132
Das Veilchen vor Frost erstarrt: Die Thränen gefrieren darauf zu Eis:
Es zappelt mit allen Würzlein, „Ach! wär' ich geblieben im Thale dort!"
Bedeckt sie mit dem grünen Schürzlein, Das war Blau-Veilchens letztes Wort.
Friert sehr an Händen und Beinen; D'rauf sank es um und blieb stumm. —
Da fängt's bitterlich an zu weinen; Hast du im Thal ein sichres Haus,
Die blauen Bäckchen werden weiß; Dann wolle nie zu hock hinaus^
(Förster.)
38. Räthsel.
Den sich der Ritter Zum Eigenchume,
Legt bei zum Ruhme, Und wächst im Garten
Gehört 'nem Vogel Als eine Blume.
(Rück-rt.)
39. Die Sonnenblume.
Die Sonnenblume liebt das Lickt,
Sie will sich stets zur Sonne drehen:
So mußt du Gottes Angesicht,
Willst du nicht irren, auch ansehen.
60. Rosen und Vergißmeinnicht.
An dem Silberquellchen,
Das durch grünes Moos
.Seine muntern Wellchen
Hell und klar ergoß,
Saß ein Hirtenmädchen,
Sanft geschützt vom Grün
Zarter Erlenblättchen
Vor der Sonne Glüh'».
Wie im Paradiese
Froh und hoch beglückt,
Hatte auf der Wiese
Blumen sie gepflüä;
Unter Blumenträumen
Schlummerte sie ein,
Und auf allen Bäumen
Sangen Vögeletn.
Träumend sah voll Freude
Sie — gar hold und schön, —
Im schneeweißen Kleide
Einen Engel stch'n. —
Seine Locken kränzten
Rosen, hell wie Licht,
In der Rechten glänzten
Ihm Vergißmeinnicht.
„Ich, der Unschuld Engel,"
Sprach er, „dir gesandt,
Biet' durchs Thal der Mängel
Traulich dir die Hand.
Soll ich nun auf deine
Wege Rosen streu'n,
So, du gute Kleine,
So — Vergiß nicht mein!"
(Chr. Schmid.)
61. Blumenklagen.
Die Blumen im Felde klagen:
O ständen wir droben im Wald!
Wo schattig die Bäume ragen,
Welch glücklicher Aufenthalt!
Die Blumen im Walde weinen:
O wären wir drunten im Haag:
Wie säh'n wir die Sonne scheinen
So herrlich den ganzen Tags
(A. Schutts.)
62. Hanf und Flachs.
Diese beiden Gewächse, welche in Deutschland fast allenthalben
angebaut werden, verdanken ihre Verbreitung weder ihrer Blüthe, noch
ihren Früchten, sondern ihrem Stengel. Dieser enthält nämlich zähe
Fasern (Bast), welche, nachdem sie von den spröden, holzigen Scha-
len befreit sind, biegsame Fäden geben, die sich spinnem lassen.
Welchen unendlichen Nutzen diese gewähren, kann sich jeder selbst auf-
zählen, wenn er an die Waaren des Seilers, an die Fäden,
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
194
Wohl ist auch jetzt vom Siege er wieder heimgekehrt,
Doch nicht des Reiches Feinden hat mächtig er gewehrt;
Es ist der eigne Bruder, den seine Waffe schlug,
Der dreimal der Empörung blutrothes Banner trug.
Zu Quedlinburg vom Dome ertönt die Mitternacht.
Vom Priester wird das Opfer der Messe dargebracht,
Es beugen sich die Kniee, es beugt sich jedes Herz,
Gebet in hcil'gcr Stunde steigt brünstig himmelwärts.
Da öffnen sich die Pforten, es tritt ein Mann herein.
Es hüllt die starken Glieder ein Büßerhemde ein —
Er schreitet auf den Kaiser, er wirft sich vor ihni hin,
Die Knie er ihm umfasset mit tiefgebeugtem Sinn.
„O Bruder, meine Fehle, sie lasten schwer auf mir;
Hier liege ich zu Füßen, Verzeihung flehend, dir:
Was ich mit Blut gesündigt, die Gnade macht es rein,
Vergicb, o strenger Kaiser, vergieb, du Bruder mein!"
Doch strenge blickt der Kaiser den sünd'gen Bruder an:
„„Zweimal hab' ich vergeben, nicht fürder mehr fortani
Die Acht ist ausgesprochen, das Leben dir geraubt,
Nach dreier Tage Wechsel da fällt dein schuldig Haupt.""
Bleich werden rings die Fürsten, der Herzog Heinrich bleich, '
Und Stille herrscht im Kreise, gleich wie im Todtenrcich,
Man hätte mögen hören jetzt wohl ein fallend Laub,
Denn keiner wagt zu wehren dem Löwen seinen Raub.
