V£ü 169 V^ü V£ri< V£ü V^xi Vüxi U^i'i Üzni
Sie lind To nett und zart und fein,
was mögen das für Ciercben fein?
Der Isafe sagt: „Belebt euch doch
die allerliebsten Häschen;
die Ohren wachsen ihnen noch,
dann find’s die schönsten Häschen."
Eichkätzchen spricht: „Gebt einmal acht,
da find' ich ein paar Vettern,
sie werden, find sie aufgewacht,
mit mir zusammen klettern." —
„Ei," sagt das Reh, „was schwatzt ihr da!
Das find ja dumme faxen.
Rehhälbchen find’s, man sieht es ja,
wie nett find sie gewachsen!“ —
Rotkehlchen ruft: „Ich sah noch nie
im Maide solche Gäste;
ich nährn' sie mit, hätt' ich für sie
nur Raum in meinem Hefte.“
Da kommt ein Käfer angesummt
und sieht die kleinen Schläfer
und fliegt herum um sie und brummt:
„Hu, was für große Käfer!“
So schwatzen sie noch vieles mehr
und laufen eifrig hin und her,
befeh’n sich alles mit Bedacht,
bis daß die Kinder aufgewacht.
Haft du gefeh'n! Mit einem Husch
ist alles fort in Maid und Busch.
Qnd alle rufen: „fort von hier!
Das kann uns nimmer taugen,
im ganzen Maid kein einzig Cier
hat ja so große Rügen.
Das können keine Eierchen fein!
Schnell flüchtet in den Maid hinein!“
Die beiden Kinder feh’n sich an:
„Mas man doch alles träumen kann!
Soeben war’s im üraume mir,
als stände alles Maidgetier
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u^ix 60
hickelte: hunkepuus, hunkepuus. Dennoch setzte er sich aus und ritt
fort nach dem dunkeln Wald. Als er an den Rand desselben gekommen
war, rief er dreimal „Eisenhans" so laut, daß es durch die Bäume
schallte. Gleich darauf erschien der wilde Mann und sprach: „Was
verlangst du?" „Ich verlange ein starkes Roß; denn ich will in den
Krieg ziehen." „Das sollst du haben und noch mehr, als du verlangst."
Dann ging der wilde Mann in den Wald zurück, und es dauerte nicht
lange, so kam ein Stallknecht aus dem Wald und führte ein Roß
herbei; das schnaubte aus den Nüstern und war kaum zu bändigen.
Und hinterher folgte eine große Schar Kriegsvolk, ganz in Eisen
gerüstet, und ihre Schwerter blitzten in der Sonne. Der Jüngling
übergab dem Stallknecht sein dreibeiniges Pferd, bestieg das andere
und ritt vor der Schar her. Als er sich dem Schlachtfeld näherte, war
schon ein großer Teil vor: des Königs Leuten gefallen, und es fehlte
nicht viel, so mußten die übrigen weichen. Da jagte der Jüngling
mit seiner eisernen Schar heran, fuhr wie ein Wetter über die Feinde
und schlug alles nieder, was sich ihm widersetzte. Sie wollten fliehen,
aber der Jüngling saß ihnen auf dem Nacken und ließ nicht ab, bis
kein Mann mehr übrig war. Statt aber zu dem König zurückzukehren,
führte er seine Schar auf Umwegen wieder zu dem Wald und rief den
Eisenhans heraus. „Was verlangst du?" fragte der wilde Mann.
„Nimm dein Roß intb deine Schar zurück, und gib mir mein drei-
beiniges Pferd wieder." Es geschah alles, was er verlangte, und er
ritt auf seinem dreibeinigen Pferd heim. Als der König wieder in
sein Schloß kam, ging ihm seine Tochter entgegen und wünschte ihm
Glück zu seinem Sieg. „Ich bin es nicht, der den Sieg davongetragen
hat," sprach er, „sondern ein fremder Ritter, der mir mit seiner Schar
zu Hilfe kam." Die Tochter wollte wissen, wer der fremde Ritter
wäre; aber der König wußte es nicht und sagte: „Er hat die Feinde
verfolgt, und ich habe ihn nicht wiedergesehen." Sie erkundigte sich
bei dem Gärtner nach seinem Jungen; der lachte aber und sprach:
„Eben ist er auf seinem dreibeinigen Pferd heimgekommen, und die
andern haben gespottet und gerufen: „„Da kommt unser Hunkepuus
wieder an."" Sie fragten auch: „„Hinter welcher Hecke hast du der-
weil gelegen und geschlafen?"" Er sprach aber: „„Ich habe das Beste
getan, und ohne mich wäre es schlecht gegangen."" Da ward er noch
mehr ausgelacht."
