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1. Für die Klassen III - I der Realschulen, Untertertia - Untersekunda der Oberrealschulen - S. 75

1911 - Leipzig : Dürr
oben Eampagna, die jetzt nur von wenigen Hirten bewohnt wirb, znr Zeit bcr römischen Kaiser aber wohl angebaut und stark Bestebett war. Die romanische Bevölkerung bitbet in sprachlicher Hinsicht jetzt eine Einheit, ist aber hervorgegangen aus bet" Vermischuug sehr verschiebenartiger Stämme: bcr eigentlich italischen Völker (der Latiner, ©amniter), der Etrusker, der Griechen (Tarent, Syrakus!), der Gallier, der Germanen (ßangobarben), der Normannen, der Araber. Das Königreich Italien ist eine konstitutionelle Monarchie. Die Italiener besitzen an der afrikanischen Küste des Roten Meeres die Kolonie Eritrea. § 25. I>ie Uakkanhaköinsel. 470000 qkm, also kleiner als das Deutsche Reich. 1. Die aus einem breiten nörblichen Teile und dem stark geglieberteu Griechenlanb zusammengesetzte Halbinsel ist nicht wie die Pyrenäen- und Apenninenhalbinsel durch hohe Gebirge vom Rumpfe Europas getrennt. Norbgrenze: Save-Donau. Nach Nw bequeme Verbitibung mit Ungarn, nach No durch das walachische Tieslanb mit Rußlaub. Dem benachbarten Asien nähert sich die Halbinsel am meisten am Bosporus und an der nach türkischen Festungswerken benannten Darbanellenstraße, von benen der erstere an der schmälsten Stelle nur 650 m breit ist. j Die Halbinsel hat eine für den Weltverkehr günstige Lage. Ihre Beziehungen zu dem Morgenlanbe sinb aber lebhafter als die zu den westlichen Säubern des Mittelmeeres, ba sie von O her bequemer zugänglich ist — auch durch die Donau, die bis zum Eisernen Tore von Seeschiffen befahren werben kann — und ihre Westseite bcr hafenarmen Ostküste Italiens gegenüberliegt. In der Geschichte ist wieberholt ihre Bebeutung als Übergangsgebiet zwischen Europa und Asien hervorgetreten; man beule an die Perserkriege, den Zug Alexanbers des Großen, die Kreuzzüge und die Eroberung der Halbinsel durch die Türken. Nach der Oberflächengestalt gliebert sich die Balkanhalbinsel in das westliche Faltenlanb, das sich an die Alpen anschließt und bis in die Zipfel des Peloponneses verläuft, in eine Zone niebrigern Landes, die von den Flüssen Mo-rawa [mörawa] und Warbar durch flössen wirb, und in das östliche Gebirgs-lanb, in das das Becken der Maritza eingesenkt ist. 2. Im westlichen Faltenland streichen die Hauptzüge parallel zur abriatischen Küste; boch stnbet im Gebiete des Schar-Dagh (Dagh = Gebirge) ein Umbiegen sowohl der binarischen (b. s. die norbwestlichen) wie der albanischen Ketten nach No statt. In andern Teilen des Gebirges werben die norbsüblich verlausenben • Hauptkamme durch Querzüge verbunben. So umschließen z.b. Pinbus, die Küstenkette, in welcher der Olymp, der höchste Berg des Faltenlanbes, und der Ossa liegen, und zwei von W nach 0 ziehenbe Bergreihen die Beckenlanbschast Thessatien. Die den Norbwesten aussüttenben, parallel lausenben Züge zeigen an vielen Stellen bieselben Erscheinungen wie der Karst (vergl. S. 39); zu biesem* selbst muß man noch die innere Hochfläche der Halbinsel Istrien rechnen. An ihrer Sübspitze der österreichische Kriegshafen Pola. Zu welchem Staat gehört Fiume?

2. Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches und seiner Kolonien mit besonderer Berücksichtigung des deutschen Anteils am Welthandel und Weltverkehr - S. 48

1918 - München [u.a.] : Oldenbourg
48 Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches Über all der glänzenden Entwicklung des deutschen Wirtschaftslebens ist aber nicht zu vergessen, daß das deutsche Volk als größter Bestandteil der germanischen Rasse in der Welt auch eine deutsche Kulturaufgabe zu erfüllen hat. Die Pflege deutscher Art und deutschen Wesens, deutscher Sprache und deutschen Selbstbewußtseins soll nicht Halt machen an den Grenzen des engeren Vaterlandes; hat doch ketn Volk der Menschheit größere Kulturgüter geschenkt als das deutsche. Darum muß es das Bestreben aller Deutschen sein, durch das Deutsch- tum allerorten Einfluß auf die künftige Entwicklung der Welt zu üben und dem deutschen Volke jene Stellung zu sichern, auf die es vermöge der ihm innewohnenden Kräfte und Fähigkeiten Anspruch zu erheben berechtigt ist. Ein Volk von so großer Zahl und so hochentwickelter Kultur wie das deutsche, hat das Recht und die Pflicht, seine Trieb- und Lebenskraft auch auf außereuropäischem Boden zu betätigen. „Ein Volk, das darauf verzichtet, den eigenen Geist und die eigene Art zur Geltung zu bringen in dem viel- farbigen Bilde menschlicher Kultur, versäumt seine Pflicht nicht nur gegen sich selbst sondern auch gegen die Menschheit." (Dietrich Schäfer.) Die einzelnen deutschen Landschaften. 1. Das Norddeutsche Tiefland. Gliederung. Die Bodenbeschaffenheit des Tieflandes ist sehr verschieden. Es lassen sich drei Zonen unterscheiden: /f. d i e südliche, fast ebene Zone des Lehms, das Land des Zuckerrüben- und Getreidebaues. d i e mittlere, hügelige Zone der (jüngeren) Moränen- l a n d s ch a f t, das Gebiet der großen Flußtäler und Seen, der Moränen, der Moore und Heiden (f. S. 50) und endlich ö i e Küstenzone, ein Anschwemmungsgebiet der Flüsse und des Meeres, der M a r s ch e u s a u m, ein Gebiet der Rinderzucht, des Ge- treide- und Gemüsebaues. a) Die südliche Lößzone. Dieses Fruchtgebiet umfaßt das nördliche Sachsen, Niederschlesien, Anhalt, die Gegend um den Harz bis nach Braunschweig und Hau- nover. Am Rhein, an der Saale und Mulde, dann an der Oder dringt dieses ge- segnete Frnchiland noch tief in die deutsche Mittelgebirgsschwelle ein und bildet die kölnische, westfälische, Leipziger und schlesische Bucht. Da sich hier zu dem Bodenreichtum der Landschaft noch eine äußerst gün- stige Verkehrslaae gesellt, so sind in diesen Buchten mächtige Handels- Plätze entstanden, im W. die Königin der Rheinlande, Köln, im Herzen Deutsch- lands Leipzig, im O. Breslau. Eine ähnliche günstige Randlage besitzen ferner die Städte Aachen, Münster, Osnabrück, Minden, H a n - nover, Braun schweig, Magdeburg, Halle, Dresden und Görlitz. , b) Tie mittlere Zone der Seen, der Heiden und Moore. Stellenweise wechselt in diesem Teile der Niederung mit dem dürren Sand t o n r e i ch e r

3. Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches und seiner Kolonien mit besonderer Berücksichtigung des deutschen Anteils am Welthandel und Weltverkehr - S. 68