Da hat sich ernst zum Kaiser der fromme Abt gewandt,
Das ew'ge Buch der Eüchcr, das hält er in der Hand,
Er lies't mit lautem Munde der Worte heil'gen Klang,
Daß es in aller Herzen wie Gottes Stimme drang.
„Und Petrus sprach zum Herren: Nicht so? Genügt ich hab'.
Wenn ich dem sünd'gen Bruder schon siebenmal vergab?
Doch Jesus ihm antwortet: Nicht siebenmal vergieb,
Nein, siebcnzig mal sieben, das ist dem Vater lieb." —
Da schmilzt des Kaisers Strenge in Thränen unbewußt,
Er hebt ihn auf, den Bruder, er drückt ihn an die Brust;
Ein lauter Ruf der Freude ist jubelnd rings erwacht —
Nie schöner ward begangen die heil'ge Weihenacht.
(Mähler.)
Otto's Nachfolger: Otto U. und Otto Iii. starben früh und mit Heinrich Ii..
dem Heiligen, erlosch das sächsische Haus (1024). Es folgten jetzt
•wieder Kaiser aus dem fränkischen (salischen) Geschlechte: Üoürad Ii.,
Heinrich Iii, Iv- u. V., welche ein Jahrhundert lang (von 1024—1125) die
Kaiserkrone trugen. Der Stammvater dieser Kaiserreihe war Konrad der
Rothe, Graf des Worms-, Speyer- und Nahegaues, dessen Macht
sich über den grössten Theil der spätern pfälzischen Lande ausdehnte.
Graf Konrad der Rothe war vermählt mit der Tochter Kaiser 01to’s I.
Er fiel als Held in der furchtbaren Ungarnschlacht (055) und wurde
in Worms, seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort, begraben. Sein Sohn
hiess Otto. Von Otto s Söhnen, den Enkeln Konrad’s des Rothen, die sich in
die Güter des Speyer- und W o r m s gau e s theilten, hinterliess jeder einen
Sohn, welcher Konrad hiess. Nach dem Aussterben des sächsischen
Hauses bewarben sich diese beiden Vettern: Herzog Konrad von Fran-
ken und Graf Konrad bei der Kai«erwähl um die Kaiserkrone. Herzog
Konrad erhielt die meisten Stimmen und regierte als Soqfäd ü. von
1024—1039 als deutscher Kaiser.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_bleich Heinrich Otto Otto Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Iii Heinrich Konrad_der
Rothe Konrad Konrad_der_Rothe Konrad Otto Otto Konrad Konrad_von_Fran- Konrad Konrad Konrad Konrad Konrad
177
ewiges Leben nach dem Tode in Walhalla, wo die trefflichen Hel-
den m Gemeinschaft mit den Göttern, angethan mit ihrem Waffenschmuck,
Bier aus großen Hörnern oder aus den Hirnschalen erschlagener Feinde
trinken, sich auf ihren Streitrossen an Kampfspielen erfreuen und sich
durch das Andenken wohlbestandener Kämpfe beseligt fühlen würden.
Die Feigen, Bösen kamen in die Hela (Hölle).
Die Priester, Druiden, wurden, als die Diener der Götter, hoch
geachtet und waren im Besitz von mancherlei Kenntnissen, auch der so-
genannten Runenschrift. Als die Lehrer, die Weisen, die Ärzte
des Volkes belehrten sie ihre Schüler über den Lauf der Gestirne, über
die Größe der Welt und über die Natur der Götter, Menschen und
aller Dinge. Sie waren auch wohl zugleich die Dichter und Sänger
des Volks, Barden genannt, die das Heldenthum und die Gottheit
in kräftigen Liedern feierten, welche dann vom Volke bei fröhlichen
Gelagen, vor der Schlacht u. s. w. gesungen wurden. In sehr hohem
Ansehen standen auch die Priesterinnen und Seherinnen, Alrunen,
welchen man besonders die Gabe der Weissagung zuschrieb, und
die fast göttlich verehrt wurden.
2. Hermann der Chernskerfürfi.
(9 n. Chr.)
Um die Zeit der Geburt Christi, als Augustus römischer
Kaiser war, kamen die Deutschen in Gefahr, von den Römern
unterjocht zu werden. Bis zum Rheine und zur Donau war
Deutschland unter römische Herrschaft gekommen, und an deren Ufer
hatten die Rön^er bereits Colonien (Pflanzorte), Städte und
Festungen angelegt. So find die jetzigen Städte Köln, Koblenz,
Mainz, Augsburg (d. i. Augustusburg) von den Römern erbaut
worden. Man führte römische Gesetze ein und behandelte diese
Länder als römische Provinzen.