Der König sprach zu seiner Tochter: „Ich will ein großes Fest
ansagen lassen, das drei Tage währen soll, und du sollst einen goldener:
Apfel werfen; vielleicht kommt der Unbekannte herbei." Als das Fest
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Nummer eins: zwei frische Augen,
die zum Schan'n und Merken taugen;
Nummer zwei: zwei feine Ohren,
daß mir nichts kann gehn verloren.
Nummer drei: ein lauter Mund,
der da spricht aus Herzensgrund,
aber auch nichts eher sagt,
bis der Lehrer hat gefragt.
Und was noch das Beste heißt:
muntres Herz und muntern Geist. —
Nun, ihr Leut', ich will schon Heus
lernen, daß es eine Freud',
daß es eine Lust soll sein,
bis der Abend bricht herein,
daß ich auch, wenn ich bin brav,
spielen kann und ruhig schlaf'.
15. Die A-B-C-Schützen.
Aus „Des Knaben Wunderhorn“.
Rate, was ich habe vernommen:
Es sind achtzehn fremde Gesellen ins Land gekommen,
zu malen schön und säuberlich.
Doch keiner einem andern glich;
all’ ohne Fehler und Gebrechen,
nur konnte keiner ein Wort sprechen.
Und damit man sie sollte verstehn,
hatten sie fünf Dolmetscher mit sich gehn.
Das waren hochgelehrte Leut’;
der erst’ erstaunt, reißt ’s Maul auf weit,
der zweite wie ein Kindlein schreit,
der dritte wie ein Mäuselein pfiff,
der vierte wie ein Fuhrmann rief,
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122
einem Mal fort und verschwunden. Nach einiger Zeit ging die arme
Frau wieder in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde Holz auf dem
Rückwege wieder an die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da
stand eine ganz vornehme Dame dort, winkte die arme Frau zu sich und
warf ihr fünf Stricknadeln in die
Schürze. Die Frau wußte nicht
recht, was sie denken sollte, und
dünkte diese absonderliche Gabe
ihr gar zu gering; doch nahm sie
die fünf Stricknadeln des Abends
aus den Tisch. Aber als die Frau
des andern Morgens ihr Lager
verließ, da lagen ein Paar neue,
fertig gestrickte Strümpfe auf dem
Tisch. Das wunderte die arme
Frau über alle Maßen, und am
nächsten Abend legte sie die Nadeln
wieder auf den Tisch, und
am Morgen darauf lagen neue
Strümpfe da. Jetzt merkte sie,
daß zum Lohn ihres Mitleids mit dem kranken Kätzchen ihr diese
fleißigen Nadeln beschert waren, und ließ dieselben nun jede Nacht
stricken, bis sie und die Kinder genug hatten. Dann verkaufte sie auch
Strümpfe und hatte genug bis an ihr seliges Ende.
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tränen fein; denn die Großmutter machte ein sehr, sehr glückliches,
frohes Gesicht. Sie winkte das kleine Mädchen zu sich heran und
strich ihr mit der Hand über das blonde Haar. Und dann sagte sie:
„„Ich danke dir, mein Sonnenstrahl.""---------
„Nun, was sagt ihr dazu?" fragte der Sonnenstrahl, der diese
Geschichte den anderen erzählt hatte. „Was sagt ihr dazu, daß es auch
Sonnenstrahlen gibt, die so aussehen wie Menschen? Habt ihr das
schon gewußt?"
„Nein," sagten die anderen und waren sehr erstaunt. „Dann
ist das kleine Mädchen wohl gar eine Schwester von uns? Wir
wollen doch einmal die Mutter fragen."
Und sie fragten die Mutter Sonne.
Und die Mutter Sonne sagte:
„Eine Schwester von euch ist das kleine Mädchen nicht; denn sie
ist ja kein wirklicher Sonnenstrahl, sondern ein Menschenkind. Aber
ich will euch sagen, warum die Großmutter so gesagt hat.
Seht, ihr Sonnenstrahlen macht es überall, wo ihr hinkommt,
hell und froh und warm, nicht wahr? Überall, wo die Sonne scheint,
sieht es gleich viel lustiger aus. Nun — und das kleine Mädchen macht
das Leben der armen, blinden Großmutter auch hell und froh, und
deswegen sagte die Großmutter zu ihr: mein Sonnenstrahl.
