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1. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. III

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
Vorwort. Bei der Umgestaltung des Mittelschulwesens -dürste dem Geschichts-Unterricht eine bedeutsame Aufgabe vorbehalten sein. Je mehr im Betriebe der alten Sprachen die formalen Übungen in den Hintergrund treten gegenüber dem Erkennen und Verarbeiten des Inhaltes der Schriftwerke, desto notwendiger wird die Geschichte, in Verbindung mit dein Deutschen, das geistige Band werden, welches die verschiedenen Zweige des Unterrichts zu geordneter Weiterbildung zusammenfügt. Zu dieser Thätigkeit^muß die Geschichtsstunde schon auf der Unterstufe vorbereiten. Sie muß alle Geistesgaben im Kinde wecken und speisen, muß aber auch tausend Fäden anschlingen, ans denen die spätere Entwicklung ihr Gewebe nach allen Richtungen weiter zu flechten vermag. Das vorliegende Buch bemüht sich, die Begebenheiten und Zustände vorübergegangener Zeiten möglichst zu Erlebnissen des Schülers zu erheben, durch welche dieser völlig in Anspruch genommen werde. Es will nicht allein das Gedächtnis, sondern in weit höherem Maße die Seelenkräfte des Denkens, der Phantasie, deö Gefühles beschäftigen, um dadurch auf deu Willen erfrischend und stärkend einzuwirken. Ich habe daher des öfteren, wenn ich ein beliebtes Stichwort gebrauchen darf, Zusammengehöriges auseinander gerissen, weil ich den Knaben (und Mädchen) die Freude nicht vorwegnehmen wollte, durch Anspannung von Verstand und Gemüt es selbst zusammen-

2. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. IV

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— Iv — zufinden und auch bei Wiederholungen eine gewisse Selbstthätigkeit zu entfalten. Hält man die jungen Geister an, den lehrreichen Belegen für die vormalige Zerrissenheit unseres Volkes nachzuspüren, sie mit ähnlichen Verhältnissen namentlich der griechischen Geschichte zusammenzustellen, welche der unsrigen so enge verwandt ist, so wird das Gesamtbild, zu dem sie gelangen, ihnen unvergeßlich werden. Bei dieser Behandlung wird der Geschichts-Unterricht einen Reiz, eine Lehrkraft gewinnen, die ihn fast ebenbürtig neben das Lesen der Klassiker stellt, ihn in der Hand eines gewandten und liebevollen Lehrers jedenfalls zu einer wertvollen Vorschule desselben macht. ' Der Lehrer Beruhards von Weimar, der treffliche Hortleder, hat die Geschichte „das rechte Fürstenbuch" genannt. Wir dürfen sie heute als das Bürgerbuch bezeichnen. Aus ihm wird ein vernünftig geleiteter Unterricht die Grundlagen herstellen für die Erkenntnis des öffentlichen Lebens, in welchem unsere Schüler als Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft dereinst mitarbeiten sollen ant allgemeinen Wohle. Ich wüßte kein Mittel, durch welches das nationale Empfinden sicherer großgezogen, bessere Nahrung und ebenmäßigeres Wachstum gewinnen könnte, als die Geschichtsstnnde und die durch sie vorbereitete Aneignung der altklafsischeu wie der nationalen Litteratur. Der von den Schülern selbst erbrachte Nachweis, wie die Gegenwart die Frucht ist aller vorangegangener Zeiten mit allen Anstrengungen und Opfern einzelner Menschen und ganzer Geschlechter und mit all ihren verhängnisvollen Mißgriffen, wird den jugendlichen Sinn auf ein höheres Walten hinlenken und neben die stolze Frende über das unschätzbare Erbe, das uns zugefallen, das Verständnis stellen für die heilige Pflicht, das teuer Errungene festzuhalten und weiter zu entfalten. Darum habe ich (beiläufig) auch auf das Deutschtum in der Diaspora des öfteren aufmerksam gemacht. Auch hoffe ich, der aus allerhöchstem Munde ergangenen ernsten Forderung, daß schon der Jugendunterricht die socialen Gegensätze umfassen, sie aufklärend und versöhnend darstellen solle, in ausreichendem Maß entsprochen zu haben, obgleich in meinem Buche das politische Parteigetriebe nicht berührt ist.

3. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. V

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
Überhaupt habe ich der Kulturgeschichte ausgiebigeu Raum zugewiesen, ohne jedoch die vielgeschmähte Kriegsgeschichte zu sehr einzuengen. Erziehend wirkt doch vor allem die Anschauung der sich bethätigenden sittlichen Kraft; und wo träte diese überzeugender, überwältigender in die Erscheinung als in einem Kriege, wo um der Menschheit höchste Gegenstände gestritten wird! Allerdings habe ich die Kriege fast noch ungleichmäßiger behandelt als die Friedenszeiten. Warum ich aber unter den Schlachten des Siebenjährigen Krieges nur Roßbach und Kunersdorf, unter den Kämpfen unseres Jahrhunderts besonders Königgrätz und Sedan mit einigen Einzelzügen ausgestattet, wird leicht zu erkeunen sein. Unsere konfessionellen Unterschiede war ich bemüht, ohne Vorurteil und ohne Gehässigkeit zu erläutern. Wir haben genug und übergenug des Trennenden und müssen nachgerade darüber hinwegzukommen suchen. Um so sorgfältiger ist das Verbindende, Gemeinsame herangezogen worden, vor allem die Kunst. Von einem ausgebreiteteren Bilderschmucke zwar glaubte ich abstehen zu sollen, zumal billige Sammelwerke wie Hottingers Orbis pictus derartige Beigaben der Schulbücher entbehrlich machen und die Lehmann'schen lind Langl'schen Bildertafeln hoffentlich Mb in keiner Schule mehr fehlen werben. Ausführlich habe ich bafür die beutsche Kunst des Mittelalters besprochen, um scheu bein Kinbe die Herrlichkeit beutscher Ban-nnd Bildwerke verständlich zu machen, die vor aller Augen in unseren Städten stehen. Von der Anschauung des Vorhandenen aber mnß ein gesunder Unterricht immer ausgehen; dann wird das Fernerstehende, namentlich das Hellenentum, vou selbst und um so rascher sich aneignen lassen. Denn das wertvollste aller Erziehungsmittel bleibt doch immer das Leben. Alle Vorgänge der Geschichte, auch der alten, gewinnen Klarheit und Faßlichkeit nur durch die Vergleichung mit der Gegenwart, welche ihrerseits bei jeder dieser Zusammenstellungen in eine neue Beleuchtung tritt, ehe sie in all ihren verwickelte», vielfach noch uv' '•m'.chttidfu Erscheinungsformen und Strömuugeu selber der eigentliche Gegenstand der Betrachtung wird. Sedan und Thermopylä gehören

4. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. VII

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— Vii — möglich zu gestalten, ihrem Lernbedürfnis, ihrem Fassungsvermögen, die ich beide nach langjähriger Erfahrung in Schule und Haus viel höher anschlage als es gewöhnlich zu geschehen scheint, den Inhalt anzupassen gestrebt: die belehrenden und aneifernden Bilder aus der sorglich geprüften Vergangenheit besonders des griechischen und des deutschen Volkes, aber auch den Aufbau der römischen und mittelalterlichen Geschichte. Ich möchte meine jungen Freunde bei der Wanderung durch die weiten Ränme der Geschichte aus so manches Große und Gute aufmerksam machen, damit sie es für die Erkenntnis späterer reiferer Jahre einstweilen im Auge und den veredelnden Eindruck für immer in der Seele behalten. Ich möchte für sie diese Wanderung mit dem reinsten Genusse, mit dem nachhaltigsten Segen erfüllen. Daher habe ich sie mit allen irgendwie entbehrlichen Zahlen besonders in der Alten und Mittleren Geschichte verschont, aber die Namen von Personen und Örtlichkeiten nicht gespart. Ein gesunder Sinn will immer wissen, wer, welcher Mensch für eine Sache, eine Idee gehandelt oder gelitten, und wo es geschehen. Der Einzelinensch ist immer wichtiger, fesselnder als eilt leibloser Jemand oder ein nebelhaftes Passivum. Das Namenlose ist aus die Dauer langweilig oder unheimlich. Voraussichtlich wird trotz all meiner Liebesmüh auch mein Buch mitunter aus der Hand eines entrüsteten Knaben an die Waud fliegen, dein man etwa zumutet, den ganzen Inhalt mit allen Einzelheiten seinem arme» Gedächtnis einzuverleiben, Wörter daraus zu lernen. Gewiß ist die Pflege des Gedächtnisses höchst wertvoll; sie mag in den letzten Jahrzehnten etwas vernachlässigt worden sein. Aber man muß den Teufel nicht durch Beelzebub ans traben wollen. Im Geschichts-Unterricht darf das Gedächtnis nur in höherem Sinne geübt und gestärkt werden. Was hier das junge Menschenkind behalten soll, das Muß ihm auswählend und verknüpfend, erläuternd und belebend dargeboten werden. Die Aufsätze, aus denen mein Buch besteht, wollen frisch, aber ja nicht hastig besprochen, die eingestreute» Andeutungen je nach der Fähigkeit und Lernlnst der Klasse oder nach den Neigungen des Lehrers ausgebeutet werden. Ist das Wesentliche herausgehoben, dann mag man es den

5. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 20

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
offen, wenn sie als Metöken, Hintersassen, durch Vermögen oder Kenntnisse sich nützlich machen konnten. So wurde Athen eine Gemerbestadt und bald auch ein Handelsplatz ersten Ranges. Der wachsende Wohlstand führte zu edler Gesittung, Solon verbot in kluger Voraussicht über-iriebenen Prunk, zumal bei Begräbnissen, er verbot aber auch, über Verstorbene anderes als Gutes zu reden. Die solonischen Gesetze wurden ans große drehbare Holz-pyramiden eingetragen und öffentlich aufgestellt; sie wurden aus hundert Jahre angenommen und beschworen. Der Gesetzgeber selbst entzog sich der Zudringlichkeit von Verehrern und Tadlern durch eine zehnjährige Reise nach Ägypten und Asien; er wollte seinen Landsleuten Zeit gönnen, sich an die neue Ordnung zu gewöhnen. 4. Die Tyrannen. Peisistratos. Wie in Athen vor Solon waren auch in anderen Städten die Reichen und Vornehmen im Besitz aller Macht. Allein durch Handel und Gewerbe, die sich immer weiter entwickelten, gewannen auch die anderen Stände Reichtum und Bildung und strebten nach Gleichstellung mit dem Adel. Ehrgeizige Männer, in der Regel selbst den herrschende» Häusern angehörend, traten au die Spitz- der Unzufriedenen; sie stürzten die Macht der Vornehmen (die Aristokratie) und wurden mit der Einwilligung des Volkes dann selber Fürsten. Diese „Tyrannen" waren meist kluge und wohlmeinende Männer, welche ihre Stellung durch gemietete Krieger (Söldner), aber auch durch einen glänzenden Hofhalt zu behaupte,, suchten. Darum fanden Künste und Wissenschaften au ihnen eifrige Förderer. Periandros von Korinth z. B- wurde wie Solon unter die sieben Weisen gerechnet. Sein Freund war der gefeierte Dichter und Citherspieler Arion. Rur ungern entließ er den Künstler von seinem Hos, als dieser in den üppigen Griechen-itädten Unteritaliens durch sein Spiel und seinen Gesang Ruhm und Gold gewinnen wollte. Seine Hoffnung erfüllte sich. Zn Tarent mietete er zur Heimfahrt ein korinthisches Schiff. Lüstern nach seinen, Gelde, beschlossen die Seelente ihn zu ermorden, gestatteten ihm jedoch ans sein Flehen, in einem Lied Abschied zu nehmen vom Leben. Da hüllte er sich in den wallenden Pnrpur-Talar der Künstler und sang zur Cither seinen Schwanengesang; dann sprang er in die Flut. Aber die süßen Klänge hatten eine Schar wohllautsroher Delphine angelockt; einer nahm den Sänger auf den Rücken und trug ihn zum nahen Vorgebirge Tainaron (Malapan). Dort, am Südfuße des Tay-

6. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 28

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
viel gelernt. Diese selbst aber ließen sich durch nichts irre machen an ihren Jahrtausende alten Anschauungen. Die Geburt eines Apis feierten sie mit der gleichen Begeisterung wie ihre Vorfahren; in goldenen Gesäßen reichten die Priester kniend dem heiligen Tiere seine Nahrung. Als daher der erbitterte Kambyses sich hinreißen ließ, den Apis aus den Tod zu verwunden, ersaßte gefährliche Aufregung das geduldige Volk. In diesem Augenblick wurde der König in die Heimat gerufen. Ein kecker Magier hatte sich des Thrones bemächtigt unter dem Namen des Königssohnes Smerdis, welcher der Eisersucht seines Brnders Kambyses längst. zum Opfer gefallen war. Auf dem Heiinweg starb er an beit Folgen einer Verletzung, die er sich durch Unvorsichtigkeit beigebracht au derselben Körperstelle, au welcher er den heiligen Stier getroffen! 4. Dareios und die Skythen. Kambvses starb kinderlos. Sein nächster Verwandter Dareios I. übernahm nach dem Sturze des Thronräubers die Regierung. Er teilte das ungeheure Reich in zwanzig Statthalterschaften (Satrapien) und bestimmte die Höhe der Abgaben an Silber und Gold, auch Goldstaub und weißen Rossen, welche jeder Latrap jährlich einzusenden hatte. Bisher waren die Kosten des Hofhaltes und der Regierung lediglich durch freiwillige Gaben bestritten worden. Die Perser im Stammlande blieben frei von allen Auslagen. Darius strebte das Reich nach Norden auszudehnen; die Skythen, ein Nomadenvolk zwischen Donau und Don, sollten unterworfen werden. Mit einem Heere von 700 000 Mann überschritt der Großkönig den Thracischen Bosporus (die Straße von Konstantinopel) und dann die Donau auf Brücken, welche griechische Baumeister geschlagen. Der Stammvater des Scythenvolkes entsprang der Sage nach von einem Gotte, welche» Herodot Zeus oder Herakles nennt, und der Tochter des Flußgottes Borysthenes (Dniepr). Er hatte drei Söhne, welche allein die ungeheure Ebene des heutigen Rußland bewohnten. 'Da siel vorn Himmel ein Pflug und ein Joch, ein Beil und ein Topf, alles von Gold. In den Händen der älteren Brüder glühte dasselbe; nur der jüngste, Kalaxais oder Skythes, tonnte es fassen. Er wurde der Stammherr der Königsskythen, welche Ackerban trieben und eine gewisse Bildung erreichten; schon damals wurde aus den Ebenen des heutigen Rußlands Getreide ausgeführt. Die Nachkommen der älteren Brüber blieben ein Wanbervolk, welches seine Herden und seine

7. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 37

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
Eben damals hatle die Stadt Solons beim Heere von Byzanz zwei Feldherren, an denen kein Flecken haftete: Aristides, welchen Freund und Feind den Gerechten nannte, und Miltiades' 'cohii Kimon, dessen Herzensgute das ganze Volk erfuhr; denn er kleidete die Armen und lud die Hungrigen an seinen Tisch; der reiche Obstsegeu seiner Gärteu war jedermann zugänglich. Beide Männer begründeten ein Bündnis Athens mit den Inseln des Archipels, Aristides vereinbarte mit denselben die Höhe ihres Beitrages zur Bnndeskasse, deren Sitz die heilige Apollon-Insel Delos sein sollte. Athen stand an der Spitze Griechenlands. Zetzt erst entfalteten seine Bürger in Handel und Gewerbe, in Kunst und Wissenschaft ihre reichen Kräfte. Im Mittelpunkte dieses Aufschwunges stand der große Staatsmann Perikles. Wie Solon stammte er aus einein der angesehensten Geschlechter; sein Vater Tanthippos hatte die Athener bei Mykale befehligt. Im frühen Umgang mit Künstlern und Gelehrten eignete er sich eine würdevolle Haltung an und die Kraft, in allen Lagen seine Seelenruhe zu wahren. Zuerst zeichnete er sich im Felde aus durch Mut und Besonnenheit. In der Volksversammlung stieß^er anfänglich auf Mißtrauen, weil sich ältere Leute durch die Schönheit seiner Gestalt, seine Stimme und Vortragsweise an den Tyrannen Pisistratus erinnert fühlten. Daher redete er nur selten, aber immer ruhig und klar und ohne das lebendige Geberdenspiel, durch welches andere Redner die Aufmerksamkeit des Volkes zu fesseln suchten; niemals bestieg er die Rednerbühne, ohne im stillen die Götter anzurufen, daß kein unpassendes Wort ihm entschlüpfen möge. Und nie hatte ein Redner das Volk beherrscht wie er, der „Olympier", der Blitz und Donnerkeil im Munde zu führen schien. Schmeichelei und andere Künste verschmähend, wußte er durch Belehrung auf seine Zuhörer zu wirken, aber auch kraftvoll sie zu meistern, wenn sie in Verblendung seinen hohen Gedanken widerstrebten. Den Eindruck seiner Persönlichkeit erhöhte die allgemeine Überzeugung von seiner Vaterlandsliebe und seiner Uneigennützigkeit. Rie hat er sich bereichern mögen. Zwar vermied er unnötige Ausgaben und ließ sein Vermögen durch einen Irenen Sklaven sorgsam verwalten; aber im rechten Angenblicke gab er mit vollen Händen und hinterließ nicht mehr Vermögen, als er von seinem Vater geerbt hatte. Ein Tyrann wollte er nicht sein; Athen blieb frei, so lang er es beriet. Es war, wie der große Geschichtschreiber Thukv-bides sagt, dem Namen nach eine Demokratie, in Wahrheit die Monarchie des besten Mannes.

8. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 39

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 39 - Vorbildern die Gottheit ehren und in edlem Mute seine Pflicht und sein Schicksal tragen: der ernste Äschy los, der bei Marathon und bei Salamis mitgesochten, der fromme Sophokles, der als fünfzehnjähriger Knabe nach der Schlacht bei Salamis den Reigen angeführt, und der leidenschaftliche Euripides, der auf Lalamis während der Schlacht geboren sein soll. In allen diesen Bestrebungen hatte der große Mann die Ehrenpflicht im Auge, nichts einzubüßeu von dem, was die Vorfahren errungen, sondern das Erbe zu vergrößern. Für den Bestand und die Größe Athens schrak er auch vor Kriegen nicht zurück; auch als Feldherr gewann er hohe Ehren. Neunmal hat er die Genugthuung erlebt, ein Siegeszeichen aufzustellen. Aber er legte ans diese Fügung des Glückes weniger Wert als auf seine bürgerliche Friedfertigkeit und Versöhnlichkeit; daß um seinetwillen kein Athener das Trauergewand getragen, rühmte er noch auf dem Todbett als fein schönstes Verdienst. Dem erfahrenen Staatsmann konnte die Eifersucht nicht entgehen, mit welcher Sparta die Fortschritte Athens beobachtete-Er sah den Krieg kommen und betrieb mit größtem Eifer die Rüstungen; er vollendete die Befestigung der Stadt und ihres Hafens Piräus, die von Themistokles und Kimon begonnen war; er vermehrte und verstärkte die athenische Flotte. So waren Schilb und Schwert bereit für die große Abrechnung. 2. Der Ansbrnch des Krieges. Neben Athen war Korinth die reichste Hanbelsstabt Griechen-lanbs. Zwischen dem Korinthischen und Saronischm Meerbusen gelegen, besaß sie au jebem einen geräumigen Hafen; zahlreiche Kolonien an den Küsten des Ägeischen wie des Jonischen Meeres erhöhten den Glanz der Jsthmnsstadt. Nur eine, die bedeutendste darunter, stand ihr längst mit Trotz gegenüber: Kerkyra (Korfu). Ein Zerwürfnis beider Dorierstäbte warf den Funken in beit Brennstoff, bei' in Hellas aufgehäuft lag. An der epirvtischen Küste hatten beibe gemeinsam die Kolonie Epibamnos gegründet. Dort waren die herrschsüchtigen Abelsgeschlechter verjagt worden und belagerten die Stadt mit barbarischen Streitkräften. Der bedrängten Volks-gemeinbe gewährte Korinth die Unterstützung, die Eorcyra versagte. Pocheub auf ihre 120 Trieren widersetzten sich die Kerkyräer beut Eingreifen Korinths und schlugen eine Flotte, welche basselbe in die epirvtischen Gewässer sanbte. Da rief Korinth die Hülfe des Pelopoimestschen Bundes an, welchen Sparta gegen den attischen Seehund gegrünbet, und Eorcyra

9. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 40

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 40 — wendete sich Beistand heischend an Athen. Nach langem Bedenken schloß Athen mit der Insel ein Bündnis zu gegenseitigem Schutze und sicherte sich dadurch die Verfügung über'die Flotte derselben, die zweitgrößte von Hellas. Bei der Inselgruppe Sybota unweit Corcyras lieferten sich Mutter- und Tochterstadt eine grimmige Seeschlacht, die größte, die man bisher erlebt. 70 Corcyräerschiffe wurden in den Grund gebohrt; aber eine Landung der Korinther an der Küste der Insel wurde dem Vertrage gemäß von einer attischen Flottenabteilung verhindert. Jetzt berief Sparta feine Verbündeten zur Tagsatzung. Da erschollen laute Klagen wider den Übermut und den Einfluß Athens, aber auch über seinen wachsenden Handel, welchem die anderen überall das Feld räumen mußten. Der Falkenblick des Atheners durchschaute überall die Mängel des Bestehenden, an welchem die Peloponnesier, besonders die Spartaner, zäh festhielten, und er wußte sie in raschem, selbstbewußtem Handeln auszubeuten. Während die anderen daheim saßen, zog er kühnen Mntes in die Ferne, um zu lernen und zu erwerben; Mißerfolge waren ihm nur Anregung zu erneutem Versuch. Dabei vertrat er, fleißig und unternehmend, mäßig und gebildet, mit der eigene» Sache immer auch die Ehre feiner Stadt: ein recht unbequemer Nachbar für feine Nebenbuhler. 431 Die Peloponnesische Tagsatzung beschloß den Krieg, welchen ^ Chr. Perikles entschlossen aufnahm; er glaubte des wohlverdienten Vertrauens feiner Mitbürger sicher zu sein. Aber selbst in dieser entscheidenden Zeit regten sich die kleinen Geister, denen der große Mann im Lichte stand. Um ihm wehe zu thun, erhoben sie die Klage der Gotteslästerung gegen feinen Freund Phidias, der soeben fein wunderbarstes Werk vollendet hatte: das Riefenbild des fitzenden Zeus im Tempel zu Olympia, in goldenem Gewände, die Siegesgöttin auf der ausgestreckten Rechten. Und als der größte aller Künstler Griechenlands vor Gram und Alter im Gefängnis gestorben war, richtete sich die Bosheit der Unversöhnlichen gegen Perikles' zweite Gemahlin, die Milesierin Afpafia. Die Ehe galt nicht als vollgültig, weil Aspasia keine geborene Athenerin war; aber als eine der edelsten und gebildetsten Frauen achteten sie selbst Männer wie Sokrates. Perikles erwirkte durch eine rührende Verteidigung ein freisprechendes Urteil. Neue Nahrung fanden die Angriffe gegen den bewährten Staatsmann durch die weisen, aber lästigen Maßregeln, welche er für die Kriegführung traf. Die Athener sollten, das offene Land den einbrechenden Feinden preisgebend, allein auf die

10. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 44

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 44 — auf. Niemand wagte den Helden anzugreifen. Da schichtete man in der Nacht einen Holzstoß rings um sein Haus; geweckt von der aufschlagenden Flamme, warf er in rascher Geistesgegenwart Kleidungsstücke und Teppiche über das Feuer und eilte über diese Brücke, den Dolch schwingend, ins Freie. Die Meuchelmörder entliefen; aber ihre nachgesendeten Pseile und Speere töteten den Unseligen. Wie ein gehetztes Wild endigte der Mann, dessen Leben so vielverheißend begonnen hatte. 4. Sokrates der Philosoph. Noch thörichter und undankbarer als gegen Alcibiabes handelten die Athener gegen den weisen Sokrates, der sein ganzes Leben der Belehrung und Besserung seiner Mitbürger gewidmet hatte. Ursprünglich wie sein Vater als Bildhauer thätig, gab eisern Gewerbe aus, um einem inneren Triebe folgend seine Bildung zu erweitern. Damals wirkten in Athen eine Anzahl Männer, welche sich selbst als die Weisen bezeichneten und daher den Namen Sophisten erhielten; einige waren auch tiefgelehrt. Die Sophisten maßten sich jedoch an/ alle Wissenschaften und Künste,^anch die Staatskuusi, lehren zu können. Dafür nahmen sie hohen Sold und verschmähten kein Mittel, um zu ihren Lehrverträgen die Jugend anzulocken, welche sie dann unter dem Schein gründlicher Aufklärung dem alten Götterglauben und den alten guten Sitten entfremdeten. Sokrates durchschaute die Hohlheit ihres Wissens und die Gefährlichkeit ihres Treibens. Er trat ihnen daher entgegen in der- hohen Überzeugung von dem ewigen Werte der Religion und der Tugend, welche allein die rechten Grundlagen des Wissens feien. Auch er wirkte unter den Leuten; aber im Gegensatze zu den anspruchsvollen Sophisten ging er still und bedürfnislos dahin, barfuß, Sommer und Winter in demselben Gewände, ausdauernd in aller Mühsal und mäßig in allen Genüssen; denn in der Mäßigkeit sah er die Stütze aller Tugend. Diese Eigenschaften legte er auch seinen Mitbürgern ans Herz. Insbesondere leitete er sie an, die Spnren Gottes zu erkennen in bet1 Natur wie in der Obhut über die Menschheit und beit einzelnen Menschen. Er lehrte sie das Edle vom Niedrigen unterscheiden und letzteres verachte», mochte es auch noch so blenbenb auftreten. Er verlangte, daß den Frauen mehr Rücksicht und Wertschätzung gezollt werbe als bisher; den Segen eines reinen Familienlebens hat der heidnische Weise wenigstens geahnt. Als sein heranwachsender Sohn der Mutter unehrerbietig
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