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1. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 95

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
I. Die Völkerwanderung. 95 vom Lehensherrn zur Heerfolge verpflichtet, hießen Vasallen. Als Herzoge, Grafen, Markgrafen, Pfalzgrafen, Burggrafen, Edelleute hatten sie größere oder kleinere Besitzungen, die sie wieder Verleiher: konnten. Die letzten Untergebenen waren leibeigene, und der Mittelstand, bestehend aus gemeinen Freien, verschwand allmählich. Die Rechtspflege stand noch auf niederer Stufe. Das selbsträchende Faustrecht war überall gestattet; und das Geschwornengericht, aus 12 Beisitzern oder Schöffen bestehend lind von den Grafen geleitet, nahm oft seine Zuflucht zu den Gottesurtheilen oder Ordalien, indem der Angeklagte einen Zweikampf, oder die Feuer- oder Wasserprobe und Anderes bestehen mußte, wobei man voraussetzte, Gott werde die Unschuldigen weder durch Schwert, noch durch Feuer oder Wasser umkommen lassen. Indessen kamen bald geschriebene Gesetzbücher auf, und Sitten und Berfassungen veredelten sich, vornehmlich durch das Christenthum. Die meisten wandernden Völker waren schon Christen, besonders die Gothen, die stets als die gebildetsten erscheinen. Wie die andern Christen wurden, ist unbekannt. Die äußerliche Kirchenpracht, die Feierlichkeit des Cultus, die Kleiduug der Priester, namentlich der Pomp des Alles geltenden Bischofs trugen am meisten dazu bei, deu rohen Völkern Neigung zum Christenthum beizubringen. Denn Heiden gab es Anfangs noch viele. Irland wurde erst 430 vom Schotten Patrik bekehrt; und nach Deutschland kamen irische Prediger, wie Fridolin zu den Alamannen, Gall und Columba au den Bodensee, Kilian nach Franken. Von den Angelsachsen, die seit 596 sich taufen ließen, zogen Willibrord rc. zu den Friesen, Winfrid, Bonisacius genannt, der berühmte Apostel der Deutschen, zu andern deutschen Völkern. Diese Män-uer errichteten mitten in den Wäldern Kirchen, Lehranstalten, Zufluchtsstätten, auch sogenannte Klöster, in welchen sich kleine Vereine von den Angelegenheiten der Welt zurückzogen, und von denen aus auf weite Distrikte

2. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 136

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
136 Mittlere Geschichte. überlassen. Waren die beiden Orden auch sehr eifersüchtig auf einander, so waren sie wenigstens in dein Bestreben Eins, das Ansehen des Papstes und der kirchlichen Lehren nud Irrthümer aufrecht zu erhalten. Indessen konnten ihre schwärmerischen Predigten dem Erwachen eines besseren Geistes nicht mehr wehren. Aber bereits war der Papst auf ein anderes Mittel gekommen, freie Stimmen verstummen zu machen. Um dieselbe Zeit, da in Deutschland die Fehmgerichte aufkamen, fetzte der Papst die heimlichen Ketzer- oder Jnquisitionsgerichte zur Bestrafung vermeintlicher Jrrlehrer oder Jrrdenker ein. Sie wurden 1229 zu Toulouse beschlossen, und die Dominikaner ließen sich zu Inquisitoren ernennen. Die heimlichen Richter untersuchten fortan alle Häuser und Winkel, um Ketzer auszutreiben. Wer dergleichen beherbergte, dessen Haus wurde niedergerissen. Die Angeklagten wurden oft, ohne daß sie ihr Verbrechen oder ihren Ankläger kannten, in scheußliche Gefängnisse geworfen und lebenslang aufbewahrt, oder öffentlich verbrauut, auch zu Tode gemartert. Diese schändlichen Gerichte faßten weniger in Deutschland als in Frankreich, Italien, und besonders in Spanien und Portugal festen Fuß. Durch solche und andere Mittel erhielten sich die Päpste auf ihrer Höhe. Indessen gab ihnen der französische König Philipp Iv. einen empfindlichen Stoß. Er bewog den Papst Clemens V., den Wohnsitz von Rom nach Avignon in Frankreich zu versetzen. Diese sogenannte babylonische Gefangenschaft dauerte 73 Jahre (1305— 1378), und war den Päpsten sehr nachtheilig. Endlich wählten die Römer einen eigenen Papst, woraus die große Kirchentrennung (Schisma) entstand (1378 —1417). Man hatte jetzt zwei Päpste, die einander verbannten und verfluchten; und die Christen kamen in Verlegenheit und Nachdenken über dieser seltsamen Erscheinung. Zuletzt, da man schlichten wollte, erwuchsen drei Päpste neben einander. Das Aergerniß wurde zu schreiend; und der Kaiser Sigismund berief

3. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 137

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
Iii. Papstthum und Kaiserthum. 137 die berühmte Kirchenversammlung nach Constanz, welche die Einheit der Kirche herstellen sollte. Die geistlichen und weltlichen Herren saßen vier Jahre lang (1414 bis 1418) bei einander, stritten, zankten und schwelgten. Sie wählten wieder einen eigenen Papst; aber sonst konnten sie nichts ausrichten, als einen Hus verbrennen. Ein neues Concil zu Basel, das von 1431 — 49 dauerte, sollte die Mißvränche der Papstgewalt abstellen; aber durch List rettete der Papst immer wieder sein Ansehen. Er blieb, was er war, so anmaßend und gewaltthätig als se. Pius Ii. verbot bei Strafe des Bannes hinfort die Bernsuug auf ein Concil; Paul Ii. that den König von Böhmen in den Bann ; S i x t n s Iv. verschenkte neu entdeckte Länder an die Portugiesen; Juno-cenz Viii. lehrte, daß die Ablässe aus dem Fegfener erlösen, und schmuggelte durch Hexenprozesse die Ketzergerichte nach Deutschland ein; Alexander Vi., einer der abscheulichsten Wollüstlinge, führte die Büchercensnr ein und vertheilte Amerika mit einem Federstrich an die Spanier und Portugiesen; Julius Ii. zog in eigener Person zu Felde, den Kirchenstaat herzustellen; und Leox. endlich (1513—21) schrieb neue Kirchensteuern ans, um seine Prachtliebe zu befriedigen. Was vermochten menschlicher Witz und Trutz gegen solches Wesen! Es mußten andere Waffen in Gebrauch kommen, wirksamer als Alles, was die größten Könige und Kaiser bisher versucht hatten. Nur die Feder eines Luther, der den Kern des Evangeliums aus dem grausen Schutthaufen eines Jahrtausends wieder hervorzog, konnte die Krone des Papstes zum Wanken bringen. 6**

4. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 172

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
172 Neue Geschichte. in der Kirche, auch ärgerliche Bilderstürmereien, vornah* men. Luther brachte die aufgeregten Gemüther in 8 Tagen wieder in Ordunng; und nur zu bedauern sind die jetzt schon beginnenden Streitigkeiten über das heil. Abendmahl, welche in der Folge eine unheilbare Spaltung unter den Evangelischen hervorriefen. Viel Sorge machte Lu-thern ferner der sog. Bauernkrieg. Die Bauern nämlich, die allerdings unter dem harten Joche gefühlloser Edelleute seufzten, mißdeuteten die evangelische Freiheit, und erhoben sich in Masse zu schrecklichen Ausständen. Der Sturm nahm in Schwaben 1524 seinen Anfang, wo die Bauern barbarisch unter den Edelleuten würgten, und wälzte sich lawinenartig fort über Elsaß, Lothringen, Franken und Thüringen. Luther schrieb zwar väterlich ernste Schriften gegen sie; aber ihre Ausschweifungen und Frevelthaten kannten feine Grenzen. Thomas Münzer, ein ehemaliger Schüler Luthers, stellte sich au ihre Spitze und sandte Apostel aus mit dem Ruse: „Das Reich Gottes ist vor der Thür! Nunmehr sollt ihr den Fürsten nicht gehorchen, sondern sie todtschlagen und verbrennen; denn es gibt nicht mehr Fürsten und Unterthanen, Vornehme und Geringe, Reiche und Arme; einer ist dem andern gleich." Bei Frankenhansen wurden sie endlich geschlagen 1526. Vor der Schlacht hatte der ärmliche Prophet gesagt: „Werdet nicht kleinmüthig bei der scheinbaren Gefahr, sondern greift die verruchten Feinde an. Fürchtet ihr Geschütz nicht; denn ihre Kugeln sotten euch nicht treffen. Ich werde sie im Aermel aufsaugen; und wer von euch in der ersten Reihe niedergestoßen wird, steht in der letzten Reihe lebendig wieder auf." Dagegen wurden über 5000 niedergeritten, und nachher Münzer selbst nebst vielen Gefangenen hingerichtet. — Schrecklich mar das Auftreten der Wiedertäufer in Münster. Hier wurde unter der Anführung eines Schneiders Bockhold und eines Bäckers der Magistrat verjagt und der Unsinn auf die höchste Spitze getrieben (1533). Den Schneider machten sie gar zum Könige; und er meinte dazu berufen

5. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 270

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
270 Neue Geschichte. lieben, durch die Bande wahrer Bruderliebe verbunden bleiben, sich stets Beistand und Hilfe leisten, die Unter, thauen als Familienväter beherrschen, die Religion, den Frieden und die Gerechtigkeit aufrecht erhalten. Sie betrachteten sich nur als Bruder von der Vorsehung beauftragt, die Zweige Einer Familie zu regieren." Guter Wille war da nicht zu verkennen, wenn auch die That hinter ihm znrückblieb. Der Congreß zu Wien, der Juni 1815 geschlossen wurde, stellte die deutschen und europäischen Verhältnisse fest; es kehrte so ziemlich die alte Ordnung zurück. Das deutsche Reich wurde nicht wieder ausgerichtet; dagegen vereinigten sich seine 34 Staaten zu dem deutschen Bund und sandten sofort ihre Bevollmächtigten zur Besorgung der allgemeinen Angelegenheiten nach Frankfurt auf den Bundestag. Dieser war aber ein Leib ohne Haupt und that blutwenig, außer daß er sich angelegen seiu ließ, alles in Ruhe zu erhalten; der lose Zusammenhang unseres Vaterlandes und das Uebergewicht, das dem geistlosen Oesterreich über das rege, aufstrebende Preußen zufiel, machte jeden Fortschritt schwer, daher ein großer Theil der Nation mißvergnügt blieb. Oesterreich, das sich mit Oberitalien schön abgerundet hatte, jedoch nur auf der Landkarte, dachte wenig an Deutschland; es hatte seine vielsprachigen Unterthanen zusammenzuhalten und bewachte besonders das unruhige Italien, das, nachdem es von dem Löwen Napoleon auf seine Bahnen mit fortgerissen worden war, nun dem Bären nur ungerne gehorchte. Sein Minister Metter-n i ch begnügte sich, nur für den Augenblick das Nöthigste zu thun, also namentlich die Ausstände in Neapel und Piemont 1821 mit Waffen zu unterdrücken, und die 1831 empörten Unterthanen von Modena, Parma und dem Kirchenstaat zu bänbigen, nebenbei auch aller Neuerung in Deutschland Hemmschuhe einzulegen. Der gute König von Preußen hatte sich mit kleiner Entschädigung begnügen müssen. Er bekam die Rhein-

6. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 76

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
76 Alte Geschichte. Der Kaiser Konstantin der Große erhob das Chri-stenthnm endlich (323) znr Staatsreligion; und nun veränderte sich die ganze Gestalt der Völker. Die Götzen und Götzentempel verschwanden; es erhoben sich Kirchen, in welchen man das Wort Gottes predigen hörte und durch die heiligen Sakramente sich verbrüderte; die Ehen wurden durch kirchliche Einsegnung geheiligt, was ein neues Familienglück schuf, und wodurch theils der Nielweiberei, theils dem gedruckten Zustand des weiblichen Geschlechts, theils dem ungescheuten Lasterleben gewehrt wurde; die Sklaverei verlor sich allmählich; lucwche abscheuliche Volksvergiiügungen, wie die Thier- und Gladiatorengefechte kamen in Abgang, die gestimmte Staatseinrichtung erhielt eine andere Form. Freilich geht der eigentliche Zweck des Evangeliums immer nur an Wenigen iu Erfüllung, und die Weltgeschichte wird fortan keineswegs lieblicher als bisher. Die Verderbnisse und Greuel einer heidnischen Welt wiederholen sich unter mancherlei Gestalten; und Kriegserschütterungen erneuern sich fortwährend unter allen Völkern. Dennoch kommt der Plan Gottes zur Wiedergeburt der Menschheit allmählich zum Sieg; und die Völker werden auf den Tag der Zukunft Christi in der Herrlichkeit reis gemacht, bis endlich Gott wird Alles in Allem. 8. Zerstörung Jerusalems. § 32. Merkwürdig ist es, daß eben in und nach der Zeit, da die Liebe Gottes in Jesu sich so herrlich offenbarte, in Rom, der glänzenden Weltstadt, lauter Herrscher ausstauben, welche die Menschen wie Koth auf der Gasse behandelten. Ti der ins, Augusts Nachfolger, unter dem Christus gekreuzigt wurde, ein düsterer Menschen-Hasser, übergab auf geheime Angebereien, wen er wollte, als Majestätsverbrecher dem Henker. Caligula (s. 37) ließ unter den entsetzlichsten Qualen Schaaren von Menschen hinwürgen, und wünschte dem ganzen römischen Volke nur Einen Nacken, um mit Einem Streiche alle zumal

7. Bis zum Interregnum - S. 105

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 105 — auch von der alten Kultur zerstört und vernichtet wurde, das Altertum übergab dem Mittelalter das junge Kulturgut des Christentums zum weiteren Ausbau. Es wurde somit der Träger der Kultur, die belebende Macht für die Kulturentwicklung im Abendlande. b) Die fränkische Kirche. Wenn der Frankensürst Chlodwig auch nur aus Staatsklugheit und nicht aus innerer Neigung seinen Glauben wechselte, wenn er daher auch zur Ausbreitung der neuen Lehre nichts tat, so stand sie doch unter staatlichem Schutz und gewann im stillen neue Anhänger, zumal es viele für schicklich oder klug hielten, der Religion ihres Fürsten zu folgen. Wirkliche Anregung zur Bekehrung der Franken gaben erst die späteren Merowinger, so daß sie im 7. Jahrhundert allgemein für das Christentum gewonnen waren. Dann sand die christliche Lehre auch im rechtsrheinischen Gebiete unter Alamannen und Thüringern Eingang, ohne gewaltsame Nötigung und Kampf. Christliche und heidnische Familien wohnten sogar oft lange Zeit friedlich nebeneinander. Da nahte aber dem Christentum eine schwere Gefahr, „die größte Gefahr, die jemals den Gesamtbestand des christlichen und germanisch-romanischen Europa bedroht hat", nämlich der Islam, die Lehre Muhameds. Von Arabien aus hatten dessen Nachfolger, die Kalifen, sie in ganz Vorderasien verbreitet und dabei dort das Christentum zertreten. Dann eroberten sie Ägypten und den ganzen Nordrand von Afrika, setzten nach Spanien hinüber, stürzten 711 das Westgotenreich und standen bald darauf in Gallien. Dort stellte sich ihnen der tapfere Hausmeier des Fraukenreichs Karl Martell mit fränkischer, alamannischer und thüringischer Heeresmacht entgegen. In der furchtbaren Entscheidungsschlacht bei Poitiers gebot er 732 dem Vordringen des Islam Halt und rettete damit für alle Zeit das europäische Abendland dem Christentum. Da aber im Frankenreiche die Einführung des Christentums meist nur aus äußeren Gründen und zugleich unter dem Einfluß der verderbten gallisch-römischen Sitten erfolgt war, konnte es sich dort von vornherein in feiner ursprünglichen Reinheit nicht entfalten, und in der stänkifchen Kirche traten daher frühzeitig arge Mißbräuche zutage. Geistliche Stellen wurden vielfach mit ungeeigneten Leuten besetzt, da man dabei weniger auf Würdig-