Und deswegen, weil die Ueine Anna so ist wie ein Sonnenstrahl,
deswegen sollt ihr sie auch so lieb haben wie eine Schwester."
„Das wollen wir! das wollen wir!" riesen alle Sonnenstrahlen
zugleich.
„Ich werde ihr morgen früh, wenn sie aufwacht, einen Kuß
geben," sagte der eine.
„Und ich werde die Rosenknospen in ihrem Garten recht warm
bescheinen, damit sie bald aufbrechen," rief ein anderer.
„Ich werde ihr die Kirschen am Baum reifmachen."
„O — und ich — ich weiß, was ich tue! Im Garten hängt
Puppenwäsche, die hat ganz sicher die kleine Anni aufgehängt. Ich
werde so lange die Wüsche bescheinen, bis sie trocken ist."
„Und ich — ich werde morgen früh, wenn sie in den Garten
kommt, gerade in die Tautropfen, die an den Blumen und Gräsern
hängen, hineinscheinen, damit sie recht schön in allen Farben schim-
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C?aaac?C?ac?C?C?C?C?C?C?Qc?Q 9
9. Die Stopfnadel.
!?on L)ans Christian Zlndersen.
Es war einmal eine Stopfnadel, die dünkte sich so fein, daß sie
sich einbildete, sie sei eine Nähnadel.
„Paßt nur hübsch auf, daß ihr mich festhaltet!" sagte die Stopf-
nadel zu den Fingern, die sie hervornahmen. „Laßt mich nicht fallen!
Falle ich auf die Erde, so findet man mich bestimmt nimmer wieder,
so sein bin ich."
„Das geht noch an," sagten die Finger, und damit faßten sie sie
um den Leib.
„Seht, ich komme mit Gefolge!" sagte die Stopfnadel und zog
einen langen Faden nach sich; aber es war kein Knoten an diesem
Faden.
Die Finger richteten die Nadel gerade gegen den Pantoffel der
Köchin. An dem war das Oberleder entzwei, das sollte zusammen-
genäht werden.
„Das ist gemeine Arbeit!" sagte die Stopfnadel, „ich komme
nimmermehr hindurch; ich breche, ich breche!" Und wirklich, sie zerbrach.
„Sagte ich's nicht?" sagte die Stopfnadel, „ich bin zu fein!"
„Nun taugt sie gar nichts mehr!" sagten die Finger; aber sie
mußten sie doch festhalten; die Köchin tröpfelte Lack auf die Nadel und
steckte vorn ihr Tuch damit fest.
„So, nun bin ich eine Busennadel," sagte die Stopfnadel. „Ich
wußte wohl, daß ich zu Ehren käme; ist man was, so wird man was!"
und dabei lachte sie in sich hinein; denn man kann niemals einer
Stopfnadel ansehen, wenn sie lacht. Da saß sie nun so stolz wie in
einer Staatskutsche und sah nach allen Seiten.
„Mit Erlaubnis zu fragen, sind Sie von Gold?" fragte sie die
Stecknadel, die ihre Nachbarin war. „Sie haben ein herrliches Äußere
und einen eigenen Kopf; aber klein ist er nur! Sie müssen sich Mühe
geben, zu wachsen; denn nicht ein jedes wird mit Lack betröpfelt!"
Und damit richtete sich die Stopfnadel so stolz in die Höhe, daß sie
aus dem Tuche fiel und gerade in den Gossenstein, den die Köchin
ausspülte.
„Nun gehen wir auf Reisen!" sagte die Stopfnadel. „Wenn ich
nur nicht verkomme!" Aber sie verkam wirklich.
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111
wo Friedrich seiner Gemahlin ein schloß erbauen und einen Lustpark
anlegen ließ, die Erinnerungen an die Spaziergänge und Gespräche der
„philosophischen Königin", hier sah sie die französischen Réfugiés Lenfant,
Beausobre, wie den welterfahrenen Jesuiten Vota und den Freigeist Eoland,
den flüchtigen Irländer,' sie fand Gefallen in der Unterhaltung mit ihnen,
oder sie folgte mit Aufmerksamkeit den religiösen Streitgesprächen, die
in ihrer Gegenwart und gleichsam unter ihrem Schutze geführt wurden;
denn Sophie Lharlotte besaß jene auf der Verbindung von Schönheit
und Geist beruhende natürliche Würde, die zugleich zur freien, zwanglosen
Russprache anregt und doch besänftigend und mäßigend auf den Strom
der Unterhaltung wirkt. Mochte dann der Jesuitenpater mit dem heiligen
Eifer, der ihm so wohl ansland, für den Primat des Papstes und die
Einheit der Kirche eintreten, mochten Lenfant und Beausobre ihm gegenüber
mit freimütiger Offenheit ihre evangelische Ruffassung von den Schriften
der Kirchenväter darlegen — immer nahmen die Gespräche einen edlen,
würdigen Verlauf.
