Die germanische Eötterwelt. I 2i—s.
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göttin; ihr Name lebt in unsrem Osterfeste fort: sie trägt goldene Schuhe; ihre Häsin legt rote Eier.
3. Wie die germanischen Frauen in der Schlacht mithalfen, so glaubte man auch an göttliche Jungfrauen, die Idisen, die sich dem feindlichen Heer entgegenwarfen, die Gefangenen fesselten, die man dem Feind abgewonnen hatte, die dem Feind anheimgefallenen befreiten. Als schicksalbestimmende Göttinnen verehrte man die Nornen; die zaubergewaltigen Alraunen leben noch heute in unserer Sprache und Volkssage.
* *4. Viele unsrer Eöttergestalten sind bei den Nordgermanen
weiter ausgebildet worden. Schließlich hat man sie auf der Insel Island unter christlichem Einfluß dichterisch dargestellt und in einer Sammlung, der Edda, aufgezeichnet.
So erhielt Donar einen Bruder in dem Sonnengotte Balder, den: jugendschönen Gotte des Frühlings, des Rechtes und der Weisheit. Ihn erschießt mit der Mittelstaude, von dem Feuergotte Loki (Loge, Lohe) angestiftet, der blinde Hödur (der Winter); da zerspringt seiner Gattin Nanna vor Wehmut das Herz: sie ist eine Frühlingsund Blütengöttin wie Austra.
Balder ähnlich ist der Sonnengott Froh oder Frey r. Er reitet auf goldborstigem Eber über das blühende Kornfeld. Seine Schwester Frouwa oder Freya ist gleich Frigg die Göttin der Ehe, der Anmut und der Lust. Zu ihr kommen die Seelen gestorbener Binder und Frauen; der Männer aber, die den „Strohtod" gestorben sind, wartet die finstere Hel in der Unterwelt.
5. Die Welt der Menschen ist Mittelgart (Midgard), die Erde. Sie verbindet der Regenbogen mit der Heimat der „Asen-götter", Asgard. Über diese strahlende Brücke bringen Wodans Schlachtjungfrauen, die Walküren, auf ihren schnaubenden Rossen die gefallenen Helden in seine Götterburg Walhalla; sie haben sie auf dem Schlachtfelds, der Walstatt, durch ihren 5tuß zur Lust des „Speertodes" gekürt. „So fühlte sich der Mann während der Schlacht in der Hand seines Gottes und hörte die Rosse der himmlischen Botinnen, der Walküren, über seinem Haupte dahinbrausen." Dort üben sich die „Einherier" unter „Allvaters" Leitung täglich auf die schwerste Schlacht: die Götterdämmerung, die am Ende der Tage einbricht.
6. Um die Erde nämlich windet sich die Midgard sch lange
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Die Germanen und ihr Götterglaube. I 1?—2i.
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Frauen auch den Heerbann; von den Wagen aus, die hinter dem kämpfenden Heere zur Wagenburg aufgefahren wurden, ermunterten sie Gatten und Söhne durch lauten Zuruf; sie verbanden die Wunden und starben im schlimmsten Falle mit den Männern.
* *Dte Kinder standen unter der Mund (Gewalt) des Vaters: er konnte sie verkaufen, ja er konnte sie töten, doch nur bis zur Namengebung, die binnen neun Nächten nach der Geburt erfolgen nutzte. Die Namen, immer zusammengesetzt, bezeichneten meist kriegerische Eigenschaften oder eine Beziehung zu den Göttern und ihren heiligen Tieren: zu Wolf und Raben (Wolfram), auch zum Bären ober zum Eber (Bernhard, Eberhard). Gern wählte die Familie Namen mit gleichen Anfängen: man liebte den Stabreim und venoenbete ihn im Helbenliede und aujzerbem in Formen aller Art, bei Segen und Fluch, bei Rechtsprüchen und Eiben, bei Vor-
□ schriften und Rätseln.^
10. Die Toten würden treulich vom Schlachtfelb geholt und unter schweren Steinplatten beigesetzt ober auf dem Holzstotz, der Fürst mit seinem Leibrotz, feierlich verbrannt.
