24
Ausbreitung der Romantik
25 Mein einiges Deutschland, mein freies, heran!
Sie wollen, sie sollen es haben!
Auf! Sanrmle und rüste dich stark wie ein Mann
und bringe die blutigen Gaben!
Du, das sie nun nimmer mit Listen zersplittern,
30 erbrause wie Windsbraut aus schwarzen Gewittern!
So klinge die Losung: „Zum Rhein! llbern Rhein!
Alldeutschland in Frankreich hinein!"
5. Heimweh nach Rügen (1842).
O Land der dunkeln Haine,
o Glanz der blauen See,
o Eiland, das ich meine,
wie tut's nach dir mir weh!
5 Nach Fluchten und nach Zügen
weit über Land und Meer,
tnein trautes Ländchen Rügen,
wie mahnst du mich so sehr!
O wie, mit goldnen Säumen
io die Flügel rings umwebt,
mit Märchen und mit Träumen
Erinnrung zu mir schwebt!
Sie hebt von grauen Jahren
den dunkeln Schleier auf
i5 von Wiegen und von Bahren,
und Tränen fallen drauf.
O Eiland grüner Küsten!
O bunter Himmelschein!
Wie schlief an deinen Brüsten
20 der Knabe selig ein!
Die Wiegenlieder sangen
die Wellen aus der See,
und Engelharfen klangen
hernieder aus der Höh'.
Und deine Heldenmäler
mit moosgewobnem Kleid,
was künden sie, Erzähler
aus tapfrer Väter Zeit,
von edler Tode Ehren
auf flücht'gem Segelroß,
von Schwertern und von Speeren
und Schildesklang und Stoß!
So locken deine Minnen
mit längst verklungnem Glück
den grauen Träumer hinnen
in alter Lust zurück.
O heißes Herzenssehnen!
O goldner Tage Schein,
von Liebe reich und Tränen!
Schon liegt mein Grab am Rhein.
Fern, fern vom Heimatlande
liegt Haus und Grab am Rhein.
Nie werd' an deinem Strande
ich wieder Pilger sein.
Drum grüß' ich aus der Ferne
dich, Eiland lieb und grün:
Sollst unterm besten Sterne
des Himmels ewig blühn!
Volkslieder: 1. Das Lied vom Schill (1813): Es zog aus Berlin ein tapferer
Held. 2. Das Lied vom Feldmarschall (1813): Was blasen die Trompeten? Husaren
heraus! 3. Was ist des Deutschen Vaterland? (1813). 4. Kriegers Abschied
(1815): O du Deutschland, ich muß marschieren. 5. Gebet eines kleinen Knaben an
den heiligen Christ (1810): O, lieber, heil'ger frommer Christ.
3. Maximilian Schenk von Schenkendorf (1783—1817).
Gedichte R. 377—379. M.336f.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Maximilian_Schenk_von_Schenkendorf Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Rhein Frankreich Rhein Rhein Berlin Deutschland
54
Die Zeit der Reife
Verschlossen blieb ich, eingeschlossen
30 in meiner Träume Zauberturm;
die Blitze waren mir Genossen
und Liebesstimme mir der Sturm.
Dem Wald ließ ich ein Lied erschallen,
wie nie vor einem Menschenohr,
35 und meine Träne ließ ich fallen,
die heiße, in den Blumenflor.
Und alle Pfade mußt' ich fragen:
Kennt Vögel ihr und Strahlen auch?
doch keinen: Wohin magst du tragen?
40 Von welchem Odem schwillt dein Hauch?
Wie ist das anders nun geworden,
seit ich ins Auge dir geblickt;
wie ist nun jeder Welle Borden
ein Menschenbildnis eingedrückt!
Wie fühl' ich allen warmen Händen 45
nun ihre leisen Pulse nach
und jedem Blick sein scheues Wenden
und jeder schweren Brust ihr Ach!
Und alle Pfade möcht' ich fragen:
Wo zieht ihr hin, wo ist das Haus, bo
in dem lebend'ge Herzen schlagen,
lebend'ger Odem schwillt hinaus?
Entzünden möcht' ich alle Kerzen
und rufen jedem müden Sein:
55 Auf ist mein Paradies im Herzen,
zieht alle, alle nun hinein!
