230
„Verteidiger be£ Glaubens" bedacht. Da der heilige Vater sich aber
weigerte, ihn von seiner Gattin, Katharina von Spanien, zu scheiden, so
sagte er sich von Rom los und machte sich zum Herrn der englischen
Kirche. Er zog die reichen Klostergüter ein und verschwendete sie sinnlos.
Katholiken und Protestanten, die sich seinem Willen widersetzten, wurden
hingerichtet. Auch zwei von seinen sechs Frauen ließ er enthaupten,
darunter Elisabeths Mutter Anna Boleyn. Von ihm läßt sich sagen:
„Was er sprach, war Geißel, und was er schrieb, war Blut."
2. Ihre ungleichen Geschwister Eduard Yi. und Maria. Unter
Heinrichs Sohne Eduard Vi. wurde die wirkliche Reformation der
Kirche begonnen. Nach Eduards frühem Tode bestieg seine katholische
Schwester Maria „die Blutige" den Thron und suchte mit Feuer und
Schwert den Protestantismus auszurotten. Ihr Gemahl, der finstere
Philipp Ii. von Spanien, bestärkte sie darin. Maria starb vor Gram
darüber, daß Calais, die letzte englische Besitzung in Frankreich, an die
Franzosen verloren ging und daß fast alle ihre Pläne scheiterten.
3. Ihre segensreiche Regierung. Nach
einer Jugend ohne Liebe und Freude bestieg
die hochbegabte Elisabeth den Thron. Sie
umgab sich mit weisen Räten und vollendete
die unter Eduard begonnene Reforma-
liffläfc tion. Durch die namhaftesten Gottesaelehrteri
^ Durch die namhaftesten Gottesgelehrten
wurden die neununddreißig Bekenntnis-Artikel
der bischöflichen oder anglikanischen Kirche
festgesetzt. Dem Wesen nach ist diese Kirche
evangelisch, der äußeren Form nach katholisch.
Der Handel erfuhr unter Elisabeth eine be-
175. Elisabeth. W. sondere Förderung. Die englischen Schiffe gingen
nach Rußland, Amerika und Ostindien. Der Weltumsegler Franz Drake
(spr. Drehk) und der Kriegsheld Walter Raleigh (spr. Rahli) machten
England zur See mächtig. Damals wurde
auch der Grund zur englischen Herrschaft
in Ostindien und Nordamerika gelegt.
Im Lande nahmen alle Zweige des Gewerb-
fleißes einen Aufschwung; der Bauernstand
wurde freier, der Bürgerstand mächtiger. Das
Volk hatte an der sparsamen Regentin ein gutes
Beispiel. In jenerzeckyesylufstrebens dichtete
der berühmte Shakespeare (spr. Schehkspier)
\w seine großartigen Dramen. Kartoffeln, Kaffee
und Tabak wurden in dieser Zeit eingeführt,
Fernglas und Strumpswirkerstuhl erfunden.
4. Ihre unglückliche Nebenbuhlerin.
Die junge, schöne Königin Maria Stuart
von Schottland war in Frankreich erzogen und mit Franz Ii. ver-
heiratet worden. Nach dem Tode ihres Gemahls kehrte sie widerwillig
in das rauhe Schottland zurück. Sie führte auch Titel und Wappen
l 76. Shakespeare. W.
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Extrahierte Personennamen: Katharina_von_Spanien Anna_Boleyn Eduard_Yi Eduard Maria Maria Heinrichs Heinrichs Eduard_Vi Eduard Eduards Eduards Maria Maria Philipp_Ii Philipp Maria Maria Eduard Eduard Elisabeth Franz_Drake Franz Walter_Raleigh Schehkspier Maria_Stuart
von_Schottland Maria Franz_Ii Franz
Extrahierte Ortsnamen: Rom Spanien Frankreich Amerika Ostindien Ostindien Nordamerika Frankreich Schottland
234
steigenden Hungersnot einige Bürger von Übergabe sprachen, rief der
Bürgermeister: „Nehmt meinen Leib, zerfleischt ihn und sättigt euch,
aber redet nicht von Übergabe!" Ein Bürger rief: „Wir haben zwei
Arme, den linken zum Verzehren, den rechten, um das Schwert
zu führen!" Zuletzt durchstach man die Dämme und setzte die ganze
Gegend unter Wasser, so daß die Schiffe der Geusen der Stadt
Nahrungsmittel zuführen konnten; da zogen die Spanier ab. Zum
Dank für diese standhafte Verteidigung wurde in Leiden auf Kosten
des Landes eine Universität gegründet. Traurig war das Los Ant-
werpens. Diese reiche Weltstadt wurde erobert und in entsetzlicher
Weise geplündert. Sie hat nie wieder ihre frühere Blüte erreicht, und
der Handel sich mehr nach Amsterdam gezogen.