Aber damit begnügte sich der Kaiser Augustus nicht; er wollte auch
das Innere der deutschen Wälder erobern. Er schickte darum seinen
Stiefsohn Drusus gegen die Chatten (Hessen), Brukterer, Mar-'
sen, Cherusker u. a. deutsche Völkerschaften. Schon war er tief ins
Land gedrungen, als ein riesenhaftes Zauberweib, eine Alrune, sich
vor ihn stellte und ihm drohend die Worte zurief: „Wohin noch
strebst du, unersättlicher Drusus! Alle unsere Länder
möchtest du sehen, aber das Schicksal will es nicht. Fliehe
von dannen!" Geschreckt wich Drusus zurück, und mit seinem Rosse
stürzend, fand er den Tod. Vergebens suchte sein Bruder Tiberius
diese Völker an sich zu locken, und später wurde Varus als Statt-
halter an den Rhein geschickt. Dieser kluge Mann wollte die wilden
Deutschen an römische Sitten gewöhnen und sie mit List und Gewalt
unterwerfen. Er verlegte sein Hauptlager auf das rechte Rheinufer,
brachte ihnen allerlei Geschenke und nahm viele in römische Kriegs-
dienste. Bald ward er aber dreister, verlegte sein Lager bis über die
Haesters' Lesebuch für Oberkl. «»anzel. Volkssch.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Hermann_der_Chernskerfürfi Augustus Augustus Drusus Drusus Tiberius Varus
Extrahierte Ortsnamen: Walhalla Hela Christi Rheine Donau Deutschland Koblenz Mainz Augsburg Augustusburg Hessen Rhein
179
Deutschen auf der Stelle ihren Sieg verfolgen und in Hellen Haufen
über den Rhein dringen würden. Kaiser Augustus stieß verzweiflungs-
voll den Kops gegen die Wand und rief: „O Varus, Varus,
gieb mir meine Legionen wieder!" Die deutsche Leibwache des
Kaisers und alle Germanen, die im römischen Kriegsdienste standen,
wurden schnell in entlegene Gegenden geschickt.
Aber die Deutschen blieben ruhig in ihrem Lande und begnügten
sich, alle Festungen und Heerstraßen und jede Spur der Römer bis
an den Rhein zu zerstören, und diesen Fluß wieder zur Grenze zwi-
schen dem freien Deutschland und dem Römerreiche zu machen.
' Hermann's Thaten wurden im ganzen Lande besungen. Noch jetzt
singen die Kinder in Westphalen ein Hermannsliedchen und machen
dabei, ohne die Bedeutung des Liedchens zu kennen, eine marschmäßige
Bewegung.
Hermann, schla Lärm anl la piepen, la trummenl
De Kaiser will kummen met Hammer und Stangen,
Will Hermann uphangen.
Un Hermann schloug Lärm an, leit piepen, leit trummen,
De Fürsten sind kummen met all' ehren Mannen,
Hewt Varus »phangen.
3. Drusus Tod.
Drusus ließ in Deutschlands Forsten
Gold'ne Nömeradler horsten;
An den heil'gen Göttereichen
Klang die Axt mit freveln Streichen.
Siegend fuhr er durch die Lande,
Stand schon an der Weser Strande,
Wollt' hinüber jetzt verwegen,
Als ein Weib ihm trat entgegen.
Übermenschlich von Geberde
Drohte sie dem Sohn der Erde:
„Kühner, den der Ehrgeiz blendet,
Schnell zur Flucht den Fuß gewendet I
Jene Marken uns'rer Gauen
Sind dir nicht vergönnt zu schauen,
Stehst am Markstein deines Lebens,
Deine Siege sind vergebens.
Säumt der Deutsche gerne lange,
Nimmer beugt er sich dem Zwange;
Schlummernd mag er wohl sich strecken,
Schläft er, wird ein Gott ihn wecken."
Drusus, da sie so gesprochen,
Eilends ist er aufgebrochen;
Aus dem Schauern deutscher Haine
Führt er schnell das Heer zum Rheine.
Vor den Augen sieht er's flirren,
Deutsche Waffen hört er klirren,
Sausen hört er die Geschosse,
Stürzt zu Boden mit dem Rosse.
Hat den Schenkel arg zerschlagen.
Starb den Tod nach dreißig Tagen.
Also wird Gott Alle fällen,
Die nach Deutschlands Freiheit stellen.
(Simrock.)
4. Die Völkerbundni'jse.
(213 n. Chr.)
Bisher hatten sich vereinzelte Stämme der Deutschen nur gewehrt,
und dies, um ihre Freiheit zu retten. Jetzt, da sie nicht mehr an-
gegriffen wurden, regte sich in ihnen die Lust, Rache an den Römern
zu nehmen und theilhaftig zu werden der Herrlichkeit und Schätze ihrer
Städte. Die Noth hatte sie die Erfahrung gelehrt, daß ihre Uneinig-
keit dem Feinde zur Macht gereiche. Da sagten um 213 nach Christus
die Gauvölker am Oberrhein und in Schwaben, meist alte Suevcn:
12*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Varus Varus Hermann Hermann Hermann Varus Drusus Drusus Drusus Simrock Christus
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Rhein Deutschland Deutschlands Rheine Deutschlands Schwaben
197
17. Heinrich Iv.
(1056 — 1106.)
