16 Sechste Periode. Von 1648—1789. — Erster Abschnitt. Von 1648—1740.
von dem Löwener Professor Cornelius Jansen gestiftete, an die Augustinische Lehre von der Gnadenwahl anknüpfende, dem Jesuitismus feindliche Richtung der katholischen Kirche.
Weit heftiger aber ging er gegen die Hugenotten vor, worin ihn die Jesuiten (sein Beichtvater P. La Chaise), die Frau von Maintenon, die Witwe des Satirenschreibers Scarron, mit der er sich nach dem Tode seiner ersten Frau heimlich vermählte, und Louvois bestärkten. Nachdem (seit 1681) die „Dragonnaden“ und andre Gewaltmaßregeln voraufgegangen waren, erfolgte 1685 die Aufhebung des Edikts von Nantes. Jeder protestantische G-ottesdienst, auch in Privathäusern, wurde verboten, die Kirchen zerstört, die Prediger verjagt, die „Rebellen“ aufs grausamste verfolgt. Vielfach erreichten diese Mittel, wenigstens äußerlich, ihren Zweck. Trotz des Yerbots der Auswanderung bei Todesstrafe gelang es doch etwa 200000 Protestanten zu entfliehen; sie fanden in der Schweiz, in Holland, England, Brandenburg (16000) Aufnahme (Refugies). Dadurch waren dem National Wohlstände Frankreichs unheilbare Wunden geschlagen, erwuchsen dem Lande schwere moralische Nachteile, und im ganzen protestantischen Europa wurde Ludwigs Xiy. Name mit Haß und Abscheu genannt.
16. 4. Die französische Geisteskultur im Zeitalter Ludwigs Xiv.
a) Allgemeiner Charakter. Seit dem Ende des 16. Jh. (Michel Montaigne) ist für den französischen Geist charakteristisch der „von sens“, die sich beschränkende, auf die höchsten Ideale und Probleme verzichtende Verständigkeit, die mit den realen Faktoren des Lebens klug rechnet, sich auch mit dem Despotismus abzufinden weiß und in schaffender Arbeit und lebensfrohem Genuß Befriedigung findet. Daher das Streben nach Regel und Symmetrie, der Mangel an Genie, Schwung und Phantasie neben zahlreichen achtbaren Talenten, das Vorherrschen nüchterner Verständigkeit in Kunst und Leben.
b) Die Literatur richtete, gemäß dem sie beherrschenden Geiste der „Regeln“ und gemäß ihrem Charakter als Hofdichtung Ludwig war ein Förderer der Kunst, doch nur um seines
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Extrahierte Personennamen: Cornelius_Jansen von_Maintenon Scarron Ludwigs Ludwigs Michel_Montaigne Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Nantes Schweiz Holland England Brandenburg Europa Ludwigs_Xiy Ludwigs_Xiv
72 Sechste Periode. Von 1648-1789. — Zweiter Abschnitt. Von 1740-1789.
ein Aufstand; erst Josefs Ii. Bruder Leopold Ii., der von 1790 bis 1792 regierte, gewann die Provinzen wieder; und den Verlust. Ungarns konnte Josef nur dadurch verhindern, daß er alle mißliebigen Verordnungen widerrief. Trotzdem aber blieb sein Wirken für Österreich nicht verloren.
§ 55- c) Die kleineren deutschen Staaten. In vielen der kleineren deutschen Staaten herrschte ein die französischen Vorbilder nachäffendes Treiben, und wo die Steuern der schwer bedrückten Untertanen für den Prunk und die Ausschweifungen des Hofes nicht ausreichten, wurden die Landeskinder in fremden Kriegsdienst verkauft. Besonders schlimm stand es in Kursachsen unter Friedrich August! und Ii., in der Pfalz unter Karl Theodor, in Ansbach und Bayreuth, in Württemberg unter Karl Eugen (man denke an Schubarts und Schillers Schicksal), und in Hessen-Kassel. Aber der Einfluß Friedrichs d. Gr. wirkte auch vielfältig wohltätig. So in Bayern, in Sachsen-Weimar, wo Karl August, in Braunschweig, wo Karl Wilhelm Ferdinand regierte, in Baden, in Anhalt-Dessau, wo Basedow, von Rousseauschen Gedanken angeregt, sein Philanthropin gründete,1 und in Kursachsen, wo nach dem Tode Friedrich Augusts Ii. Friedrich Christian (1763) und Friedrich August m. (1763—1827), während dessen Minderjährigkeit Prinz Xaver die Regentschaft führte, im Geiste Friedrichs d. Gr. mit Reformen vorgingen. War Dresden die erste Kunststadt Deutschlands geworden, so wurde Leipzig ein Hauptsitz des Handels und weltmännischer Bildung („Klein Paris“), der Wissenschaft, Literatur und Musik.