8. Bis zum Interregnum - S. 160

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 160 — dafür suchte man aber durch mancherlei Fische, Gemüse, Eier imb seines Backwerk Abwechslung in die tägliche Kost zu bringen. Wein durften junge Mönche gar nicht trinken und die älteren nur in geringen Mengen. Neben der Einführung feinerer Lebensformen hatte die Klosterreform eine völlige Vernichtung der Selbständigkeit jedes einzelnen zur Folge. Früher besaßen adlige Mönche nicht selten große Güter, die sie vom Kloster aus verwalteten. Dort selbst verfügte jeder über eine gewisse eigene Habe, die er in einem Schrank ausbewahrte; darunter befand sich auch Geld. Damit wurde in Cluny vollständig gebrochen und das Gebot der Armut streng durchgeführt. Als höchstes Gebot galt dort unbedingter Gehorsam gegen die Klosteroberen. Um diese Forderung durchzuführen und die Persönlichkeit zu ertöten, war jedem die Pflicht des Schweigens auferlegt. Tag und Nacht herrschte überall die tiefste Stille. Wer eines Vergehens angeklagt wurde, durfte sich nicht einmal verteidigen, sondern mußte schweigend die Züchtigung über sich ergehen lassen. Waren die Mönche dennoch zu unvermeidlichen Mitteilungen untereinander genötigt, so mußten sie sich der Gebärdensprache bedienen. Den Mund sollten sie womöglich nur zum Gebet und Gesang össnen. So erhielt das Klosterleben ein sinsteres Gepräge. An die Stelle des geselligen Beisammenseins trat das stumme Fürsichsein, an die Stelle heiterer Unterhaltung die Stille des Grabes, an die Stelle des Verkehrs mit der Außenwelt strenge Abgeschlossenheit. Die Haupttätigkeit der Mönche bestand in der Beteiligung am Gottesdienst und in Gesangübungen. Als willenlose Werkzeuge in der Hand ihrer Vorgesetzten wurden sie unpraktisch, unselbständig und dem Leben völlig entfremdet. Man hat die Cluuiaeenser nicht mit Unrecht als die Vorläufer der Jesuiten bezeichnet. Von Cluny aus wurden neue Klöster gegründet und ältere umgestaltet, aber alle unter den Abt des Mutterklosters gestellt, jedes einzelne erhielt als Vorsteher nur einen Prior. So war der Abt von Cluny gleichsam der Erzabt für einen großen Verband von Klöstern. Durch diese Verfassung machten sie sich frei von der Aufsicht durch die Bischöfe, überhaupt von jeglicher weltlicher Oberhoheit. Sie unterstanden direkt dem Papste. Damit leitete die Klosterreform zugleich eine Änderung der Verfassung der Kirche ein. Man wollte diese von der Welt und von weltlicher Obrig-

9. Bis zum Interregnum - S. 119

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 119 — Endlich pflegten die Klöster auch den Obst- und Weinban und verbreiteten ihn mit der Kultivierung des Bodens in verschiedenen Gegenden Deutschlands. Mancher Klosterkeller vermochte in späteren Zeiten stattliche Fässer des edlen Rebensaftes aufzuweisen. d) Die Klöster als Bildungsstätten. Außer für die Bodenkultur waren die Klöster auch für das geistige Leben von großer Bedeutung. Öffentliche Schulen und eine allgemeine Volksbildung kannte man damals nicht, waren doch auch die meisten germanischen Könige der ältesten Zeit wissenschaftlicher Bildung abhold und verstanden sich nicht auf die Kunst des Lesens und Schreibens. Was man heute unter Bildung versteht, war vorzugsweise nur den Mönchen und Weltgeistlichen eigen. Die Klöster waren daher die ersten Bildungsstätten. Während also die Klosterbrüder draußen die Wälder rodeten und die Äcker bebauten, pflegten die Möitdje, die die Priesterweihen empfangen hatten, wenn sie nicht durch geistliche Obliegenheiten gebunden waren, hinter den Klostermauern Kunst und Wissenschaft.und hüteten so die geistigen Schätze, die die Völkerwanderung überdauert hatten. Da saß in einsamer Zelle der schreibkundige Mönch und schrieb Bücher ab, malte dabei die Anfangsbuchstaben der Kapitel mit bunten Farben aus und versah sie mit kunstvollen Schnörkelzügen. Andere schrieben Bücher der Andacht und der Lehre. So schufen sich die Klöster wertvolle Handschriftensammlungen. Den Mönchen verdanken wir anch die Erhaltung der ältesten Denkmäler deutscher Dichtung. Zwar führte das Christentum einen heftigen Kampf gegen die germanische Dichtung der heidnischen Zeit und suchte alles, was weltlid) war, zu vernichten. Nur einem glücklichen Umstande ist es zu danken, daß der Bruchteil eines germanischen Heldenliedes, das Hilde -brandslied, erhalten geblieben ist. Zwei Mönche des Klosters Fulda haben es auf die inneren Deckelseiten eines lateinischen An-dachtbuches niedergeschrieben. Nene Dichtungen hatten christlichen Inhalt und entstanden ebenfalls durch Mönche oder Weltgeistliche. Zur dichterischen Darstellung reizte fromme Mönche vor allem die Lebensgefchichte Jefu. So war der Dichter des „Heliand" zweifellos ein Mönch oder ein Weltgeistlicher. Neben Dichtungen schrieben die Klöster mit Sorgfalt auch ihre Chronik nieder und gaben damit wertvolle Schilderungen über das Leben der Brüder in den Klöstern, über Sitten und Ereignisse ältester Zeit. Berühmt ist namentlich die bis ins 13. Jahrhundert

