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1. Die preußische Provinz Hannover und das Herzogtum Braunschweig - S. 11

1891 - Leipzig : Voigtländer
— 11 — in zwei Kammern eingeführt, 1823 das Land in sechs Landdrosteien geteilt und 1833 das Staatsgrundgesetz für das Königreich Hannover erlassen. 5. Mit dem Tode König Wilhelms Iv. von England hörte die Personalunion aus, da in Hannover das falische Gesetz galt. Hier folgte Ernst August (1837-1851), Sohn Georgs Iii. und Oheim der Königin Viktoria, als König. Tiefverschuldet, hob er ohne weiteres das Staatsgrundgesetz von 1833 auf, da es die Domänen für Staatsgut erklärt und dem Könige eine Civilliste bestimmt hatte. Deshalb verweigerten viele Beamte den Huldigungseid. Sieben Göttinger Professoren, darunter die Brüder Grimm, erhoben gegen jenen Gewaltstreich offenen Einspruch und wurden ihres Amtes entsetzt. Eine Beschwerde der hannoverschen Stände beim Bundestage wurde mit 9 gegen 8 Stimmen zurückgewiesen. 1840 kam eine neue Verfassung zustande, die dem König die Domänen zurückgab und die Volksrechte beschränkte. Diese gab erst das Revolutionsjahr 1848 dem Volke zurück. Ackerbau, Handel und Gewerbe suchte der König zu heben, Kunst und Wissenschaft zu fordern. Das Gerichtswesen wurde neu geordnet. 1849 schloß er mit Preußen und Sachsen den Dreikönigsbund, von dem er jedoch bald durch Österreich zurückgebracht wurde. Doch trat Hannover 1851 endlich auch dem von Preußen begründeten Zollverein bei. 6. König Georg V. (1851 —1866) nötigte seinem Lande 1855 eine rückschrittliche Verfassung aus. Seine Regierung unter dem jedem Fortschritt abholden Minister Borries hielt fest zu Österreich und war den Bestrebungen, die aus Errichtung eines einheitlichen Deutschlands unter Preußens Führung gerichtet waren, gänzlich abgeneigt. Dementsprechend stimmte auch der Vertreter Hannovers beim Bundestage dafür, die nichtpreußifchen Heere kriegsbereit zu machen. Dieser Beschluß führte zum Kriege von 1866. Erfolglos blieben alle Versuche Preußens, Hannover vom Bunde mit Österreich zurückzubringen. Zwar siegten die tapferen Hannoveraner am 27. Juni in dem Gefecht bei Langensalza über die Preußen, ohne jedoch den Sieg auszunutzen. In der folgenden Nacht ward das Heer von Vogel von Falckenstein eingeschlossen. Am 29. Juni mußte sich König Georg V. mit seinem Heere ergeben. Die Soldaten wurden nach Ablegung der Waffen in die Heimat entlassen; der König begab sich mit dem Kronprinzen nach Wien. Nach dem Friedensschlüsse wurde Hannover als Provinz dem preußischen Staate einverleibt. König Georg V. starb am 12. Juni 1878 in Paris.