Heinrich Iv. war erst 6 Jahre alt, als sein herrlicher Vater
Heinrich Hi. 1056 starb. Er war ein Knabe von großen Anlagen,
aber er erhielt eine schlechte Erziehung. Seine treffliche Mutter Agnes
hätte ihm eine gute Erziehung gegeben; allein mehrere deutsche Fürsten,
die um des Reiches Wohlfahrt weit weniger besorgt waren, als um
ihren persönlichen Vortheil, suchten ihr das Kind zu entreißen, damit
sie dann in seinem Besitze Herren der Krone wären. Unter ihnen war
der Erzbischof Hanno von Köln, ein schlauer, hartherziger Mann,
dem, seine niedrige Selbstsucht zu befriedigen, kein Mittel zu schlecht
dünkte. Als einst im Mai des Jahres 1062 die Kaiserin zu Kaisers-
werth weilte, lud der Erzbischof mit freundlicher Miene den jungen
König ein, ein besonders schönes Schiff zu besehen, auf dem er ge-
kommen war, ihn zu begrüßen. Kaum hatte der Knabe das Fahrzeug
betreten, so ließ Hanno vom Ufer stoßen. Heinrich ahnet Verrath;
schon ist das Schiff mitten im Rheinstrom; da faßt er sich schnell, und
wirft sich in die Fluthen hinab, um schwimmend das User zu ge-
winnen. Er wäre ertrunken, wenn nicht Markgraf Egbert von
Meißen ihm nachgesprungen wäre und ihn zurückgeholt hätte. Das
Alles mußte die arme Mutter von ihrem Fenster aus ansehen. Hanno
brachte den kaiserlichen Knaben nach Köln, und hielt ihn mit mönchi-
scher Strenge. Aber das dauerte nicht lange. Denn bald fand ein
anderer Erzbischof, Adalbert von Bremen, Gelegenheit, dem Hanno
seine Beute zu entführen, und er, ein höchst leichtsinniger Mann, that
dem Könige Alles zu Willen, und ließ allen seinen Lüsten, Begierden
und Leidenschaften den Zügel schießen, und behielt ihn bei sich, bis er
großjährig war. Als er nun zur Regierung kam, sprach er zu seinem
Volke, das ihn um Erleichterung seiner Lasten bat, wie ein Rehabeam:
„Mein Vater hat euch mit Ruthen gezüchtigt; ich aber will euch mit
Skorpionen züchtigen". Da wandten sie .sich an den Papst, und baten
ihn um seine Fürsprache. Dem damaligen Papst Gregor Vii. —
dem Sohne des Zimmermanns Hildebrand aus Saona in Italien —
war dies eine willkommene Gelegenheit, seine Absicht auszuführen, daß
er den Kaiser unter die Oberherrschaft des Papstes brächte,
wie der Mond unter der Sonne stehe. Er forderte den Kaiser
nach Rom vor seinen Richter stuhl, und als derselbe zu erscheinen
sich weigerte, that er ihn 1076 in den Bann, d. h. er verbot ihm
die Theilnahme am Gottesdienste und verbot seinen Unterthans«, ihm
zu gehorchen. Deß freuten sich des Kaisers Feinde, und er sah sich
genöthigt, den Papst um Verzeihung zu bitten. Zu dem Ende ging
er, nur von seiner Gemahlin und einem treuen Diener begleitet, mitten
im härtesten Winter unter großen Gefahren über die schneebedeckten
Alpen, und suchte den Papst auf dem Schlosse Canossa auf. Dieser
ließ ihn im härenen Bußgewande drei Tage lang, mit nackten Füßen,
in bitterer Kälte — es war im Januar — auf dem Schloßhofe stehen.
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_Hi Heinrich Agnes Hanno_von_Köln Hanno Heinrich Egbert_von
Meißen Hanno Hanno Gregor_Vii Gregor Zimmermanns_Hildebrand
Extrahierte Ortsnamen: Rheinstrom Bremen Saona Italien Rom
199
übergab es an die "Welfen (1070). Der letzte von diesen war Heinri c ft
der Löwe, der Gründer der Stadt München.— Nach dem Tode Hein-
rich's V., des letzten fränkischen Kaisers, gingen die Besitzungen desselben
an die Söhne seiner Schwester, die in Schwaben und Franken herr-
schenden Hohenstaufen, Friedrich von Schwaben und Konrad von
Frankeif, über — von denen letzterer im Jahre 1138 als Koßrad lü den
deutschen Kaiserthron bestieg und bis 1152 regierte. Sein Bruder, Friedrich
von Schwabe n, hinterliess zwei Söhne: Friedrich und Konrad. Der ältere,
Friedrich, ist der hochberühmte Kaiser Friedrich ! . Barbarossa. Er übertrug
seinem Bruder Konrad die rheinische Pfalzgrafschaft (1156), welche
nach dessen Tode an seinen Schwiegersohn, den Herzog Heinrichvonbraun-
schweig, einen Solist. Heinrichs des Löwen von Bayern, vererbte.*
19. Friedrich I, Barbarossa.
(1152-1190.)