4. Die endliche Befreiung. Die 7 nördlichen Provinzen, die sich
zur Lehre Calvins bekannten, vereinigten sich zu einem engeren Bunde
1581 und sagten sich 1581 von Spanien los. Die südlichen blieben diesem
treu. Der geächtete Wilhelm von Oranien sollte Statthalter der
Vereinigten Staaten der Niederlande werden, da wurde er
meuchlings durch einen von den Jesuiten gedungenen Mörder erschossen.
Er starb mit den Worten: „Gott erbarme sich meiner und dieses armen
Volkes!" Der Mörder ward ergriffen und martervoll hingerichtet,
seine Nachkommenschaft aber von Philipp in den Adelstand erhoben.
Wilhelms feuriger Sohn Moritz wurde nun Statthalter der Republik.
Sie kam noch oft in harte Bedrängnis; aber nach dem Untergange der
Armada und durch die Unterstützung Englands eroberte Moritz das
Verlorene wieder zurück und zwang Spanien zu einem Waffenstillstände.
1648 1648 erhielt die Republik im westfälischen Frieden ihre Unab-
hängigkeit bestätigt. — Philipp Ii. erlebte das Ende des Krieges
nicht. Viele Millionen Menschen und noch mehr Millionen Dukaten
hatte er seinen finsteren und ehrgeizigen Plänen nutzlos geopfert. Unter
seinem Nachfolger verfiel der Wohlstand Spaniens immer mehr, trotz
der Gold- und Silberflotten aus Amerika. Der Wohlstand der Holländer
dagegen blühte in dieser Zeit mehr und mehr auf; sie wurden das
erste Handelsvolk des siebzehnten Jahrhunderts.
Fragen: Welches waren Philipps Pläne? — Warum scheiterten sie? —
Woraus entsproß Hollands Blüte? — „Egmont" von Goethe.
72. Gustav Wasa in Schweden (1523—1560).
1. Das Stockholmer Blutbad 1520. Margareta von Däne-
mark vereinigte durch die Union von Kalmar 1397 Dänemark,
Schweden und Norwegen unter einem Herrscher, ließ aber jedem Reiche
seine selbständige Verwaltung. Sie wird die Semiramis des Nordens
genannt, denn sie war von stattlicher und gewinnender Erscheinung, klug,
mutig, charakterfest und der freien Rede mächtig. Trotz der „Ver-
einigung" wollte es aber zu Eintracht und Frieden in den drei Reichen
nicht kommen. Die Schweden wollten ihre Selbständigkeit wahren. Als
der launenhafte und gewaltthätige Dänenkönig Christian Ii., „der Böse",
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Philipp Philipp Wilhelms Wilhelms Moritz Moritz Philipp_Ii Philipp Philipps Goethe Gustav_Wasa Gustav Margareta_von_Däne- Christian_Ii
— 324 —
2^3. Das Brandenburger Thor in Berlin.
Errichtet von Langhans 1789—93. Die Viktoria, entworfen von Schadow.
dem Rheine zu locken. Man schickte ihm eine kleine Abteilung nach, damit
er glaube, seine Absicht sei erreicht, und marschierte gegen Paris. Nach
Erstürmung des Montmartre zogen Alexander und Friedrich Wil-
helm mit ihren Truppen unter dem Jubel des wetterwendischen
1814 Volkes in Paris ein (31. März 1814). Zu spät erkannte Napoleon
seinen Irrtum. Er wollte umkehren und Paris stürmen, aber seine
Generale verweigerten den Gehorsam.