hier in Sietzenburg empfing sie auch die Besuche des Philosophen
Leibniz, den sie schon.am Hofe ihrer Eltern in Hannover schätzen gelernt
und mit dem sie bereits seit 1690 in lebhaftem Briefwechsel gestanden.
Die Unterhaltungen mit ihm, die sich über die ernstesten Rätsel des
Lebens ausbreiteten, gewährten ihr einen außerordentlichen Genuß.
„Glauben Sie nicht," schrieb sie ihm gleich nach Beendigung der Krönungs-
feierlichkeiten, „daß ich diese Größe, von der man soviel Rufhebens macht,
unseren philosophischen Unterhaltungen vorziehe." Und an ihre Hofdame,
Fräulein von pöllnitz, schrieb sie ein andermal (7. Rugust 1702): „Ich
liebe diesen Mann; aber ich möchte mich fast darüber betrüben, daß er
alles mit mir so oberflächlich behandelt. Er setzt Mißtrauen in meinen
Geist; denn er antwortet mir selten mit Schärfe über die Gegenstände,
welche ich anrege.... Neulich hielt er mir eine Rbhandlung über das
unendlich Kleine, — wer weiß besser als ich, wie es sich damit verhält!"
------Und Leibniz wieder schreibt einmal an seine fraglustige Freundin:
„Es ist nicht möglich, Sie zufriedenzustellen, Sie wollen das warum
vom Warum wissen".
Es war das Verdienst Sophie Tharlottenz, daß sie feinere Sitten
in die Gesellschaft einführte, denn es sah damit bei allem Zeremoniell
am Hofe Friedrichs zu Rnfang seiner Regierung noch übel genug aus.
Zu den beliebten Vergnügungen des Hofes während der ersten Regierungs-
zeit des Kurfürsten gehörten die sogenannten „wirtschaften", Maskeraden,
bei denen der Fürst und seine Gemahlin als Wirt und Wirtin auftraten
und die Gäste in der Darstellung mythologischer, historischer oder phan-
tastischer Figuren Gelegenheit fanden, eine große Kleiderpracht zu entfalten.
Öfters übernahm eine der Masken die Rufgabe, die andern der Reihe
nach in Sinngedichten anzureden und ihnen eine Schmeichelei oder eine
Rnzüglichkeit zu sagen. So erhielt bei einer Wirtschaft vanckelmann die
Rolle eines Scherenschleifers, der, da ihm nicht genug Scheren zum
Schleifen gegeben worden, sich daran macht, Menschen zu schleifen. Die
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Sophie_Lharlotte Leibniz Sophie_Tharlottenz Friedrichs
122
im entlegenen Grenzort die große Idee in die Seele, daß er zuerst
zum Besten seines Königs und des Landes zu leben und zu arbeiten
habe.
Als die Provinz Preußen im Siebenjährigen Kriege gezwungen
wurde, der Kaiserin Elisabeth zu huldigen, und mehrere Jahre dem
russischen Reiche einverleibt blieb, da wagten die Beamten der
Landschaft dennoch unter der fremden Armee und Regierung ins-
geheim für ihren König Geld und Getreide zu erheben, große
Kunst wurde angewendet, die Transporte durchzubringen. Viele
waren im Geheimnis, nicht ein Verräter darunter, verkleidet stahlen
sie sich mit Lebensgefahr durch die russischen Heere. Und sie
merkten, daß sie geringen Dank ernten würden; denn der König
mochte seine Ostpreußen überhaupt nicht leiden, er sprach gering-
schätzig von ihnen, gönnte ihnen ungern die Gnade, die er andern
Provinzen erwies, sein Antlitz wurde zu Stein, wenn er erfuhr, daß
einer seiner jungen Offiziere zwischen Weichsel und Memel geboren
sei, und nie betrat er seit dem Kriege ostpreußisches Gebiet. Die
Ostpreußen aber ließen sich dadurch in ihrer Verehrung gar nicht
stören, sie hingen mit treuer Liebe an dem ungnädigen Herrn.
