hochwissenschaftliche Zchulen und die Akademie der Wissenschaften in Stockholm. Die Nahrnn gsqnellen der Bewohner richten sich ganz nach der Natur des Landes. Die Norweger wurden als Anwohner des offenen Meeres von altersher ans die Seefischerei und den See Handel hingewiesen. Mau kann die norwegische Küste hinsichtlich der Seefischerei in drei Bezirke einteilen. Von Stavanger bis zur Statlandhalbinsel (Kap Stat) ist das Hauptgebiet des norwegischen Heringsfanges *) mit dem Hauptfischmarkt Bergen. Der zweite Fischereibezirk reicht von der Statlandhalbinsel bis in die Gegend des Polarkreises. Hier werden neben Heringen auch große Mengen von Kabeljaus gefangen. Der Mittelpunkt dieses Gebietes ist Drontheim. Den Hauptbezirk des uörd- licheu Küsteuabschuitts bilden die Fischereibänke der Loföten. Hier ist der Hauptfangplatz der Kabeljaus (auch große Dorsch genannt).**) Hier versammeln sich alljährlich im Februar und März 30 — 40000 Fischer. Die gefangenen Fische werden am Ufer sofort geköpft und ausgeweidet. Em Teil derselben wird in Schuppen getrocknet und kommt als Stockfisch in den Handel. Andere werden eingesalzen und auf Klippen getrocknet (Klippfische) oder in Fässer gepackt und verschickt. (Laberdan)***). Die fette Leber liefert den medizinischen Lebertran und gewöhnlichen Fischtrau; aus deu Köpfen wird Fischguano bereitet. Die Fischerei des u. Bezirks erstreckt sich auch auf Robben- und Wal- fischsang. Der Handel Norwegens ist fast ausschließlich Seehandel. Die norwegische Handelsflotte gehört mit zu deu größten der Erde. Die Hauptausfuhr besteht in Seefischen (Heringen und Stockfisch) und Holz, wovon das meiste uach England geht, die Haupteinfuhr in Getreide und Kolonialwaren, f) — Der Ackerbau beschränkt sich in Norwegen aus die Küstensäume au den Fjorden und auf günstig gelegene Gebirgs- täler. Bei der abgesonderten Lage derselben und den schlechten Ver- kehrsverhältniffen des Binnenlandes ist der Bauer vielfach genötigt, sein eigener Zimmermann, Schreiner, Schnster und Schneider zu sein. Der Hausfleiß und die Handfertigkeit ist daher unter den Norwegern in hohem Grade entwickelt. Die eigentliche Gewerbtätigkeit beschränkt *) Der norwegische Heringsfang betrug 1898: 1322 Tsd. Iii im Werte von 5,8 Mill. Kronen; 1899: 1085 Tsd. hl zu 6,6 Mill. Kronen. **) Der kleine Dorsch lebt in der Ostsee. Er wird 4 bis 6 kg schwer, ist aber wohlschmeckender als der Kabeljau. ***) Die Ausfuhr von Stockfischen belief sich 1899 auf 46,7 Mill. kg. f) Der Gesamtwert des norwegischen Handels betrug 1899: 518,2 Mill. Mk., wovon 349,4 Mill. auf die Einfuhr, 168,8 Mill. auf die Ausfuhr kamen.

