84
Dritte Periode. Von 1056—1273.
zu schaffen. Nachdem einmal das Amt ein Lehen geworden war, wurde naturgemäß aus dem Amtsbezirk das Territorium; dessen Inhaber strebten nach Erblichkeit, die sie dem Königtum bestritten, und suchten in ihrem Gebiet ihre Landeshoheit auszubilden. So löste sich nicht nur die Zentralgewalt, sondern auch das Herzogtum in eine große Anzahl von Lehnsgebieten auf; und es bildete sich ein nicht rechtlich, aber tatsächlich geschlossener Stand der Fürsten, der sich als hoher Adel über den niederen emporhob und die Erzbischöfe, Bischöfe, wenige Äbte, die Herzöge, Pfalzgrafen, Landgrafen und gewisse Grafen umfaßte. Die deutsche Verfassung nach dem Interregnum ist na,hezu eine Oligarchie der Fürsten.
Vom alten Stammesherzogtum Bayern (§ 35) hatten sich die Herzogtümer Kärnten (§40), Österreich unter den Babenbergern, (§ 63) und Steiermark (§ 66) losgelöst. Auch die Grafschaft Tirol und das Erzbistum Salzburg waren unabhängig geworden.
Viel größer wurde die Zersplitterung Schwabens. Unter den Fürstenhäusern, die hier selbständig wurden, sind besonders zu nennen die Zähringer in Baden, die Habsburger, die im Aargau und am Vierwaldstättersee große Güter besaßen und die Landgrafenwürde im Elsaß erwarben, und die Grafen von Württemberg. Auch ein großer Teil der schwäbischen Ritterschaft und zahlreiche Städte (§ 75b) — solche auch in Bayern. Franken und Lothringen — wurden ganz unabhängig.
Ein Herzogtum Lothringen hat bis ins 18. Jh. bestanden. Ganz davon losgelöst aber wurden u. a. die Herzogtümer und Grafschaften Brabant, Flandern, Holland, Seeland, Friesland, Geldern, Kleve, Jülich, Luxemburg, die Erzbistümer Köln und Trier.
Von den Territorien, in die sich das Herzogtum Franken auf löste, seien genannt die Rheinpfalz, die Grafschaft Nassau, die Burggrafschaft Nürnberg, in deren Besitz die Hohenzollern kamen, die auch die Fürstentümer Ansbach und Bayreuth erwarben; ferner das Erzbistum Mainz und die Bistümer Worms, Speier, Würzburg und Bamberg.
Der Name Herzogtum Sachsen blieb dem Lande um Wittenberg, das der Anhaltiner (Askanier) Bernhard 1180 erhielt
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TM Hauptwörter (200): [T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
144 Fünfte Periode. Von 1517—-lü4ö. — Erster Abschnitt. Von 1517 — 1555.
also der Ernestinischen Linie, einige Gebiete verblieben, aus denen die sächsisch-thüringischen Herzogtümer entstanden sind. Dann wurde der noch unbesiegte Philipp zu Halle in eine Falle gelockt und gefangen genommen.
b) Das Augsburger Interim. Diese großen Erfolge des Kaisers machten sogar Papst Paul Iii. besorgt. Und als nun die Kurie jegliches Zugeständnis an die Protestanten schroff zurückwies, suchte Karl selbständig die kirchliche Frage zu lösen. Auf dem Reichstage zu Augsburg verkündigte er 1548 das sog. Interim, das die kirchlichen Angelegenheiten vorläufig (interim) d.h. bis zur endgültigen Entscheidung durch das allgemeine Konzil -ein solches war 1545 zu Trient eröffnet worden (§ 124 c) — regelte. Hierin waren zwar den Protestanten einige Forderungen, wie die Priesterehe und der Laienkelch, bewilligt, doch die Bestimmungen über das Dogma und die Kirchenverfassung waren im wesentlichen katholisch. Anfangs als für alle verbindlich erachtet, wurde -es bei dem Widerspruch der Katholiken auf die Protestanten beschränkt und stieß überall auf heftigen Widerstand. Ihren Mittelpunkt fand die Erbitterung gegen den Kaiser in der mutigen, während des Krieges geächteten Stadt Magdeburg.
