Die heiligc Elisabeth.
185
wurde doch am Hofe des Landgrafen über sie gespottet. Selbst
ihre künftige Schwiegermutter, die sonst so liebenswürdige und
geistvolle Landgräfin Sophie, war darüber unzufrieden, und es
bildete sich bald ein ganzer Verein von Feinden, welche gegen die
arme Prinzessin Ränke schmiedeten. „Höre," sa-gte einst die Land-
gräfin, „du paßtest besser unter dienende Mägde, als unter herr-
schende Fürstinnen." Elisabeth hörte diese und andere Kränkun-
gen geduldig an; es betrübte sie zwar, so verkannt zu werden,
aber sie tröstete sich mit ihrem reinen Bewußtsein und stellte die
Zukunft Gott anheim. Und dieser sorgte auch wirklich für sie.
Bisher hatte ihr Verlobter ihr täglich ein kleines Geschenk ge-
macht. Einmal unterließ er dies und sogleich benutzten das die
Höflinge, sie bei dem Landgrafen zu verleumden; ja, sie waren
so boshaft, ihr zu verstehen zu geben, daß er sie nicht mehr liebe.
Während ihre heimlichen Feinde so daraus dachten, sie vom Hofe
zu entfernen und sie dem jungen Landgrafen zu verleiden, er-
weckte ihr Gott einen Freund in der Noth, den edeln Walther
von Vargila, der zu der Gesandtschaft, die sie aus Ungarn nach
Thüringen begleitet, gehört hatte. Er hatte immer im Stillen
ihre ungeheuchelte Frömmigkeit bewundert, und da sie dem alten
Manne jetzt ihre Herzensangst klagte, entschloß er sich, für sie zu
handeln. Auf einer Reise, die er mit dem Landgrafen machte,
näherte er sich diesem und fragte ihn feierlich: „Wozu seid Ihr
entschlossen: Euch mit des Königs Andreas Tochter zu vermäh-
len, oder sie ihrem Vater zurückzusenden?" Da zeigte Ludwig
auf einen Berg, der vor ihnen lag, und sprach: „Siehe diesen
Berg! wenn er vom Fuße bis zur Spitze von Gold wäre, so
würde ich ihn dennoch verschmähen um meiner verlobten Braut
willen. Mögen Andere über sie denken, was sie wollen, ich tiebe
meine Elisabeth einmal und ziehe sie allen Andern vor." —
„Darf ich ihr das verkündigen?" fragte Vargila — „Thue es,"
antwortete der Landgraf, „und reiche ihr dies Geschenk." Es war
ein doppelter Taschenspiegel, mit einer metallenen Einfassung und
dem Bilde des gekreuzigten Jesus geziert. Wie freute sich Elisa-
beth über dies Geschenk, noch mehr aber über die Nachricht, von
der es begleitet wurde.
Die Erklärung des Landgrafen hatte, wie es an Höfen zu
geschehen pflegt, das Benehmen der Höflinge plötzlich geändert.
Jetzt schwiegen sie und stellten sich wieder freundlich gegen Elisa-
beth, die auch, sobald sie l4 Jahre alt war, ihre Vermählung
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Extrahierte Personennamen: Sophie Elisabeth Walther
von_Vargila Andreas Ludwig Ludwig Vargila
278
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
Albrechts Ii. Sohn, der junge L ad is l aus, der nach seines
Vaters Tode König von Böhmen geworden war, wurde auch von
einem Theile der Ungern zum König gewählt. Da er aber noch
unmündig und daher unter der Aussicht seines Vormundes, Frie-
drichs Iii., war, so verlangten sie, der Kaiser solle den jungen
König und die ungarische Krone ihnen herausgeben, und da er
das nicht wollte, so fielen sie mehrere Jahre hintereinander in
Oestreich ein und verwüsteten das Land. Der träge Kaiser ließ
das ruhig geschehen; er saß indessen in Wienerisch-Neustadt und
pflegte seine Blumen, als wenn ihn der Krieg gar nichts anginge.
Endlich halfen sich die Oestreicher selbst; sie boten den Landsturm
auf und jagten die Ungern über die Grenze; aber vor ihrem
Kaiser konnten sie keine Achtung haben.