5. Am Turme.
Ich steh' auf hohem Balköne am Turm,
umstrichen vom schreienden Stare,
und laß gleich einer Münade den Sturm
mir wühlen im flatternden Haare:
5 0 wilder Geselle, 0 toller Fant,
ich möchte dich kräftig umschlingen
und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
auf Tod und Leben dann ringen!
Und drunten seh' ich am Strand, so frisch
10 wie spielende Doggen, die Wellen
sich tummeln rings mit Gekläff und Gezisch
und glänzende Flocken schnellen.
O, springen möcht' ich hinein alsbald,
recht in die tobende Meute
15 und jagen durch den korallenen Wald
das Wallroß, die lustige Beute!
Und drüben seh' ich ein Wimpel wehn,
so keck wie eine Standarte,
seh' auf und nieder den Kiel sich drehn
so von meiner lustigen Warte;
0, sitzen möcht' ich im kämpfenden Schiff,
das Steuerruder ergreifen
und zischend über das brandende Riff
wie eine Seemöwe streifen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
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Johann Georg Fischer
109
8. Nur einen Mann aus Millionen!
Februar 1849.
Erheb' dich wie aus einem Munde,
du Schrei der Not nach einem Mann!
Das deutsche Fahrzeug geht zugrunde,
es fängt schon tief zu sinken an ..
ü Schon bog es hoffend um die Klippe,
schon nach dem Hasen ging der Zug:
da fiel auf der Bemannung Sippe
der Wahn, wie er noch keinen schlug.
Sie riß herab der Einheit Fahne —
io o unerhörte Meuterei!
Und jeder schrie in seinem Wahne:
„So bin ich stark, so bin ich frei!" —
Du herrlich Schiff, das uns getragen,
ist's möglich, läßt es Gott geschehn,
i5 daß du zertrümmert und zerschlagen
und rettungslos sollst untergehn?
Tritt aus der Führer wildem Zanken
kein so antiker, ganzer Mann,
der den unsterblichen Gedanken
2o der deutschen Größe fassen kann?
Der ohne Ansehn und Erbarmen
zuhauf uns treibt im Schlachtenschweiß
und dann mit unbeugsamen Armen
die deutsche Mark zu runden weiß?
Nur einen aus den Millionen,
soweit die deutsche Langmut haust!
Zum Heil der Völker und der Thronen
nur eine eisern harte Faust,
die wie ein Blitz durch alle Grade
empor sich zum Diktator schwingt
und die Rebellen ohne Gnade
ins starre Joch der Einheit zwingt!
Die, nicht erwägend und nicht wählend,
aufstelle das Kolumbusei,
daß nicht der Deutschen Schmach und Elend
ein Spottlied aller Völker sei.
Komm, Einz'ger, wenn du schon geboren,
tritt auf, wir folgen deiner Spur;
du letzter aller Diktatoren,
komm mit der letzten Diktatur!
9. Eure Weisheit.
Ich sah am liebsten hoch im Turm
weit nach den blauen Landen,
bin jauchzend bei dem lauten Sturm
des Glockenschwungs gestanden;
ich kam hernieder, doch empor
schlägt noch mein Herz nach Jahren.
So blieb ich immer euch ein Tor,
die niemals droben waren.
9. Das Sonett.
Ein lichtes Zittern durch den Äther springt,
ausgießt das Frührot seine Farbenschale,
und Morgenfreude wimmelt durch die Tale,
wenn des Sonettes Harfensaite klingt.
5 Und lichtbegierig aus den Blättern dringt
die Rose von des Nachttaus Schlummermahle
hervor zur Sonne, die im Siegesstrahle
vom Berge ihre Morgenhymne singt.
Der Tag verklang, des Abends Düfte quellen;
io die Vöglein, die vom Neste morgens sprangen,
sich stille jetzt um ihre Mutter kauern;
Stromwasser, die sich wild vom Felsen rangen,
ziehn nun ergeben zwischen Ufermauern,
und Schwäne spielen aus den weichen Wellen.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Georg_Fischer Johann
148
Neue Strömungen
und er hebt sich zum Sprechen — sein
Mantel rot
30 gleitet nieder auf den Grund:
„Wer je mir spräche: ,er ist tot',
der müßte sterben zur Stund'."
Und Monde gehen. Es schmolz der
Schnee,
der Sommer kam zu Gast;
35 dreihundert Schiffe fahren in See,
Jung Harald steht am Mast.
