672 Unsre Zeit.
mittel gegen zukünftige Verbrechen betrachtet wissen. Der genialste Philologe ist F. A. Wolf (f 1824), der als Zweck der Philologie die Erkenntnis des Antiken festsetzte, und zwar als eines Mittels, bett menschlichen Geist zu bilden und zu verfeinern. Die Zahl der Gottesgelehrten sowohl katholischer- als protestantischerseits ist größer, als die Zahl der Gelehrten in irgend einer andern Fach^ Wissenschaft. Sailer (f 1832), Möhler (f 1838), Hug (f 1846), Staudenmaier (f 1856), Hirscher (f 1865), Kardinal Hergenröther, die Bischöfe Hefele und Haneberg (f 1876), die Professoren Kuhn, Alzog (f 1878) und Alban Stolz können als die Vertreter der katholischen Theologie bezeichnet werden.
670) Die plastischen Künste erfreuten sich einer um so größeru Sorgfalt, da sie nach zwei Richtungen hin als Mittel benützt wurden. Eiumal nahm der Geschmack für das klassische Altertum und dessen Kunstschätze, die man vervielfältigt und nachgeahmt haben wollte, zu. Dann wurde die Skulptur aber auch durch deu dankbaren Sinn der Gegenwart gefördert, die den Lieblingen der Nation ehrenvolle Denkmale setzte und vorzugsweise ihre Statuen oder wenigstens ihre Büsten aufstellte. Unübertroffen stehen in der Bildhauerkunst der Däne Tho rwald-sen (|_1844) und Lndwig Michael Schwanthalers 1848) da, dessen monnmentale Arbeiten zugleich die vollendetsten Werke der Erzgießerei sind. Die Malerei erhielt durch die Künstler, die nach Nom pilgerten, um dort ihren Kunstsinn zu bilden, vorzüglich in Deutschland einen neuen Aufschwung. Besonders war es die edelmütige und freigebige Unterstützung der Künste von seiten des Königs Ludwig I. von Bayern, welche auch die Malerei förderte. Overbeck (f 1869), der in Rom seinen
ständigen Aufenthalt nahm, Cornelius, Veit, Schadow,
Schnorr suchten das Tiefinnige der mittelalterlichen Malerei mit der vollendeten äußern Form zu verbinden. Gärtner, Klenze, Gieblandt brachten die Baukunst empor. Ihren hauptsächlichsten Triumph feiert diese Kirnst in der Ausführung der unvollendet gebliebenen Bauwerke des Mittelalters, zu denen in erster Reihe die Dome von Köln und von Regensburg
gehören, sowie in der gelungenen Nachahmung des byzantinischen und des gotischen Stils. Muster romanischen und byzantinischen Stils erblicken wir in dem Kaiserbome in Spei er und in den Basiliken Münchens, währenb die in reinster Gotik ausgeführte Votivkirche (Heilanbskirche) in Wien bezeugt, daß der Sinn, den unsere Väter für das Erhabene und Schöne hatten, unserer Zeit nicht verloren gegangen und daß auch die Opferwilligkeit nicht erstorben ist. Aber auch im Gebiete der Musik wirkten
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32 Das Altertum.
Auch in der Mathematik, der Astronomie und Zeitrechnung hatten die Chinesen Kenntnisse, ohne aber weitere Fortschritte zu machen.
2. Sehr ausgebildet ist bei den Chinesen die Sch reib eknnst, ja sie ist so verwickelt, daß die geistige Bildung dadurch nicht gefördert, sondern vielmehr gehindert wird. Die Sprache der Chinesen besteht namlrch aus 450 unveränderlichen Wurzelsilben, aus denen durch Zusammensetzung etwa 1200 Worte gebildet sind, die wieder beim Ans-sprecheu verschieden betont werden, so daß ein Wort oft 30—40 verschiedene Bedeutungen hat, je nachdem es ausgesprochen wird. Der Schriftzeichen sind es aber mehr denn 80 000. Es lernt nun jeder so viel er braucht, und nur wenige sind der Schrift vollständig kundig. Die geistige Bildung ist überhaupt nur eine sehr beschränkte, denn der Staat bestimmt die Art und deu Inhalt des Unterrichts, läßt die nötigen Bücher machen, unterwirft die Gelehrten einer Reihe von Prüfungen, von denen keine überschritten werden darf, und regelt so die Wißbegierde nach einer Menge unwandelbar bestehender Vorschriften.
