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1. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 55

1911 - Breslau : Hirt
6. Das norddeutsche Tiefland. 55 Die Felsengrundlage. Das norddeutsche Tiefland ist mit dem Schutt der Eiszeit bestreut, den man geologisch jung nennen kann, und aus den Alpen und Mittelgebirgen führen seit Jahrtausenden die Flüsse Sand und Schlamm heraus, den sie im Tiefland ablagern. Aber darum ist dieses Land doch kein junges Erzeugnis der dahinterliegenden Gebirge. Man kann nicht sagen wie von Ägypten: es ist ein Geschenk seines Stromes. Das angeschwemmte Land ist an der Ostsee, wo es überhaupt vorkommt, ein schmaler Streifen und breitet sich nur im Weichsel- und Memeldelta aus. An der Nordsee wird es größer und nimmt am meisten Raum im Rheindelta ein. Unter seiner ein- förmigen Schuttdecke verbirgt das norddeutsche Tiefland einen gebirgshast unregel- mäßigen Bau voll Spuren und Resten von Falten, Spalten und Verwerfungen. Man kann hoffen, daß eines Tags die Gebirge dieser Zone vor unserm geistigen Auge wiedererstehn werden, wie die uralten Alpen des Mittelgebirgs wieder ausgebaut worden sind. Man ahnt schon jetzt Gesetzmäßigkeiten dieser begrabenen Gebirgs- bildnng, wenn man Reste anstehender Kreidefelsen in Mecklenburg zwischen Süd- osten und Nordwesten ziehen sieht, oder wenn in dieser oder einer rechtwinklig darauf- stehenden Richtung Täler und Seebecken fast parallel aufeinander folgen oder sich nebeneinander wiederholen. Wie mächtig auch der Gesteinsschutt an manchen Stellen anschwillt, die großen Formen des norddeutschen Tieflands gehören diesem alten Untergrund an. Sehr vereinzelt, aber an nicht wenigen Stellen tritt er selsen- Haft zutage. Helgoland und Rügen (Kreide von Stubbenkammer 133 Meter) find die klassischen Beispiele. Gipsberge der permischen Formation zeigen bei Segeberg in Holstein, Lübtheen im Mecklenburgischen, Sperenberg bei Berlin, Hohensalza in Posen darunterliegende Salzstöcke von einer Mächtigkeit an, die zum Teil gewaltig ist. Wo nicht Gipsberge hervortreten, zeugen Höhlen und Erdfälle für das Dasein des leichtlöslichen, bald ausgewaschenen Gesteins in der Tiefe. In Muschelkalk- Hügeln bei Kalbe an der Milde und Rüdersdorf bei Berlin sind wichtige Steinbrüche aufgeschlossen. An den Küsten und auf den Küsteninseln von Mecklenburg und Pom- mern, bei Fritzow, Kammin, Soldin, Bartin tritt Jurakalk hervor, bei Dobbertin blauer Liaston in einem 80 Meter hohen Rücken. Besonders verbreitet sind aber Kreidegesteine, die von der Gegend von Itzehoe, wo sie eine Geestinsel bilden, über Heiligenhafen, Schmölln, Usedom (Lübbiner Berg 54 Meter), Wollin bis Kalwe bei Marienburg ziehen. Noch viel weiter verbreitet sind Ablagerungen eines Meeres der mittleren Tertiärzeit, das sich allmählich nach Nordwesten zurückzog, nachdem es an seichten Gestaden und in den Deltas der aus dem Gebirge herabsteigenden Flüsse organische Massen begraben hatte, aus denen dann mächtige Braunkohlen- flöze entstanden. Die Schuttdecke. Der Boden Norddeutschlands trägt die Spuren einer großen Bedeckung mit festem und flüssigem Wasser. Reste gewaltiger Stromtäler und Seen und vor allem einer von West bis Ost reichenden Eisbedeckung geben ihm seine größten und wirksamsten Formen. So allgemein verbreitet diese Reste sind, so ungleichmäßig, ja verworren ist ihre Lagerung. Die Trümmer, die das Wasser in diesen verschiedenen Formen hinterließ, sind ausgelaugt, großenteils der Fruchtbarkeit beraubt und höchst ungleich verteilt. Es fehlen die erzreichen Gesteine der deutschen Mittelgebirge, die großen Kohlenlager älterer Formationen. Tertiäre Braunkohlen treten in den Landrücken auf. Solquellen verraten da und dort den Reichtum an Salz in der Tiefe. Vereinzelte Lager von Raseneisenstein, Gips, Kreide werden sorgsam aus- gebeutet. Der Ackerbau beklagt die Kalkarmut des Bodens, besonders des Sandes.

2. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 56

1911 - Breslau : Hirt
56 B. Zur Länderkunde. Fruchtbar sind die Marschländer an der Nordsee und im Weichseldelta, günstig ist die starke Vertretung des Geschiebelehms auf der Seenplatte, des Bodens der herrlichen Buchenwälder und schweren Weizenähren Mecklenburgs. Am ungünstigsten sind die Höhensande des südlichen Landrückens und der alten Talnngen sowie die Moore. Diesen unfruchtbaren Strecken gewann nur die ausdauerndste und genügsamste Arbeit Kulturboden ab. Wo Schutt der Eiszeit den Boden bedeckt, haben sich besonders zwei Boden- formen gebildet, die zugleich zwei Landschaftstypen sind. Wir haben flachgewölbte, gleichmäßige Hochflächen bei Teltow und Barnim, zwischen Posen und Gnesen, zwischen Königsberg und Eydtknhnen: leichtwelliger Boden, von den schmalen Rinnen des Schmelzwassers der Eiszeit zerschnitten, die bald träge Bäche, bald Torfmoore enthalten, bald auch von Flugsand verschüttet sind, den aus den slachen Höhen das Wasser aus dem Ton und Mergel herausgewaschen hat. Tone und Mergelsande sind als die feinsten Erzeugnisse der Schlämmung des Gletscherschutts in Vertiefungen abgesetzt, wo einst Eisseen gestanden haben mögen; der fruchtbare, bis zu drei Meter mächtige Decktou gehört zu ihnen. Runde Vertiefungen, Sölle oder Pfuhle, Wasser- oder torfgefüllt, sind oft sehr zahlreich, wahrscheinlich bezeichnen sie die Stellen lang- samen Abschmelzens verschütteter Eisblöcke, über denen der Schutt trichterförmig einsank. Eine andre Landschaft ist die der Grundmoräne, die an: deutlichsten auf dem baltischen Höhenrücken ausgebildet ist: verhältnismäßig starke Höhenunterschiede auf geringe Entfernungen, zahllose, ganz unregelmäßig angeordnete Kuppen, Wellen, Hügel, zwischen ihnen entsprechend zahlreiche und willkürlich zerstreute Seen, Tümpel, Sümpfe, Moore, die häufig keinen oberirdischen Abfluß haben. Auch hier hat die Auswaschung manches verändert, und ein Anfang der Sichtung der Felsblöcke, Tone und Sande ist manchmal sichtbar; aber der Grundzug bleibt die Verworrenheit des Gletscherbodens. Die einst größern Wassermassen haben auch weitere Täler gegraben, in denen sich heute Bächlein so verlieren, daß ein nord- deutscher Geologe sie der Maus im Käsig des Löwen vergleicht, und mächtige Seen sind zu Torfmooren geworden. Vor allem gehören aber in diese Landschaft die er- ratischen Blöcke, zum Teil mächtige Felsen, die aus mancher purpurbraunen Heide wie gewachsene Klippen hervortauchen. Ju das Grau ihrer Verwitterungskrusten sind duuklere Fleckeu und Ringe gezeichnet, Flechten und Moose von nordischer Ver- wandtschast, die wahrscheinlich zu derselben Zeit einwanderten, wo das Eis jenen Block südwestwärts trug. In der Altmark gibt es Striche, wo große und kleine Geschiebe fast pflasterartig dicht nebeneinander den Boden bedecken. In dem ganzen steinarmen Tiefland haben sie als Bausteine für Kirchen, Burgen und Dorfmauern eine große Bedeutung gewonnen, und das holprige Pflaster so mancher nord- und mitteldeut- scheu Stadt erzählt von der unverwüstlichen Härte der nordischen Granitgeschiebe. Die Landhöhen. Durchwandern wir das Tiefland vom Meer zum Gebirge, so steigen wir aus dem dunkeln Waldhügellnnd Preußens, Pommerns, Mecklenburgs an langgestreckten Seen hin in ein sandiges, sumpfiges, mooriges, stellenweis auch mit Felsen bestreutes, aber mit gewaltigem Fleiß entwässertes, kanalisiertes und angebautes Flachland hinab und erheben uns wieder nach Süden zu auf schiefen, sandigen Ebenen oder in Waldtälern zu einem neuen waldreichen Hügelland. Das sind die Land- rücken des ^norddeutschen Tieflandes und die breite Senke zwischen ihnen. Die Eisenbahnen, die die Flächen und die Eiuseukungen aufsucheu, zeigen uns freilich nicht viel davon. Es durchziehen ja im norddeutschen Tieflande die ältesten und

3. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 25

1911 - Breslau : Hirt
2. Über Bergformen, 25 auf, weit eher einer niedrigen Glocke gleichend, denn einer Bergpyramide. Gleiches gilt von allen seinen Nachbarn, gilt von den mexikanischen Vulkanen, sowie auch vom Hauptgipfel des Kilimandscharo, dem 6010 in hohen Kibo. Hans Meyer hat von demselben in seinen ostafrikanischen Gletscherfahrten vortreffliche naturgetreue Ansichten gegeben. Höchst eigenartig ist der große landschaftliche Gegensatz zwischen dem Kibo und seinem Nachbarn, dem Mawensi. Steigt jener in ruhigen Formen auf, so ist dieser zerrissen von zahlreichen Schluchten, zerschnitten in Zacken und Zinnen, ähnlich einem Alpengipsel. Auch von diesem Gipfel ist Hans Meyer ein treffliches Bild zu danken, während ein anderes den Berg nach dem Aquarell eines vorzüglichen Künstlers wiedergibt, sichtlich überhöht wie so visle Bergansichten. Die Verschiedenheit zwischen Kibo und Mawensi erklärt sich leicht. Sie verhalten sich wie zwei Generationen zu- einander. Jugendfrisch erhebt sich der Kibo, gealtert der Mawensi; jener dankt seine Gestalt ausschließlich der vulkanischen Ausschüttung, dieser seine Zerrissenheit den Gewässern, die an ihm nagten. Wie ein Marmorblock und eiu aus einem solchen gefertigtes Bildwerk liegen beide Berge nebeneinander; sie veranschaulichen die ver- schiedene Wirkungsart der beiden Gruppen von Kräften, welche die Erdoberfläche ausgestalten. Bezeichnet man die auf Veränderungen in der Tiefe beruhenden Krustenbewegungen und vulkanischen Erscheinungen als endogene Vorgänge, die an der Erdoberfläche wirkenden Kräfte hingegen als exogene, so muß der Kibo als Werk endogener, der Mawensi als das endogener und exogener Ursachen bezeichnet werden. Jene bauteu den Block, diese arbeiteten die Skulptur an ihm heraus. Von der Wirksamkeit der Flüsse (bei der Herausbildung von Bergformen) kann man sich nirgends besser überzeugen als in den Klammen der Alpen. Oft nur 1—2 m breit, sind sie häufig 30—40 m tief eingefurcht; an ihren Wandungen sieht man die Kessel, welche das wirbelnde Wasser ausdrechselte. Die Schlucht, welche die Aare oberhalb Meningen durchbricht, und in welcher der weiter aufwärts 10—20 m breite Fluß stellenweise auf 1 in zusammengepreßt wird, ist ein prächtiges Beispiel für einen solchen Einschnitt des Wassers. Ihr gewundener Verlauf, ihre über- hängenden, ausgewaschenen Wandungen lassen keinen Zweifel darüber, daß ein solcher und nicht etwa eine klaffende Spalte der Erde vorliegt. Wie rasch unter Uni- ständen die Bildung solcher Flußeinschnitte vonstatten geht, hat Eduard Brückner in einem Aufsatze über die Geschwindigkeit der Gebirgsbildnng und der Gebirgs- abtraguug gezeigt. Die Kauder im Berner Oberlande, welche 1714 geradegelegt, d. h. direkt in den Thuner See geleitet wurde, hat ihr Bett binnen 180 Jahren ans einer 10 km langen Strecke bis zu 90 in vertieft. So schnell arbeiten die Flüsse, daß man die Anstiesung und Erweiterung ihres neuen Laufes der Aare selbst über- lassen konnte, nachdem man ihr den Weg in den Bieler See gebahnt hatte. Der durch die Flüsse gebildete steilrandige Einschnitt verwandelt sich nach und uach in ein breiteres Tal. Dazu tragen in erster Linie die Bewegungen bei, welche sich an den Wandungen je nach der Beschaffenheit des zerschnittenen Gesteines ver- schiedenartig entfalten. Sehr feste, kompakte Felsen bröckeln allmählich und langsam ab; an ihnen bestehen, wie in den Klammen der Alpen, die rundlichen Abwaschsormen noch lange fort, bis sie durch die eckigen Abbröckelungsformen ersetzt werden, oder aber sie brechen in Form von Bergstürzen nieder. Lose Materialien geraten ins Rutscheu, so daß die Erweiterimg rasch, wie in der Kanderschlncht, geschieht; letztere zeigt gegen-

4. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 59

1911 - Breslau : Hirt
6. Das norddeutsche Tiefland. 59 des deutschen Landes zwischen Weichsel und Memel. Denn dieses Vorland mit seinen Hügelzügen und fruchtbaren Schwemmländern macht aus Preußen ein in dieser Weise an der südlichen Ostsee einziges Gebiet, das ebendeshalb seine eigene Geschichte und sein Übergewicht hatte. Dahinter erst zieht der wegen seines Seenreichtums als Seenplatte bezeichnete Höhenrücken, die massigste Erhebung in dem ganzen Zug, ein 100 Kilometer breiter und 120 Meter hoher Wall, über den sich im Westen wie im Osten Hügel von mehr als 300 Metern erheben. Das Vorland bildet zwischen den flachen Deltaländern an der Weichsel und Memel eine Kette von Hügelländern, die, vom Meere gesehen, wie Inseln nebeneinander auftauchen. Im Südwesten drängt sich das Land hinter der Drewenzlinie zu einer Wald- und Berginsel zusammen, deren Eigentümlichkeit einst durch ausschließlich lettische Bevölkerung verstärkt war. In derselben ostnordöstlichen Richtung wie der Preußische streicht auch der Pom- mersche Rücken zwischen Oder und Weichsel nordwärts weiter. Die Hinterpommer- sche Küste ist eine treue Wiederholung dieser Richtung. Aber der südwärts gekehrte Rand des Landrückens zeigt dem Blicke von Köslin oder Stolp aus ein tal- und sor- meureiches, waldiges Hügelland. Die höchsten Erhebungen liegen im Osten. Der Turmberg (330 Meter) liegt südwestlich von Tanzig noch auf westpreußischem Boden. Von da an sinkt nach Westen hin der Pommersche Höhenrücken, ohne tiefere Ein- senkung auf der 300 Kilometer laugen Erstreckung bis zur Oder. Zwischen Ebers- walde und Stettiu tritt er mit einem steilen Ufer genau so an die Oder wie der Preußische zwischen Fordon und Marienburg an die Weichsel. Die Höhen betragen an der Oder kaum noch 100 Meter. Im Mecklenburgischen Höhenrücken tritt uns eiue ganz andre Richtung der Erhebung, die südöstlich-nordwestliche entgegen. Auch dieser Rücken zieht sich 250 Kilometer weit ohne tiefere Einsenkungen als von 60 Metern von der Oder bis zu der Senke, die südlich von Lübeck Trave und Elbe verbindet. Auch hier sind die einzelnen Höhen im Osten beträchtlich, aber die Wellenhügel um den Schweriner See bleiben unter 95 Metern. Jenseits der Trave-Elbe-Senke haben wir endlich in Schleswig-Holstein gar keinen zusammenhängenden Höhenrücken mehr, sondern eine Reihe von Erhebungen, die noch einmal im Bungsberg 164 Meter erreichen, aber durch mehrere breite Lücken so ties getrennt sind, daß sie eher an die inselähn- lichen Hügelgruppen des ostpreußischen Vorlandes erinnern. Die Lübeckische Senke ist 19 Meter hoch, die des Kaiser-Wilhelm-Kancils 11 Meter; das sind die Tore vom Ostsee- ins Nordseegebiet, die man das Kattegatt des Landes nennen könnte. Diese preußischen, pvmmerschen, mecklenburgischen und holsteinischen Abschnitte des Baltischen Landrückens üben auf die Küstengestalt und die Stromgliederung Norddeutschlands einen bestimmenden Einfluß. Ihnen entspricht die Sonderstellung der holsteinischen, der sast halbinselartige Vorsprung der mecklenburgischen und vor- pommerschen, das Ansteigen der hinterpommerschen, das Zurücktreten der preu- ßischeu Küste. Zwischen je zweien sließt ein Strom in tiefem Einschnitt dem Meere zu, und die Elbe wird durch den lanenbnrgifchen Vorsprung westwärts gedrängt. Nicht zusällig entsprechen diesen Abschnitten alte politische Gebiete. In der Geschichte Deutschlands ist aber der Baltische Höhenzug im ganzen der Wall, den der zum Meere strebende Verkehr und jede Macht durchbrechen mußte, die die Ostsee vom Südnser her beherrschen wollte. Daher ist jede Unterbrechung dieses Walles eiue geschichtliche Stelle von größter Wichtigkeit. Lübecks große Stel- lung in der Geschichte der Ostseeländer ist mit durch die Lücke des Höhenrückens be- gründet, der sich nach der Elbe in der Richtung auf Lauenburg zu zieht. Seinen

5. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 60

1911 - Breslau : Hirt
60 B. Zur Länderkunde. Wert verdeutlicht die Kanalisation der durch diese Lücke fließenden Stecknitz, die schon im Mittelalter die Elbe mit der Trade schiffbar verband. In jener andern Senke, wo die Eider in nur 11 Meter Höhe ihre Quellen bei Rendsburg sammelt, während die Nordsee ihre Gezeiten ebensoweit eideranfwärts führt, durchschneidet der Kaiser- Wilhelm-Kanal die cimbrische Halbinsel. Das 150 Kilometer lange Quertal Brom- berg—tanzig ist die erste große Naturstraße aus Poleu nach der Ostsee. Seine politische Wichtigkeit bezeugen die Kämpfe zwischen Teutschherren und Polen, später zwischen Preußen und Polen und Franzosen um die Festungen, die die Anfangs- und Endpunkte dieses Durchbruchs decken. Ähnlich wie hier Thorn und Danzig liegen Küstrin und Stettin zum Oderdurchbruch. Wie dort die Polen, hatten hier die Schweden die Wichtigkeit der Passage erkannt. Und so gehörte zu den Grund- tatsachen der Entwicklung der Macht Preußens die Befreiung des Weichselweges aus polnischer und des Oderweges aus schwedischer Beschlagnahme. Die großen Täler. Die einem flüchtigen Blick auf die Karte sich aufdrängende Teilung des norddeutschen Tieflandes in Querabschnitte, die von den Strömen Weichsel, Oder, Elbe und Rhein begrenzt sind, liegt nicht so tief in der Natur dieses Landes wie die breiten Talnngen zwischen den: nördlichen und südlichen Höhenzug, die durch diese Flüsse durchschnitten werden. Dieses sind die erdgeschichtlich tiefst begrün- deten Senken des Tieflandes. Diese breiten Täler vermögen allerdings der Landschaft nicht die energische Gliederung zu verleihen, durch die der Oder- und der Weichsel- dnrchbrnch ausgezeichnet sind. Das Mächtige liegt vielmehr auch hier in der Breite. Diese westöstlichen Talsenken verstärken den ozeanischen Charakter des Tief- landes. Auch von den geschichtlichen Wirkungen gilt dies. Die flache Wölbung des Fläming hielt keine Wanderschar auf, wohl aber vermochte das die über 3000 Quadrat- kilometer umfassende Taluug, die nördlich davon liegt, besonders als sie noch mit Sumpf und Wald bedeckt war. Da gewannen auch eiuzelue Übergänge und Durch- gänge, Naturbrücken trocknen Landes in den See- und Sumpfgebieten, wie der Netze- paß von Driesen, eine hohe Bedeutung, und einige der größten Städte Norddeutsch- lands daukeu ihr erstes Aufblühen der Lage an solchen Stellen, unter andern Berlin. Der Eindruck dieser Täler, die kleine Flachlandgebiete für sich sind, ist besonders dort merkwürdig, wo die jüngern, schmalen, wenn auch tief eingefurchten Täler mit ihnen in Verbindung treten. So großartig das Weichseltal unterhalb Fordou auch ist, es ist doch nur ein Nebental, ein schmaler Abzugskanal des breiten alten Weichsel- tales. Es müssen sich gewaltige Wassermassen in diesen Tälern bewegt haben, und vor der blauen Mauer des sich zurückziehenden Eises müssen sich in ihnen wahre Binnen- meere gestaut haben. Später sind sie versumpft, vermoort, versandet. Erst seit- dem sie das Bett der wichtigsten Querkanäle geworden sind, von der Elbe bis zur Weichsel, hat der menschliche Verkehr ihnen etwas von der Bewegung wiedergegeben, mit der einst die Schmelzwasser diluvialer Gletscher sie durchflutet hatten. Im mitt- lern Norddeutschland flössen vier solche Ströme, die alle in der Gegend der heutigen uutern Elbe in die bis gegen die Havel hereinragende Nordsee mündeten. Da war ein altes Weichseltal, worin nun Strecken der Narew von der Bugmündung an, der Weichsel bis Fordon, dann Netze und Warthe bei Bromberg, Nakel, Küstrin und der Finow-Kanal bis Eberswalde fließen. Die Mündung in die Elbe muß bei Havel- berg gelegen haben. An derselben Stelle mündete auch ein altes Odertal, das man durch das Warthetal und den Obrabrnch in das heutige Odertal und die Spree ver- folgen kann. Ter Spreewald ist ein Rest eines südlicheren Odertals, und die Alte Elster hat ein altes Elbtal aufgenommen; beide ziehen gegen Genthin hinaus.

6. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 65

1911 - Breslau : Hirt
8. Die Grafschaft Glatz. 65 empor; meist sind die Spalteil und Einschnitte mit Bäumen und Gebüsch dicht be- wachsen; ihre Zahl beläuft sich auf mehrere Tausende. Die Wunder des im wört- lichen Sinne zugeschlossenen Labyrinths, das ein silberklarer Bach durchfließt, kün- digen als Vorposten zwei Felsen an, von denen der eine, eine Art von roher Bild- säule eines Knienden darstellend, der betende Mönch, der andere wegen seiner kegel- förmigen Gestalt, die nach oben breiter wird, der „umgekehrte Zuckerhut" genannt wird. Noch großartiger in ihren Naturgebilden sind die Felsen von Weckelsdorf, die erst im Jahre 1824 ein größerer Waldbrand vollständig freilegte; ihr Glanzpunkt ist der sogenannte Dom, eine hohe Felsschlucht, deren Gewölbe eine gewisse Ähn- lichkeit mit gotischen Spitzbogen zeigen. Andere Naturwunder bietet der Gebirgszug in der Nähe, die unter dem Namen der „versteinerte Wald" von Radowentz bekannt sind. An manchen Punkten übersieht man mit einem Blicke mehr als hunderttausend Kilogramm versteiuerteu Holzes, sast immer entrindete Stämme von Nadelhölzern bis zu 1 rn Dicke und 2 m Länge: so großartige Lager, wie sie im Gebiete der Stein- kohlensormation bis jetzt weder in Europa noch in einem anderen Erdteile beob- achtet sind. Man kann sich denken, welchen Reichtum an wirklich malerischen Aussichten die eigentümliche Kreuzstellung der Glatzer Täler herbeiführt, wie die Gebirgsglieder zwischen ihnen mit jedem Wechsel des Standpunktes in immer neuen Verschiebungen, Freilegungen und Bedeckungen gleich künstlich bewegten Kulissen sich zu anderen und aber anderen Bildern gesellig aufreihen. Tie geringe Ausdehnung der Land- schast, in der Länge kaum 80, der Breite nach höchstens 40 km, erlaubt überdies stets das Ganze ins Auge zu fassen, wobei zugleich die verschiedenen Größen der beiden Achsen jedesmal zahlreiche Grade der Fernblicke nebeneinander hinzeichnen. Während im Süden das gewaltige Rundhaupt des mit dem Kaiser-Wilhelm-Turm gezierten Schneebergs bis zu 1426 m emporsteigt, ziehen im Norden nur halb so hoch die wagerechten Linien des Sandsteinplateaus entlang. Vom baumlosen Scheitel des erstereu, wo in einer Grenzsäule die drei Lande Böhmen, Mähren und Glatz einander berühren, stellt sich gegen Südost der ernste Altvater dar in thronender Herrschaft über dem Gesenke seiner Genossen; ein Rundgang von wenigen Schritten enthüllt das Waldversteck der Quellflüsse, die mit dumpf murmelndem Lebewohl den Scheideweg einschlagen zur Ostsee, zur Nordsee und zum Schwarzen Meere. Vom Großvaterstuhl, der höchsten Klippe der Heuscheuer, mit ihren meist senkrecht zerklüfteten, schwarzgrauen Felsen, streift der Blick über die Engpässe von Nachod und Trantenan hinweg die einander ablösenden Ketten der Lausitzer-, Jser-, Riesen- und Waldbnrger Gebirge; den Vordergrund füllen im Norden die zopfigen Gebilde des Sandsteinflözes von den Adersbacher Steinen an. Aber hier wie dort kehrt das Auge wieder und wieder in die umfriedigte Welt der inneren Grafschaft zurück, um sich an dem heiteren Wechselspiel dieser doch so streng verbundenen Landschasts- bilder unaufhörlich zu erquicken. In dieser Mischung von gehaltener Ordnung und entbuudener Kraft, von Einheit und Freiheit hat die Grafschaft Glatz im ganzen Bereich der deutschen Mittelgebirge nirgend ihresgleichen. Die Verbinduugm dieser Bergreihen bringen Verhältnisse hervor auf dem Äußeren des eingeschlossenen Landes, denen nur, wie Leopold von Buch sagt, „ein griechischer Himmel fehlt, um die Be- wohner glauben zu machen, eine besondere Welt sei für sie da. Mögen doch Feen- romane ihre Phantasie aufbieten, eine Gegend bezaubernd und reizend zu schildern, sie werden ihre Dichtungen hier als Wirklichkeit finden. Die Natur scheint sich ans der Erde Plätze bestimmt zu haben, die sie mit allem Reichtum versorgte, den ihre Lerche, Erdkundl. Lesebuch. 5

7. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 66

1911 - Breslau : Hirt
66 B. Zur Länderkunde. wohltätige Haud zu verleihen vermochte; hier zeigt sie uns, daß sie anch noch hoch im Norden sich Tempel erbauen könne, die besonders zu ihrer Heiligung bestimmt zu sein scheinen." Das ist freilich die überschwengliche Sprache des achtzehnten Jahrhunderts, aber das zwanzigste würde noch ärger fehlen, wollte es solchen Reizen mit kühlem Schweigen den Rücken wenden. Dort, wo sich in der Nähe des Schneebergs drei Linien des Quertals schneiden, liegt das Dorf Wölfelsgrnnd, dessen Hütten und Häuser sich nach allen Seiten, an den Bächen auf- und abwärts, zwischen steilen Wiesen, Ackerstücken, und Waldzipfeln zerstreut, hinziehen: ein Rundbild von frischer Schönheit und holder Verwirrung; der Wasserfall der Wölfel, die 25 m tief in einen engen Kessel stürzt, brauchte kaum da zu sein, dennoch würde man eben hier ohne Mühe den Glanzpunkt der Glatzer Gebirgslandschaften erkennen. So friedlich eingehegt und grün umfchräukt dieser Wölselsgruud ist, so bequem vermittelt er den Besuch weitschauender Höhen; nach oben weist er den kürzesten Weg zum Schneeberg; seinen Ausgang ins Neißetal säumt nördlich der Spitzberg, von dessen scharfen: Rücken die Wallfahrtskapelle Maria zum Schuee heruiederfchaut. Der Berg sticht durch [eine Kegelgestalt auffallend genug vou deu fauftgerundeteu Kuppen der Brüder ab, und die zahlreichen Kammbecken rings um die geräumige Kapelle sowie die breitgetreteue Spur des steilen Bußwegs beweisen die Anziehnngs- kraft des geweihten Ortes für die römisch-katholischen Bewohner der Talsohle. Er- frenlicher dehnt sich drunten das wohlgebaute Tal hin bis gegen Glatz; behäbige Dörfer, zum Teil mit ansehnlichen Herrenhäusern und Parkanlagen, durchschneiden die weizenreichen Fluren; auch drüben an den böhmischen Rücken reichen Korn- felder hoch hiuauf; nur die Abwesenheit jedes Weinbaues zwingt, auch diesem reich- gesegneten Talgebiete den eigentlich süddeutschen Charakter abzusprechen. Auf den Höhen gedeiht fast nur Hafer neben vorzüglichem Flachs, auf dem sich viel Leinen- Weberei und Bleicherei aufgebaut hat; ansehnliche Bergwiesen unterstützen dabei die Viehzucht und habeu eine reiche Butter- und Käsewirtschast erzeugt. Zahlreiche Mineralquellen eutsprudeln daneben dem Boden und rufen alljährlich Tausende von Fremden in das sonst so entlegene Land, das seine deutsche Art nicht verleuguet, trotzdem bei der Bevölkerung schwarzes Auge und dunkles Haar durchaus vorherrscht. Auch ihre uicht übel klingende ostfränkische Mundart beweist ihren rein deutschen Charakter, wie ein altes Bauernlied zeigen mag: Nai, ech muß uf Tschihak ziehn; durte hots glöch gud zu laba, kucha hots un guda baba, madelkarne un rosinka un au guda wein zu trinka, nai, ech muß uf Tschihak ziehn. Mila (Maria), wu du a su willt, war ech glei a fuchs oasponna, un wer fohra flugs von donna. Mäst der gud die behn eipacka, un vull struh a schlita sacka, Mila, wu du a su willt.

8. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 68

1911 - Breslau : Hirt
68 B. Zur Länderkunde. sehend geworden sein und an dem Baume ein Marienbild, von Hellem Schein um- strahlt, erblickt haben. Dies wundertätige Marienbild und ein später entdecktes heilendes Marienbrünnlein begründeten den Ruf des Ortes bei den Gläubigen. Die Zahl der Wallfahrer soll sich heute jährlich auf 100 000 belaufen, deren größter Andrang vom Anfang Mai bis in die Mitte des Juli dauert. Von da bis zu Eude der Ernte ist er schwächer; dann wächst er wieder und reicht bis in den Spätherbst hinein. Den Anfang der Wallfahrten machen alljährlich die Mähren, die überhaupt den Ort in großer Zahl besuchen. Die Prozessionen kommen gezogen unter Gesaug und Posaunenstößen in eintönigen Weisen. Der Kalvanenberg, die Freitreppe der Kirche sowie diese selbst sind von knieenden Andächtigen erfüllt, und auf der heiligen Stiege rutschen Bußfertige auf und nieder, für den unbefangenen Zuschauer ein trauriger Anblick. Eine Merkwürdigkeit in nationaler Beziehung bietet die Grafschaft in ihrer Westecke dar, wo an der Böhmen zugekehrten Abdachung der Heuscheuer in sechs kleinen Ortschaften gegen 4000 Tschechen unter preußischem Zepter wohnen. Es ist kein Wunder, daß hier die Sprachgrenze herübergreift, denn der Bodengestalt nach ist diese Ecke von der inneren Grafschaft aus- und vielmehr Böhmen angeschlossen, wie umgekehrt das deutschredende Braunau in Böhmen geographisch dem Glatzer Kessel zugehört. Äußerlich macht sich das fremde Volkstum sofort kenntlich; in den langgestreckten Dörfern stehen die Häuser mit dem zweifenstrigen Giebel nach der Straße eng in Reihe und Glied; zwischen ihnen, oft hart vor der Haustür, lagern Düngerhaufen, die in slowakisches Hochrosa gehüllten Kinder bewegen sich unge- zwungener, und das Schwein tritt mit größerer Sicherheit auf als in den Höfen der Deutschen. Die Frauen verstehen kein Deutsch; die Männer haben es im Heeres- dienste gelernt. Alle aber unterscheiden sich mit festem Staatsgefühl als Preußen von den Stammesgenossen jenseit der schwarzgelben Pfähle. Der tschechische Lohn- kutfcher aus Kudowa ruft, wenn der Wagen die holperige österreichische Steinstraße vor Nachod erreicht hat, mit höhnischem Mitleid aus: „wir sind in Böhmen!" Am meisten germanisierend wirkt auf die slawischen Gebiete das überwiegend von Deut- fchen besuchte Bad von Kudowa mit seiueu kohlensäurereichen alkalischen Eisen- quellen, in dessen hübschen Promenaden man an der trefflichen Musik die Nähe des glorreichen Königreichs Böhmen von seiner stärksten Seite empfindet. Von Kudowa aus gelangt man durch windungsreiche, zum Teil mit Laubbäumen geschmückte Täler auf die breiten Hochflächen des Sandsteinplateaus und findet zuletzt auf der Heuscheuer selbst, im dichten Waldesmantel verborgen, die ganze Zaubergesellschaft aller Spukgestalten der Sächsischen Schweiz oder der Adersbacher Felsenstadt hoch in den Lüften wieder, eine zerklüftete Welt, in der die Seltsamkeit herrscht statt der Schönheit und deren Anblick bei dem Wanderer grenzenloses Erstaunen hervorruft. Man erreicht den tschechischen Außenwinkel des Ländchens am bequemsten von dem böhmischen Nachod aus und fühlt sich durch die zahlreichen Trauerdenkmale an beiden Seiten der Straße zum ernsten Andenken an einen Krieg bewegt, dessen herrlichen Siegen Preußen den noch einmal in blutige Frage gestellten dauernden Besitz einer der schönsten und eigenartigsten Landschaften verdankt, der Lieblings- erobernng Friedrichs des Großen, der Grafschaft Glatz.

9. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 72

1911 - Breslau : Hirt
72 B. Zur Länderkunde. Jenseit der Zaberner Steige zeigt sich die Haardt (Hardt, Hart --Wald- gebirge) wieder mehr gebirgig. Ihre ansehnlichsten, früher ebenfalls vergletscherten Höhen liegen nahe ihrem zerklüfteten, steilen Ostrande, dessen Bergreihe sich als eine stattliche Gebirgswand darstellt, den hinteren Hauptkamm überragt und be- sonders in der Mitte als festgeschlossener Bergwall erscheint. Während das Gebirge im Innern durch zahlreiche Täler vielfach gespalten ist, durchbricht deu Raud nur ein einziges Haupttal, das des Speyerbaches. Tie Haardt, deren Sandsteinsläche in 300 bis 450 in Meereshöhe liegt und nur im Eschkopf auf 610, im Kalmit aus 680 m ansteigt, durchzieht die Pfalz ziemlich iu der Mitte vou Süd nach Nord und gibt ihr eine östliche und westliche Abdachung. Von ihnen geht die sanftere westliche in das hochwellenförmige Westrich und dann durch die Muschelkalkstufe in den Keuper von Lothringen über; die östliche fällt jäh in die Rheinebene ab und bildet mit dieser die Vorderpfalz. Sie enthält am Fuße der Berge das herrliche Pfälzer Weinland, auf das in vollem Maße das paßt, was für die Oberrheinische Ebene überhaupt gilt. Beide Abdachungen sind voll landschaftlicher, ethnographischer und geschichtlicher Gegensätze; es gibt in Deutschland nicht viele Landstriche, wo sich auf so kleinem Räume so wenig Einheitlichkeit, wo sich in der geologischen Natur und im Anbau des Bodens, ferner in der Mischung vou Stammeseigentümlichkeiten, in geschichtlichen Überlieferungen, in Brauch und Lebensweise, in Konfession und Weltanschauung so scharfe Gegeusätze so schroff nebeneinander darboten. Die Haardt sällt gegen Norden zu dem sumpfreichen Landstuhler Bruch (Kaiserslauteruer Einsenknng) ab, durch deu die alte Straße von Worms nach Loth- ringen, heute die Eiseubahn von Mainz nach Saarbrücken läuft. Nach dieser Ein- senknng steigt, dem Odenwalds gegenüber, aufs neue ein niedriges, aus karbonischen Ablagerungen mit Porphyr- und Melaphyrdurchbrüchen bestehendes Bergland auf, das besonders durch seinen Reichtum an Steinkohlenlagern ausgezeichnet ist. Am höchsten unter seinen unzusammenhängenden Berghaufen ragt der Donnersberg auf, der in dem Königstuhl 687 m erreicht. Da feilte gewaltige Porphyrmasse die umliegenden Bergflächen um 250 bis 300 rn, die tief eingeschnittenen Talsohlen um fast 500 in überragt, so erklärt sich daraus der bedeutende Eindruck, den er in der Rheinebene weithin macht. In einem Teile des sich unmittelbar anreihenden Landes finden wir eine wildromantische Gebirgslandschaft mit stillen, tiefen, von mächtigen Felsen umschlossenen Tälern, mit lieblichen Gründen und dunklen Wäldern. Mir stehen hier in einem poetischen Lande, wo uns in finsteren Bergschächten, in wüsten Trümmern stolzer Schlösser, die malerisch seinen Gürtel schmücken, und in den ruhigen Tälern oft der Geist der Sage begegnet. Nördlich bis zum Rhein hin ist das fruchtbare Hügelland des Alzeier Gaues gelagert. An ihm vorüber und durch diesen Strich kommt die berühmte alte Kaiser- straße; sie nimmt bei Kaiserslautern, dem Herzen der Pfalz, wo einsichtsvolle Feld- Herren ihre Entscheidungsschlachten geschlagen haben, die alten Heerstraßen des Neu- städter und Dürkheimer Tales auf und verbindet neben der Eisenbahn Lothringen mit dem deutschen Stammlande. Bei der Pfalz ganz besonders gestattet die Beschaffenheit des Landes einen be- gründeten Rückschluß auf die Bewohner, so daß ihre Art und ihr Wesen gleichsam nur der vergeistigte Ausdruck der Laudesnatur ist. In der lustigen, heiteren, reichen Pfalz finden wir meist nur heitere, fröhliche, reichbegabte Menschen. Ausgerüstet mit einem schlanken, geraden, von Kraft, aber noch mehr von Gewandtheit zeugenden Körper, zeichnet sich dieser rheinfränkische Schlag der Pfälzer auch durch geistige

10. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 74

1911 - Breslau : Hirt
74 B. Zur Länderkunde. Noch hat nämlich der Fluß die Heftigkeit nicht abgelegt, zu der ihn die Strom- schnellen zwischen Schaffhausen und Rheinfelden und der Durchbruch durch die Felsen und Bergklüfte beim Eintritt in die Ebene aufregen; vielmehr strömt er hier zunächst bei starkem Gefälle mit großer Raschheit und reißt dabei viel Geröll mit sich. Dann aber vermindert die ansehnliche Breite des Flußbettes seine Schnelligkeit, das Geröll schiebt sich träger vorwärts, und durch das stetige Fortrücken seiner Sand- und Kies- betten wird er flacher. In viele Arme geteilt, von denen bald der eine, bald der andere das Hauptbett bildet, umschließt er eine Menge Inseln und drängt unstet und ungezähmt bald auf die eine, bald auf die andere Seite. Er ist noch ein groß- artiges Wildwasser. Versumpfungen, Versandungen und Überschwemmungen der von den Flußarmen umschlossenen Inseln und der Uferstrecken veranlaßten aus- gedehnte Regulierungsarbeiten am Oberrhein. Durch Herstellung eines Nor- malufers wurde der Strom in eine geschlossene Rinne eingeengt, die Verlandung der verlassenen Flußarme bewirkt, durch Deichbauten das Überschwemmungsgebiet entwässert, endlich durch Geradelegung des Stromlaufes zwischen Basel und der hessischen Grenze seine Länge um 85 km verkürzt. Anders gestaltet sich die Beschaffenheit des Rheins unterhalb der Murg. Hier ist er bereits zu größerer Ruhe gelaugt und hält seine Gewässer mehr in einer Haupt- ader zusammen. Arme und Inseln bilden sich seltener; in sicherem Bette, zwischen geregelteren und anbaufähigeren Ufern, bei volleren Fluten, geringerem Falle er- weckt er, durch Jll, Neckar und Main verstärkt, schon weit mehr den Eindruck eines in zuverlässiger Gleichmäßigkeit dahinwogenden Stromes. Je uach der Verschiedenheit seines Laufes und seiner Uferstriche hat der Rhein auch die Geschicke und Gebilde der Menschenwelt gestalten oder veranlassen helfen. In dem oberen Teile, besonders auf der an 125 km langen Strecke von Basel bis Kehl, bereitete er wegen seines starken Gefälles (1:1600 bis 1 :1000) der Schiff- fahrt stets viel zu große Schwierigkeiten, als daß sie sich hätte zu vollem Leben ent- wickeln können. Hier findet fast nur Talfahrt statt, während die Bergfahrt meist durch den Rhein-Rhone- und den Hüninger Kanal vermittelt wird und auf dem Strome selbst erst neuerdings wieder zwischen Basel und Straßburg anfge- nommen worden ist; denkt man doch sogar daran, sie ans die Schweizer Seen und ebenso vom Po her bis an den Fuß der Alpen auszudehnen. Daher bestand seit alten Zeiten lebhafter Landverkehr für den Marenhandel im elsässischen Sundgau auf der Straße von Straßburg über Kolmar und Mülhausen nach Basel. Von Straßburg ab trägt der Rhein schon größere Lasten, und zumal die Bergfahrt wird allmählich um vieles leichter; von hier beginnt eigentlich erst die Schiffbarkeit und Schiffahrt. Im oberen Teile lohnen seine sandigen oder sumpfigen Ufer nicht immer den Anbau; er bildet mit ihnen eine Art Wüstenstreifen, der die Überbrückung und Besiedlung hindert und Völker und Staaten der beiden Beckenhälften trennt oder doch getrennt hat. Als ein bequemer und breiter Grenzgraben wurde er lange Zeit von den Römern gegen die Germanen festgehalten, ja Kaiser Augustus erachtete die militärisch-politische Wichtigkeit des linken Ufers für so groß, daß er diese Grenzprovinz in seine eigene Verwaltung nahm und ihre Obhut stets nur Mitgliedern seines Hauses anvertraute. In früheren Jahrhunderten von den Franzosen unablässig als Grenze erstrebt, ist er nach der Wegnahme von Elsaß und Lothringen wirklich die Scheide- linie zwischen Frankreich und Deutschland gewesen, später aber, seitdem Deutschland seiue alteu Anrechte auf das linke Ufer in blutigem Kampfe zurückerobert hat, von Basel bis zu seinem Eintritt in Holland wiederum ein deutscher Strom geworden.
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