* * Stämme an der Küste legten ihre toten Helben auf ein Schiss und verbrannten Schiss und Leiche auf hoher See.
Die Sitte, die Toten zu verbrennen, kam früh ab. Man beerbigte gewöhnliche Leute in „Totenbäumen", die man spaltete, aushöhlte und nach Aufnahme der Leiche toieber zusammenlegte. □
Bei Begräbnissen sowie bei Opfern, Gastmählern, führte man feierliche Tänze auf, die mit Musik (Horn, Flöte, Harfe) begleitet würden.
2. Germanischer Götterglaube.
1. Dem Germanen war es am wohlsten in der Natur.
* *Die Sonne, der Sternenhimmel, vorab der Morgen- und Abenb-stern, waren seine guten Freunbe, die dem Wanberer und Jäger den Weg zeigen. Die Nacht ist der Wolf, der den Tag und sein ctinb, das Abenbrot (Rotkäppchen), verschlungen hat; die Sonne tötet ihn mit ihren Strahlen (Pfeilen) und befreit die Gefangenen. Sie ist der Held, der abends in die Berge geht, um am Morgen in eigener Gestalt oder in der Gestalt seines Sohnes wieder emporzusteigen (Barbarossa). Nacht und Tag sind Vater und Sohn, die sich ablösen, bekämpfen, verschlingen (Hildebrand); der Sonnenheld erschlägt
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Extrahierte Personennamen: Wolf Wolfram) Bernhard Eberhard) Germanischer_Götterglaube Barbarossa Barbarossa Hildebrand
Alarich. Atiila. Ii 32—43.
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ihnen Sold, um sie als Hüter der Reichsgrenze gegen die Germanen zu benutzen.
* Eine Hunnenschar im römischen Dienste schlug die Burgunder, die vor kurzem ihre Sitze zwischen der untern Elbe und Oder verlassen und sich auf römischem Boden um Worms niedergelassen hatten, in blutiger Schlacht im Odenwald; mit 20000 Kriegern fiel König Günther nebst seinen Brüdern Gernot und Eiselher. Ihre Niederlage erfolgte vielleicht im Gersprenztal, in das die spätere Sage die Ermordung Siegfrieds verlegt hat. Die Gersprenz fließt mitten durch den Odenwald nordwärts zum Main. Der Rest des Volkes zog durch das „Loch von Belfort", die heute noch so genannte Burgundische Pforte, in das Land an der unteren Rhone, das heute noch Burgund (Bourgogne) heißt. Chalons an der Saone wurde die Hauptstadt des neuen Reiches, das sich von Rodden und Isöre zu den Alpen und an den Genfer See erstreckte. Auch hier D trieben sie Acker- und Weinbau. □
2. Einige Zeit später vereinigte ein König alle die zügellosen Schwärme der Hunnen zu einer Art von Staat. Attila oder Etzel hatte niedrigen, aber untersetzten Wuchs, einen mächtigen Kopf mit aufgestülpter Nase; die eigenen Söhne wagten ihm nicht in die blitzenden Äuglein zu sehen.
3>n weiter Grasfläche des heutigen Ungarlandes stand, von , Türmen überragt und mit Lauben umgeben, seine hölzerne Königs-bürg. Er selbst lebte einfach in prunkvoller Umgebung; mäßig genoß er Speise, die fast nur aus Fleisch bestand, und Trank aus hölzernen Geschirren. Sein einziger Schmuck war die Sauberkeit seiner Kleidung und sein Schwert, angeblich das Schwert des Mars.
Schon zitterte Byzanz vor ihm. Da zog er mit Hunderttausenden von Hunnen und Germanen sengend und brennend durch das von den Burgundern ausgegebene Land über den Rhein; wer nicht entfloh oder sich ihm anschloß, war verloren.
3. In der gemeinsamen Gefahr rief der letzte große Feldherr des Römerreiches, Aetius, den Westgotenkönig Theo der ich zur Hilfe auf. Der ließ unter dem Beifall seines Volkes dem Kaiser schreiben: „Uns dünkt kein Krieg gefährlich, es müßte denn für eine schlechte Sache sein." Dem Bunde der Römer und Westgoten schlossen sich auch andre Germanen an; die Ostgoten und andre Stämme fochten auf Attilas Seite.