Wohl war es ein ernstes, oft rauhes Leben in des Königs Dienst,
unaufhörlich das Schaffen und Entbehren, auch dem Besten war
es schwer, dem strengen Herrn genug zu tun, auch der größten
Hingebung wurde ein kurzer Dank, war eine Kraft abgenutzt, wurde
sie vielleicht kalt beiseite geworfen. Ohne Ende war die Arbeit,
überall Neues, Angefangenes, Gerüste am unfertigen Bau. Wer
in das Land kam, dem erschien das Leben gar nicht anmutig, es
war so herb, einförmig, rauh, wenig Schönheit und sorglose Heiter-
keit zu finden. Und wie der frauenlose Haushalt des Königs, die
schweigsamen Diener, die unterwürfigen Vertrauten unter den
Bäumen eines stillen Gartens dem fremden Gaste den Eindruck
eines Klosters machten, so fand er in dem ganzen preußischen
Wesen etwas von der Entsagung und dem Gehorsam einer großen,
emsigen Ordensbrüderschaft.
Denn auch auf das Volk selbst war etwas von diesem Geiste
übergegangen. Wir aber verehren darin ein unsterbliches Verdienst /
Friedrichs Ii., noch jetzt ist dieser Geist der Selbstverleugnung
das Geheimnis der Größe des preußischen Staates, die letzte und
beste Bürgschaft für seine Dauer. Die kunstvolle Maschine, die
der große König mit so viel Geist und Tatkraft eingerichtet hatte,
sollte nicht ewig bestehen, schon zwanzig Jahre nach seinem Tode
zerbrach sie; aber daß der Staat nicht zugleich mit ihr unterging,
daß Intelligenz und Patriotismus der Bürger selbst imstande waren,
unter seinen Nachfolgern auf neuen Grundlagen ein neues Leben
zu schaffen, das ist das Geheimnis von Friedrichs Größe.
Gustav Frey tag.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Friedrichs Friedrichs_Größe Friedrichs Gustav_Frey Gustav
75
den Lobpreisungen, die ihr noch von weitem nachgerufen werden, und
langt kurze Zeit später glücklich daheim an.
So ganz wohl zumute ist ihr nicht,- sie besinnt sich, daß sie ihr
Portemonnaie in dem verschenkten Muff vergessen hat, und ärgert sich
auch im voraus über das Verhör, dem sie der beiden Dinge wegen von
der Kammerfrau unterzogen werden wird.
Die Kammerfrau ist es auch, die auf ihr Schellen öffnet und sie mit
der Nachricht begrüßt: „Der Herr General sind schon lange zu Hause."
„Da geh' ich gleich zu ihm hinüber," antwortete die Gebieterin,
gibt rasch Hut und Mantel ab und tritt in das Zimmer ihres Mannes.
Der alte Herr erhebt sich beim Erscheinen der alten Frau. Er
ist um ein weniges kleiner als sie, hat aber etwas ungemein Energisches;
Gang und Haltung verraten den ehemaligen Kavalleristen.
„Kommst du endlich!" ruft er der Eintretenden entgegen, „hat
heute wieder schön lange gedauert, die Urschlerei." Mit diesem Kamen
pflegt der General die Gesellschaften zu bezeichnen, die lediglich aus
Damen bestehen.
„Es waren auch Herren da," entgegnete die Generalin.
„Beneide sie nicht," murmelt der Gatte und zieht den Tisch zurück,
damit seine Frau auf dem Sofa Platz nehmen könne . . .
Zu ihrem Schrecken trat jetzt die Kammerfrau herein, durchforschte
das Zimmer mit spähenden Blicken und nahm von dem eifrigen Abwinken
ihrer Herrin keine Notiz.
„Lassen Sie es nur gut sein, Adele, lassen Sie es nur gut sein,"
sagte diese endlich in einem Tone, in dem die dringende Bitte wie ein
kühler Befehl klingen sollte.
Und der General, der längst überlebten Mode huldigend, in Gegen-
wart der Dienstleute ein ihm nicht ganz geläufiges Idiom zu gebrauchen,
fragte:
„Qu’est-ce que veut-elle donc?“
„Ich suche den Muff," sprach Adele, „die gnädige Frau haben
den Muff nicht mitgebracht, und hier ist er auch nicht."
„Nun, wenn ich ihn nicht mitgebracht habe, kann er auch nicht
hier sein," versetzte die Generalin. „Gehen Sie nur, Adele."