Er steht am Mast, er singt ein Lied,
bis sich's im Winde brach;
das letzte Segel, es schwand, es schied —
40 Gorm Grymme schaut ihm nach.
Und wieder Monde. Grau Herbstestag
liegt über Sund und Meer;
drei Schiffe mit mattem Ruderschlag
rudern heimwärts drüber her:
4b schwarz hängen die Wimpel; auf Bröm-
sebro-Moor
Jung Harald liegt im Blut —
wer bringt die Kunde vor Königs Ohr?
Keiner hat den Mut.
Thyra Danebod schreitet hinab an den
Strand,
50 sie hatte die Segel gesehn;
sie spricht: „Und bangt sich euer Mund,
ich meld' ihm, was geschehn."
Ab legt sie ihr rotes Korallengeschmeid
und die Gemme von Opal;
55 sie kleidet sich in ein schwarzes Kleid
und tritt in Hall' und Saal.
In Hall' und Saal. An Pfeiler und
Wand
Goldteppiche ziehen sich hin;
schwarze Teppiche nun mit eigener Hand
60 hängt drüber die Königin.
Und sie zündet zwölf Kerzen: ihr flackernd
Licht,
es gab einen trüben Schein;
und sie legt ein Gewebe, schwarz und dicht,
auf den Stuhl von Elfenbein.
Ein tritt Gönn Grymme. Es zittert
sein Gang,
er schreitet wie im Traum,
er starrt die schwarze Hall' entlang,
die Lichter, er sieht sie kaum;
er spricht: „Es weht wie Schwüle hier,
ich will an Meer und Strand;
reich' meinen rot-goldenen Mantel mir
und reiche mir deine Hand!"
Sie gab ihm um einen Mantel dicht,
der war nicht golden, nicht rot,
Gorm Grymme sprach: „Was niemand
spricht,
ich sprech' es: er ist tot."
Er setzte sich nieder, wo er stand,
ein Windstoß fuhr durchs Haus;
die Königin hielt des Königs Hand,
die Lichter loschen aus.
5. Schloß Eger (1634).
Lärmend im Schloß zu Eger
über dem Ungarwein
sitzen die Würdenträger
Herzogs Wallenstein:
Tertschka, des Feldherrn Schwager,
Jllo und Kinsky dazu,
ihre Heimat das Lager,
und die Schlacht ihre Ruh'.
Lustig flackern die Kerzen;
aber der Tertschka spricht:
„Ist mir's Nacht im Herzen
oder vorm Gesicht?
Diese Leuchter leuchten
wie in dunkler Gruft,
und die Wände, die feuchten,
hauchen Grabesluft."
Feurig funkelt der Unger;
aber der Kinsky spricht:
„Draußen bei Frost und Hunger
schüttelte so mich's nicht;
hielte lieber bei Lützen
wieder in Qualm und Rauch;
wolle Gott uns schützen
oder — der Teufel auch!"
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Personennamen: Harald Harald Gorm_Grymme Jllo Kinsky
Theodor Fontane: Gedichte
153
20 „Feuer!" war es, was da klang;
ein Qualm aus Kajüt' und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo!
Und die Passagiere, buntgemengt,
25 am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht.
Am Steuer aber lagert sich's dicht,
Und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? Wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo!
30 Der Zugwind wächst; doch die Qualmwolke steht.
Der Kapitän nach dem Steuer späht;
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durchs Sprachrohr fragt er an:
„Noch da, John Maynard?"
3s „Ja, Herr. Ich bin."
„Auf den Strand! In die Brandung!"
„Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo!
40 „Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit ersterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung — was Klippe, was Stein! —
jagt er die „Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
45 Rettung: der Strand von Buffalo!
Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwält.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln
himmelan aus Kirchen und Kapelln,
50 ein Klingen und Läuten; sonst schweigt die Stadt.
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
zehntausend folgen oder mehr,
und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.
Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
55 mit Blumen schließen sie das Grab,
und mit goldner Schrift in den Marmorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
„Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
hielt er das Steuer fest in der Hand.
so Er hat uns gerettet, er trägt die Krön',
er starb für uns; unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
224
Deutsch-amerikanische Dichter
Siegten sie einst im harten Strauß?
5 Zogen sie frisch durch Sturm und Graus? —
Niemand weiß es zu melden.
Nur die Möwen, wellauf, wellab,
kreisen und kreisen ums Dünengrab;
endlos dehnt sich die Heide.