121. 2. Rettung des Protestantismus durch den Kurfürsten Moritz.
a) Zusammenbruch der kaiserlichen Machtstellung. Mit denselben Mitteln der verschlagenen spanischen Diplomatie, denen Karl Y. seinen Sieg verdankte, wurde er, durch seine Erfolge berauscht und zu unklugen Maßregeln verleitet, von seinem gelehrigen Schüler Moritz überwältigt. Erbittert über die schmähliche Behandlung seines Schwiegervaters, für seine eigene Stellung besorgt gemacht durch die die „Libertät“ (landesherrliche Selbständigkeit) aller deutschen Fürsten bedrohenden Schritte des Kaisers, vom Yolke als der „Judas von Meißen“ verflucht, tat sich Moritz mit mehreren Fürsten zu einer Yerschwörung zusammen und gewann 1552 die Unterstützung Heinrichs Ii. von Frankreich, aber nur — welches Yerhängnis in den Geschicken des deutschen Yolkes! — unter der Bedingung, daß dieser die Bistümer und Städte Metz, Toul, Yerdun und Cambrai „als Yikar des Reiches verwalte“.
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Karl Karl Moritz Karl_Y Karl Moritz Moritz Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburg Frankreich Cambrai
Iv. Das fränkische Reich und die Erneuerung des abendländischen Kaisertums.
39
und dem daraus folgenden Flurzwang bis ins 19. Jh. hinein geherrscht hat.
ß) Geistige Kultur. Eine großartige Tätigkeit entfaltete Karl auch für die Hebung der geistigen Kultur in seinem Reiche. Das Christentum und die Antike waren ihre Grundlagen. Die erste Kulturmacht, die Kirche, beherrschte Karl völlig: war sie auch durch Bonifatius vom Papst abhängig geworden, so war Karl dessen Oberherr, beanspruchte sogar die Entscheidung in dogmatischen Streitfragen und ernannte zudem die Bischöfe. Im Sachsenlande gründeten er und seine Nachfolger die Bistümer Münster, Paderborn, Osnabrück, Minden, Bremen, Yerden, Hildesheim, Halberstadt; alle deutschen Bistümer waren unterstellt den Erzbischöfen von Mainz, Trier, Köln und Salzburg; dazu kam unter Ludwig d. Fr. das Erzbistum Hamburg, das nach Hamburgs Zerstörung durch die Normannen nach Bremen verlegt wurde.
Eifrig sorgte Karl für die Bildung und das sittliche Leben der Geistlichen und des ganzen Volkes. Die Lücken seiner vernachlässigten Jugendbildung suchte er im Mannesalter auszufüllen und blieb von wissenschaftlichem Eifer bis in sein Greisenalter erfüllt (Einh. Yita c. 25. 29). Umgeben von Männern wie dem Angelsachsen Alkvin, der der Gründer der Hofschule wurde, dem Langobarden Paulus Diäconus, Warnefrieds Sohne, der die Geschichte seines Yolkes schrieb, Petrus von Pisa, Angilbert, Einhard, der sein Biograph wurde, rief er die erste Wiedergeburt des klassischen Altertums hervor, schuf er eine Weltliteratur und hob die Baukunst. Und doch blieb er in seinem ganzen Wesen Deutscher. Die vorhandenen Kloster-, Dom- und Stiftsschulen suchte er zu heben und regte zur Gründung von neuen an. Er faßte den Gedanken der allgemeinen Schulpflicht, hatte dabei aber vorzugsweise nur die religiöse Bildung des Yolkes im Auge und konnte seine Ziele natürlich nur unvollkommen erreichen. Unter seinen Nachfolgern gerieten seine Schuleinrichtungen rasch in Verfall.
e) Persönliches. Über sein Äußeres, über Kleidung und Lebensgewohnheiten berichtet Einhard c. 22. 23. 24. Sein Familienleben war nicht makellos, auch wenig glücklich. Von seinen Söhnen überlebte ihn nur Ludwig. Er starb im Januar 814
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_völlig Karl Karl Karl Ludwig_d Ludwig Karl Karl Yita Alkvin Paulus_Diäconus Petrus_von_Pisa Einhard Ludwig Ludwig
172 Fsnfta Periode. Von 1517—1618. — Zweiter Abschnitt. Von der Mitte des 16. Jh. bis 1648.
Der Westfälische Friede 1648.