2. Königreich Württemberg - S. 14

1912 - Leipzig : Voigtländer
— 14 — bergische Sparkasse ihre Entstehung. Ihr früher, 1819 erfolgter Tod war für den König wie für das ganze Land ein schwerer Schlag. — Zur Hebung der Landwirtschaft, welcher der König besonders zugetan war, wurde 1818 die landwirtschaftliche Akademie zu Hohenheim und das C a n n st a t t e r V o l k s f e st als landwirtschaftliches Fest geschaffen. Das ganze Staatswesen wurde neu geordnet; so wurde 1817 das Land in vier Kreise mit *64 Oberämtern eingeteilt; 1819 kam dann auch schließlich die Verfassung zustande, die der liberal gesinnte König lebhaft -.Wforderte: zwei Kammern wurden eingerichtet, von denen die erste, ^>ie der Standesherren, neben den königlichen Prinzen und einer Anzahl vom König ernannter Mitglieder die vormals reichsunmittel-baren hohen Adligen umfaßte und die zweite mit gewissen Ausnahmen eine aus Wahlen hervorgegangene Volkskammer war; dieser letzteren gehörten auch die Vertreter der Ritterschaft, der Kirchen und der Universität an. Das Gewerbe wurde durch Beseitigung schwerer Mißbräuche des Zunftwesens wie durch teilweise Einführung der Gewerbefreiheit gehoben; Handel und Verkehr suchte der König eifrigst unter anderem auch durch Schaffung und Ausdehnung von Zollvereinen zu fördern und schloß sich hierbei früh schon an Preußen an, gegen das er sonst wie gegen Österreich eifersüchtig seine Selbständigkeit zu wahren bemüht war. Im Jahre 1824 fuhr der erste Dampfer, der „König Wilhelm", auf dem Bodensee, und 1845 wurde die erste Eisenbahnstrecke zwischen Cannstadt und Unter-türfheim eröffnet; neben dem Eifenbahnbau, auf dessen Bedeutung der Württemberger Fr. List besonders hingewiesen hat, wurde auch der Straßenbau gefördert und die Staatspost eingerichtet. Die Revolutionsjahre 1848 und 1849 brachten auch in unserem Württemberg eine Trübung des Verhältnisses zwischen König und Volk, das sich jedoch bald wieder besserte, als der König dem Volk unter dem deutschnationalen Ministeriumrömer durch Gewährung größerer Freiheit entgegenkam; eine der wichtigsten Errungenschaften war die Erleichterung der Lage des Bauernstandes durch Ablösung der Grundlasten. Die auf eine Einigung Deutschlands abzielenden Bestrebungen der in Frankfurt zusammengetretenen Nationalversammlung fanden in Württemberg viele Anhänger ; dagegen wollte Wilhelm von einer Einigung Deutschlands unter einem Hohenzollern nichts wissen und trat auch später allen Plänen Preußens, welche eine festere Einigung Deutschlands herbeiführen sollten, entgegen. Wilhelm regierte sein Land mit klugem, verständigem Sinne, ganz nur hingegeben der Hebung des materiellen und geistigen Wohles seiner Untertanen, in deren Herzen er sich ein Denkmal der Dankbarkeit errichtet hat. Auf dem Schlosse Rosenstein, das er sich wie die Wilhelm« gebaut hatte, entschlief er hoch-

3. Königreich Württemberg - S. 15

1912 - Leipzig : Voigtländer
— 15 — betagt und wurde in der Kapelle beigesetzt, die er über dem Grabe seiner ersten Gemahlin Katharina an der Stelle ferner Stammburg Rotenberg errichtet hatte. 3. Hatte Wilhelm I. den Unterschied zwischen dem altererbten Besitz und den neuerworbenen Landesteilen auszugleichen gehabt, so fiel seinem Sohne König Karl I. (1864 1891) die Ausgabe zu, Württemberg als ein Glied in das neu erstandenedeutschereich einzureihen. Freilich sollte das große Ziel nicht ohne heftige Kämpfe erreicht werden. Als das Verhältnis zwischen Preußen und Österreich, hinter dem die Mehrheit des Deutschen Bundes stand, unhaltbar geworden war, kam es zwischen den beiden Mächten zum Kriege von 1866. Bei Tauberbischofsheim kämpften die Württembergs tapfer, aber aussichtslos, da der Krieg bereits in Böhmen entschieden war. Württemberg erhielt sehr günstige Friedensbedingungen und trat in ein geheimes Schutz- und Trutzbundnis mit Preußen, indem der König sich entschloß, seine Armee nach dem Vorbilde Preußens und unter dessen Beihilfe neu zu gestalten, und versprach , für den Kriegsfall seine Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen zu stellen. Dieser Fall trat ein, als Deutschland 1870 von Frankreich zum Krieg herausgefordert wurde. Mit heller Begeisterung zogen die Württembergs zur Seite der anderen deutschen Stämme in den Kampf unter der Führung des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, der sich im Sturm ihre Herzen eroberte. Bei Wörth nahmen sie rühmlichen Anteil am Kampf; die eigentlichen Ruhmestage der Württembergs aber waren der 30. November und der 2. Dezember, wo sie bei Brie und Champigny den in zehnfacher Überzahl aus Paris ausfallenden Franzosen tapferen Widerstand leisteten und ihr Vorhaben vereitelten. Seitdem 1. Januar 1871 bildet Württemberg ein Glied des Deutschenreiches. Der Einheit zuliebe mußte manche altgewohnte Einrichtung aufgegeben werden, während allerdings auch das Reich die Eigenart des Landes durch Einräumung von Sonderrechten schonte. So behielt Württemberg seine eigene Heeres-, Post- und Telegraphenverwaltung. Die württembergischen Truppen bildeten ein besonderes, das Xiii. Armeekorps unter einem Befehlshaber, den der König nach vorheriger Zustimmung des Kaisers ernannte. Unter dem Minister von Mittnacht, der schon 1870 die Verhandlungen über den Eintritt Württembergs in das neue Deutsche Reich als guter Patriot geführt hatte und 1876—1900 an der Spitze des Ministeriums stand, entwickelte sich das Land als treues Reichsglied und nahm an dem allgemeinen Aufschwung Deutschlands lebhaften Anteil. Handel und Industrie entwickelten sich allenthalben zu ungeahnter Höhe, so daß das bisher hauptsächlich Ackerbau treibende Land immer mehr auch ein bedeutender Industrie-