1918 - München [u.a.] : Oldenbourg
68 Gesamtüberblick über die deutschen Kolonien. Handel. Der Gesamthandelsverkehr der deutschen Kolonien stellt im Außenhandel Deutschlands mit seinen 21 Milliarden Mark freilich noch eine sehr 1896: Gesamthandel 32600000 M. Einfuhr: 21 000 000 M. «Ml Ausfuhr: 11500 000 M. 1912: Gesamthandel 263559 000 M. Einfuhr: 142 679 000 M. Ausfuhr: 120880000 M. Handel. bescheidene Summe dar; er bezifferte sich 1912 (ohne Kiautschou) auf 263 Mill. Mark, mit Kiautschou (über 220 Mill. Mark) auf rd. y2 Milliarde Mark. Im Vergleich zu den ersten Anfängen dieses Handels bedeutet dieser Betrag immerhin einen ansehn- lichen Fortschritt. Das Deutsche Reich ist an dem Handel der Kolonien (ohne Kiautschou) mit rd. 2/s beteiligt. Die Steigerung des Handels zwischen dem Mutterland und den Kolonien zeigt sich auch im Anwachsen des Schiffsverkehrs (f. S. 67). Geldanlage. Tie Gelder, die in den Kolonien von Einzelnen oder Gesell- schaften angelegt sind, betragen rd. % Milliarde Mark. Leider ist hieran auslän- disches, besonders englisches Geld ziemlich stark (Im Mill. Mark) beteiligt. 1896: 62 000 000 M. 1912: 505 000 000 M. Geldanlagen der Erwerbsgesellschaften. Die Gesamtentwicklung unserer afrikanischen Kolonien bewegt sich in stark auf- . steigender Linie. Jede Kolonie ist ein Ausstrahlungspunkt für deutsche Kultur und deutsches Ansehen. Indem wir jungfräuliches Land urbar machen und niedrig stehende Völker zu höherer Kultur erziehen, betätigen wir uns erst als Weltvolk und helfen den Ruhm von deutscher Tüchtigkeit über alle Erdteile verbreiten. Damit wächst unser Einfluß auf die Völkerschicksale, auf die Weltpolitik; denn nur dem Tüchtigen gehört die Welt. Die Anteilnahme an der Wirtschaft- lichen Weltherrschaft muß Deutschlands Ziel sein. Wie der Brite ruft: Rule Britannia, rule the waves; mit dem gleichen Stolze darf das Weltvolk der Deutschen ausrufen: „Unser Feld die Welt!"

4. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 58

1911 - Leipzig : Dürr
58 Prosahest Vii. Anschluß an die orthodoxeste Formulierung der reformierten Lehre war mehr philosophischer als theologischer Natur, nicht die Wirkung des Religionsunterrichtes, sondern die Frucht des Grübelns und der Lektüre von Büchern, wie Bossnets „Wandlungen der reformierten Kirche". Dann hatte der Prinz seinen Widerruf leisten müssen. Seitdem wußte er aus eigener Erfahrung und vergaß es nicht, was Gewissenszwang heißt. Dort in Küstrin sollte er nach des Königs Gebot des Sonntags dreimal die Kirche besuchen. Außerdem schickte ihm der Vater die Predigten, die er selbst gehört hatte, in Niederschriften zur Lektüre. Die gezwungenen Andachtsübungen riefen die entgegengesetzte Wirkung hervor. Bald nach der Rückkehr aus Küstrin ließ sich der Kronprinz ein unvorsichtiges Wort entfahren, das bei dem Vater vieles wieder hätte verderben können. Er äußerte im Gespräch mit einem Berliner Geistlichen, man dürfe den Predigern nicht einen blinden Glauben schenken, sondern jeder müsse seines eigenen Glaubens leben. Grumbkow, der die Strenggläubigkeit stark betonte, machte ihn bei diesem Anlaß auf seine fortdauernd sehr prekäre Lage aufmerksam, und Friedrich antwortete (27. April 1732): „Ich werde Ihren Rat befolgen und es mir gesagt sein lassen, daß es ziemlich tollkühn von mir war, über Religion zu sprechen." Wenn er nun jedes Wort genau abwägen mußte und wenn das wenige, was er äußerte, meist auf einen bestimmten Zweck berechnet war, so wird jede dieser Äußerungen, ehe man Schlüsse daraus ziehen mag, der genauesten Prüfung bedürfen. Selbst in den anscheinend vertraulichsten Briefen an Grumbkow glaubte der durch seine traurigen Erfahrungen Gewitzigte mitunter Versteck spielen zu müssen. Von heiligen Dingen spricht er bisweilen, gleichsam plötzlich, mit einer Salbung, die Grumbkow kaum als ans dem Herzen kommend betrachtet haben wird. Das ist gewiß, daß sich Friedrich den Katholischen gegenüber sehr lebhaft als Protestant und den Lutheranern gegenüber als Reformierter fühlte. Wenn er in Küstrin in der Verzweiflung daran gedacht hat, durch den Verzicht auf die Erbfolge und die Verheiratung mit einer Erzherzogin sich die Freiheit zu erkaufen, so machte er die Beibehaltung seines Glaubens unter allen Umstünden zur Bedingung. So wenig wie von dem römischen wollte er -von einem lutherischen Papsttum etwas wissen, uiib seine lutherische Braut hätte er gern zur reformierten Lehre übertreten sehen. Aber mit den armen flüchtenden Lutheranern aus dem Salzburgischen möchte er 1732 Hab und Gut bis aufs Hemd teilen. Als er zwei Jahre darauf nach Heidelberg kommt, blutet ihm das Herz, daß er die Stadt, „die vordem ganz zu unserer Religion gehörte", mit Jesuitenseminaren und katholischen Klöstern übersät sieht; er hätte nicht übel Lust, diese Verräter, welche Unschuldige verfolgen, gründlich

5. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 72

1911 - Leipzig : Dürr
72 Prosaheft Vii. Das epische Gedicht erzählt uns daher keine vereinzelte Tat, sondern die Bewegung, die Züge und Kämpfe nationaler Massen; in ihm herrscht nicht eine einzelne Empfindung oder Leidenschaft oder eine begrenzte Herzens- und Lebenssituation, wie im lyrischen Gedicht oder im Drama, sondern es umschließt die volle Totalität einer Nation und einer Zeit. Dadurch nun wird auch das Epos zum Hauptbuche, zur allgemeinen Quelle der Erziehung und Bildung oder, wie Hegel treffend sagt, zur Bibel des Volkes. So blieb Homer für immer der heilige Lehrer der Griechen, dessen Aussprüche wie Entscheidungen eines Gottes galten, auf den sich jeder berief, der das Fundament wurde, ans welches sich die gesamte poetische, religiöse und sittliche Bildung der Griechen auf- baute. Homer schuf nach Herodot den Griechen ihre Götter, die Tragiker entnahmen ihm die Fabel ihrer Stücke, die Philosophen maßen ihre Ansichten an ihm, Grenzstreitigkeiten wurden nach seinen Aus- sprüchen geschlichtet; Lykurg legte ihn der altdorischen Ordnung, die er befestigte, zugrunde; in Athen war Homer das Erziehungsbuch der Jugend. Eine ähnliche epische Bibel hat fast jede bedeutende Nation in einem gewissen Stadium ihrer Geschichte hervorgebracht; die Inder haben ihre großen Epen wie die Griechen ihren Homer; so erzeugten die Italiener gleichfalls am Anfangsgrunde ihres nationalen Werdens ihren Dante, für dessen Erklärung sogar eigene Lehrstühle an den Uni- versitäten errichtet wurden; so die Portugiesen ihren Camoens, der eben- falls in einer Periode des Aufschwungs der portugiesischen Volksmacht lebte und diesen Aufschwung, nämlich die Entdeckungsfahrten nach Indien, in seine Lusiaden aufnahm; und nicht anders wurde im deutschen Mittel- alter Wolfram von Eschenbachs Parzival der treue und vollständige Spiegel des damals herrschenden mystischen Rittertums und wurde da- her auch das am allgemeinsten verbreitete Buch, Genuß und Vorbildung für alle. Manchen Bibeln fehlt die epische Form, z. B. dem Alten Testament, wo auch niedergelegt ist, was das jüdische Volk an Sage und Geschichte, an Poesie und Nachdenken besaß, obgleich im Alten Testament das Religiöse zu sehr vorherrscht, als daß wir es für ein wirkliches Epos erklären könnten. Ebenso verhält es sich mit den religiösen Grundbüchern der Perser und Araber, dem Zendavesta und dem Koran. Eben aber weil das Epos auf diese Weise den ganzen geistigen Schatz eines Volkes in sich schließt, rührt es in seiner reinsten Gestalt auch uicht von einem einzelnen Dichter her, sondern ist aus Rhapsodien, Volksgesängen, epischen Bruchstücken aller Art zusammengesiossen. Wie Homer sind auch die Nibelungen und Gudrun, auch das finnische Epos auf diese Weise entstanden. Hegel widersetzt sich zwar mit Nachdruck der Wölfischen Hypo- these, wonach die Ilias und Odyssee aus gesonderten Teilen erst später zusammengesetzt worden seien, aber er tut dies nicht aus Gründen

6. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 188

1911 - Leipzig : Dürr
188 Prosaheft Vil Drang", Guelfo in den „Zwillingen" wollen gleichfalls Einsiedler werden; Erwin in Goethes Singspiel nimmt wenigstens die Maske des Einsiedlers vor. Der Einsiedler gehört zum Apparat des Ritterdramas. In Goethes „Satyros" wird er verherrlicht, Klinger deckt im „Faust" auch in einer solchen Menschenseele die verborgene Schlechtigkeit ans. Das Leben als Land- oder Gartenbebauer, als Schäfer gilt für ein Ideal. Davon schwärmen La Feu und Katharine in „Sturm und Drang", Strephon und Seraphine in Lenzens „Die Freunde machen den Philosophen." Die letzte Szene in Klingers „Leidendem Weib" zeigt uns den Gesandten auf einem Acker grabend, zwei Kinder in der Furche spielend, Franz einen Baum pfropfend; es ist ihnen wohl; eine Last ist ihnen abgenommen worden, da man ihnen Vermögen und Ehren- stellen nahm; sie sind glücklich, sich leben zu dürfen. Julius von Tarent verlangt ein Feld für sein Fürstentum und einen rauschenden Bach für sein jauchzendes Volk! Einen Psiug für sich und einen Ball für seine Kinder; Blanea schwärmt: „Ha — jetzt sind wir da — in dem entferntesten Winkel der Erde! — Diese Hütte ist klein; Raum genug zu einer Umarmung. — Dies Feldchen ist enge — Raun: genug für Küchenkräuter und zwei Gräber; und dann, Julius, die Ewigkeit; — Raum genug für die Liebe!" und der Dichter des Stückes malt sich in einem Briefe ein ähnliches „poetisches Schüferleben" mit einer Freundin und deren Manne aus. Der unglückliche Sprickmann schreibt: „Alles ist verdreht und nirgends Genuß für den ganzen Menschen, wenn nicht in Amerika Friede mit Freiheit kömmt — freier Bürger auf eigenem Acker, das ist das Einzige! Da ist Beschäftigung für Körper, für Ge- fühl und Verstand zugleich — alles andere, Wissenschaft und Ehre und, was wir sonst noch für schöne Raritäten haben, ist alles einseitig und barer Quark. Hier fließt schon anderes mit ein. Kehrte man zur Natur zurück, so mußte mit dem Unterschied der Stände, mit den Vorschriften der Mode und Konvenienz, mit der Bildung im engeren Sinne und weiter- hin auch mit der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung gebrochen werden. Der Mensch wurde in echter angeborener Schönheit und Würde wieder hergestellt, die durch den Unterschied der Stünde, durch die Kon- venienz und Mode verdunkelt worden waren. Der Mensch wurde dem Bürger, dem Freunde, dem Christen, dem Untertanen, dem Fürsten gegenübergestellt. Nicht Mensch sein zu dürfen scheint Bruder Martin in Goethes Götz das Beschwerlichste; König Philipp gibt dem Marquis Posa als höchsten Beweis seiner Gunst die Erlaubnis, Mensch zu sein. Die Würde der Menschheit wurde feierlich verkündet, der Mensch als ein freies Individuum von jedem Zwang und Druck befreit. Gegen alles Konventionelle eröffneten die Stürmer und Dränger

7. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 114

1911 - Leipzig : Dürr
114 Prosaheft Vii. sehen, so werden wir durch den Dichter selbst auf die damals üppig entwickelte Literatur unseres westlichen Nachbarlandes, aus Frankreich, geführt. Frankreich, in dem das Rittertum zuerst sich entfaltet hatte, entwickelte auch am frühesten die Blüte mittelalterlicher Kunstdichtung. Durch den häufigen Verkehr der Nationen, der eine Folge der Kreuzzüge war, wurde diese Literatur auch in Deutschland bekannt und verbreitet. Es ist ein alter Zug des germanischen Wesens, dem fremdländischen nur zu leicht sich anzuschließen. Die germanischen Völker haben, als sie romanisches Gebiet einnahmen, sehr rasch ihre eigene Sprache auf- gegeben und die der Besiegten angenommen. Freilich war es zunächst nur das Abstreifeu eines Gewandes, das Anlegen eines fremden Kleides, aber doch im Laufe der Jahrhunderte nicht ohne Einfluß auf die Denkart. Diese Nachgiebigkeit des deutschen Geistes, und nicht allein dem französischen gegenüber, zeigt auch die Entwickelung unserer Literatur. Es hat wenig Epochen gegeben, in denen der deutsche Genius ganz sich selbst folgend sich entfaltet hat. Bis ins zwölfte Jahrhundert hat die deutsche Poesie, wenn wir von der durch das Christentum vermittelten antiken Welt absehen, sich frei von ausländischem Einflüsse gehalten: die nationale Sage, auf alten Traditionen beruhend und durch neue Stoffe wechselnd und sich erweiternd, bildet den Grundstock der, wenn auch nicht geschriebenen, so doch gesungenen Poesie. Die französische Literatur unterbrach und durchbrach diese gesunde und natürliche Entwickelung; nicht zum Vorteil unserer Dichtung, denn weder waren die Dichterstoffe, die aus Frankreich eindrangen, großartig und bedeutend, noch war ihre dichterische Gestaltung von schöpferischer und belebender Wirkung. Hier aber zeigt sich recht neben der Schattenseite, die in der leichten Aneignung des Fremden vorliegt, die Glanzseite des deutschen Geistes, seine ungleich tiefere, wir möchten sagen philosophische Anlage, die den rohen Stoff zum Gefäße tiefer und bedeutender Gedanken macht. Den fremden Dichtungen verstanden, wie Wilhelm Grimm es schön ausdrückt, unsere Dichter die deutsche Seele einzuhauchen, sie verstanden sie umzu- bilden und zu vergeistigen, die, Charaktere zu vertiefen, selbst die Platt- heiten, so gut es ging, zu heben und zu beseitigen. Auch die Franzosen sind nicht die Erfinder jener Stoffe, die aus Frankreich nach Deutschland verpflanzt wurden: die eigentliche Heimat jener Erzählungen ist die Bretagne, sie gehören dem keltischen Volks- stamme an, dessen Reste auf den britischen Inseln fortlebten und von denen ein Teil nach der Bretagne zurückgewandert war. Es sind keltische Märchen und Sagen, die aus der Bretagne nach Frankreich kamen und hier von französischen Dichtern die Gestaltung erhielten, in welcher sie Deutschland überkam.

8. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 200

1911 - Leipzig : Dürr
200 Prosaheft Vii elender geworden wären. Darauf konnte niemand bessere Auskunft geben als Götz von Berlichingen. In diese Zeit nationaler Verwirrung und dennoch allgemeiner Blüte sieht Goethe fremde Anschauungen Hineinbrechen und Zwiespalte im Herzen des deutschen Volkes hervortreten, an denen, Goethes Ansicht nach, die besten Männer zugrunde gehen. Sein Held, ein Deutscher vom reinsten Gehalt und reinsten Gepräge, aus eigener edler Natur daran gewöhnt, sich schuldlos auf deutschem Boden zu bewegen, so lange rein vater- ländische Quellen ihn tränken, sieht plötzlich die verräterischen welschen Gewässer zu uns herüberfließen und, von ihnen herausgelockt und ge- nährt, eine giftige Saat rings um sich her aufsprießen. Es wächst ihm über den Kopf. Seine Begriffe verwirren sich, er wird zum Rebellen ohne es zu wollen und zum Verbrecher ohne zu wissen. Was kümmerte sich das neue römische Recht um jene alte deutsche Ge- setzgebung, in der jedes Dorf, womöglich jedes Haus seine eigenen natürlichen Gesetze hatte, jedes vom anderen doch ebenso verschieden, als der Horizont selber immer als ein anderer jedem, der vor die Türe trat, vor Augen stand. Es geht einem durch Mark und Bein, wenn Götz vor den Augsburger Bürgern im Gerichtssaal vor allen Dingen wissen will, was aus seinen Knechten geworden sei. Götz weiß nicht mehr aus und ein diesem Rechte gegenüber, das keinen Unterschied der Verhält- nisse kennt. Weislingen wiederum geht zugrunde an einem Hofe, in den welsche Feinheit und Verlogenheit eindringt. Alles schließlich unterliegt den Ränken und den Reizen Adelheids, der das deutsche Blut verderbt worden ist und die Goethe so ver- führerisch schilderte, daß er, wie in Dichtung und Wahrheit erzählt wird, sich am Ende selber in sie verliebt hatte. Überall scheint Redlichkeit verloren Spiel zu haben gegen macchiavellistische Klugheit, und die roma- nische unpersönliche Formel wird Herr über die individuellen Gedanken des deutschen Rechtes. Aus der Einsamkeit des Lebens mit der Natur drängt sich der deutsche Ritter, der eigentliche Repräsentant des Volkes in Goethes Sinne, in die Städte und an die Höfe. Daher Goethes Motto für sein Drama: Das Herz des Volkes ist in den Kot getreten und keiner edlen Begierde mehr fähig. Wie stellen wir uns zu diesen Anschauungen? Wir sehen Goethe befangen in unvollkommener Kenntnis unserer Geschichte. Wir wissen heute den Wert dessen, was wir fremden Nationen schulden, anders zu schätzen. Wir haben die Gedanken autochthoner Kunst, Dichtung und Sprache im Sinne früherer Generationen auf- gegeben. Wir sehen die große, allgemeine Bewegung der Völker um uns her und empfinden, daß die Deutschlands mit ihr aufs innigste verbunden sei. Unsere Reformation verdanken wir dem Studium der Griechen und Römer, unseren heutigen deutschen Stil dem Einflüsse der

9. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 248

1911 - Leipzig : Dürr
248 Prosaheft Vii. nämlich, der auf den höheren Schulen eine gelehrte Bildung erhält; freilich ein wichtiger Bruchteil, es sind diejenigen, die zu Führern und Lehrern des Volkes auf allen Lebensgebieten berufen find. Aber diese Gruppe steht eben nicht ganz innerhalb des Volkslebens, sie steht als eine besondere Schicht daneben oder, wenn man will, darüber: als Gelehrtenstand, der besonders durch die sogenannte klassische Bildung von der Gesamtheit mit scharfer Grenzlinie getrennt wird. Diese Kluft zwischen Gelehrten und Ungelehrten hat sich eigentlich erst seit der Renaissance aufgetan. Im Mittelalter gab es den Unterschied von Klerikern und Laien; es war auch ein Unterschied der Bildung, doch ging er nicht tief: der Kleriker verstand Latein, die Sprache der Kirche, aber seine Lebens- und Weltanschauung war auf demselben Boden ge- wachsen, wie die des Ritters und Bauern. Auch fand wegen des Zölibats keine Erblichkeit der Bildungsunterschiede statt. Erst seit dem sechzehnten Jahrhundert yat sich von dem Volk das Gelehrtentum inner- lich losgelöst. Es ist von ihm nicht bloß durch gelehrte oder technische Kenntnisse geschieden, es steht mit seiner ganzen Lebensanschanung nicht auf dem Boden unseres Volkstums, und es ist stolz daraus; es sucht im klassischen Altertum, was es daheim nicht findet: die vollkommene Bil- dung des Menschen, die Humanität, die sonst nur in mehr oder minder verkrüppelter Form vorkommt. Der Kultus des Altertums ist für die Gelehrten wie eine Art zweiter Religion, einer vornehmeren Religion, an der eben die Masse keinen Anteil hat. In der zweiten Renaissance, mit der das achtzehnte Jahrhundert die durch die große religiöse Bewegung des sechzehnten Jahrhunderts unterbrochene erste Renaissance wieder aufnahm, erreichte dieser Kultus seinen Höhepunkt. Unsere Gymnasien sind am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts als Kultstätten dieser „Religion der Gebildeten" neu gegründet worden, Homer ihr heiliges Buch. Was wir nun unsere Nationalliteratur und Kunst nennen, das gehört wesentlich dieser Gruppe der klassisch Gebildeten an. Es hat nicht in unserm Volksleben, sondern in der Gelehrtenschule seine Wurzeln. Daher hat es überall gelehrten Charakter. Unsere sogenannte klassische Literatur bedient sich zwar nicht mehr, wie die neulateinische und neu- griechische Poesie des sechzehnten Jahrhunderts, der alten Sprachen, doch lehnt sie sich gern in Form und Inhalt an altklassische Muster an. Man kann es ja alle Tage mit großer Gelassenheit aussprechen hören: um unsere Klassiker zu verstehen, sei die klassische Bildung, die das Gym- nasium gebe, die notwendige Vorbedingung. Der gute Zweck läßt viel- leicht hin und wieder die Sache übertreiben, aber wer wollte leugnen, daß etwas Wahres daran ist? Ebenso haben die übrigen Künste gelehrten Charakter. Man nehme die Baukunst. Sie wächst nicht aus dem Handwerk hervor, sondern

10. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 266

1911 - Leipzig : Dürr
266 Prosaheft Vn. Schwächen und Gebrechen sich nicht dadurch aus, der Welt schaffen lassen, daß man sie nicht sehen will. Sie war die notwendige Vorstufe zu der neuen Erweiterung des Gebietes der Kunst, welche das vierte Jahrhundert in einer zweiten Reihe großer Meister geschaffen hat. 28. Die Gotik in Deutschland. A. Sach, Deutsches Leben in der Vergangenheit. (Halle, Buchhandlung des Waisenhauses. 1890.) Nicht immer bezeichnet eine hohe Kunstblüte auch den Höhepunkt eines Volkes; die ausgezeichnetsten Kunstwerke fallen oft in eine Zeit, die auf einer ziemlich tiefen Stufe der Sittlichkeit steht. Für die italie- nische Renaissance liegt die Tatsache vor aller Augen, daß in einem sittlich untergrabenen Zeitalter die Kunst den Boden findet, wo sie am besten gedeiht und ihre schönsten und reichsten Früchte bringt. Sollte es in deutschen Landen mit dem Aufblühen der Gotik anders ge- wesen sein? Das ganze Leben der ritterlichen Gesellschaft und der höfischen Kreise zur Zeit der Minnesänger steht zu dem Streben nach dem Er- habenen und Schönen, welches sich in den Kunstwerken überall geltend macht, in einem schneidenden Gegensatze. Eitelkeit und Prunksucht hatten die alte Schlichtheit und Anspruchslosigkeit verdrängt, Genußsucht und Sittenlosigkeit waren an die Stelle der früheren Sittenstrenge und Ent- haltsamkeit getreten, aber eben damit war auch erst das Verständnis und das Bedürfnis für all das erwachsen, was das Leben verschönern konnte; erst jetzt empfand man die Notwendigkeit, auch den Verkehr im geselligen Leben nach schönen Formen zu regeln, wie sie sich im Westen aus- gebildet hatten, und war für die Reize der Kunst empfänglich geworden, die jenseits des Rheins emporgeblüht war. Die letzte Periode des Mittelalters bezeichnet für Deutschland eine Zeit des Niederganges, der Zerrüttung und der Abhängigkeit von fremden Einflüssen. In den Denk- und Anschauungsformen, die den deutschen Sinn seit den Kreuzzügen immer mehr gefangen halten, ist wenig mehr von dem ureigenen Geist des germanischen Wesens zu spüren. Nicht erst seit dem Dreißigjährigen Kriege und dem vorigen Jahrhundert hat französischer Geschmack und französische Mode ihren siegreichen Einzug in Deutschland gehalten, nicht damals zuerst die französische Kunst die deutsche aufgesogen und verdrängt, bereits um ein halbes Jahrtausend früher in dem gepriesenen Zeitalter der Minnesänger zogen zum ersten- mal französische Ideen über den Rhein, um hier einen fruchtbaren Boden zu finden. Es ist bekannt, wie Frankreich im Zeitalter der Krenzzüge die geistige Führung Europas übernahm und dem deutschen Mittelalter ein
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