Schon seit dem Beginn seiner Regierung 1640 war der junge Kurfürst von Brandenburg Friedrich Wilhelm nachdrücklich für den auf der Grundlage allgemeiner Amnestie zu errichtenden Frieden eingetreten. Ernstliche Verhandlungen begannen seit 1645 zu Münster zwischen dem Reiche und Frank reich und zu Osnabrück zwischen dem Kaiser, den evangelischen Ständen und Schweden.
a) Territoriale Bestimmungen. Schweden erhielt Vorpommern mit Rügen und den Odermündungen, ferner Wismar, das Erzbistum Bremen und das Bistum Verden, doch als Reichsstand; irankreich zu voller Souveränität endgültig die Bistümer und Städte Metz, Toul, Verdun, ferner den Sundgau und andre Teile des Elsaß, zum Teil unter unklaren und zweideutigen Bestimmungen; Brandenburg fast ganz Hinterpommern und als Ersatz für das übrige Pommern, dessen Herzogshaus 1637 ausgestorben war, mit Rücksicht auf den Vertrag von 1529 die Bistümer Halberstadt, Minden, Kammin und die Anwartschaft auf Magdeburg; dies wurde 1680 erworben. Bayern blieb im Besitz der Kur und der Oberpfalz. Der Erbe Friedrichs V. erhielt die Rheinpfalz zurück nebst der für ihn geschaffenen (8.) Kur. Die Schweiz und die Niederlande wurden als unabhängig vom Reiche anerkannt, die im Verlauf des Krieges ihres Besitzes beraubten Fürsten durch eine allgemeine Amnestie wieder eingesetzt. — Es waren nun also die Mündungen des Rheins, der Weser, der Oder und der Weichsel in den Händen fremder Mächte.
b) Kirchliche Bestimmungen. Die Gleichberechtigung der Bekenntnisse wurde von neuem festgestellt und auf die Reformierten ausgedehnt und die Glaubensfreiheit nicht bloß den Reichsständen, sondern mit gewissen Einschränkungen auch den Untertanen gewährleistet — außer in Österreich; seitdem schied Österreich aus der Gemeinschaft deutschen Lebens. Als Norm für den Besitz geistlicher Güter wurde der 1. Januar 1624 festgesetzt. So hatte sich die Reformation die europäische*~An-erkennung errungen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Frank Friedrichs_V. Friedrichs_V.
1
A. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge. — 3. Österreich-Ungarn. 175
wird die Wirkung der an sich günstigen Lage Österreich-Ungarns zwischen West-
europa und dem Orient, die ihm die Bedeutung eines Durchgangslandes zwischen
den genannten Erdräumen verleiht, stark beeinträchtigt.
Von allen Nachbarstaaten ist die Österreichisch-Ungarische Monarchie am engsten
mit dem Deutschen Reiche verknüpft. Die Donau, die Elbe und das Odertal
öffnen bequeme Wege uach dem nordwestlichen Nachbarlande, und auch die begren-
zenden Gebirge bieten wegen ihrer Wegsamkeit oder geringen Höhe dem Verkehr
geringe Schwierigkeiten. Nicht weniger als 43 Bahnen führen ins Deutsche Reich
hinüber. Wie der Weg Österreich-Ungarns zum Atlantischen Ozean das Deutsche
Reich quert, so führt anderseits die kürzeste und schnellste Verbindung Deutschlands
nach Südeuropa und Vorderasien durch den Donaustaat. — Galizien und die
Bukowina folgen wegen ihrer Lage außerhalb des wenig erschlossenen Karpaten-
walles der von der Natur vorgeschriebenen Verkehrsrichtung nach Rußland und
Rumänien. — Nach Italien führen zwei stark benutzte Bahnen, die Semmering-
bahn und die Brennerbahn, nach der Schweiz nur eine, die Arlbergbahn, die
Zürich und dem Bodensee zustrebt.