4. Thüringen - S. 9

1915 - Leipzig : Voigtländer
— 9 — der Geschichte. Weimar, wohin später auch Schiller übersiedelte, war damals der Mittelpunkt der deutschen Dichterwelt. Auch um die Reichsangelegenheiten hat sich Karl August bemüht. Als Friedrich der Große gegen die Übergriffe Josephs Ii., der Bayern für Österreich erwerben wollte, einen deutschen Fürstenbund zusammenbrachte, reiste Karl August an verschiedene Fürstenhöfe, um Teilnehmer für den Bund zu gewinnen. Der Fürstenbund kam 1785 zustande; freilich eine engere nationale Einigung, wie Karl August sie erhofft hatte, brachte er nicht. Der Herzog schloß sich vor allem an Preußen an und machte als preußischer Truppensührer die Feldzüge von 1792 und 1793 mit; bei der Kanonade von Valmy und bei der Einnahme von Mainz war in feinem Gefolge auch Goethe zugegen. Auch 1806 führte Karl August ein preußisches Korps, mit dem er, als die Schlacht von Jena geschlagen wurde, bei Arnstadt stand. Napoleon war über ihn so erbittert, daß er ihm sein Land zu nehmen gedachte. Aber Karl August erhielt schließlich Verzeihung und trat nun wie die übrigen Fürsten Thüringens dem Rheinbünde bei. Die ernestimschen Truppen, zu dem Regiment „Herzöge von Sachsen" vereinigt, mußten im französischen Dienst 1807 vor Kolberg kämpfen, 1809 in Tirol (heldenmütige Kämpfe in der „Sachsenklemme" bei Brixen im Eisacktal), 1810 in Spanien, 1812 in Rußland. Nach der Schlacht von Leipzig schlug auch für Thüringen die Stunde der Befreiung. Das Land stellte nun Freiwillige und Landwehrtruppen. Karl August befehligte wieder ein preußisches Korps in den Niederlanden. Wegen seiner Bemühungen um die Sache der Freiheit erhielt er 1815 im Wiener Kongreß den Titel „Großherzog" und einen Gebietszuwachs, besonders den Neustädter Kreis (früher kursächsisch) und die Gebiete von Dermbach und Geisa sowie von Vacha und Lengsfeld. Seinem Volke gewährte er 1816 eine landständische Verfassung und die Preßfreiheit. Sein Land wurde nun ein Hauptherd der deutschen Einheitsbestrebungen. In Jena wurde die deutsche Burschenschaft gegründet, auf der Wartburg 1817 das große Burschenfest gefeiert. Als freilich seit 1819 die deutschen Regierungen auf Betreiben Metternichs gegen die nationale Bewegung vorgingen, mußte Karl August die Preßfreiheit aufheben, aber zu weiteren Gewaltschritten ließ er sich nicht bewegen, und so blieb das Verhältnis zu seinen Untertanen ungetrübt. Dies lehrte die allgemeine tiefe Trauer, als er 1828 verschied. Unter seinen Nachfolgern Karl Friedrich (1828—53), dem Vater der Kaiserin Augusta, Karl Alexander (1853—1901) und Wilhelm Ernst behauptete Weimar den Ruhm, eine Pflegestütte