Zuletzt brach ein förmlicher Aufruhr gegen ihn aus. Er
hatte nämlich seine Söldlinge entlassen; diese aber blieben, weil
er ihnen ihren Sold nicht gegeben hatte, beisammen und plün-
derten das Land aus. Das erregte natürlich allgenieines Murren.
Eyzin ger, einst Albrechts Liebling, der ihn aus gemeinem Stande
zum Baron erhoben hatte, stellte sich an die Spitze der Unzufrie-
denen. Aber Friedrich gab nicht nach; im Gegentheil ließ er den
jungen Ladislaus, dessen Auslieferung die Empörer verlangten,
in noch sicherern Gewahrsam bringen, und reiste, als wenn ihn
die Unruhen nichts angingen, nach Italien, wo er sich mit der
portugiesischen Prinzessin Eleonora vermählte und sich in Rom
krönen ließ. Als er zurückkam, wurde er in Wienerisch-Neustadt
von den Unzufriedenen belagert und nicht eher freigelassen, bis
er den jungen König herausgegeben hatte, den nun die Böhmens
Oestreicher und Ungern mit Frohlocken als ihren Herrn aufnah-
men. Ladislaus nahm nun seine Residenz in Wien, und ließ
Oestreich — denn dem Kaiser gehörte nur Oberöstreich — durch
den Grafen Ulrich von Cilley, Böhmen durch Georg von
Podiebrad, und Ungarn durch Johann Corvin Hunyad,
der damals (1452) noch lebte, als Statthalter regieren.
Aber die Ruhe dauerte nicht lange. Des Kaisers Bruder
Albrecht, der Verschwender genannt, ein unruhiger und habsüch-
tiger Mensch, hetzte die Wiener gegen den Kaiser auf. Dieser
versprach, sich mit ihm zu besprechen und deshalb nach Wien zu
kommen, schickte auch seine Frau Eleonore und seinen Sohn Maxi-
milian dahin ab. Kaum aber waren diese angekommen, so er-
regte der Pöbel einen Aufruhr. Friedrich, statt schnell den Sei-
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Extrahierte Personennamen: Albrechts Albrechts Albrechts Albrechts Friedrich Friedrich Ladislaus Eleonora Ladislaus Ladislaus Oestreich Ulrich_von_Cilley Georg_von
Podiebrad Johann_Corvin_Hunyad Johann Albrecht Albrecht Eleonore Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oestreich Wienerisch-Neustadt Italien Rom Wien Ungarn Wien
296 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
aber zeigte nun jenen Brief der Herzogin. Allerdings war ein
arger Widerspruch zwischen den Erklärungen dieses Briefes und
den Worten Maria's an die Genter. Erzürnt eilten diese in
ihre Stadt zurück, wo Maria sich eben befand, und ohne alle
Schonung für die Jugend und Hülflosigkeit der Fürstin beschäm-
ten sie dieselbe durch öffentliche Darlegung der Sache. Aber da-
mit waren die Genter nicht zufrieden; ihr Grimm verlangte ein
Opfer und jene beiden Räthe Maria's, Hugonet und Jmbercourt,
wurden dazu ausersehen. Man nahm sie gefangen, klagte sie
verschiedener Verbrechen an; doch die wahre Ursache der Ver-
folgung blieb wegen des Mangels an gehörigen Gründen ver-
schwiegen. Der Proceß war ja nur ein Vorwand, um das To-
desurtheil zu erlangen. Es wurde wirklich über die Schuldlosen
ausgesprochen; man führte sie zum Schaffet. Maria war bei
dieser Nachricht außer sich vor Schmerz; es trieb sie fort, die
treuen Diener zu retten. Schmucklos, wie die Schreckenskunde
sie getroffen, in Trauerkleidern, das lange Haar nur mit einer
einfachen Binde umgeben, so eilte sie auf den Marktplatz. Mit
thränendem Auge, mit emporgehobenen Händen flehte sie um
das Leben ihrer Minister. Ihre rührenden Bitten fanden bei
einem Theile des Volkes Eingang; ein anderer Theil wollte von
Mitleid und Gnade nichts wissen und tobte fort. Schon drohte
der Parteikampf auszubrechen, schon senkten sich die Piken und
Lanzen zum blutigen Vürgerzwiste; da riefen die Hartnäckigen
den Henkern ans dem Schaffot zu, rasch ihre Pflicht zu thun.
Und so mitten in dem Tumulte fielen die Köpfe der zwei Mini-
ster. Maria wurde ohnmächtig nach Hanse getragen.