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Extrahierte Personennamen: Atiila Günther Gernot Siegfrieds Attila
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Die Völkerwanderung.
Schon tränkten die Hunnen ihre Rosse an der Loire; Orleans hatten sie eingenommen. Aber jetzt wichen sie zurück auf das Ratalaunische Feld, das sich von der Seine zur Marne hinstreckte und zur Reiterschlacht trefflich geeignet war.
Hier rang christliche Zucht gegen tückische Wildheit in einer der 451 blutigsten und segensreichsten Völkerschlachten der Weltgeschichte. Die Nacht unterbrach das Morden; rotschäumend schwollen die Bäche von Blut. In wildem Reitersturm warfen die Westgoten den Feind in seine Wagenburg zurück; ihr König fiel. Angesichts der Hunnen ehrten sie den greisen Helden durch Totengesänge.
Auf Aetius' Rat führte Theoderichs Sohn Thorismund sein Heer in die Heimat, um sich seines Vaters Thron und Hort zu sichern. So konnte Attila unbehelligt abziehen.
4. Im nächsten Jahre drang er unter Raub und Brand in Italien ein. Am Mincio trat ihm mit einer römischen Gesandtschaft Bischof Leo I. entgegen. Nach einer Zusammenkunft, die von der Sage sinnig verklärt worden ist, trat der Hunne, das Schicksal Alarichs fürchtend, den Heimzug an. Italien mit seinem gebirgigen Boden war ohnehin kein geeignetes Land für seine Reiter.
Unter neuen Unternehmungen und Entwürfen ereilte ihn ein jäher Tod; dem oströmischen Kaiser zeigte ein Gesicht den hunnischen Bogen zerbrochen. Attilas Reich zerfiel; die von ihm unterjochten Völker machten sich wieder selbständig.
* *5. Die Germanen hatten vor Attila hohe Achtung; nur unter
einem gotischen Namen (Verkleinerungswort von atta — Vater) lebt der mächtige Kriegsfürst in der Geschichte fort. Im Hildebrands-und Walthari- wie im Nibelungenlied erscheint er wie ein germanischer Held. Als Gottesgeißel bezeichnet ihn erst das achte Jahrhundert. Als solche stellt ihn Wilhelmkaulbachs Gemälde im Treppenhaus des Berliner Museums in Anlehnung an eine Sage dar, nach der die Erschlagenen die Hunnenschlacht fortsetzen. Die Begegnung mit Leo I. □ hat Raffael in den Stanzen des Vatikans gemalt.□
5. Vandalen und Ostgoten. Theoderich.
1. Bald nach Attilas Tode wurde Aetius, verleumdet wie Sti-licho, von Kaiser Valentinian mit eigener Hand niedergestoßen.
Nun aber kam das Verderben.
Die Vandalen hatten in der Glanzzeit Alarichs den Rhein
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Extrahierte Personennamen: Attila Leo_I. Alarichs Attila Wilhelmkaulbachs_Gemälde Leo_I. Raffael Theoderich Kaiser_Valentinian Alarichs
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Christentum und Kaiserreich.
Erst nach acht Jahrhunderten voll blutiger Kämpfe gelang es den Spaniern, den Kalifenstaat zu vernichten. Aber das Andenken der Muselmänner erhalten ihre Denkmäler. Eine ihrer stattlichsten Moscheen ist in den heutigen Dom zu Cördova umgewandelt, und in den Trümmern der Königsburg Alhambra bei Granäda fühlt sich die Seele des Besuchers noch jetzt hinübergezaubert in die Märchenpracht des Morgenlandes.