7. Europa - S. 145

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 145 — sich auf die Verarbeitung der Landeserzeugnisse. Erwähnenswert sind die Holzschneidereien, Nägel- und Papierfabriken, Glashütten und Bren- nereien. — Der Bergbau liefert Eisen, Kupfer, (Röros), Kobalt und Silber (Kongsberg). — Nicht unbedeutend ist endlich der Ertrag der Jagd auf Pelztiere und wilde Renntiere^ Deutschlands Ausfuhr uach Norwegen ist nennenswert in Mehl (1900: 7.6 Mill. Mk.). in Tuch-und Zeugwaren und in Zucker (1900: je 5,5 Mill. Mk.). Die Einfuhr Norwegens nach Deutschland gering. Die Schweden find im ö. Flachlande und namentlich im f. Tief- laude fleißige Ackerbauer. Daneben ist die Forstkultur sehr hoch entwickelt, und auch die Fischerei wirft bedeutende Erträge ab. Ge- fangen werden besonders Heringe, Sprotten, Dorsche, Lachse und Makrelen, endlich Hummern und Austern. — Bei dem Metallreichtum des Landes steht der Bergbau auf hoher Stufe. Er liefert Vorzug- liches Eisen*) (Dannemora), Kupfer (in Dalekarlien und Falun), Silber (Sala), Zink und Blei. Die Ausbeute an Steinkohlen ist hier wie in Norwegen sehr gering. Daher hat sich die Großindustrie nur unbedeutend entwickelt, wenn sie auch wesentlich höher steht als in Norwegen. Neben einer emporblühendeu Metall- und Textilindustrie ist besonders die Fabrikation von Zündhölzchen zu erwähnen. — Anch Schweden treibt einen schwunghaften Außenhandel**). Die Ausfuhr besteht zur Halste des Gesamtwertes aus Holz, Holzwaren und Holz- stoffen zur Papierbereitung; darauf folgen Roheisen, Produkte der Fischerei, Zimdhölzcheu***) u, a. m, Schwedens Einfuhr uach Deutschland ist groß in Nuk- und Bau- holz (1900: 32,7 Mill. Mk). in Eisenerz (1900: 26,6 Mill. Mk.) und in Steinen, des. Granit <1900: 9.8 Mill. Mk). Deutschland führt aus nach Schweden: Weizen (1900: 13 Mill. Mk.), Tuch- und Zeugwaren (1900: £,3 Mill. Mk.), Wollgarn und Maschinen mit je über 5 Mill. Mk. In den n. Gebirgen und Küstenstrichen Skandinaviens finden sich noch Reste der früheren Bevölkerung der Halbinsel. Es sind die mo n- golenartigen Finnen und Lappen, zusammen zu etwa gleichen Teilen 66 000 Köpfe stark. Die Lappen bewohnen Finnmarken und die angrenzenden schwedischen und russischen Bezirke. Sie sind klein von Gestalt und zeigen mehr oder weniger, je nachdem sie sich mit Skandinaviern und Russen vermischt haben oder nicht, den mongolenartigen Typus in ihrer niedrigen Stirn, den hervorstehenden Backenknochen, den kleinen, schiesgeschlitzten Augen, der breiten, etwas aufwärts gebogenen Nase und dem großen Mnnde. Ihre schlichten Haare sind meist kastanienbraun mit rötlichem Anfluge bei dunklen Augen. Es gibt aber auch blondhaarige und blauäugige Lappen. — Ihre Kleidung ist im Sommer der Hauptsache nach ein langes, hemdartiges Gewand aus gegerbten Renntierfellen oder Wollstoff, mehr oder weniger mit bunten Einsätzen verziert und über den Hüften mit einem Gürtel umspannt. Im Winter wird unter diesem Oberkleide ein Renntierpelz mit der Wolle nach innen unmittelbar am Leibe getragen. Männer und Frauen tragen Beinkleider und Schuhe aus Renntier- leder. — Die Wohnung besteht im Sommer aus einem Zelt, dessen Stangen- gerüst mit einem groben Wollstoff bedeckt ist. Der Boden wird mit Tannen- *) Die 390 Eisengruben des Landes förderten 1891: 950 Tsd. t Eisen- ^&™ldolau§ t Roheisen gewonneu wurden. 1900 wurden 296 Mill. kg Eisen und Stahl ausgeführt. **) 1899: Einfuhr 567,8 Mill. Mk., Ausfuhr 403 Mill. Mk. ***) 1900: 18,9 Mill. Mk. Tromnau, Lehrbuch der Schulgeogr.iphie Ii.**, 10

8. Europa - S. 157