10 Wolkenschatten, verloren im Raum,
wandeln dahin über Busch und Baum,
hin über Moor und Weide.
Geister der Vorzeit mit leisem Schritt
weben und schweben und wandeln mit,
is dringen aus Gräbern und Grüften;
und in endlos weher Klag'
über des Lebens verlorenen Tag
flüstert und weht's in den Lüsten.
Über die Hügel am Gotinger Kliff
2o meine Kinder jachtern mit Jubelgepsiff,
spielen die Zukunftshelden.-------
Wird von tücht'ger Mannestat,
wird von edel gediegenem Rat
euer Name einst melden?
2. Gruß Amerikas an Deutschland.
Ich weiß von einem Lande, dem bietet Jahr um Jahr
des reichsten Glanzes Fülle die Hand des Schicksals dar.
Auf Flächen unermeffen, aus tiefem Bergesschacht
reift golden ihm die Ernte, quillt ihm der Erze Pracht.
5 Gewalt'ge Ströme rauschen, rings flutet das Weltenmeer,
aus Urwald und aus Prärie stürmt trotziges Leben her;
und in dem Volke braust titanenhafter Sinn,
nach allem Höchsten greift sein keckes Wagen hin.
Es rüttelt an den Bergen, es taucht in Meeresschlund,
io es spannt mit Eisennetzen den Fels und Urwaldsgmnd.
Es schichtet Quader auf Quader bis zu den Wolken grau —
so werkelt es und hämmert an der Freiheit Riesenbau.
Ein ander Land auch kenn' ich, ein Land gar lieb und wert:
dort wird vergangner Zeiten Geheimnis noch geehrt;
i5 dort flüstern noch die Wälder manch dunkles Sagenwort;
dort rauscht's noch in den Wogen vom Nibelungenhort.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Gotinger_Kliff Amerikas Deutschland Meeresschlund
Kuno Francke. Edna Fern
225
Dort ragen noch alte Dome, so dunkel und wundergleich,
dort sehnen noch Kinderherzen sich nach dem Himmelreich.
O Deutschland, von all deinen Kindern liebt keines dich so sehr
so als wir, die Fremdgewordnen, die Deutschen überm Meer!
Du bist uns mehr als Mutter, bist unsres Lebens Ruh',
du bist unser Träumen und Lachen, unsrer Arbeit Segen du!
Du setzest dem rastlosen Wagen bedächtig Maß und Zeit, —
du weisest dem hastigen Blicke den Weg zur Ewigkeit.
2. Cdna Fern (Frau Fernande Richter),
geb. 1861 in Rössing, Hannover. Seit 1881 in Amerika, Gattin des Arztes
Dr. G. Richter in St. Louis Mo.
1. Am Wege.
Der Himmel ist blau
und die Welt so weit —
und der Frühling wartet am Wege.
O welche selige, sonnige Zeit,
5 wann es Blütenschnee von den Bäumen schneit
und der Wildbach schäumt durchs Gehege! —
Er sitzt verloren am Brückenrand
und schaut in strudelnde Tiefe:
„Ob ich wohl fänd' das gelobte Land,
io wenn ich dort unten schliefe? —
Ob wohl die Nixe mich zöge hinab
mit nackten, schimmernden Armen?
Ob ich da unten im Wellengrab
bei ihr mich könnt' erwärmen?
i5 Ob sie mir wohl ein Krönlein flicht
aus Schilf und Wasserrosen? —
Ob wohl an ihrer Seite dicht
die Wellen mich umkosen
Und aus dem roten Herze mein
so all Weh hinweg mir waschen? —
Ich möchte wohl da unten sein
wo Nix und Fisch sich haschen!"----------
Du blasser Knab' an: Brückenrand,
wer hat dein Herz verwundet —
25 — ich wink' ihm hinüber mit der Hand —
im Frühling, da alles gesundet?
Heydtmann-Keller, Deutsches Lesebuch. Ii. 2. Ausl.
15
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Konrad Nies
227
„Wir wuchsen und wachten viel tausend Jahr
bei der Wildnis rotem Sohne;
wir boten ihm Obdach und Waffe dar,
20 und Liebe ward uns zum Lohne.
Wir sproßten in Frieden, wir grünten in Ehr',
wir schützten und schirmten die Lande.
Da brachen die Bleichen waldein übers Meer
und lösten die heiligen Bande.