5. Teil 3 - S. 118

1912 - Leipzig : Dürr
— 118 — Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten. Mitglieder desselben waren die „souveränen Fürsten und Freien Städte Deutschlands". Der Deutsche Bund bestand also aus einem Kaiserreich, den Königreichen Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, dem Kurfürstentum Hessen, den Großherzogtümern Baden, Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar und Luxemburg, einer Anzahl Herzog- und Fürstentümer und den vier Freien Städten Hamburg, Bremen, Lübeck und Frankfurt am Main. Diesem Bunde gehörten auch der König von England als König von Hannover, der König von Holland als Großherzog von Luxemburg und der König von Dänemark als Herzog von Schleswig-Holstein an. Ost- und Westpreußen sowie Posen und die österreichischen Kronländer jenseits der Leitha standen außerhalb des Bundes. e) Die Angelegenheiten des Bundes sollte eine Bundesversammlung, der Bundestag in Frankfurt am Main, besorgen. Damit Preußen nicht zu viel zu sagen hatte, bekam es wie die viel kleineren Staaten Baden und Württemberg nur eine Stimme. Den Vorsitz im Bundestag führte Österreich. Für wichtige Beschlüsse war Einstimmigkeit nötig. Das Volk hatte im Deutschen Bunde keine Vertretung. 8. Die heilige fluians, 1815. Um den europäischen Frieden auf lange Zeit hinaus zu sichern, hatten auf Veranlassung des schwärmerischen Zaren die drei Verbündeten zu Paris die sogenannte heilige Allianz geschlossen, einen Vertrag, nach dem sie sich verpflichteten, den Geboten der Heiligen Schrift gemäß als Brüder verbunden zu bleiben, sich stets Beistand und Hilfe zu leisten und in ihren Ländern die christliche Religion, den Frieden und die Gerechtigkeit walten zu lassen. Nach und nach traten fast alle übrigen Fürsten Europas diesem Bunde bei. Nach dem Tode Alexanders I. (1825) löste er sich von selbst auf. 7. Von der Befreiung Deutschlands bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches, 1815—1871. § 46. Me Wegierurig Ariedrich Wilhelms Iii. von 1815—1840. 1. wirtschaftliche Notlage Preußens. Der Krieg hatte dem Lande tiefe Wunden geschlagen, und schwer zerrüttet war der Wohlstand desselben. Die Gelderpressungen der Franzosen während der Jahre 1806 bis 1809, der Durchzug der Großen Armee nach Rußland und die Kosten der Befreiungskriege hatten eine Staatsschuld von 600 Millionen Mark zur Folge. Größer noch war die Summe der Einzelschulden, die Adel, Städte und Bauern während der Zeih hatten machen müssen. Die

