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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 96

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Mutterlande und den Kolonieen, dessen Regsamkeit sich mit der Zeit ins Unglaubliche steigerte. Durch die Philosophie unterschied sich der Hel- lene von den Barbaren so gut wie durch die Sprache; denn der rohe Barbar dachte nicht in solcher Richtung, der Hindu und Aegppter aber durfte nicht in dieser Richtung denken, weil ihm die Priesterkaste dies als Frevel ausgelegt hätte. Auch die Poesie entfaltete sich in den Kolonieen rascher und leb- hafter als im Mutterlande; denn der Himmel Ioniens war noch reiner als der Griechenlands, die Luft noch milder, der Boden Siciliens und Unteritaliens noch fruchtbarer, der Verkehr noch reger — also das Le- den heiterer und reicher, der Geist lebendiger. Doch blieb das eigent- liche Hellas nicht zurück; mußte es auch den Ionern den Homer als ihren Sohn lassen (sieben Städte stritten um die Ehre sein Heimathsort zu sein: Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos, Athen), so kannte es doch frühe seine Lieder und hatte Sänger in Fülle, welche die Namen der Helden aus dem Gedächtnisse des Volkes nicht ver- schwinden ließen. Hesiod aus Aekrä in Böotien schloß sich an die alten religiösen Dichter an, welche in ihren Liedern den Preis der Götter sangen, indem er in seiner „Theogonie" den Ursprung und die Folge der Göt- ter erzählt, und welcher Götter und Halbgötter Thaten die Erde als Schauplatz diente, ehe der Mensch auf sie gestellt wurde. In seinem andern Gedichte „Werke und Tage" erscheint das Landleben alter Zei- ten vorgeführt mit seinen Arbeiten und Freuden, und der Dichter er- mangelt nicht Lehren der Tugend und Klugheit einzustreuen. Von den lebenslustigen Griechen Kleinasiens tönten auch zuerst die Lieder der Freude und Lust herüber und fanden ihren Widerhall in Griechenland und Italien, wie die Philosophie den gleichen Gang eingeschlagen hatte. So tauschten die Griechen ihre geistigen Erzeugnisse aus, so entwickelte sich ihre herrliche Kraft immer mehr und mehr und verlieh ihnen ein stolzes Bewußtsein der Ueberlegenheit über alle anderen Völker. Dieses steigerte sich später auf den höchsten Grad, als Griechenland seine Kraft mit dem Beherrscher Asiens gemessen hatte; es reihte sich an die alten Dichter und Philosophen eine neue glänzende Schaar an und an diese auch die Geschichtschreiber und Redner. Diese großen Geister, ihre herrlichen Werke in der Sprache der Nation, flochten ein unsichtbares Band, welches < die vielfach getheilten Stämme immer wieder zu natio- nalem Selbstgefühl vereinigte und sie in trüben Zeiten noch einigemal aufrichtete.