Ii. Staatliche Gliederung und Bevölkerung. Der Gesamtstaat setzt sich
aus dem Kaiserreich Österreich oder der Österreichischen Reichshälfte
(Zisleithanien) (300000 qkm, fast 29 Mill. E., 95 E. auf 1 qkm), dem
Königreich Ungarn oder der Ungarischen Reichshälfte (Transleitha-
men) (325000 qkm, 21 Mill. E., 64 E. auf 1 qkm) und dem gemeinsam
verwalteten Reichslande Bosnien-Herzegowina (über 50000 qkm, sast
2 Mill. E., 37 E. auf 1 qkm) zusammen. Nach dem Ausscheiden Österreichs
aus dem Deutschen Bunde wurde 1867 Ungarn selbständiges Königreich, dem
jedoch mit Österreich die Person des Herrschers, das Kriegs-, Zoll-, Münz-
wesen und die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten noch gemeinsam sind.
Den vielgestaltigen und verschiedenartig ausgestatteten Boden Österreich-
Ungarns bewohnt ein wahres Völkergemisch. Leider erschöpft sich ein großer
Teil der politischen und wirtschaftlichen Kraft des Staates in den andauern-
den Nationalitätskämpfen. Etwa 12,5 Mill. sind der Sprache nach Deutsche
(24°/o), 24 Mill. Slawen verschiedensten Stammes, 11 Mill. Magyaren. Dazu
kommen Rumänen, Italiener, Rätoromanen, Juden, Zigeuner. Keine der vielen
Nationalitäten übertrifft alle übrigen zusammen an Kopfzahl. Die Deutschen,
die den Grund der gesamten Kultur gelegt haben und früher das herrschende
Volk waren, sind auch heute noch die wichtigsten Vertreter des geistigen
und wirtschaftlichen Strebens, obwohl sie im politischen Leben stark
zurückgedrängt werden. Daraus erklärt es sich, daß alle nichtdentschen Stämme
des Doppelstaates, wenn sie sich untereinander verständigen wollen, die deutsche
Sprache gebrauchen müssen; sie ist daher auch die herrschende Handelssprache.
Das stärkste einigende Band zwischen den verschiedenen Volksstämmen bildet
die verhältnismäßig große Gleichartigkeit hinsichtlich des religiösen Bekennt-
nisfes: reichlich 9o°/0 der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an.
Der Rest bekennt sich zum evangelischen und zum griechisch-katholischen Glauben.
Daneben gibt es über 2 Mill. Juden und in Bosnien und der Herzegowina
% Mill. Mohammedaner.
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Extrahierte Ortsnamen: West-
europa Odertal Atlantischen_Ozean Deutsche
Reich Deutschlands Südeuropa Donaustaat Galizien Karpaten- Italien Ungarn Bosnien-Herzegowina Ungarns Bosnien
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 1. Frankreich.
227
zeit; damals erhielten infolge von Brüchen die Gebirgsschollen verschiedene
Höhenlage und sank auch der Graben des Rhöne-Saöne-Tales ein.
Die Verteilung der Höhen entspricht dem geologischen Bau des Bodeus
nur teilweise. Die Rumpfgebirge haben auf weite Strecken den Charakter
von Hügellandschaften, während anderseits die Beckenränder an manchen
Stellen verhältnismäßig hoch emporragen. Das heutige Oberflächenbild läßt,
ähnlich wie bei Deutschland, drei große Bodenstufen erkennen, die von drei
Meeresseiten emporsteigen: Tiefland, Mittelgebirge und Hochgebirge.
Das Tiefland und damit der für Kultur geeignete Boden überwiegt.