3. Der Handel im Innern von China war immer beträchtlich und wird hauptsächlich durch die zahlreichen Flüsse, durch künstliche Kanäle und gnt gepflasterte Straßen vermittelt. Auch die Lastwagen zum Transport der Waaren sind eine Erstndnng der Chinesen, die nicht lange nach Christi Geburt fällt. Die hauptsächlichsten Handelsartikel sind Thee, Salz, Reis, Baumwolle, Seide, Leinwand, Wollegewebe, Zucker, Getreide, Bauholz, Rindvieh, Pferde, Tierfelle und Pelzwerk. Ganz besonders schwunghaft wird der Seidenhandel betrieben. Die chinesischen Bauern kleideten sich schon in Seide und schliefen in seidenen Betten, als die ersten Europäer ihr Land betraten. Da es in einem so großen Reiche Länder des heißen wie des kalten und des gemäßigten Klimas gibt, von denen jedes seine eigentümlichen Produkte (Erzeugnisse) hat, welche die Provinzen untereinander austauschen können, so ist der Binnenhandel sehr großartig. Dagegen war der Handel nach außen begreiflich unnötig, da alle Bedürfnisse aus dem eigenen Lande bezogen werden konnten, und deshalb auch verboten.
4. Die chinesische Mauer sollte dazu dienen, das Reich gegen die Bewohner des Hochlandes im Norden zu schützen. Sie ist über 1300 km lang, zieht über Gebirge, vou denen eines 1500 m hoch ist, und auf Stützmauern über Flüsse. An vielen Orten zwei- und dreifach, besteht sie aus einem durchschnittlich 11 m hohen Erdwall, der auf einem über 1 m hohen Unterbaue von Granit ruht und an den Seiten mit einer 1 m starken Mauer von Backsteinen bekleidet ist. Von 2 zu 2 m sind Schießscharten angebracht, und alle 200—300 Schritte ragen 13 m hohe Türme hervor. An einzelnen Punkten erreicht die Mauer eine Höhe von 26 m, an einem sogar von 38 m. Im Jahre 214 v. Chr. wurde sie begonnen , bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. daran gearbeitet, erhielt aber erst im 7. Jahrhundert ihre jetzige Ausdehnung. Gegen Korea hin hängt sie mit einem 800 km langen Pfahlwerk zusammen.
5. Die eingebornen Chinesen bekennen sich der großen Mehrzahl nach zur Religion des Fohi, der sich später mit dem Buddhaismus vermischte, wie er in Indien einheimisch ist. Dieses seinem Wesen nach der Urreligion nahestehende Bekenntnis kennt Einen Gott, hat einen eigenen Gottesdienst, Tempel, Opfer und Priester (Bonzen, d. i. Fromme). Es ist aber durch menschlichen Aberwitz und Eigennutz greulich entstellt. Deshalb standen zwei Männer auf, welche reinere Religionsbegriffe verbreiten wollten. Das waren La-o-tse und 50 Jahre nach ihm Kong-
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Aegypten. § 37.
127
regelmäßigen Communication zwischen Europa und Indien über die Land-
enge Suez begriffen ist. An der Spitze der Regierung steht als lehns-
pstkchtiger Statthalter der Pforte der Pascha von Aegypten mit unum-
schränkter erblicher Gewalt.
Das untere Nilthal zerfällt sowohl nach der Eintheilung im
Alterthum als nach den heutigen Verwaltungsbezirken in Ober-,
Mittel- und Unter-Aegypten.
Schon im Mittlern und untern Nubien, noch mehr aber in Ober-
Aegypten, hat sich eine fast ununterbrochene Reihe von Denkmalen
der allägyptischen Baukunst erhalten, die ebensowohl dlirch ihre Menge
und Großartigkeit, als durch ihre prachtvolle Ausschmückung mit Bild-
werken und bedeutungsvollen Hieroglyphen, sowie durch ihr drei- bis
viertausendjähriges Alter den ersten Rang unter allen bekannten Bau-
werken der Erde einnehmen. Von der unscheinbaren Nilinsel Philä
(Assuan oder Syene gegenüber), welche auf dem kleinsten Raume die
am besten erhaltene Ruinengruppe Aegyptens einschließt, abwärts fol-
gen zahlreiche Tempelgruppen bis zu der alten Königsstadt Theben.
Diese „Stadt von Palästen und Tempeln, voll Schätze über und unter
der Erde" ist reicher als irgend eine der Erde an den großartigsten
Denkmalen der Baukunst, deren Ueberbleibsel noch heute das ganze
(2 M. breite) Thal ausfüllen. Nur die Ruinen von Palmyra und
Baalbeck in Syrien lasten sich einigermaßen mit diesen vergleichen.