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 137

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Perikles. 137 Allerdings fiel der Glanz der öffentlichen Werke auch auf jeden einzelnen Bürger zurück, und der Gemeingeist, der sich in ihnen offenbarte, mußte den Ruhm des athenischen Volkes über ganz Griechenland verbreiten; aber dies allein hätte doch wohl nicht hingereicht, den gemeinen Athener vergessen zu machen, daß diese ungeheuren Summen in seine Hände kamen, wenn er nur ernsthaft wollte, es ist nur erklärlich aus dem Kunst- sinne, welcher das ganze Volk durchdrang und von Perikles genährt wurde. So war Perikles zwar nicht der Schöpfer, aber doch der hauptsächlichste Beförderer der griechischen Kunst, daher diese unter ihm ihr goldenes Zeitalter hatte. Athen wurde durch ihn eine wahre Pflanz- schule der Kunst, die sich in rascher Entfaltung über andere griechische Städte verbreitete; athenische Künstler wurden in andere Städte berufen, so war z. B. die Statue des Zeus im Tempel zu Olympia, welche im Alterthume als das erhabenste Werk der Bildhauerei galt, ein Werk des Phidias, und fremde Künstler wunderten nach Athen, um sich an den dortigen Meisterstücken und in den dortigen Werkstätten auszubilden. Es ist schon gesagt worden, daß Perikles Odeen und Theater baute, Anstalten, welche für den Hellenen, namentlich den Athener, eine viel größere Bedeutung hatten, als ihnen bei uns zukommt. Sie ergötzten und unterhielten nicht allein das Volk, sie bildeten dasselbe auch in vielfacher Beziehung. Die Gesänge waren von den ersten Dichtern, die miteinander wetteiferten, geschaffen und von den besten Tonkünftlern mit Melodieen versehen; das Gemeine und Mittelmäßige wurde da nicht geduldet oder wagte sich gar nicht hervor. Der Gesang feierte die Götter, den Ruhm der Stadt, die Thaten der Vorfahren aus der ältesten Zeit wie derer, welche der Persermacht entgegengetreten waren; er erfreute nicht allein durch kunstvolle Harmonie in Wort und Ton, sondern mahnte zugleich an die waltenden höheren Mächte, erinnerte an die Väter, deren Erbe nun die Enkel beglückte, und spornte sie zu edler Nacheiferung. In Athen er- standen auch die größten Meister der tragischen Kunst: Aeschylus, Sophokles und Euripides. Aeschylus focht tapfer in der salaminischen Schlacht, So- phokles führte als einer der schönsten Jünglinge den Siegesreigen an und Euripides erblickte das Licht der Welt an jenem großen Tage. Diese Tra- giker waren für die Griechen in mancher Hinsicht die Nachfolger des Homer, indem sie ihre Stoffe aus diesem und der alten Heldensage schöpften und gleich den homerischen Gesängen die Furcht vor der waltenden Macht der Götter lehrten, vor Uebermuth warnten, der dann zu Falle kommt, wenn er am sichersten zu stehen wähnt. Frömmigkeit, edle Sitte, ehrfurchts- volles und dankbares Andenken an die Vorfahren, geheiligte Liebe zu der Vaterstadt — fanden in diesen Tragikern, besonders in dem weisen und erhabenen Sophokles, nicht minder ausgezeichnete Herolde, als der alten Heldentugend in Homer zu Theil geworden war. In dem athenischen

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen

4. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 164

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
164 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. hole und symbolischen Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechi- schen Denker erkannten es, daß die Religionen der Aegypter, Baby- lonier u. s. w. die Bilder waren, in welchen sich die Gedanken der Völker über die Entstehung der Welt und deren Erhaltung, über die Be- stimmung des Menschen und sein Verhältniß zu den höheren Mächten aussprachen. Diese Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung durch die Priester, welche bei den alten Völkern einen abgeschlossenen Stand ausmachten; deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Ge- heimlehre sür sich haben, eine andere öffentliche aber verkünden, ohne daß beide einander widersprochen hätten; die öffentliche stellte eben den religiösen Begriff sinnlich dar in einer Mythe, einem Symbole, die Geheimlehre aber deutete das Bild. Dem Griechen zog keine Priester- schaft Schranken, ihm waren die Lehren derselben keine heiligen Ueber- lieferungen, sondern eine Reihe uralter Vorstellungen darüber, wie die Welt entstanden ist, besteht und vergeht; er nahm sich deßwegen die Freiheit, über diese Räthsel selbst nachzudenken und den Versuch ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde und hellenische Religionssysteme anzustellen. Einige dieser Denker fanden ihre Ergebnisse im Einklänge mit den religiösen Mythen oder deuteten diese so, daß sie mit ihren Meinungen oder Lehren harmonierten, andere hingegen mußten die Re- ligion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit ihr in Widerspruch ge- rathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe: die griechische Phi- losophie ruinirte die griechische Volksreligion, den alten Glauben. Die älteste Philosophenschule war die jonische und ihr Begründer, Thaleö ans Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdichtung oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Landsmann Anarimenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekydes dem Aether und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demokrit (aus Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem einfache Urkörper, Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwandelbaren Ge- setzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung und Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt Bestand, nichts einen andern Werth als einen augenblicklichen; sie mußte sehr gefährlich werden, wenn sie irgendwo Eingang fand, denn daß die Götter neben den Atomen keinen Platz haben, mußte jedem einigermaßen denkenden Kopfe bald klar werden. Anaragoras aus Klazomenä vervollkommnete diese Lehre, indem er die Atome mit be- stimmten Eigenschaften begabte, sie aber von einer höchsten Vernunft bewegen läßt, welche alles weiß und kann. Anaragoras hielt sich größtentheilö in Athen auf und war ein Freund des Perikles. Das Volk hörte aber, daß der Philosoph die Sonne eine feurige Masse

5. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 200

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
200 Das heilige römische Reich deutscher Nation. kennen, und in dieser Zeit war es, wo auch im deutschen Reich die Nitterdichtung aufkam und schönere Blüten trieb als irgendwo (1150 bis 1240). Unter den Hohenstaufen, welche die Dichtkunst liebten und fast sämmtlich selbst Dichter waren, erreichte die Dichtkunst ihre höchste Vollendung durch Walter von der Vogelweide. Man nannte die Dichter Minnesänger, „Sänger der Liebe"; schon die alten Deutschen zeichneten sich im Gegensätze zu den Griechen und Römern durch ihre Hochachtung des weiblichen Geschlechtes aus, das Christenthum veredelte das ganze Verhältniß der Geschlechter, die Marienverehrung gab der Frauenver- ehrung überhaupt einen idealen, himmlischen Schwung. Schwache und Hilflose und somit vor allem die Frauen zu ehren und zu schützen hieß eine der ersten Pflichten des Ritterthums, den Frauen zu huldigen, indem man in ihrem Aufträge und um ihres Beifalles willen ritterliche Thaten ausführte, wurde zur Sitte (und früh genug zur Unsitte) der Zeit (Frauen- dienst). Die deutschen Minnesänger sangen aber nicht bloß den Preis edler Frauen, sondern zugleich auch der Heiligen, der Helden und des Vaterlandes; sie sangen von Frühlingslust und Vogelschall, vom Waldes- grün und dem Blumenschmelz der Haide; es ist auffallend, wie diese Kriegsmänner einen so offenen Sinn für die Schönheit der Natur hat- ten, während die klassischen Völker in dieser Weise kaum berührt wurden. Hieher gehören außer dem herrlichen und vielseitigen Walter von der Vogelweide die Dichter Heinrich von Veldegg, Wolfram von Eschenbach (der Parcival), Hartmann von der Aue (Jwein, Gregor auf dem Stein), Konrad von Würzburg, Gottfried von Straßburg; bis auf den letzten sind alle übrigen, und zu ihnen ließen sich noch gar viele Namen anreihen, Edelleute gewesen, und der ritterlich religiöse Geist der Zeit durchdringt deren Dichtungen, aber auch schon jener Geist, der unreine Liebesglut verherrlicht und nach der Emancipation des Fleisches von allen göttlichen und menschlichen Geboten sich sehnt (Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde). In dieser Periode lebte auch der Dichter des großen Epos „der Nibelungen", dem die altheidnische Heldensage (Siegfried der Drachentödter, König Günther zu Worms, Brunhilde und Chriem- helde, der grimme Hagen, Dietrich von Bern, Etzel der Hunnenkönig) zu Grunde liegt; es ist auch dieses Geistes ein Nachklang aus der Zeit des heidnischen Germanenthums und der Stürme der Völkerwanderung, wo Rache, Kampflust und Beutegier die deutschen Mannen in immer erneuerten Kampf treibt und der Tod auf der Walstatt nach Walhalla führt. Zn den Nibelungen gehen die Helden einmal zur Kirche, aber um Streit anzufangen, der Sterbende denkt weder an Himmel noch an Hölle, sondern freut sich seiner Rache, der Trauer und des Weheklagens, das seine Hand bereitet hat.