Dieser Bodenaufbau öffnet Frankreich zum Meere hin; er bestimmt aber auch
das Klima, insbesoudere die Befeuchtung des Bodens durch Niederschläge.
Iii. Bewässerung und Klima. Abgesehen von Rußland hat kein Land
Europas ein so gut angeordnetes Fluß- und Kanalsystem wie Frankreich. Die
Richtung der Flüsse, die Lücken und Senken der Wasserscheiden begünstigten
die Anlage künstlicher Schiffahrtswege in hohem Grade; jedoch entspricht
das Ausmaß der Kanüle nicht mehr den neuzeitlichen Anforderungen. Der
Verkehr auf den Flüssen und Kanälen wird auch durch deren Versandung
und ungleichmäßigen Wasserstand stark beeinträchtigt. Die Mündungstrichter
der nördlichen und westlichen Flüsse haben dagegen eine bedeutende Flut-
höhe und sind für Seeschiffe befahrbar. (Vgl. Z 144.)
Auch klimatisch ist Frankreich vor allen europäischen Ländern begünstigt.
Seine Lage zwischen den Parallelkreisen von Cöln und Florenz, die lange
Meeresküste und endlich der Bodenanfban des Landes bedingen ein gleich-
mäßiges und mildes Klimas Die Niederschläge erfolgen nicht nur
in hinreichenden Mengen, sie sind auch, was für den Pflanzenwuchs wichtig
ist, günstig über das Jahr verteilt, indem die Hauptregen meist im Frühling
und Herbst fallen. — Ausgesprochenes Seeklima haben die Landschaften am
Kanal und die Bretagne; der 30 bildet eine mittelmeerische Klima-
Provinz. Günstiges Klima und Fruchtbarkeit des sorgfältig bewirtschafteten
Landes haben die Bodenkultur Frankreichs auf eine hohe Stnfe gehoben.
Iv. Die Einzellandschaften.
a) Naturbeschaffenheit. Frankreich hat einen be- § 142.
trächtlichen Auteil au den Westalpen. Von dem
Gneiszuge liegt auf französischem Gebiete n. a. die Montblane-Grnppe
(4800 m). Ihr Reichtum an malerischen und schroffen Bergformen wie an
gewaltigen Eisfeldern macht sie zu dem einzigen internationalen Reisegebiet
der Französischen Alpen. Im allgemeinen aber stehen an landschaftlicher Schön-
heit die Französischen Alpen hinter den Alpen der Schweiz zurück. Die Berge
sind, besonders nach 3 hin, vielfach kahl, der Schmuck der Seen fehlt, und
an den Ufern entlang ziehen stellenweise große, einförmige Geröllfelder. Die
spärliche Bevölkerung des Gebirges lebt kümmerlich von Ackerbau und
1 Abgesehen von den Gebirgslagen durchweg über + 10°, an der Riviera über + 15°
Wärme im Jahresmittel.
15*
A. Die Hochgebirge.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rhöne-Saöne-Tales Deutschland Frankreich Europas Frankreich Frankreich Florenz Bretagne Frankreichs Frankreich
to
Oo
o
129. Blick auf die User der Seine bei Rouen.
Vom westlichen Ufer überschaut der Wanderer das dichtbevölkerte Usergelände der inselreichen untern Seine. Infolge der vielen Windungen entsteht für die Fernschiffahrt ein
zu groher Zeitverlust, und so kann die Seine für Paris keine Bahn des Erohverkehrs werden. Das tiefe Bett des zwischen hohen Ufern strömenden Flusses bietet im
übrigen eine gute Fahrrinne.
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TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 1. Frankreich.