In Mittel-Aegypten verschwinden diese Denkmale und es
erheben sich oberhalb Kairo (bei dem alten Memphis), an der Grenze
der Wüste, am Fuße der libyschen Kette, die Denkmale der Todten,
die (60) Pyramiden, in vier Hauptgruppen, unter denen die Gruppe
von Gizeh (mit drei großen und sechs kleinern) die berühmteste ist. Es
sind dies viereckige, nach oben spitz zulaufende, oft auch in eine platte
Fläche endigende Gebäude aus Kalkstein (einige aus Ziegeln), von sehr
verschiedener Höhe (20—450'), äußerlich mit Quadern bekleidet und
selten mit Inschriften versehen. Daß sie zu Begräbnissen der Könige
der frühesten Zeit gedient haben, kann jetzt nach der genauem Unter-
suchung einzelner nicht mehr bezweifelt werden. Im nördlichen Theile
von Mittel-Aegypten, (5 Stunden) oberhalb der Spaltung des Nils
und unweit des Einganges zum Thale der Verirrungen, durch welches
der Auszug der Israeliten nach dem rothen Meere geschah, liegt der
„Mittelpunkt des neuern Aegyptens", Kairo (800,000 E.), die erste
Stadt der arabischen Welt, die zweite des türkischen Reiches (zunächst
nach Constantinopel), eine Schöpfung des Mittelalters, welche Kunst
und Wissenschaft Pstegte, als Europa in Barbarei versunken war, noch
jetzt der Eentralpunkt des Handels von Nordafrika, selbst mit Arabien
und Indien (mit 400 Moscheen, 1200 Kaffeehäusern, 1.800 Kaufhallen
u. s. w.), und Sitz des Paschas von Aegypten.
In Unter-Aegypten oder dem Delta sind nur Werke aus
jüngerer Zeit vorhanden oder auch schon wieder verschwunden. Denn
wie die künstlichen Wafferbauten hier (seit Psammetich's Zeiten im
7. Jahrhundert v. Ehr.) mächtige Staaten hervorriefen, so ward später
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Extrahierte Personennamen: Gizeh
Extrahierte Ortsnamen: Europa Indien Nubien Assuan Syene Theben Palmyra Syrien Kairo Memphis Kairo Constantinopel Europa Nordafrika Indien Unter-Aegypten
Die Aegyptier.
51
von ungeheuren Säulen getragen werden und zu welchen kunstreiche
Thoreiugänge führen. Die Wände der Gebäude steigen, als ob sie eine
Nachahmung von Bergwänden sein sollten, schief empor und die Kapitäle
der Säulen ahmen in ihrer Form den Kelch der Lotosblume nach.
Säulen und kolossale Standbilder liegen umgestürzt und zerbrochen um-
her und im Raume einzelner Gebäude haben ganze Dörfer sich angebaut.
Hier finden sich die Obelisken, hohe Spitzsäulcn, jede aus einem Steine
gehauen. Hier findet sich zu Hunderten in kolossalem Maßstabe die
Sphinr, ein Wesen mit aufgerichtetem menschlichem Kopfe auf liegendem
thierischen Leibe, ein Sinnbild des an den Dienst der Natur gebun-
denen, mühsam mit dem Geiste sich aus dieser Unterwürfigkeit emporrin-
genden Menschen. Eine ans solchen Standbildern gebildete Doppelreihe
zählt deren noch sechshundert. An der Westseite des Nils breiten sich,
wie Trümmer und Neste einer Todtcnstadt, Grabdenkmäler und Ka-
takomben aus. Bei einem der Grabdenkmäler findet sich unter zwei
sitzenden Kolossen einer, den die Griechen das Standbild des in ihrer
Sagenwelt vorkommenden Memnon nannten und dem sie die Eigenschaft
zuschrieben, daß er bei ausgehender Sonne klinge. In den Katakomben,
die in langen nach allen Richtungen laufenden Gängen in das Innere
der libyschen oder westlichen Bergkette gehauen sind, ruhen einbalsamirt
und wohl erhalten als Mumien die Leichen von Tausenden der Bewoh-
ner des alten Aegyptens. Die Gegend von Memphis in Mittelägypten
zeigt nach der Grenze hin, wo die Wüste an das bewohnbare Land
stößt, die Pyramiden, viereckige, spitz zulaufende Gebäude, vierzig an der
Zahl, das größte 480 Fuß hoch, deren Inneres als Grabstätte der
Könige gedient zu haben scheint. Sie waren für die flachere Gegend
von Memphis Nachahmungen natürlicher Grüfte und der über denselben
sich thürinenden Berge und gaben, was bei ihrer Anlage ein zweiter
Zweck gewesen sein mag, dem Laude auch Schutz gegen den von der
Wüste hergewehten Flugsand. Im Inneren vieler Gebäude verschiede-
ner Art finden sich außer den durch Bilduerei in erhabener Arbeit ge-
schaffenen Wandverzierungen auch Malereien, deren Zeichnung und Farbe
sich in der die Verwitterung nicht fördernden Lust des Landes wohl er-
halten haben. Diese Malereien sind gefärbte Zeichnungen ohne eine
Kunst der Schattiruug und ihre Gegenstände sind ähnlicher Art, wie bei
den in dem Schutte von Ninive ausgegrabenen Werken erhabener Arbeit,
so daß in ihnen zum großen Theil Denkmäler von Leben und Thaten
alter Beherrscher zu erkennen sind. Alle diese Werke der Kunst sind
redende Zeugen eines weit ausgebildeten Kunstsinnes und einer vielfäl-
tigen Geschicklichkeit. Der hierdurch nachgewiesenen Bildung wird aber
durch das Alter der Werke in Verbindung mit der durch sie geforderten
Annahme einer Reihe von Jahrhunderten des allmäligen Wachsthums
4*
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Die Aegyptier.
