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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 95

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
und fränkischen Kaiser. 95 Vater gewollt, ließ er diesen in Ingelheim zurück und hieß ihn dort seine Rückkehr abwarten, aber beide sind sich nie wieder im Leben begegnet. Tage und Wochen hatte Heinrich Iv. in Ingelheim vergeblich auf die Ankunft des Sohnes gewartet, bis er endlich mit Hülfe einiger Getreuen die Burg verlassen und den Rhein hinab fahren konnte. Seine Sache war noch keineswegs verloren, denn nicht nur die Städte, sondern auch einige Bischöfe und Fürsten nahmen sich seiner an. Er war eben im Begriff, ein Heer zu sammeln und dem verräterischen Sohn entgegen zu treten, da ereilte ihn am 7. August 1106 zu Lüttich der Tod. Ruhig ging er ihm entgegen, beichtete reuig seine Sünden und nahm gläubig das heilige Abendmahl. Sterbend sandte er Boten des Friedens an den Papst und an seinen Sohn ab. Des Kaisers letzter Wunsch war, an der Seite seiner Vorfahren im Dom zu Speier die Ruhestätte zu finden. Fünf Jahre aber blieb die Kaiserleiche auf Befehl der Bischöfe in ungeweihter Kapelle am Speirer Dom stehen, bis der Bannfluch aufgehoben wurde; erst 1111 wurde sie beigesetzt. 8. Rückblick auf Heinrich Iv. Heinrich war der unglücklichste aller Kaiser. Verrat und Treubruch habe» ihn während seines ganzen Lebens von einem Kampf in den andern getrieben. Er war ein reich begabter Fürst, war mitleidig und freigebig, besonders gegen die Geistlichkeit und die Armen; ^>as Volk klagte laut am Sarge des hochgeliebten Herrschers. Er verzieh leicht, zu leicht seinen Gegnern, wenn sie seine Gnade anflehten; selbst Meuchelmörder, die gegen ihn gedungen waren, ließ er straflos von dannen ziehen. Sein langes und schweres Unglück hat seinen Charakter, der anfänglich nicht fest war, gebessert. 9. Jener treulose Heinrich folgte dem Vater als Heinrich V. 1106—1125. Seine Regierung war säst ein beständiger Streit mit dem Papste wegen der Belehnung der Bischöfe. Durch Vermittelung der deutschen Fürsten kam 1122 ein Vergleich zustande: „Die Bischöfe sollen in Gegenwart des Kaisers oder seines Vertreters von den Domherren gewählt werden. Dann soll sie der Kaiser durch Belehnung mit dem Szepter in ihren weltlichen Besitz einsetzen, der Papst ihnen durch Ring und Stab die geistliche Würde verleihen." (Wormser Konkordat). Damit war die Unabhängigkeit des Papstes vom Kaiser ausgesprochen, die Bestätigung der Papstwahl durch den Kaiser hörte auf.

2. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 116

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
116 Die Zeit der Kreuzzüge er sich am 22. Juli mit Beatrix zu Nordhausen; doch ihr schneller Tod am 11. August löste das kaum geknüpfte Band, die Schwaben und Bayern verließen den Kaiser und diesem blieb nichts übrig, als dem Staufer entgegen zu eilen , um ihm womöglich den Weg zu versperren. Er kam zu spät. 4. Friedrich Ii. wurde auf dem Reichstag zu Frankfurt 1212 zum zweitenmal zum deutscheu König gewählt und in Mainz, später (1215) in Aachen gesalbt und gefrönt. Bei seiner Krönung verpflichtete er sich zu einem Kreuzzug nach Palästina. Friedrich durchzog fast alle Länder des Reiches, und der schone, ritterlich junge Mann sand überall die beste Aufnahme. Kaiser Otto sah sich ziemlich allein auf seinen Braunschweigischen Erbgütern, und nachdem er sich in den drei folgenden Jahreu fast nur durch Raubzüge, die er gegen die Bistümer Magdeburg und Bremen unternahm, bemerklich gemacht hatte, starb er im Jahre 1218 auf der Harzburg. Erst nach einem vollen Jahre überbrachte sein Bruder Heinrich dem König Friedrich die Königsabzeichen und huldigte ihm. Damit war Friedrich der allgemein anerkannte König des Deutschen Reiches. a) Papst Innocenz 111. Friedrich war hauptsächlich durch die Vermittelung Innocenz Iii. zum König gefrönt worden. Innocenz Iii. war der bedeutendste Papst seit Gregor Vii. Er verwirklichte den Plan seines großen Vorgängers, alle weltliche Gewalt der päpstlichen Herrschaft zu nuterwerfen. Dazu waren ihm die Zeitumstände be-sonders günstig. Er war nicht nur Schiedsrichter in Deutschland, sondern auch Oberlehnsherr von Uuteritalien. Seine mächtige Stellung brachte er auch in anderer Weise zur Geltuug. Gegen die Ketzer, deren Zahl immer mehr zu nahm, setzte er ein besonderes Gericht ein, das seine Urteile mit Folter und Scheiterhaufen vollstreckte (Inquisition). An der Befämpfuug der Ketzer beteiligten sich besonders die zur Zeit des Innocenz gestifteten Bettelorden der Franziskaner- und Dominikanermönche. Eine der ausgebreitetsteu Sekten war die der Waldenser (gestiftet von Petrus Waldus in Lyon), welche trotz aller Verfolgung nicht zu vernichten war, dagegen wurden die Abligeuser in Südfrankreich durch einen von Innocenz veranstalteten blutigen Kreuzzug ausgerottet. b) Fünfter Kreuzzug 1228—1229. Schon während der Kämpfe der beiden Gegenkaiser Otto und Philipp war ans Veranlassung des Papstes Innocenz Iii. von französischen und italienischen Rittern ein

3. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 70

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
70 Die Zeit der sächsischen 2. Otto Iii., 983-1002. Weihnachten 983 war Otto Iii. in Aachen vom Erzbischof von Mainz gekrönt worden, als die Nachricht vom Tode des Kaisers anlangte. Da der junge Kaiser noch unmündig war, so führte seine Mutter Theophano zunächst die Regierung und nach ihrem Tode (991) die Kaiserin Adelheid in Verbindung mit dem Erzbischöfe von Mainz bis 995. Ein Jahr darauf unternahm Otto Iii. die erste Romfahrt 996. Er setzte seinen Vetter Bruno auf den päpstlichen Stuhl (als Gregor V,) und empfing die Kaiserkrone. Nach Gregors Tode erhob Otto seinen ehemaligen Lehrer, den wegen seiner Gelehrsamkeit berühmten Bischof Gerbert zum Papste. Sylvester Ii., wie er sich nannte, übte einen großen Einfluß ans den jugendlichen Fürsten aus. Rom sollte wieder die Hauptstadt des Reiches, ja der Welt werden. Otto umgab sich mit dem Prunke des Hofes zu Konstantinopel. Andererseits aber unterzog er sich unaufhörlichen Bußübungen und machte Wallfahrten. So pilgerte er im Jahre 1000 nach Gnefen, wo die Gebeine des von heidnischen Preußen erschlagenen Bischofs Adalbert ruhten. In den rauhen Märztagen zog er barfuß in die polnische Stadt ein und ehrte den Toten durch Errichtung des Erzbistums Gnesen. Dann wieder ließ er das Grabmal Karls des Großen in Aachen öffnen und stieg hinab in die Gruft, um dort zu beten. Wcthfend Otto sich auf der einen Seite als erhabener Kaiser dünkte, zeigte er sich auf der anderen als ein Mönch. Bei einem solchen Schwanken konnte die kaiserliche Macht nicht gedeihen, und so war bald alles in Aufruhr gegen ihn. Sein ältester Freund, der Erzbischof von Mainz, verließ ihn, ein großer Teil der Herzöge und Grafen waren seiner undeutschen Regierung überdrüssig und stifteten eine Verschwörung gegen ihn, die Wenden, Polen und Ungarn erhoben sich. In Rom brach ein Aufstand los. Während rings um ihn alles in Aufruhr war, lag er fieberkrank in einem Felsenneste in der Nähe Roms. Dort starb er zu Anfang des Jahres 1002, noch nicht ganz 22 Jahre alt. Er starb unvermählt. Seinem Wunsche, in Aachen neben Karl dem Großen beigesetzt zu werden, wurde entsprochen. Deutsche Schwerter mußten seine Leiche vor Verunglimpfung der Italiener schützen. 3. Das Reich nach dem Tode Ottos Iii. Unter der Regierung der Nachfolger Ottos des Großen vollzogen sich im deutschen Reiche große Veränderungen. Die alte Gauverfassung löste sich auf, geistliche und weltliche Herrschaften teilten sich in den alten Gaubezirk. Die freien Gaugenossen wurden zum größten Teil abhängige Leute der

4. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 174

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
174 Zustände unseres Volkes von der Zeit Konrads I. auch Schutt ober kleine Steine auf die Straße, um sie gangbar zu machen. Mit der Pflasterung der Straßen begann man erst im 14. Jahrhundert in den wohlhabenberen Städten. In den minber bebeutenben Städten machte aber die Straßenpflasterung nur langsam Fortschritte, und noch im 16. Jahrhundert gehören gepflasterte Straßen selbst in den kleinen Resibenzen zu den Seltenheiten. Die Unsauberkeit im Innern der Stadt würde noch durch anbere Umstänbe bebeutenb vermehrt. Das unreine Wasser floß mitten auf der Straße, hie und ba gab es sumpfige Pfuhle, in welche die Gossen einmünbeten. Die Fuß- und Fahrwege waren die Ablagerungsplätze für allen Unrat, den man aus den Häusern entfernte. Dünger lag bestänbig in großen Haufen vor den Thüren, im günstigsten Falle schaffte man benselben auf die freien Platze neben den Brunnen ober hinter die Fleischbänke. Würbe hoher Besuch in der Stadt erwartet, so mußte einmal ausnahmsweise der Dünger ans den Straßen fortgefahren werben. Dazu kam die vielverbreitete Liebhaberei für Schweinezucht. Die Schweine ließ man aber, wie heutzutage die Hühner, am liebsten auf der Straße umherlaufen. Die größten Htrben würden von den Brauern und Bäckern gehalten, letzteren schärfte der Rat oft ein, wieviel Schweine sie haben bürsten. Aber trotz aller Ratsverorbnungen und trotzbem, daß die Stadt einen Schweinehirten hielt, der die Tiere auf die Weibe treiben sollte, lagen biefelben boch den größten Teil des Tages auf der Straße, zerwühlten den Weg ober lagerten sich truppenweise vor den Hausthüren und „erständen die Leute". Die Sache hatte übrigens eine sehr ernste Seite. Man muß annehmen, daß die Unsauberkeit der Straßen wesentlich zur Entstehung und Verbreitung der furchtbaren Seuchen beigetragen hat, durch welche das Mittelalter eine so traurige Berühmtheit erlangt hat. Die Wohnhäuser in den alten Städten waren noch nicht wie heute mit Buchstaben und Nummern versehen. Sie führten vielmehr einen von einem Tiere ober Menschen, von einer Stadt ober einem Herrenhose, von einer Blume u. a. entlehnten Namen, der entweber an das Haus selbst angeschrieben ober eingegraben ober auf einem an bemfelben befestigten Schilbe angebracht war. So gab es beispielsweise in Köln Häuser: zur eisernen Thür, zum roten Bär, zur Lanbs-krone, zum Turm, zum itnlben Mann, zum Riesen, zum Leoparb, zum Wolf, zum Greif, zum Strauß, zum Schwan, zum Raben, zur Sonne,

5. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 256

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
256 Deutsche Einrichtungen und Zustände vom Ende des Zwischenreiches der Gnadenstätte wie vom Donner gerührt zusammen, andere warfen sich in Kreuzgestalt auf die Erde oder griffen in ihrer Raserei mit den Händen nach dem Hülfebringenden Bild. Noch zu Anfang des 16. Jahrhunderts, als die allgemeine Unzufriedenheit durch eine neue, bisher unbekannte Seuche vermehrt wurde, flammte die religiöse Erregtheit zu einer unerhörten Macht empor. Um Ostern 1502 setzte das Kreuzwunder in der Diözese Lüttich die gesamten Rheinlande in fieberhafte Bewegung, um bald auch Dänemark, Polen und Ungarn zu erschüttern und noch jahrelang im Reiche nachzuzittern. Goldfarbige und blutige Kreuze und Sterne, oft selbst Lanzen, Geißel und Nägel wollte man, wie vom Himmel gefallen, auf den Kopftüchern der Frauen oder der Stola der Priester bemerkt haben. Ein ungeheuerer Schrecken ergriff die Menge, man deutete die Flecke auf Pest und Krieg. Um den Zorn Gottes zu versöhnen, gelobten Tausende die Wallfahrt; in härenem Gewand, einen Strick von Weidenbast um den Leib, barfuß, ohne Hut und Wanderstab, nur ein hölzernes Kreuz in der Hand, zogen die „grauen Büßer" von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, und überall, wo sie erschienen, erschütterten die Bußprediger die Herzen der Hörer. Die althergebrachte Fahrt zu den Schwellen der Apostel in Rom fand in dieser Zeit eine eigenartige Anregung. Der Papst Bonifatius Viii. hatte die Jubeljahre eingeführt. Je nach 100 Jahren sollte ein Jubeljahr begangen werden. Allein spätere Päpste setzten den Zeitraum zwischen je zwei Jubeljahren auf 50 Jahre, dann auf 33 und schließlich auf 25 herab. Fremde, die zur Zeit des Jubeljahres 15 Tage lang die Schwellen der Apostel in Rom täglich besuchten, gewannen vollkommenen Ablaß. Unzählige wallten da nach Rom und brachten reichliche Geldspenden dar. Und nicht genug damit, die Päpste ließen auch in Deutschland Nachjubiläen anstellen^ in denen man gleichen Ablaß erwerben konnte. Zum Dank für Gottes Wohlthaten oder auch um sein Erbarmen anzurufen, endlich je am Fronleichnamstage durchzogen Prozessionen die Straßen. So schildert uns ein Erfurter Geistlicher die große Regenprozession im Sommer 1483, der er beiwohnte. Nach vielen Tausenden zählte der Zug, der sich früh um 5 Uhr in Bewegung setzte und mit allen Stationen und heiligen Handlungen erst um 12 Uhr ein Ende nahm. Die Schüler der Stadt, 948 an der Zahl, gingen nach den Pfarrkirchen, ihnen folgten 312 Weltpriester, die gesamte Hochschule und die Mönche von zwölf Klöstern; dem Sakrament, welchem man eine große Menge vor riesigen Kerzen und Laternen

6. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 297

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
bis zum Schluffe des Mittelalters. 297 Besitze schwer aufzubringen waren. Das trieb den Bauer oft dem städtischen Wucherer in die Arme, der ihm auf Getreide und Wolle Vorschüsse gab und ihn dadurch in völlige Abhängigkeit versetzte. Und doch stehen solchen Zuständen vielfach andere gegenüber, die ein Aufsteigen der Bauern zu größerem Wohlstände erkennen lassen, besonders im Süden und Westen. Denn nicht überall drang die Zersplitterung des Grundbesitzes und die Vermehrung der Lasten durch, und vielfach ist die Verwaltung großer Grundherrschaften, besonders der geistlichen und städtischen, eine humane, die Lage der Bauern auf ihnen eine günstige gewesen. Dann aber wuchs auch ihr Selbstgefühl, und nicht bloß dort, sondern auch bei denen, die den Druck der Herrenfaust empfanden, wurde es durch den Landsknechtdienst, durch das Beispiel der Hussiten und der Schweizer groß gezogen. Diese Gegensätze verschärften sich umsomehr, als der Bauer von der Bildung der höheren Stände, namentlich des Bürgertums, völlig ausgeschlossen blieb und so ein gegenseitiges Verständnis fast unmöglich wurde. Da brach nun schon seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Erbitterung bald da, bald dort in einzelnen Erhebungen hervor, die aber bald niedergeschlagen wurden. Daß die rohe Gegengewalt kein geeignetes Mittel war, bewiesen die Tausende, welche aus Franken, Thüringen, Hessen, Sachsen, Schwaben und Bayern nach dem Würzburgischen strömten, wo seit Fastnacht 1476 ein junger, schwärmerischer Gemeindehirt und Dorfmusikant, Johannes Böhm, nicht nur Buße und Marienverehrung, sondern auch die Vernichtung der geistlichen Herrschaft und den Sturz der bestehenden weltlichen Ordnung, insbesondere die gleichmäßige Verteilung der Güter predigte. Wenn auch der Bischof von Würzburg ihn ergreifen und als Ketzer verbrennen ließ, so war doch das Losungswort zu einem gewaltsamen Umsturz ausgegeben, und schreckliche Ereignisse machten das Volk doppelt empfänglich dafür. 1493 kam die erste große Mißernte, 1500 eine zweite, noch allgemeinere, dann mehrere hintereinander, dazu wütete drei Jahre hindurch, besonders 1502, die Pest, und dazu kam als eine weitere Plage, eine aus Italien eingeschleppte Seuche. Um eine Besserung der Lage herbeizuführen, waren heimliche Verschwörungen entstanden. So hatte sich am Oberrhein die arme Bevölkerung auf dem Lande mit derjenigen in den Städten verbunden, die Sache wurde unterdrückt, ebenso die Verschwörung vom Jahre 1514, die gegen die Willkürherrschaft des Herzogs von Würtemberg gerichtet war. Auch gegen das Thun und Treiben der G e i st l i ch k e i t richtete

7. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 355

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
im Reformatwnszeitalter. 355 leidenschaftlich bekämpft. Seine Entdeckung wurde später von Johann Kepler aus Schwaben (1571—1630) vervollständigt. Diese Ergebnisse dienten dem Gregorianischen Kalender zur Grundlage (1582). So sehr sich auch die Wissenschaft gegen frühere Zeiten erheben mochte, sie hatte noch mit überlieferten, unbewiesen angenommenen Voraussetzungen zu kämpfen, auch stand sie dem Volke noch allzu fremd gegenüber, als daß sie schon vermocht hätte, einen furchtbaren Wahn zu zerstören, der die Seelen umnachtete und von der Kirche beider Bekenntnisse eher begünstigt, als bekämpft wurde, nämlich den Aberglauben und den Hexenwahn. Zwei Grundsäulen hatte, wenigstens in den höheren Ständen, der Aberglaube jener Zeit, zwei Formen des Wahns, nämlich die Astrologie oder Sterndeuterei und die Alchemie oder Goldmacherei. In Deutschland haben beide schon vor Anfang des Reformationsjahrhunderts von Spanien aus Eingang gefunden, aber erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewann ihre Herrschaft volle Macht über die Gemüter, um sie beinahe zwei Jahrhunderte lang festzuhalten. Die Astrologie zog aus dem gegenseitigen Stande der Planeten und der Fixsterne zu einer gewissen Zeit willkürliche Folgerungen auf künftige Ereignisse. Jede Stellung der Gestirne bestimmte nach der Meinung der Sterndeuter den Charakter und die Schicksale des unter derselben geborenen Menschen. Wenn die Vorherfagungen von Ereignissen, wie z. B. das Erscheinen einer neuen Sintflut oder die Ankunft des Antichrists, nicht eintrafen, so schadete es den Sterndeutern nicht, denn Ausreden gab es immer, und die Theologen halfen ihnen bereitwillig. Mehr als durch die Vorherfagungen bestimmter Vorgänge wirkten die Sterndeuter, indem sie vor Unternehmungen warnten oder zu ihnen rieten; sie stifteten auf diese Weise Heiraten, verhinderten Kriege und übten auch auf andere große Staatshandlungen bedeutenden Einfluß aus. Auch die Kometenfurcht nährte die Sterndeuterei, hatte sich doch Kart V. durch das Erscheinen eines Kometen zur Abdankung bestimmen lassen. Aber nicht nur der Stand der Gestirne diente der Wahrsager ei. Aus den Linien der Hand, aus den Gesichtszügen und aus der Zusammenstellung von Punkten, die ursprünglich in die Erde gegraben wurden, entnahm die Wahnwissenschaft ihre Aufschlüsse über künftige Menschenschicksale. Mit der Sterndeuterei ging die Alchemie Hand in Hand. Aber ihr Zweck und Ziel lag nicht im Wahrsagen, sondern in praktisch scheinenden Dingen. Auf die Herstellung von Gold und Silber, auf 23*

8. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 304

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
304 Das Zeitalter der Reformation 1517—1640. Als Flugblatt gedruckt und in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet, machten die zwölf Artikel ihren Weg durch ganz Deutschland und wurden im Süden und Westen das Panier, um das sich nach und nach alles scharte. Unterdessen hatte Luther, den die Masse des Volkes sich als Führer in ihrem Beginnen träumte, Herren und Knechte zum Frieden ermahnt. Die Hauptleute der „hellen" (d. h. ganzen) Haufen hatten ihm die 12 Artikel übersandt, und er antwortete in einer Zeit, wo er von dem eigentlichen Ausbruch des Kampfes noch nichts wußte und nichts wissen konnte, in einem offenen Schreiben, worin er Fürsten und Adel scharf ins Gewissen redete und sie ermahnte, ihren steifen Mut herabzulassen und ein wenig von ihrer Tyrannei zu lassen. Aber die Bauern mochten nicht ahnen, daß Luther jeden Aufruhr gegen die weltlichen Behörden aufs strengste verdammte. Er ermahnte die Bauern, sich nicht gegen die Obrigkeit aufzulehnen und schlug vor, Schiedsgerichte aus dem Adel und den städtischen Ratsherren zu wählen, die einen Ausgleich zwischen ihnen und ihren Herren versuchen möchten. Aber sein Rat war nach der Wendung, die inzwischen die Dinge genommen hatten, unausführbar geworden. Es lag anfangs nicht in der Absicht der Bauern, mit Gewalt loszuschlagen ; sie dachten mehr durch Beschlüsse und große Versammlungen und Zusammenrottungen Zugeständnisse zu erzwingen und waren bereitwillig auf die Vermittelung des schwäbischen Bundes eingegangen; allein der Bund verfuhr nicht ehrlich; man versprach Abhülfe, wollte die Beschwerden untersuchen, hielt die Verhandlungen aber so lange hin, bis man vollständig gerüstet war. Schon im März 1525 schritt Truchseß von Waldburg zum plötzlichen Angriff. Trotz alledem ließen sich die Banern zu einem Vertrage bereit finden; aber der im April geschlossene Vertrag blieb auf dem Papier, da eben jetzt von allen Seiten her und selbst in weiter Ferne die Feuerzeichen aufleuchteten. Während die Oberschwaben sich anschickten, die Waffen niederzulegen, verbreitete sich der Aufstand nach dem Elsaß, nach Franken, nach Hessen und Kursachsen. Die Bauern eines Thales im Odenwald hatten den Wirt Georg Metzler zu ihrem obersten Hauptmann gewählt. Zu hellen Haufen versammelt, schwuren sie einander zu, weder geistlichen noch weltlichen Fürsten fernerhin Steuern oder Zins, Zoll oder Zehnten zu zahlen, wie einen Gott so auch nur einen Herrn in Zukunft anzuerkennen. Die Neckarthaler führte ein verwilderter Gesell, Jäcklein Rohrbach,

9. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 405

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt. 405 hindert erbten (f. S. 396); freilich mußte der Kurfürst Johann Sigismund noch die Lehenshoheit des Polenkönigs über dasselbe anerkennen, bis es seinem Enkel später gelang, auch diese zu beseitigen und sich zum unumschränkten Herzog zu erheben. Die Zeit der uiiunischräiikten Fürstengewalt. I. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. (1640—1688). 1. Die Jugend des Großen Kurfürsten. Als Friedrich Wilhelm geboren wurde, war bereits der große Krieg entbrannt, und es war für die brandenburgischen Lande eine schwere, trübe Zeit, als er am 16. Februar 1620 das Licht der Welt erblickte. Wegen Geldmangels, der in jenen schweren Zeiten am Kurfürstlichen Hofe herrschte, mußte die Taufe des Kurprinzen von einer Woche zur andern verschoben werden. Auch wollte man des Kurfürsten Ankunft abwarten, der noch in Königsberg weilte, wohin er sich 1639 zurückgezogen hatte. So kam es, daß der Kurprinz bis zum 30. Juli „ungetauft liegen blieb." Auch am Tauftage war der Vater noch nicht anwesend; dennoch wurde die heilige Handlung mit großem Glanze gefeiert. Auch die Vertreter des brandenburgischen Adels und Abgeordnete der Städte hatten sich zahlreich eingefunden, aber das sonst übliche Patengeld vermochten sie bei dem großen Druck der schweren Zeiten nicht zu zahlen und begnügten sich, dem künftigen Thronerben die „schuldige Treue" zu geloben. Die erste und wichtigste Erziehung genoß der junge Prinz durch seine Mutter Elisabeth Charlotte, einer geborenen Pfalzgräfin bei Rhein, Schwester Friedrichs V. von der Pfalz, der die böhmische Königskrone verloren hatte. Bei den fortwährenden Durchmärschen fremder Truppen schien es gefährlich, den dereinstigen Thronerben in Berlin zu lassen, und die Unsicherheit des Landes bot dem Minister des Kurfürsten Georg Wilhelm, dem Grafen von Schwarzenberg, einen guten Vorwand, den jungen Prinzen vom Hofe zu entfernen, um ihn dem Einfluß seiner Mutter und dem seiner Großmutter, mit denen Schwarzenberg in fortwährendem Zwiespalt lebte, zu entziehen. Zunächst kam der Kurprinz nach dem Jagdschloß Letzlingen in der Altmark. Als aber herumschweifende Scharen auch in das Dickicht des mächtigen Waldes bei Letzlingen drangen, wurde er mit seiner älteren

10. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 414

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
414 Die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt. Während seines ganzen Lebens sah er es als seine besondere Pflicht an, sich der bedrängten Glaubensgenossen in der Nähe und Ferne anzunehmen. Aber auch sonst ließ er keine Gelegenheit ungenutzt, um sich als Schirmherr der Protestanten zu erweisen, wo dieselben immer des Schutzes bedurften. Wiederholt legte er beim Kaiser für die schlesischen Protestanten Fürbitte ein, die unter den härtesten Bedrückungen zu leiden hatten. Ebenso nahm er sich der bedrückten Glaubensgenossen in Polen an. Er ließ für sie im Brandenburgischen und Preußischen Sammlungen veranstalten und setzte große Summen aus, um durch gelehrte Theologen litauische Übersetzungen der Bibel und des Katechismus anfertigen zu lassen. Die hochherzigste That seiner Regierung war die Aufnahme der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten. Kaum hatte er durch seinen Gesandten in Paris Kunde erhalten, daß den Hugenotten die früher zugesagte Glaubensfreiheit am 22. Oktober 1685 aufgehoben worden sei, so beantwortete er diese Gewaltmaßregel schon am 28. Oktober mit dem „Edikt von Potsdam," worin er die französischen Protestanten einlud, sich in sein Land zu retten, und ihnen Schutz und Unterstützung jeder Art verhieß. Es kamen ihrer 20 000, fleißige, geschickte und gebildete Leute, die sich in den brandenburgischen Staaten und besonders in der „französischen Kolonie" zu Berlin ansiedelten. Alle Gebiete des gewerblichen Lebens der Hauptstadt und des ganzen Landes erfuhren durch die französischen Einwanderer eine nachhaltige und den Wohlstand des ganzen Landes hebende Förderung, in allen Zweigen des Staatsdienstes, aus allen Gebieten der Wissenschaft haben sie Großes geleistet. Iii. Der Große Kurfürst als Staatsmann und Feldherr. Eine bedeutende Anlage als Staatsmann bewies Friedrich Wilhelm bei den Verhandlungen im westfälischen Frieden und dessen Errungenschaften, später aber erlitt seine Staatskunst durch die Schliche des habsburgischen Kaiserhauses mehrfache Niederlagen. Er hat sich an zwei Kriegen beteiligt: 1. Am schwedisch-polnischen Kriege 1656—1660. In dem Kriege zwischen Schweden und Polen, dessen König seine Hand nach der schwedischen Krone ausstreckte, unterstützte Kurfürst Friedrich Wilhelm, dem weder ein mächtiges Schweden noch ein mächtiges Polen
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