6. Teil 3 - S. 125

1912 - Leipzig : Dürr
— 125 — durch die sich wiederholenden Kürzungen der Arbeitslohn in den Fabriken so erbärmlich, daß er kaum noch hinreichte, dem Arbeiter die allernotwendigsten Tagesbedürfnisse zu beschaffen. Für irgendwelche Erleichterung des Lebens, für Kindererziehung, für Krankheit, für das Alter blieb nichts übrig. Am schlimmsten waren die „Heimarbeiter" daran, die ihre Handarbeit um den Preis der Fabrikware abliefern mußten. So sah sich der Arbeiter, um nur leben zu können, in eine schlimme Lage gebracht. Nun nahm er an, daß die Regierung durch Erhöhung der Einfuhrzölle Abhilfe seiner Not schaffen könne. Als das nicht geschah, bildete er sich ein, die Regierung sei ihm übelwollend gesinnt. Dieser Mißstimmung der Arbeiter bemächtigten sich gewisse „Menschenfreunde", die eine Umgestaltung Deutschlands nach dem Muster der Vereinigten Staaten von Amerika erstrebten. § 49. Wreußen im Strudel der europäischen Revolutionen. 1. Die provinzialstände. Nach den Befreiungskriegen, im Mai 1815, hatte König Friedrich Wilhelm Iii. in einer Kabinettsorder versprochen, in Zukunft bei der Beratung neuer Gesetze Vertreter des Volkes nach Berlin zu berufen. Einige Regierungen, z. B. Sachsen-Weimar, Bayern, Baden, Württemberg, hatten nicht gezögert, ihren Untertanen eine derartige Volksvertretung (Konstitution) aus freien Stücken zu bewilligen. Der König von Preußen gab feinem Lande keine Verfassung, sondern ordnete im Juni 1823 die Einsetzung von Provinzialständen an; das war eine Versammlung von Abgeordneten des grundbesitzenden Adels (Fürsten, Grasen und Herren), sowie der Ritterschaft, der Städte und der Landgemeinden, die in den einzelnen Provinzen einberufen wurden und nur Angelegenheiten ihrer Provinz, nicht des ganzen Staates, beraten durften. Der allgemeine Volkswille kam in den Provinzialständen also nicht zum Ausdruck, zumal der Adel mit seinem großen Grundbesitze meist allein den Ausschlag gab. 2. Der vereinigte Landtag in Preußen. König Friedrich Wilhelm Iv. war zunächst noch weniger als sein Vater geneigt, eine allgemeine Volksvertretung einzuführen. Erst 1847 berief er einen Ausschuß aus den acht vorhandenen Provinzialständen als „Vereinigten Landtag" nach Berlin und verlieh ihm das Recht, neue Steuern zu bewilligen oder abzulehnen. Weitere Zugeständnisse machte er nicht. 3. Die Unruhen in Berlin. Dieses vom König dem Volke zugestandene Maß der Mitwirkung bei der Regierung schien vielen zu gering. Als daher im Februar 1848 die Franzosen ihren König Ludwig Philipp vertrieben, um ihr Land in eine Republik umzuwandeln, und ihr Beispiel in mehreren Hauptstädten Europas die Revolution herbeiführte, entstand auch in Berlin große Aufregung. Da versprach der König ans freien Stücken in einer Kundgebung vom 17. März 1848 eine gründliche Neugestaltung der preußischen Verfassung und der Verhältnisse des Deutschen Bundes. 9 *