Ludwig Xi. hatte durch seine listige Anzettelung dieser Er-
eignisse wahrscheinlich einen Nutzen für sich ans einem möglichen
Zwiespalt Maria's mit den Städten herbeiführen wollen, aber
dies Mal hatte sich der Ueberfeine selbst geschadet. Maria faßte
einen unüberwindlichen Widerwillen gegen den falschen König,
und als er lfür seinen Sohn, den neunjährigen Dauphin, um
Maria's Hand anhielt, verweigerte sie das Bündniß und Ludwig
erhielt die Antwort: Maria brauche zum Gemahl einen Mann
und kein Kind. Dagegen wurden die kaiserlichen Gesandten besser
empfangen, als sie kamen, die Werbung für den Erzherzog Maxi-
milian zu erneuern. Sie zeigten jenen Brief Maria's und den
Ring vor, und erinnerten sie an ihr früheres Versprechen. „Ich
erinnere mich dessen," antwortete sie; „ich habe ihn damals zum
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Grimm Maria Maria Maria Maria Ludwig_Xi Ludwig Maria Maria Ludwig Ludwig Maria Maria
4
Mittlere Geschickte. 1. Periode. Griechen.
auf ihren Mann ausübt. Seine Frau hieß Antonina.
Sie war in niederm Stande geboren und nur durch ihre große
Schönheit und Klugheit immer höher gestiegen, bis sie endlich die
Frau des Belisar wurde. Ueber diesen Kriegsmann, vor dessen
Befehlen ganze Heere zitterten, übte sie nun eine schimpfliche Herr-
schaft aus. Denn sie liebte ihn nicht einmal, sondern hinterging
ihn, wo sie nur konnte, und wenn er manchmal hinter ihre Ränke
kam und sie bestrafen wollte, so wußte sie ihn nicht nur gleich
wieder zu besänftigen, sondern sich auch so unschuldig zu stellen,
daß er sie noch dazu um Verzeihung bat urtb froh war, wenn
sie nur wieder freundlich aussah. Mit der Kaiserin Theodora,
die um nichts besser war, war sie innig befreundet. Einmal fiel
Belisar wegen freier Aeußerungen über den Kaiser bei diesem und
der Theodora in Ungnade, und wurde, als er eben siegreich ans
einem Kriege zurückkehrte, mit größter Kälte empfangen, worauf
sich Alles von ihm zurückzog und bei Hofe ihm Jeder verächtlich
auswich. Außer sich vor Schmerz kehrte er Abends in seinen
Palast zurück und hoffte au der Brust seiner lieben Antonina
seine Betrübniß ausweinen zu können. Aber diese ließ sich krank
melden, während sie vor seinen Augen in einem Säulengange
trillernd auf und ab ging! Mit Kummer und Angst ringend,
warf sich Belisar ans sein Bett und wünschte den Tod herbei.
Da wurde ihm ein Bote von der Kaiserin gemeldet, der ihm einen
Brief überbrachte. Er öffnete diesen mit banger Neugier und
las: „Du weißt, wie sehr du meine Unzufriedenheit verdient hast.
Aber die Antonina hat Verdienste um mich. Ihren Fürbitten
habe ich dein Leben zugestanden, und ich erlaube selbst, daß du
einen Theil deines Vermögens behältst." Da sprang der sonst so
große Kriegsheld mit ausgelassener Freude auf. Er warf sich vor
seiner Frau nieder, küßte ihre Füße, nannte sie ein Mal über das
andere seine Retterin und versprach, zeitlebens ihr dankbarer und
gehorsamer Sklave zu sein! — Späterhin fiel er noch einmal
in Ungnade, und da erzählt man gar, er habe, mit dem Undanke
und der Ungnade des Kaisers belastet, als blinder Bettler von
Thüre zu Thüre schleichend, sein Brod erbetteln müssen. Gewiß
ist, daß er mit vor Kummer über die vielen Kränkungen starb.
Von Justinian ist noch zu bemerken, daß er die schöne So-
phienkirche in Constantinopel aufbaute, die noch steht und setzt
die Hauptmoschee der Türken ist. Schon Constantin hatte eine
Sophienkirche erbaut; aber sie brannte ab. Da machte sich In-
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Cola di Rienzi.