Der treuen Dienerin war diese wiederholte Abweisung ein Stich
ins herz, und ihre tiefe verletztheit äußerte sich in der Miene, mit der sie
hervorstieß:
„Aber der Muff ist weg!"
Der General wendete rasch den Kopf und fragte kurz: „was
Muff? wer ist Muff?"
„Der große, der .schwarze, der schöne Muff," entgegnete Adele,
und die Generalin bemerkte krampfhaft lächelnd:
„Groß und schwarz allerdings, aber schön . . . daß er schön war,
hat ihm wirklich schon lange niemand mehr nachsagen können."
„Mag er nun sein, wie er will," erklärte der Mann, „da muß er sein !"
„Man muß ihn halt wieder abholen," sprach Adele, „die gnädige
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Lage zu ziehen beabsichtigte, so blieb nichts übrig, als durch die genannte
Batterie die Stadt bombardieren zulassen,- da es nach 20 Minuten ungefähr
an mehreren Stellen bereits brannte, was mit den vielen brennenden
Dörfern in dem ganzen Schlachtkreise einen erschütternden Eindruck machte,
so ließ ich das Feuer schweigen und sendete den Oberstleutnant von
Bronsart vom Generalstabe als Parlamentär mit weißer Fahne ab, der
Krmee und Festung die Kapitulation antragend.
Ihm begegnete bereits ein bayrischer Offizier, der mir meldete,
daß ein französischer Parlamentär mit weißer Fahne am Tore sich
gemeldet habe. Der Oberstleutnant von Bronsart wurde eingelassen, und
auf seine Frage nach dem General en chef ward er unerwartet vor den
Kaiser geführt, der ihm sofort einen Brief an mich übergeben wollte.
Da der Kaiser fragte, was für Aufträge er habe, und zur Kntwort
erhielt, „Krmee und Festung zur Übergabe aufzufordern", erwiderte er,
daß er sich dieserhalb an den General von wimpffen zu wenden habe,
der für den blessierten Mac Mahon soeben das Kommando übernommen
habe, und daß er nunmehr seinen Generaladjutanten Keilte mit dem
Brief an mich absenden werde. Ts war 7 Uhr, als Heilte und Bronsart
zu mir kamen,- letzterer kam etwas voraus, und durch ihn erfuhren wir
erst mit Bestimmtheit, daß der Kaiser anwesend sei. Du kannst Dir den
Eindruck denken, den es auf mich vor allem und alle machte! Keilte
sprang vom Pferde und übergab mir den Brief seines Kaisers, hinzu-
fügend, daß er sonst keine Kufträge habe. Koch ehe ich den Brief öffnete,
sagte ich ihm: „Über ich verlange als erste Bedingung, daß die Krmee
die Waffen niederlege." Der Brief sängt so an: „N’ayant pas pn mourir
à la tête de mes troupes, je dépose mon épée à Votre Majesté“, alles
weitere mir anheimstellend.
Meine Kntwort war, daß ich die Krt unserer Begegnung beklage
und um Sendung eines Bevollmächtigten ersuche, mit dem die Kapitulation
abzuschließen sei. Nachdem ich dem General Keilte den Brief übergeben
hatte, sprach ich einige Worte mit ihm als altem Bekannten, und so
endigte dieser Kkt. — Ich bevollmächtigte Moltke zum Unterhändler
und gab Bismarck auf, zurückzubleiben, falls politische Fragen zur Sprache
kämen, ritt dann zu meinem wagen und fuhr hierher, auf der Straße
überall von stürmischen Hurras der heranziehenden Trains begrüßt, die
überall die Volkshymne anstimmten. Ts war ergreifend! Klles hatte
Lichter angezündet, so daß man zeitweise in einer improvisierten Illu-
mination fuhr. Um 11 Uhr war ich hier und trank mit meiner Umgebung
auf das Wohl der Krmee, die solches Ereignis erkämpfte.
Da ich am Morgen des 2. noch keine Meldung von Moltke über
die Kapitulationsverhandlungen erhalten hatte, die in Donchery stattfinden
sollten, so fuhr ich verabredetermaßen nach dem Schlachtfeld um 8 Uhr
ftüh und begegnete Moltke, der mir entgegenkam, um meine Einwilligung
zur vorgeschlagenen Kapitulatton zu erhalten, und mir anzeigte, daß
der Kaiser ftüh 5 Uhr Sedan verlassen habe und auch nach Donchery
gekommen sei. Da derselbe mich zu sprechen wünschte und sich in der
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Extrahierte Personennamen: Bismarck Klles Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Mahon Donchery Sedan Donchery