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1. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 3

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
3 3. So klagten die Minder. Das war nicht recht, ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht. Der neue freilich, der knausert und spart, hält j)ark und Birnbaum strenge verwahrt. Aber der alte, vorahnend schon und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn, der wußte genau, was damals er tat, als um eine Birn' ins Grab er bat. Und im dritten Jahr aus dem stillen b)aus ein Birnbaumsprößling sproßt heraus. 4. Und die Jahre gehen wohl aus und ab, längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab, und in der goldenen Herbsteszeit leuchtet's wieder weit und breit. Und kommt ein ^)ung' übern Kirchhof her, so flüstert's im Baume: „U)iste 'ne Beer?" Und kommt ein Mädel, so flüstert's: „Lütt Dirn, komm man röwer, ick gew' Di 'ne Birn!" So spendet Segen noch immer die Hand des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Theodor Montane. A— 5. Im Freien. 1. Hüpft ein Vöglein, singt mir zu: „Freude! Holde Freude! Kuß und Sang, ein Paradeis auf dem grünen, frischen Reis, unter Blüten, rot und weiß, auf der grünen Heide." 2. Fließt ein Bächlein, rauscht mir zu: „Freude! Holde Freude! Muntre Schwätzer lustig ziehn in die Wiesen saftig grün, oder wo die Sträucher blühn auf der grünen Heide." 3. Fliegt ein Bienlein, summt mir zu: „Freude! Holde Freude! Hohes Fest und süßes Mahl, Honigblüten ohne Zahl, Duft im warmen Sonnenstrahl auf der grünen Heide." 4. Tanzt ein Mädchen, lacht mir zu: „Freude! Holde Freude! Ostertag, so licht und warm, Bachgemnrmel, Bienenschwarm, Vogelfang und, Arm in Arm, Tanz auf grüner Heide." Volkslied. 1

2. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 8

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
— 8 — Tür ein; die Glocke läutete; hinten im Backhause riß „Perle" an der Kette und erhob ein wütendes Gebell. Atemlos stand ich vor dem kleinen, hitzigen Gesellen, der nun freude- winselnd an mir aufstrebte. Kräftig dufteten die frischen Roggenbrote, welche reihenweise auf den Wandgestellen lagen, und nebenan in der offenen Kammer stand die alte Mutter Wies am Backtroge, mit dem Ansäuern des Teiges für den morgenden Tag beschäftigt. Im Backhause selbst drängte sich eine Schar von Nachbarskindern, welche, mit irdenen Schüsseln in der Hand, auf die Austeilung der Abendmilch warteten; denn auch eine Milch- wirtschaft wurde hier mit vier oder fünf schweren Marschkühen betrieben. ,Fena noch nicht farbig?" fragte ich auf plattdeutsch, und die alte Frau hielt im Kneten inne, und ihre noch immer schönen Augen blickten mit großmütterlicher Zärtlichkeit auf mich Nein, Lena und Vater Wies waren noch im Stall beim Melken. Schnell war meine Handleuchte ausgeblasen und auf den Tisch gestellt; dann ging's über den dunkeln Steinhof und in den alten, niedrigen Stall hinein, durch den übrigens im Sommer der Weg zu einem seltsam stillen Garten voll roter Zentifolien und kleiner, süßer Stachelbeeren führte. 2. Unter dem Boden des Stalles hing eine Laterne; aber es war kein Licht, sondern nur eine Art leuchtenden Dunstes, den sie in einem engen Kreise um sich her verbreitete. Und doch, für welch trauliche, kleine Welt war sie der Mittelpunkt! Aus dem Dunkel, wo die Kühe an ihren Raufen wiederkäuten, klang es mir leibhaftig wie der alte Volksreim entgegen: „Stripp, strapp, stroll, — is de Ammer nich bald voll?" Ich rief ihn denn auch lustig in das Dunkel hinein, und: „Geduld überwindet Schweinebraten!" kam sogleich von dort her die heitere Stimme meiner Freundin Lena an mich zurück, und unter einer anderen Kuh heraus scholl als Begleitung im Grundbaß das behagliche Lachen von Vater Johann Wies. Lena regierte mich mit scherzenden Worten, ja, bloß mit ihren klugen Augen sicher genug, und so warf ich mich geduldig neben der Tür auf einen Haufen Heu, während seitwärts auf der Hühnerleiter der Hahn mit seinen Hennen im Traume kakelte und von den Kühen her der Strich des Melkens eintönig hervorklang, nur mitunter durch einen Zuruf unter- brochen, wenn die Bläß oder die Schwarze etwa nicht ordnungsmäßig standhielten. Endlich, mit schwerem Eimer und heißem Gesicht, trat Lena in den Leuchtkreis der Laterne und bot mir freundlich guten Abend. Sie war von kleiner Statur; ihre Gesichtszüge — sie mochte in meiner Knabenzeit etwas über dreißig Jahre zählen — ließen erkennen, daß sie einst un- gewöhnlich wohlgebildet gewesen sein mußten Nur die schönen, braunen

3. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 14

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
14 merkte ich bald, einen ganzen Haufen erdachter Geschichten aufgebunden und mir für den Grog, den ich ihm von meinem geringen Taschen- gelde gekauft hatte, wie man zu sagen pflegt, „gehörig die Hucke voll- gelogen". Die Belehrung des guten, alten Witt hatte mich allmählich zaghaft gemacht, und wenn auch nur leise, kam doch bereits der Gedanke: „Hast du richtig gehandelt, diesen Beruf zu wählen?" Jetzt jedoch war es zu spät. Ich gedachte der Worte des Vaters, daß ich meinen Willen haben, aber auch allein alle Folgen tragen sollte, und war entschlossen, alles hinzunehmen. Nach Ablauf der mir bewilligten Frist begab ich mich an Bord meines Schiffes. Um ihm einen neuen Kupferbeschlag zu geben, war es auf das Land geholt. Es stand, überall mit Balken abgestützt, noch auf der „Helling" genannten schiefen Ebene und sollte demnächst wieder ins Wasser gelassen werden. Iv. Mein Empfang an Bord war keineswegs dazu angetan, meine Stim- mung zu heben. Der Kapitän, ein sehr schweigsamer und grimmig drein- blickender Mann, beachtete mich kaum. Der Obersteuermann, an den ich gewiesen wurde, fragte nur nach meinem Namen, um mir dann zu sagen: „Geh zum Bootsmann, er wird dir Arbeit geben!" Die Matrosen schauten mich neugierig, aber keineswegs mit Wohlwollen an. Sie machten in ihrem Plattdeutsch — das allein wurde an Bord gesprochen — über mich Bemerkungen. Ich verstand sie kaum halb, da das Hamburger Platt von dem meiner Heimat sehr verschieden ist, aber schmeichelhaft und er- mutigend waren sie für mich nicht. Unterdes war auch meine Seekiste an Bord gekommen. Sie wurde zu andern vor den „Kojen", den Wohnräumen der Seeleute, aufgestellt. Ich bekam keinen kleinen Schreck, als ich den Raum erblickte, in dem 18 Men- schen, die Besatzung des Schiffes außer dem Kapitän und zwei Steuer- leuten, für die Dauer der Reise, also fast ein Jahr lang leben sollten. Er war nur fünfzehn Fuß lang und fünfundzwanzig Fuß breit und dabei so niedrig, daß selbst ich, der ich noch nicht ganz ausgewachsen war, nicht ganz aufrecht darin stehen konnte. Und doch enthielt er sechzehn Kojen, vor denen noch die achtzehn Seekisten der Besatzung standen, und zwei kleine Hängetische. Nur mit Vorsicht konnte man sich daher in dem Raume bewegen. Da nur sechzehn Kojen vorhanden waren, mußten sich die vier Jüngsten in zwei teilen, eine Aussicht, die mich keineswegs entzückte. Doch ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Denn kaum hatte ich meine Seegrasmatratze nebst zwei wollenen Decken in meiner Koje untergebracht, als auch schon der Bootsmann an der Kappe der Nieder-

4. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 16

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
16 (Kambüse) und schrie mit lauter Stimme: „Schaffen! Schaffen!" — „Was, noch immer mehr?" dachte ich bei mir und sah ihn verwundert an; „ich habe doch schon tüchtig was geschafft." „Watt stechst du da und verköffst Muulaapen, du bobenlandische Sweizerbub? Hast du nich hört? Schaffen! Röhr de Beine und bring gau (geschwind) de Back dal!" Ich stand wieder vor einem Rätsel. „Schaffen", „gau", „Back"? — Ich mußte wohl in dem Augenblick sehr erbarmungswürdig aussehen; denn einer der Matrosen sagte mitleidig: „Sweizers verstaht ja kein Plattdütsch, Kock! Snack doch messingsch mit em, darün büst du ja fix." Offenbar fühlte sich der Koch durch diese Anerkennung seiner höheren Bildung sehr geschmeichelt, denn er erklärte mir die Sache sofort auf messingsch, wie die Matrosen hochdeutsch nennen, was sie möglicherweise von Meißen ab- geleitet haben, weil man dort nur hochdeutsch spricht. „Sühst du, mein Junge," begann er, „du büst doch von hogem Kommas (Herkunft), aber du mußt nich so dösköppig sein. Ich bin zwarst man einen simpeln Koch, wenn mich (mir) auch in das Kochen von Klüten (Klößen) so leicht keiner über is, aber ich kann doch hochdütsch, und du als Sweizer weißt von Platt nichts nich ab. Schaffen, das is Essen, und deine Schuldigkeit is, daß du den Matrosen die Zuppe und das Fleisch und die Kartüffeln in die Back hinunterträgst und sie auf die Back an Backbord unten ins Logis setzst." Herr Gott! Das meiste war mir ja klar! Aber dies dreifache Backen, von denen offenbar jedes etwas anderes bedeutete! Doch ich traf das Richtige. Ich nahm die eine Back als hölzerne Suppenschüssel und setzte sie auf die zweite, den Tisch im Logis, der sich an Backbord, d. h. an seiner linken Seite befand. Das Essen war gut und kräftig und schmeckte mir nach der Arbeit vortrefflich. Während der einstündigen Mittagspause rauchten die Matrosen ihren Kalkstummel und spannen Garne, wie sie ihr Erzählen nennen. Mir dagegen wurde bedeutet, daß ich den Tisch zu reinigen und dann die Backen oben an Deck abzuwaschen hätte. Ich dachte unwillkürlich an meine erste Pensionsmutter in Magdeburg, die mancherlei häusliche Dienste von mir verlangt hatte, aber nicht mehr so stolz wie damals, denn Ab- waschen war mir doch von ihr nicht zugemutet worden. Vi. 1. Um ein Uhr ging es wieder an die Arbeit, bis es dunkel wurde Es schien, als ob man es besonders auf mich abgesehen hätte. Immer gab es etwas anderes für mich zu tun, und bei jeder Arbeit wurden

5. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 22

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
22 daß kein Räuber, stumm und lauernd, in der Waldschlucht ihn entdeckt, kein Verrat den Heimgekehrten an der Schwelle niederstreckt!* 3. Also flehten sie; der Räuber hört’ es hinterm Kruzifixe, schnallte fester noch den Säbel, spannte schärfer noch die Büchse. Und der Jüngste, sich bekreuzend, hub noch einmal an zu lallen: „Lieber Herr, ich weiß, die Amme sagt’ es mir, du hilfst uns allen, jeden Hauch vernimmst du droben. Freundlich wie das Sonnenlicht über alle, Gut’ und Böse, neigest du dein Angesicht. Gib den Räubern, den gewalt’gen, die da schwärmen auf den Wegen, gib ein Haus, darin zu wohnen, einen Vater, sie zu pflegen, warme Kleider, blanke Schuhe, Wein und Speisen mancherlei, daß sie nicht zu rauben brauchen und der Vater sicher sei! Wüßt’ ich, wo ein Räuber wäre, ging’ ich zu ihm ohne Beben, dieses Kettchen hier am Halse, diesen Ring wollt’ ich ihm geben, meinen Pelz, den scharlachroten, dieses Mützchen auch dazu, nimm dir alles, lieber Räuber; nur den Vater schone du!“ 4. Und der Räuber hört den Knaben hinterm hohen Kruzifixe, nach dem Säbel faßt er schweigend, schweigend faßt er nach der Büchse. - Da von ferne hört er’s nahen. Rosse schnauben, Räder knarren, mühsam aus des Tales Grunde schwankt herauf der hohe Karren; und den Säbel zieht der Räuber, richtet langsam, stumm die Büchse, und so steht er, lauscht und zielet hinterm hohen Kruzifixe. Niederknieen noch die Kinder: „Herr, um unsers Vaters Leben laß, o laß die holden Arme wie zwei Flügel ihn umschweben, daß sein gutes Roß nicht strauchle, nicht sein Fuß vom Wege irrt, daß die Kugel nicht des Räubers mörderisch sein Haupt um- schwirrt!“ — Und der Vater kommt gefahren, ungefährdet, wie sie flehn, drückt die Kinder an den Busen, und kein Räuber ward gesehn! Nur den blanken Säbel fand man, nur die scharf gelad’ne Büchse; beide waren ihm entsunken hinterm hohen Kruzifixe. Robert Prutz. 18. Jung gewohnt, alt getan. 1. Die Schenke dröhnt, und an dem langen Tisch ragt T^opf an l{opf verkommener Gesellen, man pfeift, man lacht; Geschrei, Fluch und Gezisch ertönte an des Trankes trüben Ivellen.

6. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 23

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
23 — 2. 3n dieser Wüste glänzt' ein weißes Brot, sah man es an, so ward dem Kerzen besser; sie drehten eifrig draus ein schwarzes Schrot und wischten dran die blinden Schenkemesser. 3. Doch einem, der da mit den andern schrie, fiel untern Tisch des Brots ein kleiner Bissen; schnell fuhr er nieder, wo sich Rchie an Rchie gebogen drängte in den Finsternissen. 4. Dort sucht' er selbstvergessen nach dem Brot; doch da begann's rings um ihn zu rumoren, sie brachten mit den Füßen ihn in Not und schrien erbost: „Was, 'bjerl! hast du verloren?" 5. Errötend taucht' er aus dem dunkeln Graus und barg es in des Tuches grauen galten. Er sann und sah sein ehrlich Vaterhaus und einer treuen Mutter häuslich Walten. — 6. Nach Jahren aber saß derselbe Mann bei Herrn und Damen an der Tafelrunde, wo Sonnenlicht das Silber überspann und in gewählten Reden floh die Stunde. ?. Auch hier lag Brot, weiß wie der Wirtin Hand, wohlschmeckend in dem Dufte guter Sitten; er selber hielt's nun fest und mit Verstand, doch einem Fräulein war ein Stück entglitten. 8. „£>, lassen Sie es liegen!" sagt sie schnell. Zu spät! Schon ist er untern Tisch gefahren und späht und sucht, der närrische Gesell, wo kleine, seidne Füßchen stehn zu j)aaren. 9. Die Herren lächeln, und die Damen ziehn die Sessel scheu zurück vor dem Beginnen; er taucht empor und legt das Brötchen hin, errötend hin auf das damastne Linnen. Jo. „Zu artig, Herr!" dankt' ihm das schöne Rgnd, indem sie spöttisch lächelnd sich verneigte; er aber sagte höflich und gelind, indem er sich gar sittsam tief verbeugte:

7. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 31

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
— 31 einem schrecklichen Saufteufel, zu mir flüchtete und ich sie wie eine Schwester aufnahm und erquickte, mußte ich unwillkürlich noch an jene Vesperstunde denken. Ach, es kommt alles wie- der herum! Wir sollten daran denken in der Jugend, und wir sollten daran denken, wenn’s uns gut geht. Es kommt alles wieder herum. Dankbare Erinnerungen bewahre ich aus jener schlimmen Zeit noch an drei alte Frauen, und immer sind es die Oktoberstürme, welche diese Erinnerungen, wenn sie einmal längere Zeit erloschen schienen, wieder rütteln, wecken und anfachen. 4. Es war schon über die Mitte des Oktobers hinaus, als ich noch mit einem großen Tagelöhnertrupp auf der großen Kar- toffelbreite vor dem kleinen Hagen hockte. Rodemaschinen gab’s damals noch nicht; die jüngeren Frauen, sowie die Burschen und Männer rodeten mit der dreizackigen Grepe, und die alten Frauen mit den Kindern lasen die Kartoffeln auf, indem sie auf den Knien hinter den Rodern herrutschten, mochte der Boden trocken oder naß sein. Wenn dann die Stürme, die sich vor dem Hagenwalde stießen und gleichsam stauten, den Regen und Reif zwischen uns peitschten und ich in meinem dürftigen Leinen- rocke schwarz und blau fror und keinen Finger mehr krumm machen konnte, dann haben mich die drei Alten allemal eng zwischen sich genommen, mich rechts und links gedrückt und gewärmt und mir alles vor der Hand weggelesen. „Deine Mutter hat uns auch oft was Gutes getan,“ sagten sie und erzählten so viel und mit so viel Liebe und Anhäng- lichkeit von der Teuern, daß auch der schlimmste Tag, daß selbst Eis und Schnee das Glücksgefühl in meinem Herzen nicht auszu- löschen vermochten. So war es eigentlich die Mutter, die mich wärmte, mich tröstete; sie hatte sich in den Herzen der Frauen ein Kapital ge- sammelt, von dem ich nun die Zinsen zog. Ach, welch ein Segen ist doch eine gute Mutter! Wie nach Sonnenuntergang der Abend- himmel noch lange in milder, schöner Glut steht, so steht das Andenken einer edlen Mutter noch lange vor den Augen der Lebenden, und der Segen ihres Lebens strahlt nach ihrem Tode noch viel länger fort in dem Leben ihrer Kinder. Heinrich Sohnrey (Friedesinchens Lebenslauf).

8. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 42

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
42 und Umstände und hintennach, wenn man sein mutiges A gesagt hat, ein besonnenes B und ein bescheidenes C. Aber so viel muß wahr bleiben: Wenn etwas Gewagtes soll unternommen werden und kann nicht anders sein, so ist ein frischer Mut zur Sache Meister, und der muß dich durchreißen. Aber wenn du immer willst und fängst nie an, oder du hast schon angefangen, und es reut dich wieder, und willst, wie man sagt, auf dem trockenen Lande ertrinken, guter Freund, dann ist „schlecht ge- wagt ganz verloren“. Johann Peter Hebel. 36. Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden. Damit entschuldigen sich viele fahrlässige und träge Menschen, welche ihr Geschäft nicht treiben und vollenden mögen und schon müde sind, ehe sie recht anfangen. Mit dem Nom ist es aber eigentlich so zugegangen: Es haben viele fleißige Hände viele Tage lang, vom ftühen Morgen bis znm späten Abend, unverdrossen daran gearbeitet und nicht abgelassen, bis es fertig war und der Hahn auf dein Kirchturme stand. So ist Rom entstanden. Was du zu tun hast, mach's auch so! Johann Peter Hebel. 37. Zum Ziele. 1. Keiner kann im leichten Spiel dieses Lebens Preis erjagen; fest ins Auge faß dein Ziel, bis die Pulse höher schlagen und sich dir an Fuß und Hand wieder straff die Sehne spannt. 2.Undsowand'reschrittfürschritt den Gefahren kühn entgegen; hoch das Haupt und fest der Tritt und im Herzen Gottes Segen, auf der Stirn des Kampfes Schweiß: So gewinnest du den Preis. Julius Sturm. 38. Sprüche. 1. Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen; doch Ordnung lehrt uns Zeit gewinnen. 2. Was verkürzt die Zeit? — Tätigkeit. Was macht sie unerträglich lang? — Müßiggang. 3. Früchte bringet das Leben dem Manne; doch hangen sie fetten rot und lustig am Zweig, wie uns ein Apfel begrüßt. Wolfgang v. Goethe.

9. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 44

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
44 Jo. Und führt zum Kreuzweg dich die Spur, und weißt du nicht den rechten j)fad, so frage beim Gewissen an; es kann ja deutsch — ihm folge nur! Jj. U)o ist der N)eg zum Leichenstein? — Ach> frage nicht! geh, wo du willst; zur stillen Gruft im kühlen Grund führt jeder U)eg, kannst sicher sein. \2. In Gottesfurcht nur wandle hier! Das rat' ich dir, soviel ich kann. Gin heimlich j)förlchen hat das Grab, und manches zeigt es jenseits dir. Johann j)eter Hebel (Theodor Echtermeyer). 40. Eine brave Arbeiterfrau. Ein Kattundrucker einer großen Fabriksiadt, der sich an den täglichen Besuch des Wirtshauses gewöhnt hatte, ließ sich von seiner jungen Frau überreden, ihr auch jeden Tag ein Maß Bier zuzubilligen. Zuerst wollte er sich zu dem Abkommen nicht verstehen; denn obwohl er selbst einen guten Trunk nicht ver- achtete, so hätte er doch lieber gesehen, wenn sein Weib ent- haltsam und nüchtern gewesen wäre. Da sie aber fleißig und brav war, so vermochte er ihrer Bitte endlich nicht zu wider- stehen, und so hatte sie täglich ihr Maß Bier, während er all- abendlich im Wirtshause seine zwei, auch wohl drei Maß zu genießen pflegte. Keiner mischte sich in die Angelegenheiten des andern, außer daß die junge Frau es bisweilen durch einen kleinen Kunstgriff, etwa, indem sie ein Lieblingsessen ihres Gatten zu- richtete, zustande brachte, daß der im übrigen fleißige und brave Arbeiter zwei Stunden früher als gewöhnlich nach Hause kam oder gar einen ganzen Abend daheim verbrachte. Am Morgen des ersten Jahrestages ihrer Hochzeit sagte der Mann nicht ohne heimliche Vorwürfe zu seiner freundlichen, sauberen Frau: „Marie, wir haben uns keinen Feiertag gegönnt, seit wir getraut sind. Heute müßten wir eigentlich einen Ausflug machen und deine Mutter drüben im Dorfe besuchen; aber ich habe keinen Groschen in der Tasche.“ — „Also, du möchtest gerne mit mir ausfliegen?“ sagte die Frau freundlich, indem sie

10. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 46

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
46 und schilt. Kinder, die noch auf der Straße spielten, lachen und necken ihn. Sie wissen nicht, wie unglücklich ein solcher Trinker ist. Ihr solltet ihn nur einmal des Morgens früh sehen, bevor er zur Arbeit geht. Wie schwer ist ihm dann der Kopf, wie zittrig sind die Hände! Er hat Mühe, seine Kaffeetasse zu halten. Nichts ist ihm recht, er ist in der schlechtesten Laune. Das alles kommt vom Trunk Und all dies Ungemach ist fort, sowie er die Flasche an die Lippen setzt. Der Schnaps vertreibt seinen Ärger, das Zittern der Hände und sein ganzes elendes Befinden. Aber — und das ist das Entsetzliche — jeden Morgen ist seine Stimmung schlechter, sind seine Nerven aufgeregter, ist sein Befinden elender. So wird er täglich mehr zum Trunkenbold, bis Schnaps und Bier ihn so krank ge- macht haben, daß er keinen Menschen mehr erkennt, überall Gespenster sieht und im Fieber phantasiert. Glücklich, wenn er mit dem Tode davon- kommt. Und gegen diese gräßliche Krankheit gibt es keine Hilfe? — Nur eine: Nicht trinken! Aber das ist so schwer für den Trinker; denn sein Wille ist schwach geworden, so daß er der Trinklust nicht widerstehen kann. 2. Und nun denkt noch an die arme Frau dieses Betrunkenen, denkt an die Kinder! Mit Zittern und Schrecken erwarten sie die Zeit, wenn der Vater nach Hause kommt. Der Schnaps in seinem Kopfe gibt ihm häß- liche Worte ein, er schimpft und skandaliert und weiß nicht, was er sagt und tut, aber er sagt und tut nichts Gutes. Die Frau weint, die Kinder jammern, das Haus ist voll von Elend und Not Wenn ich daran denke, kann ich nicht über einen Betrunkenen lachen oder ihn necken oder ihm häßliche Worte nachrufen. Da biegt er in die schmale Seitenstraße. Laß ihn ruhig gehen! Er sieht nichts, er hört nichts, der Schnaps hat ihn dumm und stumpf geinacht. — Wir aber blicken mit hellen Augen in das Getriebe der Straße. Sieh nur diese Schaufenster! Was ist hier alles ausgestellt! Da sind Vogelbauer und Kaffeegeschirr, Besen und Matten, Plätteisen und Gasherde, Puppen und Zinnsoldaten, große und kleine Bälle, Schaukeln und Schürzen, Bett- stellen und Waschtische und tausend andere Sachen. Rechts und links von der Haustür sind Schaufenster, in der Etage sind nur Schaufenster, unten im Keller sind Schaufenster, das ganze, große Haus scheint nur aus Spiegel- scheiben zu bestehen Fortwährend gehen Menschen ein und aus. Alle Räume strahlen in hellem Glanze. Überall glühen die kleinen, elektrischen Birnen und beleuchten tausend Formen und Farben. Allmählich ist's stiller auf der Straße geworden. Freilich, es ist längst Zeit zum Abendessen. Auch wir wollen heimgehen und daheim erzählen, was wir gesehen haben. Lustiges und Trauriges, bunt durcheinander, wie es uns die Straße gezeigt hat. Und dann ist's Zeit, zu Bett zu gehen. Heinrich Scharrelmann (Weg zur Kraft).
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