7. Napoleons Absetzung und Verbannung. Der Senat setzte
Napoleon ab und nötigte ihn zur Abdankung. Der Bruder des er-
mordeten Königs Ludwig Xvi. kehrte als Ludwig Xviii. ans den Thron
Frankreichs zurück. Napoleon aber wurde nach einem ergreifenden Ab-
schiede von seinen alten Garden, die wie Kinder weinten, auf die Insel
Elba, den Rest seines Weltreiches, verwiesen. Der erste Pariser
1814 Frieden vom 30. Mai 1814 beschränkte Frankreich auf die Grenzen von
1792, forderte aber weder Kriegskosten noch die aus allen Ländern zu-
sammengeraubten Kunstschätze zurück. Nur die Viktoria vom Branden-
burger Thore in Berlin, die noch nicht einmal ausgepackt war, wanderte
wieder heim. Das war ein billiger, leider zu billiger Frieden für Frank-
reich. Was das Schwert erworben, was Tausenden von Männern Blut
und Leben gekostet hatte, das verdarben die Männer der Feder und
der Kaiser von Rußland, der gegen Frankreich zu nachgiebig war.
8. Der letzte Entscheidungskampf bei Velle-Alliance (Waterloo)
1815 am 18. Juni 1815 und Napoleons Ende. Die verwirrten Verhältnisse
Europas sollten auf dem Wiener Kongreß geordnet werden. Dort ver-
sammelten sich die Fürsten mit ihren Staatsmännern. Eine märchenhafte
Pracht wurde entfaltet und Fest auf Fest gefeiert. Daneben schritt die
Entwirrung nur langsam fort, da die widersprechendsten Ansprüche geltend
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Extrahierte Personennamen: Langhans Schadow Alexander Alexander Friedrich_Wil- Friedrich Napoleon Napoleons Napoleon Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig_Xviii Ludwig Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Rheine Paris Paris Paris Frankreichs Elba Frankreich Viktoria Berlin Frank- Frankreich Napoleons Europas
232
den Tod der Maria Stuart und mancherlei
Kränkungen zu rächen. Aber schon auf der
Hinfahrt ging ein Teil der Flotte durch
Stürme verloren; ein anderer Teil wurde
durch die Angriffe der gewandten englischen
Segler im Kanal beschädigt. Die spanischen
Kolosse konnten an eine Landung nicht denken
und mußten einen kläglichen Rückzug antreten.
Nur ein elender Rest, der den Sturm auf
der Rückreise überstanden hatte, kehrte heim.
Philipp Ii. aber sprach stolzgelassen zu dem
unglücklichen Admiral: „Ich sandte euch gegen
Menschen und nicht gegen Sturm und Klippen."
*78. Philipp Ii. Auf einer Denkmünze der Holländer aus jener
Nach dem Bilde Tizians. W. Zeit steht: „Gott blies sie an, und sie sind
zerstreut." Den Jubel der Engländer teilte die ganze protestantische
Welt. Mit diesem Schlage war Spaniens Übermacht gebrochen.
6. Ihr freudloses Ende. Elisabeths letzte Jahre waren freudlos.
Ihr Günstling Graf Essex hatte ihre Güte mißbraucht, ja sich zuletzt
empört. Das Todesurteil wurde über ihn gefällt und von Elisabeth
bestätigt. Sein Tod und der Abfall eines vertrauten Ratgebers er-
schütterten sie derart, daß sie tagelang in Schwermut und ohne Speise
und Trank auf deni Boden ihres Zimmers saß. Nachdem sie wieder
zu sich gekommen, erklärte sie den Sohn der Maria Stuart,
Jakob I., zu ihrem Nachfolger und starb dann ergeben unter den
1603 Gebeten und Thränen der Umgebung (1603).
Fragen: Wie unterscheidet sich die englische Kirche von der deutsch-evan-
gelischen? — Wodurch hat Elisabeth den Grund zu Englands Größe gelegt? —
Vergleichung Elisabeths mit Maria Stuart! — „Maria Stuart" von Schiller.
„Die unüberwindliche Flotte" von Schiller.
71. Der Abfall -er Me-erlan-e.
1. Der Ausbruch der Unruhen.
Philipp Ii. von Spanien hatte auch
die Niederlande geerbt. Diese bestanden
aus siebzehn reichen Provinzen mit großen
Vorrechten. Die Reformation hatte in
denselben bereits Verbreitung gefunden.