§56. d) Dänemark und Schweden. In Dänemark war seit 1660 das Königtum absolut geworden und entfaltete, besonders unter Friedrich V., der deutsche Gelehrte und Künstler (wie Klopstock) an seinen Hof zog, eine segensreiche Tätigkeit. Ein tatkräftiger Reformer wurde der deutsche Arzt Struensee, der sich vom
1) Enttäuscht gab Basedow später die Leitung der Anstalt an Campe, den Bearbeiter von Defoes Kobinson, ab. Hier war als Lehrer auch Salz-mann tätig, der nachher in Schnepfenthal (Thüringen) eine eigene Anstalt gründete und nach den Grundsätzen der Pädagogen der „Aufklärung“, aber in reiferer Weise leitete (Krebsbüchlein 1780, Ameisenbüchlein 1806).
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184 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Dritter Abschnitt. Seit 1871.
'• b) Die Attentate und der Umschwung der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die zügellosen sozialdemokratischen Agitationen reizten in sittlich verkommenen Naturen die verbrecherischen Neigungen in dem Grade, daß im Mai und Juni 1878 zwei Mordanschläge auf Kaiser Wilhelm unternommen wurden; bei dem zweiten wurde der greise Monarch schwer verwundet. Da erkannte man die ungeheuren Gefahren, von denen die Gesellschaft und ihre Kultur bedroht war. Um ihnen zu begegnen, entschloß sich die Regierung 1. zum Einschreiten gegen die aufreizende Demagogie; 2. zu einer positiven Sozialreform. Im Zusammenhang damit steht 3. das Yerlassen der Freihandels- und der Übergang zur Schutzzollpolitik. Diese wirtschafts- und sozialpolitischen Absichten fanden auch in der Wissenschaft, in Roschers historischer Schule und im „Kathedersozialismus“ Unterstützung.
1. Im Okt. 1878 wurde das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („Sozialistengesetz“) erlassen. Dasselbe hat freilich weder die sozialdemokratischen Ideen zu unterdrücken — wie denn trotz seiner die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen und Abgeordneten stetig gewachsen ist — noch anarchistische Attentate zu verhindern vermocht; immerhin wurde die vergiftende, aufreizende Agitation eingeschränkt. Anfangs auf 21/2 Jahre erlassen, dann wiederholt verlängert, wurde es 1890 nicht wieder erneuert.
2. Das Wesen der Sozialreform besteht darin, daß der Staat 1. die wirtschaftlich stärkere Klasse, also die Arbeitgeber, zu Opfern zwingt, welche der Arbeiterklasse zugute kommen sollen; 2. daß er die Arbeitgeber und die arbeitenden Klassen zwingt1, die schwache Kraft der einzelnen Individuen in Genossenschaften zusammenzufassen, welche den notleidenden, an sich schwachen und hilflosen Individuen Hilfe und Stütze gewähren.
1) Auch unter der Herrschaft der individualistischen Wirtschaftsrichtung war durch freie Vereinstätigkeit mancherlei zum Wohle der arbeitenden Klassen geschehen. Hierher gehört auch die christliche Liebestätigkeit der evangelischen Kirche, die „innere Mission“, wie die Gründung von Rettungshäusern und Asylen nach dem Yorbilde des von Wiehern gestifteten „Rauhen Hauses“ (Rugehaus) bei Hamburg, die Stiftung der Diakonissenanstalt zu Kaiserswerth bei Düsseldorf usw.
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Dritte Periode. Von 1056 1273.
Europas umfassenden Gemeinschaft. Als Page seit seinem 7., als Schildknappe seit dem 14. Lebensjahre wurde der ritterbrtige Knabe an fremdem Hofe im Waffendienst und in der Rittersitte, selten in den Elementen wissenschaftlicher Bildung unterwiesen, bis er mit 21 Jahren den Bitterschlag empfing (Schwertleite). Kriegerische Tchtigkeit, Kampf fr den Glauben, Treue gegen den Lehnsherrn, Schutz der Schwachen und Verehrung der Frauen bildeten den Inhalt der ritterlichen Sittlichkeit, Gottesdienst, Herrendienst und Frauendienst die Pflichten des Bitters, die er den sollte mit stsete (Charakterfestigkeit) und m^e (Besonnenheit) in hvescheit (courtoisie). Freilich zeitigte der Frauendienst auch unnatrliche und unsittliche Erscheinungen.
y) Die Städte wurden im Gegensatz zu diesem internationalen Elemente des europischen Lebens die krftigste Sttze fr die Ausbildung der Nationalitt. Da die neuen Krfte des wirtschaftlichen Lebens, Kapital, Handel, Gewerbe, in den Stdten zur Bedeutung gelangten, wuchs auch ihr politischer und sozialer Einflu. Ihre Verfassungen beruhten vor allem auf dem Rechte der Selbstverwaltung und der Waffenfhrung der Brger. Wie die gesamte Entwicklung in Deutschland spter eintrat als in Italien und Frankreich, blieb auch das Aufblhen der deutschen Städte hinter demjenigen in diesen Lndern zeitlich zurck.