233
2. Das Becken der Loire.
a) Natnrbcschaffenheit. Geologisch bildet es den südlichsten Teil des
Pariser Beckens. Das Land an der mittlem Loire stellt eine einförmige,
teils flache, teils hügelige Acker- und Weinbaulandschaft von sehr verschieden-
wertigem Boden dar. Das Gebiet an der untern Loire ist von nur mäßiger
Fruchtbarkeit. Die Bretagne zeigt auf den Hochflächen dürftigen Heide-
boden, in den Tälern Wiesen und Wälder; an den buchtenreichen Küsten
werden lohnender Fischfang und Schiffahrt betrieben. Die Loire hat fchwan-
kenden Wasserstand; sie führt bei Hochwasser über 300 mal so viel Wasser
als bei niedrigem Stande, richtet daher trotz der Deichbauten verheerende Über-
schwemmungen an. Ihr Mittellauf ist infolge der Entwaldung der Berge
stark versandet, so daß der Fluß erst durch Kauäle auf acht Neunteln seines
Laufes wieder schiffbar gemacht werden mußte. Auch die größeren Neben-
flüsse der Loire dienen dem Verkehr.
b) Siedlungen. Der größte Teil des Loiregebietes gehört Westfrankreich, dem
Hinterlande des Ozeans, an. Orleans (70) leidet trotz der Gunst seiner Lage an
der wichtigen Straße von Paris nach Südwestfrankreich (Schlachten 1871) und trotz
fruchtbarer Umgebung unter der Nähe von Paris, während Tours (75), der Obst-
markt im „Garten Frankreichs", und das in einem Flachsbaugebiet liegende Le M ans
(70) durch Webindustrie Aufschwung nehmen. Nantes (175) ist die drittgrößte
Handelsstadt Frankreichs und der Ausgangspunkt des westindischen Verkehrs, der
große Zuckerraffinerien hervorrief. Die Versandung des Flusses machte die Anlage
des Vorhafens St. Nazaire (35) notwendig. In der von britischen Kelten be-
siedelten Bretagne, die Frankreich die besten Seeleute stellt, ist Brest [braßt] (90)
ein Kriegshafen mit großen Marinewerkstätten und ein bedeutender Handels- und
Fischereihafen. Am Eintritt der Pariser Straße in die Aquitanische Pforte ent-
wickelte sich Poitiers (40), der Schauplatz mancher Schlachten, zur Industriestadt.
Der Hafen La Rochelle (35) entstand Inseln gegenüber südlich der Vendee. Der
östliche, hügelige Teil der Vendee mit seinen von Hecken und Laubbäumen um-
säumten Feldern, Wegen und Wasserläufen ähnelt manchen Gegenden Schleswig-
Holsteins, Belgiens und der Lombardei.
3. Das Becken der Garonne.
a) Naturbeschaffenheit. Die natürliche nordsüdliche Heerstraße der Senke
von Poitiers stellt die Verbindung mit dem Loirebecken, die Senke des Canal
du Midi, dessen Ausbau zu einem Großschiffahrtswege zwar längst geplant, aber
noch immer nicht in Angriff genommen ist, die Verbindung mit dem Mittelmeer
her. Der fruchtbare Boden längs der Garonne, eines tiefen und weithin schiff-
baren Pyrenäenflusses, die jedoch — wenn auch weniger als die Loire — unter
Wasserstandsfchwanknngen leidet, dient vorwiegend dem Weinbau. Die besten
Weinsorten gedeihen auf der Halbinsel Medoc im W der Gironde. Die von
zahlreichen Strandseen unterbrochenen Landes — Ablagerungen von Meeres-
sand — hinter den aufgeforsteten Dünenrücken der Flachküste zwischen dem
Westrande der Pyrenäen und der Mündung der Gironde gleichen der mär-
tischen Kiefernwaldlandschaft, haben aber ausgedehntere und geschlossenere
Wälder. Sie liefern jetzt Holz und Harz in Menge, während sie vor ihrer
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bretagne Paris Paris Nantes Frankreichs Frankreich Brest La_Rochelle_( Schleswig-
Holsteins Belgiens Poitiers
236
Länderkunde. — Europa.