Philipp, ein stolzer und finstrer Fürst,
behandelte sie aber als spanisches Kron-
land. Sein höchstes Ziel war die Er-
haltung der Glaubenseinheit und
die Unterdrückung aller Volksfrei-
heiten in seinem Reiche. Dazu sollten
ihm Inquisition und andere grausame
Maßregeln dienen. Seine Halbschwester
*79. Graf Ggmont. W. Margarete von Parma setzte er als
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Extrahierte Personennamen: Maria_Stuart Maria Philipp_Ii Philipp Philipp_Ii Philipp Günstling_Graf_Essex Elisabeth Maria_Stuart Maria Jakob_I. Elisabeth Maria_Stuart Maria Schiller Schiller Philipp_Ii Philipp Philipp Philipp W._Margarete_von_Parma
310
zur Erforschung des Wunderlandes der alten Welt. Bei den Pyramiden
Kairos siegte er über die Türken, nachdem er den Seinen zugerufen:
„Von der Höhe dieser Pyramiden schauen vier Jahrtausende auf euch
herab!" Ganz Ägypten wurde erobert, aber die französische Flotte von
dem englischen Admiral Nelson bei Abukir an der Nilmündung zerstört.
Bonaparte eroberte auch Syrien, wurde aber durch Seuchen und die
erfolgreiche Verteidigung von Alton zur Rückkehr gezwungen. —•
2. Er macht sich zum Kaiser der Franzosen. Inzwischen hatten
die europäischen Mächte die zweite Koalition geschlossen. Der Russe
Suworow säuberte Italien, der Erzherzog Karl von Österreich
Deutschland von den Franzosen. Da kehrte Bonaparte aus Ägypten zu-
rück, stürzte das Direktorium und machte sich zum ersten Konsul 1799.
1800 Durch den Sieg bei Marengo (1800) gewann er Italien, und durch den
Sieg bei Hohenlinden bedrohte Moreau Wien. In solcher Not
schloß Österreich für sich und das deutsche Reich den-Frieden zu Lüne-
1801 ville (1801), der das linke Rheinufer Frankreich überließ. Die
geschädigten Fürsten wurden durch geistliche Bistümer und freie
Reichsstädte entschädigt. So erhielt Preußen Münster, Pader-
born, Hildesheim, Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen. Bayern,
Württemberg und Baden wurden ebenfalls reichlich entschädigt.
Von den geistlichen Ständen blieb nur Mainz bestehen, von achtund-
vierzig Reichsstädten nur sechs. Die französische Nation jubelte ihrem
Helden zu, der das Ausland mit Furcht erfüllte, Frankreich mit
Ruhm bedeckte und durch gute Gesetze den Aufschwung förderte. Nachdem
er alle Regierungsgewalt in seiner Person vereinigt hatte, machte er sich
1804 als Napoleon I. zum Kaiser der Franzosen und ließ sich vom
Papste salben. Als der Emporkömmling die rheinischen Städte besuchte,
buhlten deutsche Fürsten um seine Gunst.
3. Er demütigt Deutschland. Napoleon besetzte das den Eng-
ländern gehörige Hannover. Da brachte Pitt eine dritte Koalition
zwischen England, Österreich, Rußland und Schweden zustande. Wie der
Blitz brach Napoleon in Süddeutschland ein und nahm den österreichischen
General Mack mit 23 000 Mann bei Ulm gefangen. Im Siegerschritte
eilte er dann nach Osten und lieferte den Russen und Österreichern
1805 bei Austerlitz in Mähren am 2. Dezember 1805 die entscheidende
„Dreikaiserschlacht", welche den Frieden zu Preßburg zur Folge
hatte. Österreich verlor durch ihn Tirol und Venedig. Bayern
und Württemberg wurden zu Königreichen, Hessen und Baden zu Groß-
herzogtümern erhoben. Aus sechzehn deutschen Staaten bildete Napoleon
den R h e i n b u n d, der gänzlich von ihm abhing, obwohl er sich nur
Protektor (Beschützer) nennen ließ. Kaiserfranzlegtediedeutsche
1806 Kroneniederundnanntesichkaiservonö st erreich (1806).
So rühmlos ging das heilige römische Reich nach tausendjährigem Be-
stände zu Grabe. Durch Uneinigkeit und Selbstsucht war die Macht
in Ohnmacht verwandelt worden. Napoleon, der Gewaltige, aber stieg
Stufe um Stufe höher auf der Leiter der Macht. Alle seine Ver-
wandten und Freunde machte er zu Fürsten „von seinen Gnaden".