7. Teil 3 - S. 126

1912 - Leipzig : Dürr
— 126 — Der Jubel hierüber war so groß, daß tags darauf dichte Volksmassen vor das Königliche Schloß eilten, um dem König ihren Dank darzubringen. Unter die Volksmenge hatten sich aber viele Ausländer gemischt, die nur nach Berlin gekommen waren, um die Unzufriedenheit zu schüren, und viele arbeitsscheue Leute, welche die Revolution herbeiführen wollten. Diese versuchten in das Schloß einzudringen. Die Soldaten im Schloßhof suchten sie zu zerstreuen; durch Zufall fielen zwei Schüsse. Da schrie die Menge: „Verrat! Zu den Waffen!" und begann das Pflaster aufzureißen, Wagen umzustürzen und Barrikaden zu bauen. Ein blutiger Straßenkampf tobte, bis der erschütterte König tief in der Nacht seinen siegreich vordringenden Truppen Einhalt gebot; infolge eines Mißverständnisses verließen sie sogar Berlin. Eine Bürgerwehr sollte nun die Ordnung aufrecht erhalten. Obwohl im Mai eine Nationalversammlung zusammentrat, um über die künftige Verfassung zu beraten, kam es doch zu weiteren Unruhen des Pöbels, der im Juni das Zeughaus stürmte und die Beratungen fortgesetzt zu beeinflussen suchte. Der König verlegte deshalb die Versammlung nach Brandenburg, ließ die Truppen unter General Wrangel in Berlin wieder einziehen und löste die Bürgerwehr auf. Als ein großer Teil der Abgeordneten sich weigerte, in Brandenburg zu tagen, schloß der König die Versammlung. Nun ließ er selbst eine Verfassung entwerfen und verlieh sie im Dezember 1848 aus eigener Machtvollkommenheit seinem Volke. (Siehe Anhang Zi.) § 50. Deutsche Kinheitsöestreöungerr. 1. Die Erstarkung der deutschen Einheitsbestrebungen, a) In den Freiheitskriegen von 1813—1815 hatte wohl das deutsche Volk das Joch der französischen Fremdherrschaft abgeschüttelt, zu einer inneren Einigung und Erstarkung führten aber diese ruhmvollen Kämpfe nicht. Denn der Deutsche Bund war ja nur eine ganz lose Vereinigung von 39 Staaten, in der es keine Unterordnung unter eine starke Gewalt gab. Eine wenigstens wirtschaftliche Einigung Deutschlands brachte seit 1834 der Deutsche Zollverein, dem die meisten deutschen Staaten angehörten. b) Im Jahre 1840 versuchte der französische Minister Thiers die Unzufriedenheit seiner Landsleute durch einen Krieg gegen Deutschland abzulenken. „An den Rhein" war die Losung; die Eroberung des linken Rheinufers galt als nächstes Ziel. Aber die Preußen und Deutschen waren zur Abwehr entschlossen. Max Schneckenburger dichtete damals sein kräftiges Lied von der festen und treuen „Wacht am Rhein", und in Köln sang man unter lautem Jubel im Theater: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein", Nikolaus Beckers „Rheinlied", das bald in ganz Deutschland auf allen Straßen ertönte. Da der Bundestag seit einem Vierteljahrhundert für die Sicherung Deutschlands nichts getan hatte, wurde es jedem klar, daß Deutschland einer festen Führung bedurfte, um

8. Teil 3 - S. 127

1912 - Leipzig : Dürr
— 127 — vor der geringsten Drohung von außen nicht gleich ängstlich zusammenschrecken zu müssen. Bei der Feier der Grundsteinlegung des Domes zu Köln sprach Friedrich Wilhelm Iv. bedeutsame Worte über die Einigung Deutschlands. „Das große Werk," sprach er zu der zahllos versammelten Volksmenge, „verkünde den spätesten Geschlechtern von einem durch die Einigkeit seiner Fürsten und Völker großen Deutschland, von einem durch die Herrlichkeit des großen Vaterlandes und durch eigenes Gedeihen glücklichen Preußen, von dem Brudersinn verschiedener Bekenntnisse, die inne geworden, daß sie eins sind in dem einigen göttlichen Haupte!" Beim Festmahle brachte König Wilhelm I. von Württemberg ein Hoch auf das gemeinsame große Vaterland aus. c) Als die Regierung in Dänemark Miene machte, Schleswig von dem deutschen Bundesland Holstein loszureißen und zu einer dänischen Provinz zu machen, da zeigte sich im ganzen deutschen Volke eine tiefgehende Erbitterung. Das „Schleswig-Holstein-Lied" wurde, wie wenige Jahre zuvor das Beckersche Rheinlied, allgemein gesungen: „Schleswig-Holstein meerumschlungen, Deutscher Sitte hohe Wacht, , Wahre treu, was schwer errungen, Bis ein bess'rer Morgen tagt, Schleswig-Holstein, stammverwandt, Wanke nicht, mein Vaterland!" So wurden die Bestrebungen, die aus Einigung der Nation gerichtet waren, immer stärker?) Man wollte aber nicht bloß ein einiges Vaterland, man wollte in demselben auch mehr Freiheit haben, als sie bisher in den Einzelstaaten gewährt wurde. Man verlangte in damals erschienenen Büchern und Zeitungen, in Flugschriften und in Reden: Preßfreiheit, Schwurgerichte, Abschaffung der stehenden Heere und eine allgemeine Volksvertretung beim Deutschen Bunde. 2. Das Frankfurter Parlament. Der Frankfurter Bundestag gab dem allgemeinen Drängen nach und beschloß, die deutschen Regierungen znr Vorbereitung der Wahl von Abgeordneten für ein deutsches Parlament aufzufordern. Dies geschah. Am 18. Mai versammelten sich die Abgeordneten in Frankfurt a. M. unter Glockengeläut und Kanonendonner in der Paulskirche. Über dem Sitze des Präsidenten standen die Worte: „Des Vaterlandes Größe, des Vaterlandes Glück." Die meisten Abgeordneten gehörten dem Gelehrtenstande an; zu ihnen auch die Dichter Ludwig Uhlaud, Ernst Moritz Arndt und der Turnvater Jahn. Die Hauptaufgabe des Parlamentes war, für Deutschland eine Verfassung zu schaffen. Nach langen Beratungen und heftigen Kämpfen unter den Abgeordneten ward die Reichsverfassung festgestellt und König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen zum erblichen Kaiser des zu bildenden Reiches *) Siehe das Gedicht von E. Geibel:*„Wann, o wann?"