Im Jahre 1152 starb Konrad Hi., der erste deutsche Kaiser
aus dem Hause der Hohenstaufen. So nennt man diese Regenten
von einer Burg, die Friedrich, der Stammvater dieses hochherzigen
Geschlechts, auf dem Hohenstaufen, einem Berckegel der rauhen Alp
(im jetzigen Königreiche Würtemberg) erbaut hatte. Die deutschen
Fürsten wählten nun zu Frankfurt am Main den Bruderssohn Konrads,
Friedrich den Rothbart oder Barbarossa, wie die Italiener ihn
nannten, zum deutschen Kaiser. Wer ihn sah in seiner männlichen,
stolzen Haltung und blühenden Jugendkraft, mit den blauen, durch-
dringenden Augen und blonden Haaren, in seinem Ernste und den
edlen Sitten, der mußte sagen, daß er ein echter Deutscher sei. Aber
er war auch ein gar gewaltiger Kaiser, dieser Barbarossa; er ist sechs-
mal mit einem großen Heere über die Alpen gezogen, um in Italien
Streitigkeiten zu schlichten, und noch am Abend des Lebens zog er
als lojähriger Greis in einem Kreuzzuge ins gelobte Land, um
das heil. Grab aus der Gewalt der Muhamedaner, der Anhänger
Muhamedsh zu befreien. In zwei Schlachten kämpfte er wie ein
rüstiger Jüngling; aber da kam das Heer an den Fluß Saleph
und drängte sich nur langsam auf schmaler Brücke hinüber. Das
dünkt dem grauen Helden zu langsam; er sprengt mit dem Rosse hinein
in den Fluß, ihn zu durchschwimmen; der Strudel ersaßt ihn, reißt ihn
fort und — ein Leichnam nur kommt ans Ufer (1190).
Unendlicher Schmerz, Jammer, Verzweiflung verbreitete sich unter
den Kreuzfahrern über den Verlust des Kaisers; — er wurde zu
Tyrus begraben. Aber lange glaubte man in Deutschland nicht, daß
"der Schirmherr des Reichs, der gefürchtete und geachtete Rothbart,
ivirklich gestorben sei, wie die noch jetzt in Aller Munde lebende Sage
bezeugt, daß er nicht gestorben, sondern im Kyffhäuserberge in der
goldenen Aue, in Thüringen, sitze mit seinem silberweiß gewordenen
rothen Barte, der durch den marmornen Tisch gewachsen sei, hier Hof
halte mit seinen Helden und seiner holdseligen Tochter, und dereinst,
wenn die Raben nicht mehr um den Berg fliegen, wieder hervor-
kommen werde aus diesem Kyffhäuser, um das deutsche Reich wieder
glorreich und einig zu machen. — *
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Extrahierte Personennamen: Heinri Friedrich_von_Schwaben Friedrich Konrad_von
Frankeif Konrad Friedrich
von_Schwabe Friedrich Friedrich Friedrich Konrad Konrad Friedrich Friedrich Friedrich_! Friedrich Barbarossa Barbarossa Konrad Konrad Heinrichs Heinrichs Friedrich_I Friedrich Barbarossa Barbarossa Konrad_Hi Konrad Friedrich Friedrich Bruderssohn_Konrads Konrads Friedrich Friedrich Barbarossa Barbarossa Barbarossa Barbarossa Anhänger
Muhamedsh
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Bayern Würtemberg Frankfurt_am_Main Italien Deutschland Thüringen
183
Ein grimmer Leu, ein wilder Stier,
Die stürzen in die Schranken,
Begegnen sich mit Kampfbegier,
Und keiner wollte wanken.
Jetzt aber reißt des Leuen Zahn
Den Ur tn dem Genicke,
Und reißt ihn nieder auf den Plan,
Blut, Feu'r und Wuth im Blicke.
Wer ist von euch, — so fragt Pipin,
Und blitzte durch die Reihen —
Wer ist von euch so stark und kühn,
Entreißt die Beut' dem Leuen?
Da machen große Augen zwar
Ringsum die großen Leute-,
Doch jeder bebt vor der Gefahr,
Und keiner will zum Streite.
Und wie noch Alle schweigend stehn
Und an dem Kampf verzagen.
Sieht man Pipin zum Kampfplatz gehn,
Allein den Strauß zu wagen.
Er ruft den blut'gen Löwen an
Mit donnerreicher Stimme;
Der stürzt auf ihn mit Wuth heran
Und brüllt vor wildem Grimme.