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 331

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die schönen Künste. Poesie und Geschichtschreibung, 331 Die schönen Künste. Poesie und Geschichtschreibung. Diese blühten gleichzeitig mit den klassischen Studien in Italien auf: Malerei, Bildhauerei und Baukunst, und auch auf sie machte sich der Einfluß des klassischen Alterthums geltend, denn offenbar dienten die Bilder und Tempel der Alten vielfach zum Muster. Früher trugen Malerei, Bildhauerei, Baukunst, auch die Poesie das ernste christliche Gepräge, in der Folge aber machten sie sich mehr frei und suchten den Reiz der antiken Kunst wieder zu geben, vielmal auf Kosten der christ- lichen Sittenstrenge. Gegen und am Ende dieses Zeitraumes blühten in Italien die Karacci, Leonardo da Vinci, Michel Angelo Buonarotti, Korreggio, Tiziano, Rafael Sanzio, der Fürst der Maler, in Deutsch- land aber Albrecht Dürer. Mit Dante Alighieri (ff 1321), einem Ghibellinen, beginnt die Reihe der großen italienischen Dichter; in seinem erhabenen Gedichte „Divina Commedia“, sind die Ideale des kirchlichen Mittelalters und die Klagen über den Verfall desselben durch den Streit des Kaisers mit dem Haupte der Kirche in der Sprache seines Volkes niedergelegt; Pe- trarka, der Freund der Klassiker, ist als zarter Lyriker gefeiert, Tor- quato Tasso aber besingt in seinem herrlichen „das befreite Jerusalem" die größte That des Mittelalters, der leichtfertige Ariosto in seinem „rasenden Roland" die Abenteuer jenes'helden, aber durchaus nicht, Oie diesen die Sage charakterisiert. Als Geschichtschreiber glänzt vor allen Nikolo Macchiavelli aus Florenz, ebensowohl ein Schüler der Alten als ein Meister in der arglistigen Politik seines Zeitalters und der ita- lienischen Höfe. Diese, Männer erhoben die italienische Sprache zur klassischen Würde. Italien wurde in seinem Verfalle für das übrige Europa, was einst das zerfallende Griechenland für die Römer. >$ öranthch <tof ■ '.üöff'g ntttw sjs n© h i'io