225
die Stadt und schloß sich in die Engelsburg ein. Drei Tage
darauf kehrten die Barone nach Rom zurück und der frühere
Zustand der Gesetzlosigkeit trat wieder ein.
Cola hielt sich einen Monat in der Engelsburg auf; dann
ging er insgeheim fort und wandte sich nach Deutschland an
Kaiser Karl Iv., den er in Prag fand und für die Befreiung
Roms zu begeistern suchte. Aber Karl hatte für nichts Sinn,
als was ihm unmittelbaren Vortheil versprach. Er ließ im
Gegentheil den Tribun greifen und schickte ihn, nachdem er ihn
in Prag im Gefängnisse schmachten lassen, von zwei Häschern
begleitet, nach Avignon an Papst Clernens Vi. Ohne Zweifel
hätte ihn dieser mit Gefängniß oder am Leben bestraft, wenn er
nicht bald daraus gestorben wäre. Der folgende Papst (Jnno-
cenz Vi.) beschloß, den Einfluß Cola's zu benutzen, um die im
Kirchenstaate herrschenden Edeln sich wieder zu unterwerfen. Er
sandte ihn (1354) mit einem Cardinallegaten nach Rom zurück. So-
bald sich hier das Gerücht verbreitete, daß Cola di Rienzi sich der
Stadt nähere, eilten die Römer, eingedenk der Ruhe und Sicher-
heit während seiner Verwaltung, ihm haufenweise nach Monte-
fiascone entgegen und luden ihn dringend ein, recht bald nach
Rom zu kommen, wo die allgemeine Liebe ihn erwarte. Cola
kam, und lauter Jubel empsing ihn; denn man hatte seine thö-
richte Eitelkeit vergessen und nur für die Segnungen seiner Ver-
waltung das Gedächtniß bewahrt.
Aber die Freude dauerte nicht lange. Die Erfahrung und
Abwesenheit hatten ihn nicht gebessert; seine Eitelkeit und Prahl-
sucht waren geblieben Dazu war es schwer, zugleich den Wün-
schen des Volks und denen des päpstlichen Legaten zu genügen.
Es fehlte ihm an Geld, seine Soldaten zu bezahlen, und da er
das Volk besteuern mußte, entstand allgemeine Unzufriedenheit.
Eines Tages erhob sich das Volk in zwei Vierteln der Stadt,
durchzog unter dem Ruse: „Viva il popolo! A basso il tradi-
tore Cola di Rienzi!“ (Es lebe das Volk; nieder mit dem Ver-
räther Cola di Rienzi!) die Straßen und wandte sich nach
dem Capitol, wo der Palast des Tribuns stand. Kaum zeigte
sich hier der drohende Hause, als die Minister, die Diener, selbst
die Wachen den Tribun verließen. Durch drei Personen, die ihm
in der Stunde der Roth allein treu blieben, ließ er die Thore
des Palastes schließen. Das wüthende Volk legte Feuer an.
Während dessen warf sich Cola in seine Ritterrüstung, ergriff die
Weltgeschichte für T-üchler Ii 14. Aufl. 15
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv. Karl_Iv. Karl Karl Clernens
Extrahierte Ortsnamen: Engelsburg Rom Engelsburg Deutschland Prag Prag Avignon Rom Rom Roth
290
Mittlere Geschichte, 3. Periode, Deutschland.