Und alles Volk sieht es mit Graus,
Pipin nur ohne Grausen.
Sein gutes'schwert zur Scheid' heraus,
Läßt's durch die Lüfte sausen.
Und schlägt den Löwen in den Bart,
Daß todt er niederstürzet.
Das war ein Schlag nach Heldenart,
Mit Heldenkraft gewürzetl
Nun rafft der wilde Ur sich auf,
Den neuen Feind er wittert, -
Und rennt heran mit vollem Lauf,
Daß Schrank' und Boden zittert.
Doch unser Held steht mauerfest
Und wankt nicht von der Stelle:
Das Schwert er wieder sausen läßt
Und schwingt's mit Blitzesschnelle.
Und trifft Len Schnaubenden so gut
Dicht an des Nackens Rande —
Ta spritzt zum Himmel schwarzes Blut,
Das Haupt stürzt hin zum Sande.
„Wie nun, ihr großen Recken ihr,
Was dünkt euch von dem Kleinen?
Mag nun der Held im Kampfrevier
Euch groß genug erscheinen?" —
Es stehn beschämt die Spötter werth,
Gesenkt die stolzen Blicke;
Pipin steckt ein sein gutes Schwert,
Dann tritt er schnell zurücke.
Des Volkes Jubel aber füllt
Ringsum die weiten Schranken,
Empor ihn hebend auf dem Schild
Zeigt ihn der Frank' dem Franken.
Als König grüßt ihn alle Welt,
Die Spötter müssen schweigen
Und ihm, der Leu und Ur gefällt,
Demüthiglich sich neigen.
(Baur.)
9. Karl der Große.
(Geb. 742, gest. 814 zu Aachen.)
Des tüchtigen Pipin eben so tüchtiger, aber noch weit berühmterer
Sohn war Karl der Große. Im Jahre 768 folgte er seinem
Vater in der Regierung. Man nannte ihn Karl den Großen, weil
er im Frieden und im Kriege sich als ein Mann von hohen Geistes»
sähigkeiten bewies, und seine Völker zu bessern, verständigern und
glücklichern Menschen zu machen suchte. Rohe, unwissende Menschen
waren ihm zuwider. Er ließ daher eine Menge Schulen anlegen,
vor allem eine Hosschule für die Kinder ffeiner Edelleute und Hof-
bedienten, erschien auch mehrmals unvermuthet selbst mitten unter den
Schülern, um mit eigenen Augen zu sehen, wie es bei dem Unterricht
herging. Einst fand er bei einem solchen Schulbesuch, daß die Söhne
der Edelleute und Vornehmen den Bürgerkindern an Fleiß und Fort-
schritten weit nachstanden. Diese mußten sich zu seiner Rechten, jene
aber zu seiner Linken stellen. Dann sagte er zu den armen, aber
fleißigen Kindern: „Ich danke euch, meine Kinder, ihr habet ganz
nieinen Wünschen entsprochen, euch zur Ehre und zum bleibenden
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Extrahierte Personennamen: Pipin Karl_der_Große Karl Karl_der_Große Karl Karl Karl
186
östlich bis zur Elbe und zum Raabfiusse in Ungarn umfaßte — in
mehrere kleine Bezirke getheilt, und in diesen als Gehülfen in der
Regierung Herzoge, Burg- und Markgrafen angestellt, welche
ihm Berichte einsenden mußten und Befehle von ihm erhielten. Hatte
er so einen Befehl mit seinem Degenknopf untersiegelt, so pflegte er
zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — indem er das Schwert
schüttelte — ist der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll."
Im Jahre 800 wurde Karl der Große als Schirmherr der Kirche vom
Papste gegen dessen Feinde um Hülfe angerufen; er leistete diese, indem
er selbst nach Italien zog. Da geschah cs, daß — als er am Weihnachts-
tage in der Peterskirche zu Rom, angethan mit einem langen Purpur-
mantel, mit allem Volke die Geburt des Heilandes feierte und knieend
andächtig an den Stufen des Hochaltars betete — der Papst Leo Iii.
zu ihm trat, ihm eine prächtige Krone auf das Haupt setzte und ihn
unter dem Jubelrufe des Volkes zum römischen Kaiser krönte. Von
jener Zeit an führten seine Nachfolger in Deutschland diesen Titel.
Eine feste Residenz hatte Karl nicht; er wohnte da, wo seine
Gegenwart am nöthigsten war — am liebsten aber hielt er sich zu
Aachen auf, wo er geboren war. Dort starb er am 28. Januar 814
in einem Alter von 72 Jahren. Sein Leichnam wurde in einer Gruft
im Dome zu Aachen, aufrecht auf vergoldetem Stuhle sitzend, im
vollen kaiserlichen Ornat, mit einem Evangelienbuch auf dem Schooße
und einer goldenen Pilgertasche um die Hüfte, bestattet und in dieser
Stellung 1165 so gefunden, wo man ihn erst in ein prächtiges Grabmal
legte, die Kleinodien jedoch: Schwert, Krone, Reichsapfel
und Panzer, zurückbehielt, um sie fortan bei jeder Krönung eines
vömisch-deutschen Kaisers zu gebrauchen. —
10. Wittekind.
Da kaum die Hügel malt erhellte
Der morgenrothe, lichte Schein,
Wer schleicht sich in die Zelte
Des Frankenlagers ein?