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 157 — sind meist lichthaarig und blauäugig, von kurzer, gedrungener Gestalt und breiten, wenig ansprechenden Zügen. Ihrem Charakter nach sind sie gutmütig, freundlich, gastfrei und zuvorkommend. Die Jahrtausende lange Unterdrückung seitens der verschiedensten Volksstämme hat sie geduldig und fügsam, schüchtern und mißtrauisch gemacht. In dieser Hinsicht sind ihre Stammesverwandten, die ehedem so kriegerischen Littauer, anders geartet. Der Lette ist anstellig und gelehrig, ein arbeitsamer Ackerbauer, Hirte und Handwerker. Seine Sprache ist überreich an Ausdrücken der Zärtlichkeit, an Liebkosungs- und Verkleinerungs- Wörtern. Der größte Teil der Letten ist evangelisch. Neuerdings hat sich in dem halbgebildeten „Jung l et ten t um" das Bestreben breit gemacht, für Herstellung einer großlettischen Nationalität zu wirken. Ein eigentümlicher Zug dieser junglettischen Richtung ist der Deutschenhaß. Ortskunde. In Kurland: Li bau, hat im letzten Jahrzehnt als Hasenstadt durch Verbesserung seiner Hasenverhältnisse und Vermehrung der Getreideausfuhr sehr gewonnen. Mit au, alte Residenz der ehemaligen Herzöge von Kurland. — Dünaburg, Festung an der Düna, lebhaste Handelsstadt. In Livland: Riga (283 Tsd. E.), bedeutender Seehafen an der Dünamündung, einst Hauptsitz des Ordens der Schwertbrüder und später mächtige Hansastadt, heute der zweite russische Ostseehafen und Hauptausfuhrort für die landwirtschaftlichen Produkte der Hinterländer. Über Riga werden Getreide, Flachs, Hanf, Leinsamen, Holz, Balken und Bretter, ja auch kleine Mengen von Naphta und russischem Petroleum ausgeführt. —Dorpat, alte deutsche, der Russifizieruug anheimgefallene Universitätsstadt. Jn Efthland: Reval, Hafenstadt am sinnischen Meerbusen, weniger wichtig als Riga und Libau. — Noch unbedeutender ist N arw a am sinnischen Meerbusen. In Jngermannland: Petersburg (mit Vororten 1,4 Mill. E.), prächtige, modern aufgebaute Haupt- und Residenzstadt an der Newa, erste Handelsstadt des Reichs und Hauptsitz der Kunst und Wissenschast in Rußland. Als Sitz des Hofes und der obersten Verwaltungs- behörden und als Wiuteraufeuthaltsort des reichen russischen Adels ist Petersburg der wichtigste Eiufuhrplatz für ausländische Artikel. Infolge der zahlreichen günstigen Wasserstraßen und Bahnen, welche die Stadt mit den Hinterländern verbinden, ist sie zugleich wichtigster Ausfuhr- Hafen aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse derselben. In ihrem äußern Ansehen stellt die Stadt mit ihren vielen modernen Großbauten und Palästen, sowie in dem Leben der Bewohner des modernen Rußland einen Gegensatz zu dem altrussischen Moskau dar. Die schönste Straße, die Promenade der vor- nehmen Welt, ist der Newskiprospekt. 5 km lang und sehr breit. Von den großartigen Palästen seien hier der Winterpalast und der Marmor- Palast erwähnt, unter den vielen Denkmälern das Denkmal Peters des Großen und Katharinas Ii. — Kronstadt, stark befestigte Vorstadt von P., auf einer von Klippen umgebenen Insel, Hauptstation der Ostseeflotte. — Schlüsselburg, starke Festung. e) Das westrussische Tiefland umfaßt die Landschaften West- rußland, Wolynien, Polen und Littauen. Das größten- teils ganz ebene Gebiet wird im N. von Düna und Njemen, im W. von der Weichsel mit Bug und Narew, im O. vomdnjepr durchflössen, der rechts die Berefina und den Pripet aufnimmt. Um den Pripet dehnen sich die Rokitnosümpfe aus, das größte Sumpfgebiet Europas, dreimal so groß als die Provinz Posen. Die Sumpfwaldungen machen oft den Eindruck von feuchten Urwäldern.