wig stand nun am Ziele seines Strebens nach uneingeschränkter
Königsgewalt. Sein Hauptfeind war todt, dessen Macht zerbro-
chen, die übrigen großen Vasallen Frankreichs' waren entweder
ermordet oder eingeschüchtert. Aber welche Ränke und Treulo-
sigkeit, wie viel blutige Thaten und gebrochene Eidschwüre lagen
auf dem Wege dieses Königs! So ließ er nach Karl des Kühnen
Tode den Herzog von Nemours aus Rachgier hinrichten und
zwang die Kinder desselben unter dem Schaffot zu stehen, um von
des Vaters Blute beträufelt zu werden. Dem Schicksal aller
treulosen Tyrannen — einer stets wachsenden, peinigenden Furcht
und dem quälenden Mißtrauen gegen alle Menschen — ist Lud-
wig Xi nicht entgangen. In den letzten Jahren seines Lebens
schloß er sich in die Burg Plessis bei Tours ein. Um dieselbe
ließ er ein starkes Eisengitter ziehen, aus die Mauern eiserne
Stacheln einsenken und vier kleine Bollwerke in den Gräben um
das Schloß aufführen. Jedes war mit zehn Schützen besetzt,
welche den Befehl hatten sogleich zu schießen, wenn sich Jemand
in der Nacht nähere. Dort nun lebte er gleich einem Gefange-
nen; Wenige durften ihn sehen. Um sein Dasein aber bemerklich
zu machen, ließ er sich allerhand fremde Thiere aus allen Län-
dern bringen; auch kleidete er sich, gegen seine frühere Gewohn-
heit, jetzt sehr reich, um seine große Magerkeit zu verbergen. Mit
empörender Härte sperrte er die Opfer seines Argwohns in ei-
serne Käfige von 4 Ellen Breite und Manneshöhe. Seine Die-
ner behielt er nur sehr kurze Zeit und sein vertrauter Arzt, Ja-
kob Collier, gewöhnlich Meister Olivier genannt, ein sehr niedri-
ger Mensch, entging dem Schicksal fortgeschickt zu werden, nur
dadurch, daß er dem Könige ins Gesicht sagte: „Ich weiß wohl,
daß mich Ew. Majestät auch eines Morgens fortschicken wird,
wie Sie es mit den Andern machen, aber dann werden Sie nicht
acht Tage mehr leben." — Der König erschrak; denn das war
das Seltsame bei diesem doch so scharfsinnigen und rücksichts-
losen Tyrannen, daß er abergläubig war und die Gebräuche der
Kirche äußerlich sehr genau erfüllte. Als ob der Schein der Fröm-
migkeit den Mangel eines rechtschaffenen Lebens ersetzen könnte!
Er starb nach längerer Kränklichkeit 1483 und hat seinen Nach-
folgern das schlimme Beispiel treuloser und selbstsüchtiger Politik
hinterlassen.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ellen_Breite Olivier
331
\
Colombo's vierte Reise.
wurde ihnen, als sie am Abend die Helle Mondscheibe sich ver-
finstern sahen! Voll Angst und Schrecken brachten sie ihm nun
Lebensmittel in Menge und baten ihn nur, seinen Gott wieder
zu besänftigen. — Endlich — endlich! welche Freude! Mendez
und Fiesco erschienen wieder. Nach 10 Tagen der Angst und
Gefahr waren sie nach Haiti gekommen, und Ovando hatte sich
endlich bewegen lassen, ihnen ein Schiff mitzugeben. Acht Mo-
nate waren sie von Jamaica abwesend. Geschwind schifften sich
Alle nach Haiti ein. Daß es hier aber dem Colombo ganz un-
heimlich vorkam, kann man ihm nicht verdenken. Er kannte ja
Ovando's feindselige Gesinnung, und wie mußte es ihn kränken,
daß ein Anderer da herrschte, wo er mit Fug und Recht allein
zu gebieten hatte. Mit dem ersten Schiffe, welches nach Europa
absegelte, fuhr er nach Spanien zurück.
Diese seine vierte Reise war seine letzte. Sobald er ans
Land stieg, erhielt er gleich eine recht betrübende Nachricht. Die
Königin Jsabella war gestorben (1504). Sie war seine große
Gönnerin gewesen und hatte ihn noch am meisten gegen seine
Feinde geschützt. Mit ihr schwand auch seine letzte Hoffnung.
Bald zeigte sich auch, wie sehr ihm Jsabella's Fürsprache fehlte;
denn so oft er auch dem Könige Bittschreiben überreichte, in
denen er um Belohnungen und um Anstellung als Statthalter
bat, so erhielt er doch kaum eine Antwort. Es schien, als könnte
man sich bei Hofe kaum noch seiner erinnern, und Ferdinand,
der es überhaupt mit seinen Eiden nicht so genau nahm, brach
auch ihm die so oft ertheilten Versprechungen Dieser Undank
zernagte endlich den Lebensfaden des braven Colombo. Er
starb 1506, 59 Jahre alt. Sein Leichnam wurde nach Haiti
gebracht und in der Kirche St. Domingo beigesetzt. Jetzt steht
er in einer Kirche von Havannah aus Cuba.