59
nicht auf zuverlässige Weise in Einklang gebracht, noch viel weniger in
eine synchronistische Beziehung zu der babylonischen und assyrischen Ge-
schichte gesetzt sind. Zu den Ramessiden gehört der König, welcher bei
den Griechen Sesostris heißt und dessen Negierung der Höhepunkt ägyp-
tischer Macht und Bildung ist. Dem Charakter ägyptischer Abgeschlossen-
heit und Beschränkung entgegen erscheint er als Eroberer und seine
Kriege erstrecken sich über Libyen, Phönicien, Syrien, Kleinasien bis
nach Thracien und in die kaukasischen Länder. Eine sagenhafte Erwei-
terung ist es vielleicht, wenn Baktrien, Scythien und Indien hinzuge-
fügt werden. In den durchzogenen Ländern ließ er Denkmäler seiner
Siege zurück und noch findet sich bei Smyrna ein Denkmal, bei welchem
man an Namesses denken zu müssen glaubte, welches jedoch durch seinen
Kunststyl sich nicht als ein ägyptisches ausweist. Sicher aber ist, daß
Denkmäler in Aegypten diese Siegeszüge verherrlichen. Ohne Zweifel
ist von diesen Zügen das assyrische Reich in Zeiten, für welche es an
Kunde über dasselbe fehlt, heimgesucht worden. Einer solchen nirgendwo
berichteten Berührung zwischen Aegypten und Assyrien gelten vielleicht
die in ägyptischen Königspalästen befindlichen Darstellungen von Seege-
fechten. Ueber den Untergang der thebanischen Dynastieen und der von
Ramesses gegründeten Herrschaft über fremde Länder fehlt es an Nach-
richt. Die späteren gehören nach den ihnen beigelegten Namen, Tani-
ten, Bubastiten, nochmals Taniten, Saiten, dem niederen Aegypten an.
Den Mittelpunkt des Reiches bildete wahrscheinlich Memphis, in dessen
Nähe das Feld der Pyramiden ist. Diese Bauwerke stammen aus
einer jüngeren Periode der ägyptischen Kunst als die von Oberägypten
und haben, da ihre äußere Bekleidung abgerissen ist, und die Stufen
bloßgelegt sind, die Inschriften verloren, mit denen auch sie gewiß be-
deckt waren. Von Rhampsinit, an dessen Namen sich eine novellenartige
Geschichte von Erbauung eines Schatzhauses und von der unüberwind-
lichen List des Baumeisters knüpft, ist es zweifelhaft, ob er der thebani-
schen oder der memphitischen Zeit angehört. Als Erbauer von Pyra-
miden und somit als der memphitischen Zeit angehörig werden Cheops,
Chephren und Mycerinus genannt, von denen der erste und dritte als
ein gottloser und ein gottesfürchtiger Fürst einander gegenüber gestellt
werden, da der eine, der Baulust zu genügen, die Tempel geschlossen
und die Opfer verboten, der andere den Gottesdienst wieder hergestellt
habe. Auch der König Möris, der den gleichnamigen See angelegt,
gehört dieser Periode an. Der See war ein Mittel, die Gewalt der
Ueberschwemmung zu einer Zeit, wo der Boden des unteren Aegyptens
noch nicht genug angehöht war, durch Abtastung des Uebersiusses zu
mindern. Der See ist im Laufe der Zeit verschwunden, da der von
dem Wasser zurückgelassene Schlamm auch seinen Boden allmälig erhöht
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