10. Bis zum Interregnum - S. 89

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 89 — zu Nicäa (325) und Konstantinopel (381) verdammt und die des Athanasius als richtig bezeichnet, so daß sie das rechtgläubige katholische Bekenntnis wurde. Ihm folgten die Römer, während Theoderich und seine Goten Arianer waren. Er zeigte sich aber den Andersgläubigen gegenüber in jeder Weise duldsam, ja er schützte sogar die Religionsfreiheit und gewährte sie auch den damals schon verfolgten Juden. Als einst in Ravenna reich gewordene Juden geplündert worden waren, verurteilte er die Gemeinde zum Schadenersatz. Trotz der weisen, weitherzigen Regierung Theoderichs, die in ganz Europa Aufsehen erregte, fehlte es leider dem Gotenreiche nicht an Schatten. In den großzügigen, idealen Anschauungen war Theoderich seiner Zeit weit voraus geeilt; er unterschätzte die bestehenden tatsächlichen Verhältnisse. In seinem Reiche stießen scharfe Gegensätze aufeinander. Auf der einen Seite standen die Goten, von den Römern noch Barbaren genannt, die erst an geordnete Staatsverhältnisse, an höhere Gesittung und Bildung gewöhnt werden sollten. Auf der anderen Seite standen die Römer mit ihrer jahrhundertealten Knltur, in deren Mitte das Germanen-rcrch entstand. Beide Völker schieden sich scharf in Sprache, Sitten und Rechtsgewohnheiten. Am schwerwiegendsten aber war der Glaubensunterschied. Theoderich und seine Goten wurden von den römischen Bischöfen nur als Ketzer angesehen; die gotische Duldsamkeit in Glaubenssachen wurde von ihnen mit fanatischem Haß erwidert. Alle diese Gegensätze vermochte Theoderich auch durch die weiseste Regierung nicht zu überbrücken. Wenn er auch von einem Teile der Römer geachtet wurde, war es ihnen doch unmöglich, ihm für feine Friedenspolitik Dankbarkeit zu beweisen. Die beiden Völker blieben sich innerlich fremd, eine Vermischung war wegen der kirchlichen Gegensätze fast ausgeschlossen. Das mußte für die Dauer verhängnisvoll werden. Dazu kam, daß die oströmifche Regierung in Byzanz ihre Freundschaft Theoderich längst entzogen hatte und daß gerade von dorther die fchärfsten Maßregeln gegen die Arianer kamen. Man konnte sich dort nicht mit dem Gedanken befreunden, daß auf römischem Boden Germanen herrschen sollten. Die oströmifche Regierung glaubte allein zur Herrschaft in Italien berechtigt zu fein. Zu alledem mußte Theoderich erfahren, daß von römischen „Großen" geheime Beziehungen mit Byzanz unterhalten wurden,
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