vermitteln Le Havre, Nantes, Bordeaux und Cherbonrg, mit Asien,
Afrika und Südamerika vor allem Marseille. Der Verkehr mit den Staaten,
die in Landzusammenhang mit Frankreich stehen, benutzt zum großen Teile die
Landwege. Im Binnenverkehr, dessen Entwicklung durch die Natur des Laudes,
die weiten Tiefländer, die wegsamen Gebirge, die günstige Anordnung der
Flußstraßen gefördert wurde, ist Paris durch die Seine und durch die An-
Näherung der Loire (bei Orleans) an die Seine der natürliche Mittelpunkt
für die atlantischen Gebiete Frankreichs. Durch Kanalbauten, Flnßstraßen
und Bahnlinien steht es auch mit dem östlichen und mittelmeerischen Frank-
reich in guter Verbindung. Uber die Stellung von Paris im internationalen
Eisenbahnverkehr s. Verkehrsgeographie § 408, a.
Tl Bevölkerung. Die Hauptmasse der Bevölkerung, gegen 35 Mill., ent-
stammt der Mischung von Kelten, Römern und Franken. Die Franzosen
haben heute noch die Porzüge und die Fehler der alten Gallier. Sie sind^wohl-
- begabt, im allgemeinen'choch gebildet, tapfer, ritterlich und liebenswürdig, äußerst
beweglich und redegewandt. Im politischen Leben leidenschaftlich, zeigen sie sich
in allen Schichten der Gesellschaft von lebhaftestem Nationalgefühl erfüllt und
immer berat, für die Größe und den Ruhm des Vaterlandes Opfer zu bringen.
^fdäj Sie entbehren aber häufig der Zähigkeit und besonnenen Ruhe. Im Handel sind
sie zuverlässig und geschickt, in allen Gewerben erfinderisch und geschmackvoll. —
Fast überall ist das Französische die Volkssprache. Die nicht Französisch
sprechenden Volksteile bestehen aus Flämen, Italienern und Basken. In religiöser
Beziehung ist die katholische Kirche die herrschende. Nichtkatholikeu gibt es
kaum eine Million.
Die Volks dichte Frankreichs ist erheblich geringer als die des Deutschen
Reiches; denn die Volkszahl wächst trotz der Wohlhabenheit des Landes in sehr
geringem Maße. Der vorherrschenden Stellung der Landwirtschaft entspricht das
llberwiegen der Weiler, Dörfer und kleinen Landstädte, dereu Häuser infolge der
Steuer auf Glasfenster arm an Fenstern, dazu ohne Vor- und Hintergarten sind.
Mit seinen 15 Großstädten steht Frankreich in der Entwicklung des Städtewesens
gegen Deutschland und England zurück.
Vii. Kolonialbesitz. Die auswärtigen Besitzungen und Schutzstaaten
Frankreichs sind nach denen Englands und Hollands die wertvollsten Kolonien
(etwa 50 Mill. E.). Sie liegen in Afrika und Asien, weniger wichtige auch in
Amerika und in der Südsee. Die Kolonien bilden die Grundlage des französischen
Welthandels. Sie stehen in regelmäßiger Dampferverbindung mit dem Mutterlande.
§ 146. Rückblick auf Frankreich.
! Vis - Y ,\>Tr
Frankreich ist ein reiches Land. Ein Vergleich mit unserm Vaterlande zeigt,
daß Frankreich von der Natur vielfach bevorzugt ist. Seine natürlichen Grenzen gewähren
größeren Schutz, und sein Verkehr wird gefördert durch die überaus günstige Lage an
zwei 9jkemtlrnd durch seine fächerartig sich ausbreitenden Flußsysteme, die gute
Schiffahrtsverbindung mit einem weiten Hinterlande ermöglichen. Das Klima ist zum
größten Teil weit milder als in Deutschland. Dadurch wird die Ertragfähigkeit des ohne-
hin fruchtbaren Bodens noch erhöht. Die Ernten sind reichlicher und mannigfaltiger
(Weizen, Wein, Obst, Olivenöl). Vorzüge bilden auch die nationale, politische und kirchliche
Einheit seiner Bewohner, ihr vor allem im Kunstgewerbe und in Lurus- und Mode-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Le_Havre
Extrahierte Ortsnamen: Europa Nantes Afrika Marseille Frankreich Paris Frankreichs Frank- Paris Frankreichs Frankreich Deutschland England Frankreichs Englands Hollands Afrika Asien Amerika Frankreich Frankreich Frankreich Deutschland Lurus-
238
Länderkunde. — Europa.