4. Pippin und Karl der Große.
* 1. * Unter den Merowingern haben die Franken sich das Christentum mit Eifer angeeignet: man baute Kirchen und Klöster und machte fromme Stiftungen. Die Kirche sorgte für Arme und Kranke, und die Könige drangen auf Sonntagsheiligung: auf Feldarbeit am Sonntag stand schwere Strafe. Aber man faßte die Religion noch ganz äußerlich auf: das Gebet galt als ein Zaubermittel, um Wunder zu bewirken; die Huld Gottes meinte man durch Gaben erkaufen zu können: „Herr, gib uns, weil wir dir gegeben
□ haben!" betete ein angesehener Bischof.□
Gleich ihrem Ahnherrn Chlodwig waren die Merowinger ein hochbegabtes, kraftvolles Geschlecht. Aber im Kampfe mit ihrem trotzigen Adel gaben sie dem Volk ein böses Vorbild der Tücke und Grausamkeit, das eifrige Nachahmung fand. Die kranke Königin Austrichild ließ ihren Gatten schwören, ihre Ärzte hinrichten zu lassen, wenn sie sterbe; der „fromme" König leistete und hielt den Eid.
* *In schrecklichen inneren Kriegen verteidigten die Könige die Einheit des Reiches gegen die Herrschsucht der geistlichen und weltlichen Großen. Ihre tatkräftige Vorkämpferin war die verwitwete Königin Brunhildis, eine westgotische Königstochter, die das Königsrecht für ihre Enkel und Urenkel entschlossen verteidigte. Als sie dem Sohn ihrer Todfeindin Fredegunde in die Hände fiel, wurde sie mit einem Arm und einem Bein einem Pferd an den Schweif gebunden und zu
D Tode geschleift. □
Da verloren denn die Könige alles Ansehen, und der Verfall des Merowingerreiches schritt unaufhaltsam vorwärts. Der König erschien zuletzt nur einmal im Jahr auf einem Wagen, der mit einem Joch Rinder bespannt war, den weißen Herrscherstab in der Hand, auf dem „Märzfeld".
2. Dagegen gewann der Hausmeier immer großem Einfluß.
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Extrahierte Personennamen: Pippin Karl_der_Große Karl Gottes Chlodwig Königin_Brunhildis
50 Christentum und Kaiserreich.
und Luchs noch Wisent, Ur und Elen erlegt wurden. Künstler und Gelehrte verschiedener Länder belebten die fränkische oder lateinische Unterhaltung. Der Hof war die Pflegestätte feiner Sitte, aber auch derberen Scherzes: ein riesiger Kriegsmann rühmte sich wohl, wie er im Krieg mit den Böhmen sieben oder acht von dem „Wurmzeug" wie Lerchen auf die Lanze gespießt und herumgetragen: ,,weiß nicht, was sie dazu brummten".
7. Noch in spätern Jahren war Karl bemüht, die Mängel seines Iugendunterrichts nachzuholen. In schlaflosen Nächten beschäftigte er sich mit Schreiben, aber auch mit sachkundiger Beobachtung der Sterne.
* * Mit seinem angelsächsischen Freund Alkuin, den er auf dessen
Romreise in Italien kennen gelernt hatte, wechselte er mitten im Sachsenkrieg Briefe über religiöse Fragen.
Die Kirche des Abendlandes und die sittliche Weiterbildung seines Volkes nahm er in sorgliche Pflege. Für jeden Gottesdienst schrieb er Predigt und Vaterunser vor. Bischöfen, Äbten und Äbtissinnen verbot er, Hundekoppeln, Falken und Habichte zu halten; den Priestern untersagte er das Tragen von Waffen und den Besuch von Wirtshäusern.
Verboten hat er auch den Gebrauch von Zauberformeln, z. B. zur Abwendung von Hagel.
Er regte Bischöfe und Äbte zur Anlegung von Bischofs- und Kloster sch ulen an; die schon lange bestehende Hofschule, die für die Ämter geeignete Leute heranzubilden bestimmt war, wurde unter der Leitung Alkuins zu einer Art Hochschule, an der besonders Latein gelehrt wurde.