9. Teil 3 - S. 128

1912 - Leipzig : Dürr
— 128 — gewählt, in das Österreich nicht aufgenommen werden sollte. Eine Abordnung von Abgeordneten kam nach Berlin und trug dem Könige die Kaiserkrone an. Er aber lehnte sie ab, weil sie ihm nur vom Volke, nicht auch von den Fürsten angeboten wurde?) So war der Versuch, Deutschland zu einigen, gescheitert. Das Frankfurter Parlament ging allmählich auseinander, nachdem Preußen und Österreich die Mitglieder der Nationalversammlung, die ihrem Lande angehörten, nach Hause gerufen hatten. Die den deutschen Einheitsplänen feindlichen Regierungen schickten ihre Bevollmächtigten wiederum nach Frankfurt, und der Bundestag lebte in der alten Form wieder auf. 3. versuch einer Lösung der deutschen Einheilsbestrebungen durch Preußen. Friedrich Wilhelm Iv. hatte versucht, um eine Einigung Deutschlands herbeizuführen, einen engeren Bund deutscher Staaten, eine „Union" zu gründen, mußte aber diesen Versuch wieder aufgeben, da Österreich und Rußland ihm dieser Frage wegen mit Krieg drohten. Preußen verpflichtete sich Österreich gegenüber in dem Vertrage zu Olmütz, den Bundestag wieder zu beschicken und auf alle Einheitsbestrebungen zu verzichten. 4. Gebietserwerbungen. Eine Erweiterung erhielt Preußen unter diesem Könige dadurch, daß die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen im Jahre 1849 die Regierung niederlegten und ihre Länder gegen eine Rente an die königliche Linie ihres Hauses abtraten. Von Oldenburg erwarb Friedrich Wilhelm Iv. durch Kauf einen schmalen Küstenstreifen am Jadebusen und ließ hier einen Kriegshafen erbauen; hier ist später Wilhelmshaven entstanden. 5. Das Lebensende des Königs. Im Jahre 1857 wurde König Friedrich Wilhelm Iv. von einer ernsten Krankheit heimgesucht. Da er keine Kinder hatte, so übernahm sein Bruder, der Prinz von Preußen, zunächst die Stellvertretung in den Regierungsgeschäften, im folgenden Jahre aber die selbständige Regentschaft. Damit endete die Regierung Friedrich Wilhelms, aber noch nicht sein Leiden. Mit Ergebung schickte er sich in die über ihn hereingebrochene, schwere Krankheit. „Lang Leid, lang Leid," so kennzeichnete der duldende König selbst seinen Zustand. Am 2. Januar 1861 ist er in Sanssouci verschieden. In der Potsdamer Friedenskirche, die er hat erbauen lassen, ist er bestattet. § 51. Wapoleon Iii. 1. Napoleons Emporkommen. Louis Napoleon Bonaparte, ein Sohn des ehemaligen Königs von Holland und der Hortense Beauharnais, war 1808 in Paris geboren. Als alle Angehörigen Napoleons I. aus ') Der König hat in einem Briefe an Ernst Moritz Arndt geschrieben: weil das Volk allein über die Krone nicht zu verfügen habe, und weil das angebotene deutsche Kaisertum nicht viel mehr gewesen wäre als eine Schattenherrschast, als ein Werkzeug des Parlaments, dafür habe er sein mächtiges preußisches Königtum nicht hingeben mögen.