9. Europa - S. 169

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 169 — Littauer und Weißrussen sind katholisch, im ganzen 15,4 Mill., die Finnen, Schweden, Deutschen und viele der lettischen Bewohner sind evangelisch (6,1 Mill.), die tatarischen Stämme und die Kirgisen sind Mohammedaner (2,7 Mill.), und die Kalmücken bekennen sich zum Buddhismus. Unter den mongolischen Völkern Nordrußlands findet sich noch finsteres Heidentum. Juden gibt es 4,3 Mill. Zu ihnen gehören auch die Kar aiten (S. 165). Die geistige Bildung steht in Rußland auf sehr niedriger Stufe. Da ein allgemeiner Schulzwang nicht durchgeführt ist, so erhebt sich die Land- bevölkerung kaum über die Bildungsstufe halbzivilisierter Völker. Am besten ist es mit" der Schulbildung noch in den Ostseeprovinzen bestellt. Neuerdings- beginnt man dem Unterrichtswesen mehr Sorgfalt zuzuwenden. 74 Lehrer- und 9 Lehrerinnenseminare sorgen für Heranbildung der Lehrkräfte. Die höheren Schichten der Gesellschaft weisen nicht selten einen hohen Grad geistiger Bildung auf. Das Reich besitzt neun Universitäten: St. Petersburg, Helsingfors, Dorpat, Warschau, Moskau, Kasan, Kijew, Charkow und Cdessa, eine Akademie der Wissenschaften in Petersburg und zahlreiche höhere Lehranstalten und Fach- schulen. Doch wird Rußland noch lange zu tun haben, bis die Bildung der Bevölkerung im Durchschnitt derjenigen der westeuropäischen Völker nahe kommt. Das russische Gelehrtentum hat in neuerer Zeit nennenswerte Erfolge aufzu- weisen, und russische Dichter und Schriftsteller (Puschkin, Baratinsky, Alexei Tolstoi, Turjenzew, Dostojewsky) haben eine beachtenswerte nationale Litteratur begründet. 3. Nahrungsquellen. Die Natur des Landes weist die Bewohner in erster Linie auf Ackerbau, Liehzucht und Forst- betrieb hin. Diese Nahruugsquellen stellen anch die meisten Aus- suhrprodukte. *) Über '/z der ganzen Getreideernte Europas kommt auf Rußland. Die Viehzucht umfaßt alle Gattungen der mittel- europäischen Haustiere. Dazu kommt im sö. Steppengebiet das Kamel, im N. das Renntier. Sehr ergiebig ist im n. Rußland auch die Jagd auf Pelztiere. Ganze Völkerschaften entrichten ihre Abgaben an den Staat in Pelz und Pelzwaren. Sehr bedeutend ist ferner die Fischerei in deu Meereu und Flüssen. Namentlich bildet der Kaviar einen sehr wichtigen Ausfuhrartikel. Außer dem Hausen werden auch Störe und Robben in großer Menge gefangen. Rußlaud ist nicht arm an Mineralien. Der Bergbau im mitt- leren Ural liefert Gold, Silber, Platiua, Kupfer und Eisen. Ein großes Kohlenrevier ist im Vorural bei Perm und im Gebiet der südrussischen Platte, namentlich am Donez. Salz liesern besonders- die Steppenseen n. vom Kaspisee; Petroleum und Naphta kommen immer mehr zur Ausfuhr. — Die Industrie Rußlands ist noch wenig entwickelt. Die wichtigsten Zentren derselben sind Petersburg und Moskau. Letzteres ist der Mittelpunkt der nationalen Textil- industrie in Leinen, Baumwolle und Wolle. Die bedeutenden Gewehr- sabriken in Tula sind bereis erwähnt. Berühmt ist das russische Leder (Kaluga). Sehr verbreitet ist die Spiritusfabrikation, namentlich in den westlichen und mittleren Provinzen. *) 1900 kamen zur Ausfuhr: 1912 Mill. kg Weizen, 1 527 Mill. kg loggen, 887 Mill. kg Gerste, 1311 Mill. kg Hafer, 312 Mill. kg Buch- weizen, Hirse und Mais; Flachs und Sämereien 173 Mill. kg. Leinöl und- Petroleum 1166 Mill. kg, Holz für 126,2 Mill. Rubel.