In allen diesen Anstalten erwachte das entartete Latein Zu neuem Leben; er selbst beherrschte es: seither ist es zur Sprache aller D Gebildeten Europas im Mittelalter geworden. D Unter der Zucht seines Pfarrers sollte sich jeder Untertan das lateinische Vaterunser und das Glaubensbekenntnis aneignen. Er selbst versäumte selten den Früh- und Abendgottesdienst; zu seinen nächsten Freunden, den Paladinen, zählten auch hohe Geistliche.
8. Karl der Große war ein durch und durch deutscher Mann; sorglich ließ er die alten Heldenlieder sammeln: die fränkischen, bur-gundischen, gotischen Sagen von Günther und Kriemhild, von Siegfried und Dietrich von Bern, von Hugdietrich, dem Schmied Wieland
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_der_Große Karl Günther Kriemhild Siegfried Siegfried Dietrich_von_Bern Hugdietrich
Extrahierte Ortsnamen: Italien Sachsenkrieg Europas
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Die Germanen.
einen Drachen (die Sternennacht) und gewinnt reiche Beute (Siegfried). Sonne und Mond sind Geschwister oder ein Paar liebender Königskinder, die nicht zusammenkommen können (Hero und Leander). Viele dieser alten Göttergestalten sind zu Menschen geworden: zu Helden wie Hildebrand oder Siegfried, zu dem Feuergott Wieland, lj dem Ahnherrn der Schmiede. □
So dachte sich der Germane alle ihm erkennbaren Naturkräfte als holde oder unholde Eötterwesen, als Wichte und Zwerge, als Elfen und Niren. Aber er schuf keine Bilder von ihnen und verehrte sie nicht in Tempelmauern; im rauschenden Wald, am Quell, im Schatten uralter Linden oder Eichen opferte der Hausvater: der ärmere Feldfrüchte, der wohlhabende ein Haustier; aus dem Opferblut erkundeten Seherinnen den Willen der Gottheit, aber auch aus dem Wiehern heiliger Rosse, aus der Lage von Buchenstäbchen, die man, mit Runen (Zeichen) versehen, umschüttelte, dann über Leinwand „entwarf" und „las".
* 2. * Ursprünglich hat wohl jeder Stamm seine eigenen Götter
gehabt, wie bei den Griechen; allmählich hat sich dann ihre Verehrung auch bei den andern eingebürgert, und es entstand so zuletzt eine Zwölfzahl von Gottheiten, die ziemlich allgemein annerkannt wurden: an ihre Stelle hat nachmals die christliche Sage an vielen Orten die □ zwölf Apostel gesetzt. □
Als höchsten Gott verehrten die Germanen ursprünglich den einarmigen Himmels- und Kriegsgott Zio, dann Wodan; er bedeutete die Himmelsluft, dann die Heilkunde, die Gesittung. Ihn dachte man sich als ehrwürdigen Greis in blauem Sturmmantel und grauem Wolkenhut, der tief in das einäugige Gesicht hereinhängt: so saust er auf achtbeinigem Schimmel, den siegspendenden Speer in der Faust, durch die Luft; die Raben Hugin und Munin tragen ihm alle Kunde zu. Ein dritter Himmelsgott war Thunar (Donar), der Gewittergott: Blitze sprühen aus seinem Bart; im Rollen des Donners zerschmettert sein Hammer die Fesseln, mit denen die Riesen, die Geister der Felsenwelt und der Winterstarre, die Erde gefangen haben. Wodans Gattin war Frigg, die einige Stämme Berta hießen, die Schützerin der Frauen und der Familie; wie sie war Frau Hulda (Holle), in andern Gegenden Hel genannt, eine Erdgöttin, die in der Tiefe von Sümpfen und Brunnen hauste. Die Göttin des Morgenrots, Austra (Ostara), wurde zur Frühlings-
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Die Völkerwanderung.
Ihre tüchtige Verwaltung brachte das verödete Land zu Ordnung und neuer Blüte.