Mit Schritten, leise, leise,
Wie Späherschritte find,
Verfolgt er die geheime Reise.
Das ist der Sachse Wittekind!
Schon focht er wider muth'ge Franken
Durch lange Jahre blut'gen Streit,
Und grollte sonder Wanken
Dem Herrn der Christenheit:
Nun schlich er kühn und schnelle
Zum Feinde sich bei Nacht,
Vertauschend seine Heldenfelle
Mit einer feigen Bettlertracht.
Da fühlt er plötzlich sich umrungen
Won Melodieen sanft und weich,
Gesungen wird, geklungen
Wird um ihn her zugleich;
Verwundert eilt er weiter,
Durchzieht das rüst'gc Heer,
Da sieht er Beter statt der Streiter,
Das Kreuz als ihre ganze Wehr.
Weihnachten war herangekommen,
Der hcil'ge Morgen war entglüht,
Und innig schwoll des frommen,
Des großen Karls Gemüth;
Zum hohen Tempelbaue
Ließ wölben er sein Zelt,
Daß er im Land der Heiden schaue
Die Glorie der Christenwelt.
Hoch über'm Altar prangt und raget
Ein blauer, golddurchwirkter Thron,
Drauf sitzt die reine Waget,
Und ihr im Schooß der Sohn.
Hell schimmert rings das schöne,
Das heilige Geräth,
Und alle Farben, alle Töne,
Begrüßen sich mit Majestät.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Leo_Iii Leo Karl Karl Karls_Gemüth Karls
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Italien Rom Deutschland Aachen
187
Schon kniete brünstig, stillandächtig
Der Kaiser vor dem Hochaltar,
Mit Grafenkronen prächtig
Um ihn die Heldcnschoar;
Schon fällt vom Spiel der Lichter
Ein rosenfarbner Schein
Auf ihre klaren Angesickter:
Da tritt der Heide keck hinein.
Er staunt, als er die stolzen Paire
Mit Karl auf ihren Knie'n erkennt,
Damit sie himmlisch nähre
Das ew'ge Sakrament;
Doch staunt er deß nicht minder,
Da sich kein Priester fand,
Und sieh! Es kamen Engelkinder
Im blüthenwetßcn Lichtgewand.
Sie boten zum Wersöhnungsmahle
Das Sakrament dem Kaiser dar,
Das auf smaragdner Schale «
Sie trugen wunderbar.
Und Jubel füllt die Seelen,
Empfahend Brod und Wein,
Es dringt ein Lied aus tausend Kehlen
Wom göttlichen Zugegensein!
Der Sachse steht betäubt, er faltet
Die Hände fromm, sein Aug' ist naß;
Das hohe Wunder spaltet
Den heidnisch argen Haß. —
Hin eilt er, wo der Haufe
Mit frohem Blick ihn mißt,
„Gieb, Karl, dem Wtttekind die Taufe,
Daß er umarme dich als Christ!" —
(Platen.)
11. Noland.
Manche Kriege hat Karl der Große, von tapfern Dienstmannen
unterstützt, zur Verbreitung des Christenthums geführt. Selbst
bis nach Spanien hin, wo damals arabische Fürsten regierten,
trug er seine Waffen. Dieser Feldzug ist in einer alten Sage ver-
herrlicht, in der Sage von Roland, einem seiner Getreuen. Als
Karl mit den Fürsten seines Reiches auf einem Reichstage zu P-ader-
born versammelt war, erschien ihm in der Nacht — so erzählt die
Sage — ein Engel, jber zu ihm sprach: „Eile gen Spanien, wo
die Heiden untugcndlich in Abgötterei leben, damit du dieses Land
gewinnest und die Krone des Himmels erbest! Hier nimm dieses
Schwert und dieses Horn und gieb es deinem Neffen Roland, der
soll an dieser Heerfahrt das ewige Leben verdienen!" —
Da machte sich im Jahre 778 Karl auf mit seinen zwölf Helden,
unter denen Roland der vornehmste war, und mit vielem Kriegsvolk,
daß er dem Heidenthume in Spanien ein Ende mache und das
Christenthum mehre. Die Araber wurden geschlagen und Karl be-
mächtigte sich in kurzer Zeit der wichtigsten Städte und eroberte fast
ganz Spanien. Aufdem Rückzüge aber — als sein Heer mit Beute be-
laden, zerstreut, langsam und in fröhlicher Sorglosigkeit durch die engen
Gebirgsschluchten vonronceval (sprich Ron sw el) daherzog, wurde
der Nachtrab von den auflauernden Arabern überfallen, beraubt und
größtenteils niedergehauen. Hier fiel nebst vielen andern berühmten
Helden auch der Ritter Roland, der Liebling des Kaisers. Er war
von vier Speeren und vielen Steinwürfen hart verletzt. Da nahm er sein
herrliches und leuchtendes Schwert und gedachte, es lieber zu zertrüm-
mern, als den-Arabern zu überliefern, und er schlug aus allen Kräften auf
einen Marmorstein. Aber das Schwert spaltete den Stein und zerbrach
doch nicht. Alsdann nahm er sein Horn und stieß mit solcher Kraft
hinein, daß es zersprang und die Adern an seinem Halse zerrissen.