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Extrahierte Personennamen: Admiral_Nelson Suworow Karl_von_Österreich
Deutschland Karl Marengo Napoleon_I. Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Syrien Italien Italien Wien Frankreich Hildesheim Erfurt Mühlhausen Nordhausen Württemberg Mainz Frankreich Deutschland Hannover England Schweden Ulm Venedig Hessen Baden
Wwuwwuwww
— 318 —
237. Sarkophag der Königin Luise im Mausoleum zu Lharlottenburg.
1809 bei Wagram aus und zwang Österreich im Wiener Frieden zur Ab-
tretung großer Länderstrecken. Ja, Kaiser Franz I. mußte sogar seine
Tochter Marie Luise dem Sieger zur Gattin geben, nachdem dieser
sich von seiner Gemahlin Josephine hatte scheiden lassen. Im folgenden
Jahre wurde Napoleon ein Sohn geboren, der „König von Rom" oder
spätere Herzog von Reichstadt. Während
des österreichischen Krieges hatten sich auch
die Tiroler, die ihre frühere Zugehörigkeit
zu Österreich nicht vergaßen, gegen ihre neuen
Herren, die Bayern, erhoben. In einem
begeisterten Aufstande unter dem biedern
Sandwirt Andreas Hofer warfen sie nach
den Siegen am Jselberge Franzosen und
Bayern aus dem Lande, erlagen aber endlich
der französischen Übermacht. Hofer wurde
in einer Sennhütte ergriffen und in Mantua
erschossen (1810). — In Norddeutschland
rüttelte Major von Schill mit seinen
Freischaren vergeblich an den französischen
Fesseln; er wurde in Stralsund eingeschlossen, von Dänen und Franzosen
überwältigt und getötet. Seine gefangenen elf Offiziere wurden in Wesel
erschossen und die Soldaten aus französische Galeeren gebracht. Ein
Aufstand hessischer Bauern unter dem Obersten Dörnberg mißglückte
ebenfalls. Herzog Wilhelm von Braunschweig schlug sich mit seiner
„Schwarzen Schar" von Böhmens Grenze nach England durch. „
Fragen: Welches sind die Ursachen von Preußens Fall? — Worin besteht
seine innere Wiedergeburt? — Warum schlugen die ersten Befreiungsversuche
fehl? — Warum heißt die Königin Luise die „Unvergeßliche"? — „Der Husar
von Auerstädt" von Schack. — „An die Königin Luise von Preußen" von Kleist.
— „Vor Rauchs Büste der Königin Luise" von Th. Körner. — „Das Lied vom
Schill", „Das Lied vom Dörnberg" von Arndt. — „Andreas Hofer" von Mosen
und Schenkendorf. — „Geharnischte Sonette" von Rückert.
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Extrahierte Personennamen: Franz_I. Marie_Luise Josephine Napoleon Andreas_Hofer Wilhelm_von_Braunschweig Wilhelm Luise_von_Preußen"_von_Kleist Arndt
Extrahierte Ortsnamen: Lharlottenburg Bayern Mantua Norddeutschland Stralsund Wesel England
87. Die Befreiungskriege (1813—1815).
^1. Napoleons Zug nach Rußland (1812). Je höher die Macht
Napoleons stieg, desto weniger wollte er die Herrschaft Europas mit
Alexander I. von Rußland teilen. Immer mehr lockerte sich die unsichere
Freundschaft, bis endlich Rußland durch Aufhebung der verderblichen
Kontinentalsperre einen erwünschten Grund zum Kriege gab. Drei
Heersäulen der „großen Armee", die über eine halbe Million Soldaten
zählte, brachen im Sommer 1812 in Rußland ein. Alle deutschen
Fürsten hatten Hilfstruppen stellen müssen. Die Russen wichen
zurück, indem sie das Land hinter sich verwüsteten Nach den blutigen
Siegen bei Smolensk und Borodino zog Napoleon in Moskau ein.