6. Die Langobarden waren ein wildes, aber auch ein wackeres Volk. Das beweisen seine Sagen: vom jungen Alboin, wie ihm der Gepidenkönig Türisind die Waffen seines Sohnes Türismod schenkte, den Alboin selbst erschlagen hatte; wie er Turisinds Nachfolger K:une-mund überwand und seine Tochter Rosamunde zum Weibe nahm, sie aber in der Trunkenheit zwang, aus einem Pokal zu trinken, der aus ihres Vaters Schädel gebildet war, und wie sie ihn dafür erschlagen ließ; von König Authäri, der unerkannt seine bayrische Braut Theudelinde besuchte, und von dem König Agilulf, dem Autharis junge Witwe Hand und Krone schenkte; vom König Rothari (Rother), der die Kaisertochter in Byzanz zur Gattin gewann; von dem Knaben Leupichis, der aus avarischer Knechtschaft entkam und den Spuren eines Wolfes folgte, um sein verfallenes Vaterhaus in Friaul aufzufinden.
7. Die niederdeutschen Völker.
1. Weit weniger als die Ostgermanen wurden die west- und norddeutschen Stämme von der Völkerwanderung berührt. Nur von den seetüchtigen Sachsen zogen einige Scharen, der Sage nach unter den Königen Hengist und Hors, auf drei Schiffen übers Meer nach Britannien.
* * Seitdem das Römerreich die Briten nicht mehr schützte, plün-
derten die nördlich wohnenden Stämme sie aus, vor allem die Skoten, die von Irland herüber in das Land gekommen waren, das seither ihren Namen trägt. Die Sachsen schlugen die Räuber
D in ihre Berge zurück. Aber nun blieben sie selbst im Lande. □
Sie unterdrückten das Christentum, das zur Römerzeit Eingang gefunden hatte; die Eingeborenen entwichen auf die südwestliche Halbinsel Galliens, die „Bretagne", oder in der Berge von Wales.
Dafür fuhren mit immer neuen Scharen von Sachsen auch zahl-
reiche Angeln ins „Angelland", England, und gründeten eine Anzahl Königreiche.
* *Die Landschaftsnamen Esser, Susser, Messer, Middleser (Ost-,
Süd-, West-, Mittelsachsen), Ostangeln machen die alten Reiche und ihre Lage noch heute kenntlich. Auch hier hat sich im Kriege das Königtum entwickelt; alle angelsächsischen Reiche vereinigte König
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Christentum und Kaiserreich.
geheiratet, sie aber bald dem Vater wieder zurückgesandt. Dafür nahm sich Desiderius der Kinder Karlmanns an. Er wollte den Papst zwingen, Karlmanns kleine Söhne als Frankenkönige zu salben. Darum führte „der eiserne Karl" seine Scharen über die Alpen.
* * Als er über den Mont Cenis heranzog, fand er die Klause bei Susa durch die Langobarden gesperrt. Er umging sie, nach der Sage mit Hilfe eines Spielmanns, dem er zum Lohn alles Land zusagte, soweit man den Schall seines Horns vernehme. Nunmehr schloß er Pavia ein. Während der Belagerung machte er eine Osterwallfahrt
□ nach Rom und bestätigte dem Papste die „Pippinische Schenkung".ü
Nach langer Belagerung gewann er die langobardische Hauptstadt und verwies Desiderius ins Kloster. Fortan trug er die Eiserne Krone der Langobarden. Noch lang aber erzählte die Sage von ihrem letzten König und seinem starken Sohn Adalgis, der sich unerkannt an Karls Tafel gesetzt und die Knochen von Hirschen, Bären, Ochsen wie Halme zerbrochen habe, um das Mark auszusaugen.
5. Schon vorher hatte Karl begonnen, den Sachsen ,,mit eiserner Zunge den Glauben zu predigen". Ihr Gebiet reichte annähernd so weit, als heute noch plattdeutsch gesprochen wird.
* * An der Ems bis gegen den Rhein saßen die W e st f a l e n, an der Aller bis zur Saale und Elbe die Ostfalen (Ostleute), zwischen beiden, im Uferland (Anger) an der Weser, die Engern, jenseits der Unterelbe die Nordleute (Nordalbinger). Ihre Höfe lagen verstreut über die norddeutsche Ebene. Sie trieben nur Landbau und Viehzucht. Grundbesitz und Macht gehörten den Edeln. Es herrschte bei ihnen eine scharfe Trennung der Stände: das Wergeld für einen erschlagenen Etheling (Edeln) kam dem für sechs Gemeinfreie (Frilinge) oder zwölf Hörige (fiiten oder fiazen) gleich, die Ehe mit einer höherstehenden Frau war bei Todesstrafe verboten; aber auch auf Brandstiftung, auf Diebstahl von Vieh und Bienen stand der Tod.