60. c) Die Kirche. Das Papsttum gewann bedeutend an Macht. Denn die Ppste waren die eigentlichen Unternehmer und Anfhrer der Heerfahrten des Abendlandes. Auch erhielt die Kirche und der Papst einen bedeutenden Zuwachs an materiellen Mitteln, besonders durch die Erwerbung groer Gter, die der abenteuerlustige Adel aus den Hnden gab.
Eine neue Sttze fand die ppstliche Macht in den neuen Mnchsorden, die aus dem Verlangen nach strengerer Askese entstanden waren. Am Ende des 11. Jh. war der Orden der Kartuser in der Chartreuse (Daupkine) und der Zisterzienser zu Citeaux (bei Dijon), am Anfange des 12. Jh. der Orden der Prmonstratenser zu Pr6montr6 (bei Laon) gestiftet worden. Am Anfange des 13. Jh. entstanden die Bettelorden der Franziskaner oder Minoriten (fratres minores) und der Dominikaner, jener von Franz von Assisi, dieser von Domingo de Guzman ge-
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Extrahierte Personennamen: Franz_von_Assisi Franz Domingo_de_Guzman
Extrahierte Ortsnamen: Europas Rittersitte Deutschland Italien Frankreich Dijon Laon
Ii. Hemmungen und Frderungen der Reformation (1522 46).
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In der Umgestaltung des Gottesdienstes ging Luther, der durch seine Verheiratung mit der ausgelaufenen1' Knne Katharina von Bora (1525) mit seiner mnchischen Vergangenheit gebrochen hatte und in seiner Huslichkeit das Vorbild des protestantischen Pfarrhauses gab, sowie seine Mitarbeiter Melanchthon, Justus Jonas, Amsdorf, Bugenhagen, Spalatin, Kaspar Cruciger uerst behutsam vor.
In diesen Jahren entfaltete Luther eine gewaltige Ttigkeit als Seelsorger, Universittslehrer, Kirchenliederdichter (neben ihm Paul Speratus), als Kirchenorganisator auf Visitationen, vor allem aber auch als Erzieher seines Volkes. Er war berzeugt von der Notwendigkeit des Schulunterrichts fr die gesamte Jugend aller Stnde; darum schrieb er 1524 An die Brgermeister und Ratsherren aller Städte deutschen Landes, da sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen." Die Erziehung sollte einen sittlich-religisen und echt nationalen Charakter tragen, auch die Bedrfnisse des praktischen Lebens im Auge behalten. Sie sollte human, aber ohne Weichlichkeit sein. An die Stelle des mechanischen Lehrverfahrens sollte Anschauung und Erziehung zum Denken treten. Als Grundlage fr den Religionsunterricht schrieb er 1529 den Groen und Kleinen Katechismus.
Ist Luther der Vater der deutschen Volksschule, so ist Melanchthon der Reorganisator des hheren Schulwesens (Prae-ceptor Germaniae"). Sein schsischer Schulplan", das Ergebnis von Erfahrungen einer Visitationsreise (1527), wurde die Grundlage vieler Schulordnungen; seine Lehrbcher wurden bis ins 18. Jh. gebraucht. Zu seinen bedeutendsten Schlern gehrten Valentin Trotzendorf, Rektor der Lateinschule in Goldberg (w. von Liegnitz), und Michael Neander, Rektor der Klosterschule zu Ilfeld. Ein bedeutender Schulmann im 16. Jh. war auch Johannes Sturm, Rektor der Gelehrtenschule zu Straburg.
c) Die Grndung der sterreichisch-ungarischen Monarchie. 112. Nach der Eroberung von Rhodos ( 53b Anm.) wandte sich Suleiman Et. (1520 66), im Einverstndnis mit Franz I., gegen Ungarn, strmte Belgrad und siegte 1526 bei Mohcs (spr. Mhtsch) (an der Donau n. vom Einflu der Drau), wo Knig-Ludwig Ii. ( 78) den Tod fand. Damit fiel Bhmen und
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