Aber Leichenstille empfing die Sieger, denn die meisten Einwohner waren
geflüchtet. Bald brach, von den Russen angelegt, überall Feuer aus und
verwandelte in einigen Tagen die ungeheuere Stadt in einen Trümmer-
haufen. Mit Gefahr rettete sich Napoleon aus dem Flammenmeere. Auf
seine Friedensvorschläge bekam er die Antwort, daß nun der Krieg erst
anheben solle. Nach langem Zögern befahl er den Rückzug. Immer
fühlbarer wurde der Mangel in dem bereits ausgesogenen Gebiete, und
dazu meldete sich ein früher, strenger Winter als Bundesgenosse der Russen.
Mehr und mehr lösten sich die Bande der Ordnung auf, und das viel-
gestaltigste Verderben schritt durch die Reihen der stolzen Armee. Der
Hunger grinste aus allen Gesichtern; um ein gefallenes Roß entspannen
sich erbitterte Kämpfe. Tausende tötete der grimmige Frost. In allerlei
Vermummungen schleppten sich die Flüchtlinge einzeln und in Trupps
durch die pfadlose Schneewüste. Jeder Morgen fand Erfrorene am
Lagerfeuer oder auf dem weiten Schneefelde verstreut. Gierige Wölfe
umkreisten und unermüdliche Kosakenschwärme verfolgten die Unglück-
lichen. So gelangten sie an die Beresina (einen sumpfigen Nebenfluß
des Dniepr), deren Wogen bei dem eingetretenen Tauwetter hoch gingen
und Eisschollen daherrollten. Zwei Brücken wurden geschlagen, aber
hinter den Flüchtigen donnerten die russischen Kanonen und schwärmten
die Kosaken. Alles drängte sich in toller Hast und grausem Gewirr nach
dem anderen Ufer; aber eine Brücke brach, und Tausende wurden in die
Flut hinabgestürzt oder fielen in russische Gefangenschaft. In dieser
Not ließ Napoleon treulos die Opfer seiner Herrschgier im
Stiche und rettete sich auf einem Schlitten nach Frankreich, wo er
die berüchtigte Bekanntmachung veröffentlichte: „Die große Armee ist
vernichtet; die Gesundheit Sr. Majestät ist niemals besser
gewesen." Selten wohl hat sich ein Mensch zu herzloserer Selbstsucht
bekannt. Von der stolzen Armee kamen endlich etwa 20000 Mann
zerlumpt, halb verhungert und erfroren in Polen an.
. /2. Preußens Erhebung im Jahre 1813. In dem Brande Moskaus 1813
leuchtete den Deutschen das Morgenrot der Freiheit. „Das ist Gottes
Finger! Jetzt oder nie!" ging es durch alle Herzen. Der patriotische
General Aork, Befehlshaber der preußischen Hilfstruppen, schloß mit
Rußland die Übereinkunft von Tauroggen, wonach er die Feind-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleons Alexander_I._von_Rußland Alexander_I. Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Napoleons Europas Rußland Smolensk Moskau Frankreich Polen Moskaus Gottes
326
1821
1815
Kanonen ihren Gruß und belebten den Mut der verbündeten Streiter.
Einen letzten verzweifelten Kampf wagten die Franzosen, besonders die
Garde, aber er endete mit der wildesten Flucht. Beim bleichen Monden-
schimmer verfolgten die Preußen unter Gneisen au die Franzosen wie
flüchtiges Wild. Mit genauer Not entkam Napoleon durch einen
Sprung aus dem Wagen, aber Hut, Mantel, Degen, Orden und
reiche Beute ließ er in den Händen
der Preußen. Paris wurde zum
zweitenmal genommen und jetzt et-
was rauher angefaßt. Im zweiten
Pariser Frieden wurde Frankreich
auf die Grenzen von 1790 beschränkt.
Es mußte die geraubten Kunstschätze
herausgeben, 540 Millionen Mark Kriegs-
kosten bezahlen und 150000 Mann
Besatzung aufnehmen. Napoleon ergab
sich den Engländern, die ihn auf die
einsame Felseninsel St. Helena im
Atlantischen Ozean (westlich von Süd-
afrika) brachten. Die strenge Hast, die
Unthätigkeit und der Gram über sein
Schicksal untergruben seine Gesundheit
und führten schließlich seinen Tod (am
Magenkrebse) herbei (5. Mai 1821).
Das Weltgericht hatte auch ihn, „die
Zuchtrute in der Hand Gottes", erreicht.