25 Sie danken uns Heimat, sie danken uns Herd
die Bleichen, die Feigen, die Feinen;
doch danklos verwüsten, von Habgier verzehrt,
das Mark sie von Wäldern und Hainen!
Uns Hüter des Hochlands, uns Wächter der Seen,
30 der Vorzeit heilspendende Erben,
sie fällen uns herzlos, in frevlem Vergehn,
um Hausen von Gold zu erwerben.
Doch eh' wir, zerbrochen als lebloses Gut,
der Habsucht uns fügen zum Dache,
35 hört, Sturm, uns und Erde und Feuer und Flut!
Euch rufen herbei wir zur Rache!
Ihr seit uns Genossen seit ewiger Zeit;
die Urkraft, euch lieh sie die Waffen:
drum sollt ihr Vergeltung im rächenden Streit
40 am Werke der Menschen uns schaffen!
Was immer gezimmert aus unserm Gebein
der Städte Getürm und Gemäuer,
reiß es ein, du, o Sturm, reiß es ein, reiß es ein!
Verzehre in Flammen es, Feuer!
45 Die Brücken der Ströme, die Schiffe im Meer,
mit unserem Herzblut errichtet,
verschling sie, o Flut, bis Welle und Wehr
verstrudelt, verstrandet, vernichtet!
Verschütte, o Erde, du, Mine und Schacht,
üo die unserem Schoße entragen! . . .
Auf, auf, ihr Genossen der Nacht, zur Schlacht,
bis die Werke der Menschen zerschlagen!" . . .
So hallt es und schallt es im nächtlichen Chor
durch Klüfte und Felsen und Felder,
55 vom Hudson landein bis zum Goldenen Tor:
der Schrei der geächteten Wälder!
Und täglich und stündlich erstarrt uns das Blut,
wenn neu uns die Kunden umwogen,
daß Sturmwind und Erde, daß Feuer und Flut
60 die Rache der Wälder vollzogen!
15*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
14
Die Begründung der Romantik
3. Wiegenlied.
Da droben aus dem Turme,
da wehet der Wind,
da wieget im Sturme
der Adler sein Kind.
5 Hier unten im Turme,
da wehet kein Wind,
hier betet die Mutter
und wieget ihr Kind
und hat von der Wiege
io zur Krippe ein Band
von Glaube und Hoffnung
und Liebe gespannt.
Weit über die Meere
die Hoffnung sie spinnt.
i5 Dort sitzet Maria
und wieget ihr Kind;
die Engel, die Hirten,
drei König' und Stern
und Ochslein und Esel
20 erkennen den Herrn.
Wohl über dem Monde
und Wolken und Wind
mit Zepter und Krone
steht Jungfrau und Kind:
25 hier unten ward's Kindlein
am Kreuz ausgespannt,
dort oben wiegt's Himmel
und Erd' auf der Hand.
Komm mit, laß uns fliegen
3o zu Maria geschwind;
komm mit und lern' biegen
dein Knie vor dem Kind!
Komm mit! Schnür' dein Bündlein!
Schon führet die Hand
35 Maria dem Kindlein:
es segnet das Land.
4. Die Lore Lay.
Zu Bacharach am Rheine
wohnt' eine Zauberin,
die war so schön und seine
und riß viel Herzen hin.
Und machte viel zuschanden
der Männer ringsumher;
aus ihren Liebesbanden
war keine Rettung mehr.
Der Bischof ließ sie laden
vor geistliche Gewalt —
und mußte sie begnaden,
so schön war ihr' Gestalt.
Er sprach zu ihr gerühret:
„Du arme Lore Lay!
Wer hat dich denn verführet
zu böser Zauberei?"
„Herr Bischof, laßt mich sterben!
Ich bin des Lebens müd,
weil jeder muß verderben,
der meine Augen sieht!
Die Augen sind zwei Flammen,
mein Arm ein Zauberstab, —
o legt mich in die Flammen,
o brechet mir den Stab!"
„Ich kann dich nicht verdammen,
bis du mir erst bekennt,
warum in deinen Flammen
mein eigen Herz schon brennt.
Den Stab kann ich nicht brechen,
du schöue Lore Lay!
Ich müßte dann zerbrechen
mein eigen Herz entzwei!"
„Herr Bischof, mit mir Armen
treibt nicht so bösen Spott
und bittet um Erbarmen
für mich den lieben Gott!