Billig sollte Amerika von seinem Entdecker Colombo den
Namen führen und also Columbia heißen. Aber es hat den
Namen erhalten von einem florentinischen Edelmanne, Amerigo
Vespncci (sprich Wesputschi), der zwischen Colombo's zweiter
und dritter Reise von einem gewissen Alsonso de Ojeda, der den
Colombo auf seiner zweiten Reise begleitet hatte, mitgenommen
wurde. Vespncci war ein erfahrener Seemann, und wirklich
kamen sie auf ihrer Fahrt, die 17 Monate dauerte, noch weiter,
als Colombo gekommen war, und landeten auf dem festen Lande
von Südamerika. Denn der König von Spanien hatte Jedem
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Amerigo
Vespncci Alsonso_de_Ojeda
Extrahierte Ortsnamen: Haiti Jamaica Haiti Colombo Europa Spanien Colombo Haiti Cuba Amerika Colombo Columbia Colombo Colombo Südamerika Spanien
1789-1861.
Erste Periode.
Von dem Anfange der französischen Revolution bis zur
Erhebung Bonaparte's zum Cónsul, (1789—99).
113. Ausbruch der französischen Revolution.
26ie große Begebenheiten die Geschichte auch enthält, so zeigt
sie doch kein größeres und gewaltigeres Ereigniß auf, als die
französische Revolution, durch welche die älteste Monarchie Eu-
ropas umgestürzt und fast alle benachbarte Staaten in Mit-
leidenschaft gezogen wurden! Wenn es auch Anfangs schien, als
betreffe sie nur Frankreich, so haben sich doch ihre Folgen über
einen großen Theil der Erde ausgebreitet und der jetzige Zustand
auch unsers Deutschlands würde ohne sie ein ganz anderer sein.
Die Ursachen dieser großen Staatsumwälzung Frankreichs
liegen meist in der früheren Zeit. Ludwig Xiv., welcher mehr
als 70 Jahre regierte (1643—1715), hatte durch seine vielen Er-
oberungskriege und seine Verschwendung das Land in große
Schulden gestürzt. Diese wurden unter seinem Urenkel und Nach-
folger Ludwig Xv. (1715—74), einem höchst leichtsinnigen und
unthätigen Könige, noch bedeutend vermehrt; denn er überließ
die Regierung seinen Ministern und ließ sich von nichtswürdigen
Weibern leiten. Eine derselben, die Marquise von Pompadour,
plünderte das Reich 20 Jahre lang, und eine andere, die schänd-
liche Dubarry, kostete Frankreich in fünf Jahren 45 Millionen
Thaler. Ja, der König trieb sogar einen schändlichen Wucher
mit Korn, setzte einen hohen Preis fest, unter welchem es nicht
verkauft werden durfte, und bezahlte die Beamten in Papiergeld
statt mit baarem Gelde. Die Verzweiflung der ärmeren Classen
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Aust. 1
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Tschechs Attentat.
189
gen" worin mit scharfer Sprache die Einführung von „General-
ständen" für die ganze Monarchie als ein Recht des Volks dar-
gestellt wurde, welches dasselbe mit aller Entschiedenheit in An-
spruch nehmen 'müsse. Diese Schrift gab den Anlaß -zu einer-
großen Bewegung in allen Theilen der Monarchie, indeul ein
großer Theil der gebildeten Classen sich von der Wahrheit jener
Ausführung überzeugt hielt, und besonders in Königsberg, Berlin
und Breslau auch von den städtischen Behörden der Wunsch nach
der Einrichtung einer allgemeinen Landesvertretung bald sehr
laut ausgesprochen wurde. Auch bei den bald darauf zusammen-
berufenen Provinziallandtagen, deren weitere Entwickelung dem
König, wie die ihnen gemachten Vorlagen bewiesen, aufrichtig
am Herzen lag, trat in Preußen, am Rhein und besonders in
Schlesien, ein ungestümes Drängen nach durchgreifenden Aende-
rungen hervor, welches der König hier und da mit entschiedenen
Worten in bescheidenere Schranken zurückwies. Einzelnen Wün-
schen verhieß er jedoch eine nahe Erfüllung, und milderte be-
sonders in Bezug auf die Presse die bisherige Strenge. Bei der
Grundsteinlegung zur Wiederaufnahme des seit drei Jahrhun-
derten unterbrochenen Dombaues in Cöln fand der König
auch Gelegenheit, seine Begeisterung für die Idee der deutschen
Einheit in beredten Worten kund zu geben, welche weithin in
Deutschland Wiederhall fanden. Auch versuchte er es, gemeinsam
mit Oestreich Einrichtungen beim deutschen Bunde zu treffen,
welche jener Idee mehr entsprächen; doch trat hiervon kein Erfolg
zu Tage.