7. Geschichte des Mittelalters - S. 220

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
220 Das heilige römische Reich deutscher Nation. Liede. Das ganze Wesen des Ritterthums in seiner Blüte, wie in seiner Entartung spiegelte sich in einer eigenthümlichen poetischen Li- teratur ab, deren Träger und Pfleger Ritter und Höfe, deren Stoffe ritterliche Thaten und Tugenden, Gottes- und Frauenliebe waren. Von dieser ritterlichen oder höfischen Dichtung, die als Kunstpoesie im Gegensätze zur Volksdichtung auftrat, ist uns gar vieles erhalten und höchst wichtig für die Kenntniß der geselligen und sittlichen Zustände in den politischen Parteien des Mittelalters. Diese Gedichte sind zu- gleich die wichtigsteu Denkmäler der mittelhochdeutschen Sprache, denn die damaligen Schriftsteller bedienten sich ausschließlich der lateinischen Sprache; auch die Urkunden wurden noch im 13. Jahrhundert in der Regel lateinisch abgefaßt; die ältesten deutschen Rechtsbücher, der Sachsenspiegel (den wir nicht in seiner ursprünglichen Gestalt besitzen) und der Schwabenspiegel, gehören jedoch schon der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an. Am frühesten erwachte der ritterliche Sang im Gebiete der proven- hñlischen Sprache, in Südfrankreich und im nordöstlichen Spanien; hier wanderten die Troubadours (Erfinder, von trouver; sie waren Dichter und Sänger in einer Person) von Burg zu Burg, von einem Feste zum andern, und fanden allenthalben gastliche Aufnahme, denn ihre Lieder waren die Würze der geselligen Unterhaltung für Herren und Frauen, und die Vornehmsten suchten ihren Ruhm darin, auch als Dichter zu glänzen oder doch die Dichtkunst auf jegliche Weise zu hegen und zu pflegen. Während Frauenliebe der Grundton der provenyalischen Dich- tung war und blieb, wurde in Nordfrankreich und England vorzugs- weise die ritterliche Heldendichtung gepflegt, welche theils die Thaten und Sagen von Karl dem Großen, von König Artus, dem walisischen Helden und dessen Genossen, und vom heiligen Gral (die Schüflel des heiligen Abendmahls) zu ihrem Mittelpunkte machte, theils Helden der heidnischen Vorzeit, Alerander den Großen und Aeneas, zu christlichen Rittern um- schuf und besang. Die Kreuzzüge verliehen dem ganzen Leben der Zeit und nament- lich auch der Dichtkunst höheren Schwung und religiöse Weihe, das ferne wunderbare Morgenland in seinen Beziehungen und Kämpfen mit dem Abendland bot der dichterischen Einbildungskraft unerschöpfliche Stoffe; sie brachten aber auch die Völker Europas in gegenseitigen und innigen Verkehr, sie lernten ihre Sprachen, Geschichten und Sagen gegenseitig kennen, und in dieser Zeit war es, wo auch im deutschen Reich die Ritterdichtung aufkam und schönere Blüten trieb als irgendwo (1150 bis 1240). Unter den Hohenstaufen, welche die Dichtkunst liebten und fast sämmtlich selbst Dichter waren, erreichte die Dichtkunst ihre höchste Voll-

8. Geschichte des Mittelalters - S. 364

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
364 Die schönen Künste. Poesie und Geschichtschreibung. zweifelt war, weil sie den Glauben an die Götter verloren hatte und doch Gott nicht fand. Daher fehlte es auch nicht an Gegnern dieser neuen Studien, die es bald herausfühlten, daß jener heidnische Geist umgehe, welchem „das Christenthum eine Thorheit ist". Daß diese Gegner in ihrem Eifer oft zu weit gingen und es wehren wollten, daß sich ihr Zeitalter das aneigne, was eine frühere Zeit in ihrem allerdings beschrankteren Gebiete Schönes und Herrliches hervorgebracht hatte, war eine natürliche Folge menschlicher Schwäche und Uebertreibung der klassi- schen Studien; die Eiferer gegen die klassischen Studien vergaßen, daß die christliche Bildung berufen bleibt, alles Gute und Schöne aller Zei- ten in sich aufzunehmen und zu veredeln. (Streit der Humanisten und Scholastiker.) Bit schönen Künste. Porste und Geschichtschreibung. Diese blühten gleichzeitig mit den klassischen Studien in Italien auf: Malerei, Bildhauerei und Baukunst, und auch auf sie machte sich der Einfluß des klassischen Alterthums geltend, denn offenbar dienten die Bilder und Tempel der Alten vielfach zum Muster. Früher trugen Malerei, Bildhauerei, Baukunst, auch die Poesie das ernste christliche Gepräge, in der Folge aber machten sie sich mehr frei und suchten den Reiz der antiken Kunst wieder zu geben, vielmal auf Kosten der christ- lichen Sittenstrenge. Gegen und am Ende dieses Zeitraumes blühten in Italien die Karacci, Leonardo da Vinci, Michel Angelo Buonarotti, Korreggio, Tiziano, Rafael Sanzio, der Fürst der Maler, in Deutsch- land aber Albrecht Dürer. Mit Dante Alighieri (ff 1321), einem Ghibellinen, beginnt die Reihe der großen italienischen Dichter; in seinem erhabenen Gedichte „Divina Commedia“ sind die Ideale des kirchlichen Mittelalters und die Klagen über den Verfall desselben durch den Streit des Kaisers mit dem Haupte der Kirche in der Sprache seines Volkes niedergelegt. Petrarka, der Freund der Klassiker, ist als zarter Lyriker gefeiert, Tor- quato Tasso aber besingt in seinem herrlichen „das befreite Jerusalem" die größte That des Mittelalters, der leichtfertige Ariosto in seinem „rasenden Roland" die Abenteuer dieses Helden, aber durchaus nicht, wie die Sage denselben charakterisiert. Als Geschichtschreiber glänzt vor allen Nikolo Macchiavelli aus Florenz, ebensowohl ein Schüler der Alten als ein Meister in der arglistigen Politik seines Zeitalters und der ita- lienischen Höfe. Diese Männer erhoben die italienische Sprache zur klassischen Würde. Italien wurde in seinem Verfalle für das übrige Europa, was einst das gesunkene Griechenland für die Römer.