10. Teil 3 - S. 131

1912 - Leipzig : Dürr
— 131 — sichtlicher Nachfolger. Beide Brüder waren von Grund aus verschieden, aber nie vergaß Prinz Wilhelm, daß es Sache seines Bruders war zu befehlen, die seinige zu gehorchen. Auch wo er gauz anderer Meinung war, unterwarf er sich den Befehlen des Bruders unweigerlich und freudigen Herzens. c) Als die Märzrevolution 1848 ausbrach, wandte sich der Haß des Pöbels hauptsächlich gegen den Prinzen Wilhelm. Man erzählte sich, daß er ein Gegner jeder Verfassung sei und sich nach Potsdam begeben habe, um auf eigene Hand Truppen zusammenzuziehen. Unter diesen Umständen hielt es der König für angemessen, dem Bruder die Weisung zu erteilen, sich nach Loudon zu begeben, um dem dortigen Hofe über die letzten Vorkommnisse in Preußen zu berichten. Es war an seinem zweiundfünfzigsten Geburtstage, als der Prinz mit schwerem Herzen in solcher Zeit dem Vaterlande den Rücken wandte und die Reise nach London antrat. Ende Mai 1848 kehrte er aus England zurück und verbrachte die nächste Zeit in aller Stille ans seinem Schlosse Babelsberg bei Potsdam. Im folgenden Jahre warf er mit preußischen Truppen die Ausstände in der Pfalz und in Baden nieder. Seit 1850 residierte der Prinz als militärischer Oberbefehlshaber von Rheinland und Westfalen in Koblenz. Im Herbst des Jahres 1857 übernahm er für seinen schwer erkrankten Brnder Friedrich Wilhelm Iv. vertretungsweise die Regierung. 2. Die Thronbesteigung. Der Tod König Friedrich Wilhelms Iv. gab dem Prinzregenten die Krone. Mit großer Pracht fand am 18. Oktober 1861 in der Krönuugsstadt Preußens, in Königsberg, die Krönung statt, zum ersten Male wieder, seit Preußen ein Königreich war. Vom Altare nahm König Wilhelm die Krone und setzte sie sich anss Haupt mit dein Worte: »Ich empfange diese Krone von Gottes Hand!" Einzig der Gnade Gottes wollte er sie verdanken; war doch eine schlichte, tiefe Frömmigkeit der Grundzug seines Wesens. 3. Die Umgestaltung des Heeres und der Kampf mit dem Landtage. a) König Wilhelm war nicht immer mit den Regierungshandlungen feines Bruders einverstanden gewesen; er war entschlossen, in manchen Stücken eine „neue Ära" eintreten zu lassen, aber die Veränderungen sollten durchaus ruhig und besonnen vor sich gehen. Deshalb betonte er in einer Ansprache an das Staatsministerium, „daß von einem Bruche mit der Vergangenheit nun und nimmer die Rede sein solle; es solle nur die sorg-liche und bessernde Hand da angelegt werden, wo sich Willkürliches oder gegen die Bedürfnisse der Zeit Laufendes zeige. Versprochenes müsse man treu halten, ohne sich der bessernden Hand dabei zu entschlagen; nicht Versprochenes müsse man mutig verhinbern." b) Wilhelms bringenber Wunsch war, Preußen und Deutschland zu größerer Macht und höherem Ansehen in Europa zu erheben; er sah ober auch ein und sprach es ans, daß dies nicht möglich sei ohne tiefgreifende Verbesserung der preußischen Heereseinrichtungen. Zur Durchführung bcr
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