An seiner Maßlosigkeit, die weder gött-
liche noch menschliche Schranken achtete,
ging der Gewaltige zu Grunde. Die
. ... < Verbündeten schlossen im Herbst 1815
2.M- v-nkmak^d-m Kreujbitäi bcn heiligen Bund zur Erhaltung des
Zur Erinnerung an die Befreiungskriege, europäischen Friedens.
9. Friedensarbeit. Im Frieden ruhte die erschöpfte Welt von
den endlosen Kriegen aus und suchte die geschlagenen Wunden zu heilen.
Mit Weisheit und Liebe suchte Friedrich Wilhelm Iii. sein Volk gesittet
und glücklich zu machen. Unter treuer Mithilfe der Minister Harden-
berg und Alten st ein führte er ein väterliches Regiment. Die Staats-
verwaltung war seit 1808 einheitlicher geregelt worden. Jetzt leitete
ein Ministerium von sechs Fachministern (Minister des Äußern, des
Innern, der Finanzen, der Justiz, des Krieges, der geistlichen und Schul-
angelegenheiten) unmittelbar unter dem Könige die Verwaltung des ganzen
Landes. Der Staat wurde in Provinzen, diese in Regierungsbezirke
eingeteilt. Durch Umgestaltung des Steuerwesens — es wurde die Mahl-
und Schlachtsteuer, die Klassen- und Gewerbesteuer eingeführt — erhöhten
sich die Einnahmen. Gemeinsame Angelegenheiten der einzelnen Provinzen
wurden durch die Provinzialstände beraten. Ackerbau, Handel, Ge-
werbe, Kunst und geistiges Leben blühten auf. Die Landwirtschaft
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Helena Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Atlantischen_Ozean
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die berühmte österreichische Kavallerie von der preußischen geworfen wurde.
Nicht enden wollte der Jubel der Truppen, als ihr Kriegsherr sie auf
dem Schlachtfelde begrüßte. Bismarck hatte ihn nur mit Mühe aus
dem Granatfeuer entfernt. Auf seine Mahnung hatte der König ge-
antwortet: „Ich kann doch nicht davonreiten, wenn meine brave Armee
im Feuer steht!" Der herrliche Sieg war mit 10000 Gefallenen erkauft.
Die Österreicher hatten ungeheure Verluste an Toten, Verwundeten, Ge-
fangenen, Fahnen, Kanonen und Kriegsmaterial erlitten.
ä) Der Friede. Im Siegesfluge folgten nun die Preußen den
Flüchtigen auf dem Fuße. Schon winkte in der Ferne der hohe
Stephansturm von Wien. Ein Korps überstieg die kleinen Karpathen,
siegte bei Blumenau und bedrohte Preßburg. Da wurden in Nikols-
burg die Friedensbedingungen vereinbart, die der Friede von Prag
(23. August) bestätigte: Österreich schied aus Deutschland, ver-
zichtete auf Schleswig-Holstein und zahlte sechzig Millionen
Mark Kriegskosten; außerdem gab es Preußen freie Hand,
die deutschen Verhältnisse nördlich vom Main nach Gutdünken
zu ordnen. — Während des Siegeslaufes der preußischen Armee im
Osten hatte die Mainarmee unter General Vogel von Falckenstein
durch ihre Schnelligkeit und Tapferkeit große Erfolge im Westen errungen.
Bei Dermbach, Kissingen, Aschaffenburg schlug sie in den Juli-
tagen die uneinigen und schlecht geführten süddeutschen Truppen. Falcken-
steins Nachfolger im Kommando, General von Manteuffel, setzte den
Siegesmarsch fort, bis auch hier ein Waffenstillstand eintrat. Die süd-
deutschen Fürsten erhielten daraus einen billigen Frieden und schlossen
später mit Preußen ein Schutz- und Trutzbündnis. Der kurze, glorreiche
Krieg hatte durch die Kraft und Weisheit der Leitung, die unvergleich-
liche Tapferkeit und Schlagfertigkeit der Truppen, die Opferwilligkeit
und den hingebenden Patriotismus des ganzen Volkes Preußens Ruhm
durch alle Welt getragen und ihm einen Ehrenplatz an der Spitze der
Völker angewiesen. — Italien, das übrigens zu Lande eine Niederlage
bei Custozza und zur See bei Lissa erlitten, bekam Venetien, das
Kaiser Franz Joseph I. an Napoleon abgetreten hatte, um dessen
hilfreiche Einmischung anzurufen. Aber die Hoffnung auf Napoleons
Hilfe wurde nicht erfüllt.