10. Europa - S. 170

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 170 — Ter Handel Rußlands ist im Innern trotz der Weitmaschigkeit des Bannetzes (45 000 km) außerordentlich lebhaft. Zur Förderung desselben tragen die Flußwasserstraßen und Kanalstrecken, sowie die günstigen Schlittenbahnen zur Winterszeit bei. Die Messen von Nischnij-Nowgorod haben Weltruf. Berühmt sind auch die Messen von Charkow. —■ Der Außenhandel wird durch die Natur der Grenzmeere beeinträchtigt. Das Eismeer hat wegen seiner u. Lage geringe, Ostsee und schwarzes Meer haben als Binnenmeere nur mäßige Bedeutung für den Seehandel. Rußland nimmt mit seiner Handelsflotte nur die 9. Stelle (Deutschland die dritte!) anf der Erde ein. Dagegen ist der Außenhandel an der Südwest- und Südostgrenze sehr bedeutend. Die Handelsbeziehungen Deutschlands zu Rußland sind infolge der Ungleichartigkeit der Produktionen beider Länder, infolge der nachbarlichen Lage und der langen politischen Freundschaft sehr enge. In seiner Einfuhr nach Deutschland steht Rußland mit Finnland an 3. Stelle, in der Ausfuhr an 5. Stelle unter den handeltreibenden Mächten. Rußlands Einfuhr nach Deutschland ist besonders groß in Artikeln seiner Viehzuchtund seines Ackerbaus und deren Nebenerzeugnissen (1900: 89,3 Mill. M. Roggen. 40 Mill. M. Eier, 39.3 Mill. M. Gerste, 38,9 Mill. M. Hafer, 36,4 Mitf. M. Weizen, 28,7 Mill. M. Flachs, 34.2 Mill. M. Kleie und andere Getreideabsälle, 28,3 Mill. M. Leinsaat, 20,3 Mill. M. Borsten, Därme und andere tierische Abfälle. 18.3 Mill. M. lebendes Federvieh, 17,7 Mill. M. Felle für die Pelz- bereitung, 17.6 Mill. M. Ölkuchen. 15,4 Mill. M. Pferde, 14 Mill. M. Hanf, 13,5 Mill. M. Kalbfelle, 12,2 Mill. M. Schmieröle; dazu geringere Mengen von Butter, Mais, Werg, Erbsen und Wicken, Kleesaat, Raps u. a., von denen jeder Artikel auch noch über 5 Mill. M. in der Einfuhr nach Deutschland be- trägt). Außerdem besteht Rußlands Einfuhr noch in Bau- und Nutzholz (1900: 48,1 Mill. M.), in gemünztem Golde (1900: 43,5 Mill. M), in Kautschuck und Guttapercha (1900: 10,2 Mill. M), Petroleum {1900: 9,4 Mill. M.), Manganerzen und Kaviar. — Deutschland führt aus nach Rußland: Erzeugnisse seiner Eisenindustrie (1900: 68,6 Mill. M.), Baumwolle (1900: 11,4 Mill. M.), Steinkohlen (1900: 10,1 Mill. M.), außerdem in Beträgen von über 5 Mill. M. Erzeugnisse des Buch- gewerbes, Gold- und Silberivaren, Dampfschiffe, Wollengarn und Silber. 4. Staatlich e Verhältnisse. Rußland ist eine unumschränkte, erbliche Monarchie. (Autokratie). Der Zar als „Selbstherrscher aller Reußen" hat die oberste Gewalt in Bezug auf Gesetzgebung, Kirchenlvesen und Rechtsver Hältnisse. Ihm stehen drei beratende Körperschaften zur Seite, deren Mitglieder er beruft: 1) Der Reichs rat in Sachen der Gesetzgebung, Finanzverwaltung und Diplomatie, 2) der heilige Synod in allen kirchlichen Angelegenheiten und 3) der Senat als höchster Gerichtshof in der Rechtspflege. — Finn- land ist dagegen nur durch Personalunion mit Rußland verbunden, hat .feine eigene Verwaltung und eine Volksvertretung aus 4 Ständen, dem Adel, der Geistlichkeit, den Bürgern und Bauern. — In neuerer Zeit versucht die russische Regierung, Finnland enger an das Hauptland anzuschließen. Außer Finnland ist das europäische Rußland in 60 Gouvernements geteilt, die sich in folgende historische Landschaften zusammenfassen lassen: 1. Großrußlan d, 2. die Ostseeprovinzen (Kurland, Livland, Esthland. Jngermannland), 3. Westrußland mit Littauen und Wolynien. 4. Polen, '5. Kleinrußland oder die Ukraine, 6. Südrußland mit Podolien, Wessarabien, dem pontischen Küstenlande mit der Krim und dem Lande der Donschen Kosaken, 7. L st ruß land mit Kasan und Astrachan. Dazu kommt 8. F i n n l a n d. Auswärtige Besitzungen in Asien: Diese betragen 16v2 Mill. qkm -mit 22,7 Mill. Bewohnern. Zu ihnen gehören Kaukasien, Sibirien mit der .Insel Sachalin (incl. Neusibirien, Wrangelland, De-Long-Jnseln), die Steppen- gebiete Ferghana und Pamir, Samarkand, Syr- und Amu-Darja, weiter Transkaspien, Turkestan, die Vasallenstaaten Ehiwa und Buchara, chinesisches
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