Die Sachsen bildeten noch keinen Staat: jeder Etheling konnte zu Land ober zur See auf Beute ausziehen; wer an der Fahrt teilnahm, gehorchte ihm als seinem Brotherrn, Lord (Hlaiford, vgl. got. hlaifs
□ — Brot, Laib). Im Kriege wählten die Stämme einen Herzog. □
Ihr Freiheitstrotz wehrte sich gegen die Franken so tapfer und ausdauernd wie einst gegen die Römer.
111 6. Eine Heerversammlung zu Worms beschloß den Grenz- und
Glaubenskrieg gegen die Sachsen. Trotz der Unzugänglichkeit des
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Extrahierte Ortsnamen: Pavia Rom Karls Sachsen Rhein Sachsen Worms Sachsen
140
Anbruch der neuen Zeit.
Gehalt; es hatte seinen Sitz zuerst in Frankfurt a. M., dann in Worms, später in Speier, zuletzt in Wetzlar. Die Einteilung des Reiches in zehn kreise wurde vorbereitet, die erste Post errichtet.
* *Das aus Bergamo stammende Handelshaus Taris, das bald den Namen Thurn und Taris annehmen durfte, besorgte schon längere Zeit die Vermittlung von Nachrichten zwischen den Höfen Deutschlands und Burgunds, Frankreichs und Spaniens; in eigenen Rasthäusern („Posten") konnten seine Botenreiter und namentlich ihre Pferde gewechselt werden. Jetzt schufen die Taris, zunächst zwischen Wien und Brüssel, eine Reitende Post, die auch Privatbriefe beförderte: das Vorbild für Land- und Stadtposten. Auch die größern Städte, Augsburg und Nürnberg, Frankfurt ct. M. und Köln, besaßen eigene Botenanstalten.
9. Mar besaß dichterische Begabung. Seine Entwürfe ließ er durch seine Vertrauten ausführen: der „Teuerdank" erzählt seine Brautfahrt zu Maria,- der in Prosa abgefaßte „Weißkunig" ist eine unvollendete Geschichte seines Lebens, die seinen Stammbaum bis zu Noah verfolgen sollte: um Maximilians Scheingrab in der Hofkirche zu Innsbruck stehen denn auch Dietrich von Bern, Chlodwig, Artus
D und andere Helden der Sage als Ahnen des Kaisers. □
Dichter und Künstler erfreuten sich des Schutzes und der Freundschaft Maximilians. Ulrich von Hutten ließ er zum Dichter krönen, und Albrecht Dürer hat ihn öfter malen dürfen.
Er selbst sprach acht Sprachen und war ein eifriger Förderer der
humanistischen Studien. Die Förderung wissenschaftlicher Erkenntnis war ihm ein persönliches Anliegen.
* *Reuchlin hatte das Hebräische von den Toten erweckt. Als nun der getaufte Jude Pfefferkorn öffentlich verlangte, man solle die religiösen Bücher seiner vormaligen Glaubensgenossen wegen christenfeindlichen Inhaltes einziehen und verbrennen, ersuchte der Kaiser Neuchlin um ein Gutachten. Da empfahl der große Humanist eifriges Studium der hebräischen Literatur und wissenschaftliche Belehrung der Juden: „Nur die Wahrheit bete ich an als Gott," schrieb der greise Gelehrte. Darüber geriet er mit den Kölner Dominikanern, denen Pfefferkorn angehörte, in schwere Kämpfe, in deren Verlauf sich die Humanisten um ihn scharten.
Reuchlin und Erasmus aus Rotterdam, den Holbeins Gemälde in Basel darstellt, wie er das Neue Testament in ursprüng-
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