Kaiser Karl, der schon 8 Meilen voraus war, vernahck den gewaltigen
Schall und kehrte wieder um; aber er fand Roland, die Arme in
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl_der_Große Karl Roland Karl Karl Roland Karl Roland Karl Karl Roland Karl Karl Roland
203
Rhein errichtet und nöthigten die vorübersteuernden Schaffe, ihnen
hohe Zölle zu bezahlen.' An den Snoßen aber lauerten sie den
Kaufleuten auf, warfen sie nieder, plünderten sie aus, führten sie ge-
fangen fort und gaben sie nicht anders, als gegen ein starkes Lösegeld,
wieder frei. -
Dieser Plackereien wurden die großen und mächtigsten Handels-
städte, Hamburg und Lübeck, endlich müde; und da durchaus kein
Schutz gegen dieses Raubgesindel zu erlangen war, so traten sie mit
einander in einen Bund und beschlossen, sich selbst zu helfen (1241).
Auf gemeinschaftliche Kosten sammelten sie ein bedeutendes Heer und
rüsteten Kriegsschiffe aus, welche die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz
nahmen. Die Raubritter hatten nun üble Tage. Ihre Burgen
wurden belagert, zerstört, der Erde gleich gemacht, und die Galgen
mit ihren Personen geziert. Richt besser erging es den Seeräubern;
eine mächtige Flotte lief gegen sie aus, suchte sie- auf, vernichtete ihre
Fahrzeuge, ersäufte ihre Mannschaft. Bald erzitterte Alles vor der
deutschen Hansa; so nannte man diesen Bund, denn in der Sprache
jener Zeit hieß Hansa so viel als Verbindung. Sogar der König
von Dänemark, der gefährlichste Feind der Städte Lübeck und
Bremen, wurde gedemüthigt und genöthigt, die Feindseligkeiten gegen
sie einzustellen.
Als die andern norddeutschen Handelsstädte sahen, wie furchtbar
sich die Hansa gemacht hatte, und wie sicher sie ihren Handel trieb,
da traten viele von ihnen dem Bunde bei. Die ersten waren: Braun-
schweig, Rostock,Wismar, Stralsund, Greifswalde,Kolberg,
Stettin, Stolpe, Anclam, in der Folge auch noch viel mehrere,
wie Berlin, Frankfurt an der Oder, Königsberg, Danzig,
Magdeburg, Soest, Köln rc., im Ganzen über sechzig Städte.
Sie hatten sich nun selbst vor den mächtigsten Feinden nicht mehr zu
fürchten; im Gegentheil, sie führten eine hohe, gebieterische Sprache
gegen sie und wußten ihren Worten Bedeutung zu geben. Wer sich
nicht in der Güte zur Ruhe fügte, der wurde schnell, oft schimpflich,
dazu gezwungen. Mit jedem Jahre verstärkte sich ihr Bund; zur Zeit
seiner höchsten Macht gehörten fünfundachtzig Städte zu demselben.
Sie rüsteten gemeinschaftlich eine Flotte von mehr als 200 Schiffen
aus, hielten ein furchtbares Landheer, führten Kriege mit mächtigen
Fürsten, eroberten ihre Städte und Länder, stießen Könige vom Thron.
Der schwedische König Magnus verlor durch die deutsche Hansa
seine Krone, und dem dänischen König Christoph wurde von
einem Danziger Bürgermeister der Krieg erklärt. Andere Städte und
Länder bemühten sich dagegen um die Freundschaft der deutschen Hansa
und räumten ihnen Schiffe, Waarenlager und Vorrechte ein. So kam
bald ihr Handel in den Niederlanden, in England, in den nordischen
Reichen, in Ost-Europa zum höchsten Flor.
Zu Lübeck wurden die Hansatage, das heißt die Bundesver-
sammlungen, gehalten, bei welchen sich alle Bundesstädte durch ihre
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TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Stolpe König_Magnus Magnus Christoph
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Rostock Stralsund Stettin Berlin Frankfurt Königsberg Danzig Magdeburg Soest Niederlanden England Ost-Europa