3. Königreich Belgien.
29500 qkm, 7,5 Mm. E., 255 E. auf 1 qkm.
Wenig größer, etwas volkreicher als die Rheinprovinz, doppelte Volksdichte des D R.
§ 149. I. Lage. Die Küste Belgiens, nur 70 km lang [= ^ der Landes-
-S.,'grenze), liegt dem Britischen Jnselreiche gegenüber. Die Landgrenze berührt
^Frankreich, Luxemburg, das Deutsche Reich und die Niederlande. Infolge
seiner Lage vermittelt Belgien den Landverkehr zwischen Deutschland und
den Niederlanden einerseits und Frankreich anderseits; es ist ferner ein wich-
tiges Durchgangsland für die Verbindung Englands mit den Ländern am
Rhein und an der Donau und mit Italien.
Ii. Bodengcstaltnng und Bewässerung. Der Bodengestalt nach lassen
sich in Belgien drei Landschaftsgebiete unterscheiden: Hoch-, Mittel- und
Niederbelgien. Hochlielgien umfaßt den westlichen Teil des Rheinischen
Schiefergebirges (das Bergland der Ardennen und einen Teil des Hohen Venn),
das Gebiet bis zu deu Tälern der Sambre und Maas. Zwischen Maas
und Schelde liegt Mittelbelgien, ein sanftwelliges, tertiäres Hügelland,
das von 8 nach N von 200 m auf 50 m Höhe absinkt. Das übrige Gebiet,
Niederbelgien, ist ein durchschnittlich 20 bis 10 m hoch gelegenes diluviales
Flachland, das im W von einem Marschlandstreifen begleitet wird. Im O
der Scheldemünduug bildet die Ebene eiue einförmige, vielfach mit Heide
bestandene Sandfläche, die Campine; im W, in der Landschaft Flandern, be-
steht sie aus fruchtbarem Lehmboden. Die belgische Küste ist eine glatte,
einförmige Dünenküste, an der nur der künstlich gegen die Versandung ge-
schützte Hafen von Ostende (f. u.) einige Bedeutung besitzt.
Den Hauptfluß Hochbelgiens bildet die Maas, die in nördlichem Laufe
in einem engen, malerischen Felstale die Ardennen durchbricht (Bild 131). Bei
,Namur erhält sie ihren größten Nebenfluß, die Sambre. Der Richtung der
; Sambre folgend, fließt sie dem Nordfuße der Ardennen entlang bis Lüttich.
Hier wendet sich der Fluß nach X und gewinnt die Ebene. Der wichtigste
Strom des Landes, die Schelde, gehört dem Hügel- und Flachlande an.
Bei Doornick (Tonrnay) wird sie schiffbar, und von Antwerpen ab trägt sie
die größten Seeschiffe. Die Mündung der Schelde erweitert sich zu zwei
großen, trichterförmigen Armen: der Wester- und der Osterschelde, die
mit den Rhein- und Maasmündungen ein einziges, großes Deltaland in eine
Reihe schmaler Landstreifen gliedern. Oster- und Westerschelde gehören schon
niederländischem Boden an.
Iii. Klima. Das Klima hat einen ausgesprochen ozeanischen Charakter
mit milden Wintern, verhältnismäßig kühlen Sommern und reichlichen Nieder-
schlügen. Landeinwärts, mit der Erhebung des Landes nach 30 sinkt die
mittlere Jahrestemperatur (ganz Belgien -I- 10°), während die Niederschlags-
mengen zunehmen. >i 7j-!'
§ 150. Iv. Wirtschaftsleben. Mit Ausnahme des Berglandes, in dem die Hoch-
flächen meist von Mooren und Heiden, die niedrigen Striche von großen,
stellenweise urwaldartigen Wäldern eingenommen werden, und der geest-
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