Ich darf nicht länger leben,
ich liebe keinen mehr.
Den Tod sollt Ihr mir geben,
drum kam ich zu Euch her.
Mein Schatz hat mich betrogen,
hat sich von mir gewandt,
ist fort von mir gezogen,
fort in ein fremdes Land.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Maria Maria Maria Maria Maria
Adelbert von Chamisso
29
Und die aufgeregte Menge
zischt und schmäht den alten Sänger:
„Lohnt ihm seine Schmachgesänge!
so Tragt ihm seine Lieder nach!
Dulden wir den Knecht noch länger?
Werfet, werfet ihn mit Steinen!
Ausgestoßen von den Reinen,
treff' ihn allerorten Schmach!"
35 Sang der sonderbare Greise
in den königlichen Hallen
gellend, zürnend seine Weise:
„Bin, der in die Wüste schreit.
Vorwärts! vorwärts! Nimmer lässig!
30 Nimmer zaghaft! Kühn vor allen!
Unaufhaltsam, unablässig,
allgewaltig drängt die Zeit.
Mit dem Strom und vor dem Winde!
Mache dir, dich stark zu zeigen,
35 Strom- und Windeskraft zu eigen!
Wider beide gähnt dein Grab.
Steure kühn in grader Richtung!
Klippen dort? Die Furt nur finde!
Umzulenken heischt Vernichtung;
40 treibst als Wrack du doch hinab."
Einen sah man da erschrocken
bald erröten, bald erblassen:
„Wer hat ihn hereingelassen,
dessen Stimme zu uns drang?
45 Wahnsinn spricht aus diesem Alten;
soll er uns das Volk verlocken?
Sorgt, den Toren festzuhalten,
laßt verstummen den Gesang!"
Sang der sonderbare Greise
50 immer noch, im finstern Turme,
ruhig, heiter seine Weise:
„Bin, der in die Wüste schreit.
Schreien muß ich es dem Sturme;
der Propheten Lohn erhalt' ich!
55 Unablässig, allgewaltig,
unaufhaltsam naht die Zeit."
5. Korsische Gastfreiheit (1830).
Die Blitze erhellen die finstere Nacht,
der Regen strömt, der Donner kracht,
der mächtige Wind im Hochwald saust,
der wilde Gießbach schwillt und braust.
Und düsterer noch als der nächtliche 5
Graus
starrt Rocco dergreis in die Nacht hinaus;
er stehet am Fenster und späht und lauscht
und fährt zusammen, wenn's näher rauscht.
„Der Bote muß es, der blutige, sein.
Du bist es, Vetter Giuseppe?—Nein!— io
Die Zeit ist träg — es wird schon spat—
ist solche Nacht doch günstig der Tat.
Du, Polo, bringst unsselberdeinhaupt!
Hast töricht die Rache schlafend geglaubt,
hast her dich gewagt in unsern Bereich? 15
Die Rache wacht, das erfährst du gleich.
Du kommst dort überden Gießbach nicht.
Euch Schützen geben die Blitze Licht;
geschmähet seid ihr — trefft ihn gut!
Wascht rein die Schmach in seinem Blut!" 20
Da pocht's an die Tür, er fährt empor,
er öffnet schnell — wer steht davor? —
„Du, Polo ?—zu mir? — zu solcher Zeit ?
Was willst du? Rede!" — „Gastlichkeit.
Die Nacht ist schaurig, unwegbar dastal, 25
es lauern mir auf die Deinen zumal." —
„Ich weiß dir Dank, daß würdig du hast
von mir gedacht: willkommen, mein Gast!"
Er führt ihn zu den Frauen hinein
undheißt sie ihm bieten Brot und Wein; 30
sie grüßen ihn staunend, gemessen und kalt;
die Hausfrau schafft ohn' Aufenthalt.
Sobald er am Herd sich gewärmt und
gespeist,
erhebt sich Rocco, der folgen ihn heißt,
undführt ihn selbst nachdem oberngemach: 35
„Schlaf unbesorgt! Dich schirmt mein
Dach."
Ersteht, wie im Osten dermorgen graut,
vor seinem Lager und rufet laut:
„Wach' auf! Steh auf, es ist nun Zeit;
ich gebe dem Gast ein sichres Geleit."
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TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
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Extrahierte Personennamen: Adelbert_von_Chamisso Giuseppe Polo Rocco