Preußen gründete nun den Norddeutschen Bund, dem alle
Staaten nördlich vom Main beitreten mußten. Schleswig-
Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M.
wurden Preußen einverleibt.
1870 4. Der demütige Sieger im französischen Kriege 1870—71.
a) Veranlassung und Ausbruch. Der französische Kriegsruhm war
vor dem preußischen erblichen, und das ließ den eitlen Franzosen keine
Ruhe. „Rache für Sadowa!" hieß es darum allerorten früh und spät.
Napoleon Iii. saß nicht fest auf seinem Throne, denn die republi-
kanischen Gegner nahmen täglich an Zahl zu und unterwühlten ihn durch
ihre heftigen Anstürme. Das beste Befestigungsmittel schien ein aus-
wärtiger, siegreich geführter Krieg. Zu einem Kriege gegen Preußen
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Holstein Hannover Kurhessen Nassau Frankfurt
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Schreckensherrschaft sondergleichen gewtet hatte, war schlielich ein Mann emporgekommen, dem es niemand an seiner Wiege gesungen, da einst ganz Europa vor ihm zittern sollte. Es war Napoleon Bonaparte, der durch die Revolution vom einfachen Leutnant zum General und zuletzt zum Kaiser der Franzosen emporgestiegen war. Napoleons Streben und Ehr-geiz ging darauf hinaus, da sich alle europischen Herrscher vor ihm beugen sollten. Am 2. Dezember 1804 war er zum Kaiser gekrnt worden. Genau., ein Jahr spter besiegte er die Kaiser von Rußland und von sterreich bei Austerlitz. Nun galt es, auch das Deutsche Reich zu unterwerfen.
Das Deutsche Reich zerfiel damals in viele Einzelstaaten, die nicht zusammenhielten, sondern im Gegenteil oft unterein-ander uneins waren. Die meisten von ihnen wagten nicht, dem mchtigen Sieger Napoleon zu widerstehen, und 16 deutsche Fürsten schlssen 1806 einen Bund mit ihm. den sogenannten Rheinbund. Nun konnte von einem Deutschen Reiche keine Rede mehr sein, deshalb legte der deutsche Kaiser Franz Ii. die Krone nieder und nannte sich nur noch Kaiser von sterreich.
König Friedrich Wilhelm hatte sich nicht unter Napoleons Joch gebeugt und diesen dadurch heftig erbittert. Napoleon wute es nun durch seine Schliche und Rnke dahin zu bringen, da Friedrich Wilhelm an Frankreich den Krieg erklrte. [
b) Die Niederlage der preuischen Soldaten. Das preuische Heer aber stand dem franzsischen bedeutend nach. Es war nicht mehr so kriegstchtig wie zur Zeit Friedrichs des Groen, viele Einrichtungen waren veraltet, die Soldaten trugen noch immer die enge, unbequeme Uniform, und dem Heere folgte ein groer Tro mit Gepck, wodurch die schnellen Bewegungen gehindert wurden. Der Krieg wurde im Jahre 1806 erffnet durch das Gefecht bei Saalfeld, in dem die Preußen besiegt wurden und der Prinz Louis Ferdinand fiel. Dann folgte am 14. Oktober die un-glckliche Doppelschlacht bei Jena und Auerstdt, in der das preuische Heer eine furchtbare Niederlage erlitt. Der Herzog von Braunschweig, der das Heer befehligte, wurde durch eine Kugel des Augenlichts beraubt. Er floh nach Berlin, aber hier gnnte ihm Napoleon keine Ruhe. Er mute weiter flchten, bis er in Ottensen bei Hamburg eine Zuflucht und bald die Ruhe im Tode fand.
c) Verrat und Treue. Nach der Schlacht bei Jena herrschte in Preußen eine groe Verwirrung. Ein allgemeiner Schrecken hatte sich des Volkes bemchtigt, keiner wagte sich zu widersetzen, und die Festungen ffneten ohne Schwertstreich ihre Thore. Nur wenige machten eine rhmliche Ausnahme, so Kolberg, das Gneisenau und Nettelbeck verteidigten, und Pillau und Graudenz, die Helden-
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