Im Jahre 1844 geschah in Preußen ein hier bisher uner-
hörtes Verbrechen, ein Mordversuch auf die Person des Königs.
Am 26. Juli, als Friedrich Wilheün eben mit seiner Gemahlin
in den Wagen stieg, um eine Reise nach Schlesien anzutreten,
schoß ein ehemaliger Bürgermeister, Tschech, ein Doppelpistol
auf den König ab. Die Schüsse gingen durch die Kleider des
Königs in den Wagen, aber die Vorsehung hatte über das Leben
desselben gewacht: er war unverletzt. Kaum war die Wuth der
Umstehenden zu bezähmen, daß sie nicht sofort ein Strafgericht
über den Missethäter ergehen ließen. Bei der Untersuchung ergab
sich, daß die That ein Schritt der Privatrache wegen vermeint-
licher Zurücksetzung war; Tschech büßte sein Verbrechen auf dem
Blutgerüste. Im ganzen Lande gab sich bei Gelegenheit der
wunderbaren Errettung des Königs das Gefühl der Liebe und
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Extrahierte Personennamen: Tschechs Oestreich Friedrich_Wilheün Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Berlin Breslau Rhein Schlesien Deutschland
Graf Forgach. O'donnell. Krieg mit Marokko.
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Der an Stelle Vay's berufene Hofkanzler, Graf Forgach,
lieh dieser Absicht der Regierung seine Kenntniß der ungarischen
Verhältnisse, seinen guten Willen und seine Energie.
Jedenfalls ist aber der polyglotte Kaiserstaat durch die Propa-
ganda des Nationalitätsprincips, welches zunächst in Italien sich
durchzusetzen strebt, indeß durch eine arglistige Politik als Gäh-
rungsstoff auch nach andern Ländern verpflanzt wurde, schwer
bedroht. Doch ist zu hoffen, daß die zähe Lebenskraft dieses
Staates ausreichen wird, Gefahren zu überwinden, welche mit
ihm zugleich die germanische Welt bedrohen. Denn wie der
Slavismus sich in Rußland zu neuem Leben emporzuraffen strebt,
so ist der Romanismus plötzlich aus denk Schlummer erwacht,
und zwar nicht blos in Italien. Auch Spanien hat sich empor-
gerafft und strebt mit gutem Erfolge danach, eine seiner frühern
politischen Bedeutung nicht unwürdige Stellung unter den Mäch-
ten einzunehmen.
Spanien, welches erst in Folge einer langen Mißregierung
politisch und wirthschaftlich ruinirt war, das seine Kraft im Bür-
gerkriege erschöpfte und das endlich siegreiche constitutionelle Sy-
stem nur dazu benutzte, um dem persönlichen Interesse zu dienen,
hatte bisher ein klägliches Bild dargeboten. Es machte Revo-
lutionen ebenso wie der Schlafende, welcher lange auf einer Seite
gelegen hat, sich einmal auch auf die andere Seite legt, und man
konnte mit Recht sagen, daß kein Mann von Bedeutung in Spa-
nien lebt, welcher nicht sich verschwört, so lange er außer dem
Amte ist, um dahin zu gelangen.
Indeß scheint O'donnell (Graf von Lucana), nachdem er die
beiden früheren Nebenbuhler Espartero und Narvaez erst einen
nach dem andern erhoben und verdrängt hat, der Mann zu sein,
Stetigkeit und somit Kraft in die Regierung zu bringen; ja er
hat die Mittel gefunden, Spanien durch eine das National- und
religiöse Gefühl der Spanier gleich sehr befriedigende Expeditiokk
den öffentlichen Geist zu heben, dem Volke Selbstvertrauen ein-
zuflößen und ihm die Achtung des Auslandes zu gewinnen.
Spanien gerieth 1859 in Krieg mit Marokko, weil die
kleine spanische Besatzung in Afrika gegenüber von Gibraltar von
den räuberischen Stämmen der Umgegend überfallen und miß-
handelt worden war, ohne daß Marokko Entschädigung und eine
Garantie gegen Wiederholung ähnlicher Unbilden geben wollte.
Der Krieg wurde von O'donnell siegreich geführt; er eroberte
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