9. Geschichte des Mittelalters - S. 221

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Adel und das Ritterwesen. 221 cndung durch Wolfram von Eschenbach im Heldengedichte, Walter von der Vogelweide auf dem lyrischen und didaktischen Gebiete. Man nannte die Dichter Minnesänger, „Sänger der Liebe"; schon die alten Deutschen zeichneten sich im Gegensätze zu den Griechen und Römern durch ihre Hochachtung des weiblichen Geschlechtes aus, das Christenthum veredelte das ganze Verhältniß der Geschlechter, die Marienverehrung gab der Fraucnverehrung überhaupt einen idealen, himmlischen Schwung. Schwache und Hilflose und somit vor allem Frauen zu ehren und zu schützen hieß eine der ersten Pflichten des Ritterthums, den Frauen zu huldigen, indem man in ihrem Aufträge und um ihres Beifalles willen ritterliche Thaten ausführte, wurde zur Sitte (und früh genug zur Un- sitte) der Zeit (Frauendienst). Die deutschen Minnesänger sangen aber nicht bloß den Preis edler Frauen, sondern zugleich auch der Heiligen, der Helden und des Vaterlandes; sie sangen von Frühlingslust und Vogelschall, vom Waldesgrün und dem Blumenschmclz der Haide, und es ist auffallend, wie diese Kriegsmänner einen so offenen Sinn für die Schönheit der Natur hatten, während die klassischen Völker von derselben kaum berührt wurden. Hieher gehören außer Walter von der Vogel- weide die Dichter Heinrich von Veldegg (die „Eneit", Aeneis, um 1180), Wolfram von Eschenbach (um 1200; sein Epos „der Parcival" ist ausgezeichnet durch Tiefsinn, Kraft und künstlerische Vollendung), Hartmann von der Aue (ein Schwabe, machte den Kreuzzug Fried- richs I. mit; Werke: der arme Heinrich, Erek, Jwein, Gregor auf dem Stein), Konrad von Würzburg (um 1250; „der trojanische Krieg" in 60,000 Versen), Gottfried von Straßburg (um 1215); bis auf den letzten sind alle übrigen, und zu ihnen ließen sich noch gar viele Namen anreihen (man kennt über 160), Edelleute, und der ritterliche, religiöse Geist der Zeit durchdringt deren Dichtungen, aber auch schon jener Geist, welcher unreine Liebesglut verherrlicht und nach der Emancipation des Fleisches von allen göttlichen und menschlichen Geboten sich sehnt (Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde). In dieser Periode lebte auch der Dichter des großen Epos der „Nibelungen", dem die altheidnische Heldensage (Siegfried der Drachentödter, König Günther zu Worms, Brunhilde und Chriemhilde, der grimmige Hagen, Dietrich von Bern, Etzel der Hunnenkönig) zu Grunde liegt; es ist ein Nach- klang des Geistes aus der Zeit des heidnischen Germanenthums und der Stürme der Völkerwanderung, wo Rache, Kampflust und Beutegier die deutschen Mannen in immer erneuerten Kampf treibt und der Tod auf der Walstatt nach Walhalla führt. In den Nibelungen gehen die Helden einmal zur Kirche, aber um Streit anzufangen, der Sterbende denkt weder an Himmel noch an Hölle, sondern-.freut sich seiner Rache, der Trauer und des Wehklagens, das seine Hand

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 463

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Deutschland und Oesterreich. 463 Tugendbundes erneuerte, demselben aber zugleich ein ehrenvolles Zeug- niß für seine Wirksamkeit in der Zeit von 1808—1813 ausstellte. Ein Sprichwort sagt: wenn man den Teufel an die Wand malt, so kommt er; Dabelow und Sctnnalz hatten das Schemen einer gehei- men Verbindung denunciert, es dauerte aber nicht lange, bis unter der Universitätsjugend, welche an dem Skandale den lebhaftesten Antheil genommen hatte, die Verschwörung in leibhafter Gestalt auftrat. Un- mittelbar nach dem Kriege bildete sich unter den Studenten zu Jena eine Verbindung, um dem theilweise rohen und wüsten Leben auf der Universität, das besonders durch die sogenannten Landsmannschaften ge- fördert wurde, einen Damm entgegenzusetzen, Sittlichkeit und wissenschaft- liches Streben zu fördern und so die Heranbildung eines tüchtigen deut- schen Beamtenstandes, durch den hinwiederum das Volk gehoben werden sollte, zu bewirken. Dieses Programm von sittlichen, wissenschaftlichen und patriotischen Bestrebungen beweist augenscheinlich, daß die „Bur- schenschaft" zu Jena aus dem Tugendbunde hervorging; sie gestaltete sich den 18. Oktober 1817 bei dem Feste auf der Wartburg zu einer „deutschen Burschenschaft", indem sich auf den meisten deutschen Universitäten (die österreichischen ausgenommen) burschenschaftliche Ver- bindungen bildeten, die unter einander einen fortwährenden Verkehr un- terhielten. Schon auf dem Wartburgfeste fand eine politische Demon- stration statt, indem einige Studenten 28 Bücher oder die Titel von Büchern, die sie der deutschen Sache für feindselig hielten, Luthers Ver- fahren gegen die Bannbulle und das canonische Recht nachahmend, in das Festfeuer warfen (darunter war aber die deutsche Bundesakte nicht, wie ausgestreut wurde). Ueberschwänglicher phantastischer Patriotismus, wohl auch der Hochmuth, den die alles begreifenden und aburtheilenden philosophischen Systeme von jeher erzeugt haben, traurige politische Zeit- erscheinungen (die von Schmalz angeregten Verdächtigungen gewannen immer mehr Umfang; im gleichen Jahre verbot eine deutsche Regierung die Jahresfeier der Leipziger Schlacht; wurden noch Stücke deutschen Lan- des als Entschädigungen zugeschnitten, so z. B. Birkenfeld; offenbarte sich die Feindschaft gegen ständische Vertretung weniger durch eine gerade Weigerung als durch Ertheilung vou Scheinverfassungen) gaben der Burschenschaft mehr und mehr die Gestalt einer politischen Verbindung, deren Bestreben gegen die bestehende Ordnung der Dinge gerichtet war. Sie war jedoch von sehr untergeordneter Bedeutung, indem sie wohl niemals auch nur 500 Mitglieder zählte, die zudem in den verschiedenen Landsmannschaften ihre bittersten Gegner hatten; überdies war ja mit Sicherheit zu erwarten, daß das reifere Alter und die Lebenserfahrung die Ueberschwänglichkeit heilen werde, während zugleich die Gesetze hin- reichten, um verbrecherische Absichten und Thaten zu verhindern und zu
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