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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 695

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Das Zeitalter Wilhelms I. 695 des Feldzuges residierte der Prinz als Gouverneur der Rheinprovinz und von Westfalen vielfach in Koblenz, bis ihn die schwere Erkrankung des Königs wieder nach Berlin rief. 3. Stellvertretende Regierung und Regentschaft- Der Regent war mtt den Regierungsmaßregeln seines Bruders nicht immer einverstanden gewesen, und er war entschlossen, in manchen Stücken eine „neue Ära" eintreten zu lassen, aber die Veränderungen sollten in besonnener Weise vor sich gehen. Deshalb betonte er auch in seiner Ansprache an das Staatsministerium vom 8. November, „daß von einem Bruche mit der Vergangenheit nun und nimmer die Rede sein solle; es solle nur die sorgliche und bessernde Hand da angelegt werden, wo sich Willkürliches oder gegen die Bedürfnisse der Zeit Laufendes zeige. Versprochenes müsse man treu halten, ohne sich der bessernden Hand dabei zu entschlagen; nicht Versprochenes müsse man mutig verhindern." Was dem Prinzen längst am Herzen gelegen, sprach er bei dieser Gelegenheit offen aus: „Preußens Heer muß mächtig und angesehen sein, um, wenn es gilt, ein schwerwiegendes politisches Gewicht in die Watz-schal e legen zu können." Ii. gösutig der deutschen Frage. 1. Wilhelms I. Kämpfe mit dem Landtage. Ruhig, klar und selbstbewußt hatte der Prinz von Preußen beim Antritt seiner Regentschaft die Ziele seines Verfahrens ausgesprochen, auch in der äußeren Politik wurde seine Stellung bald klar. Österreich war 1859 wegen seiner italienischen Besitzungen mit Sardinien und Frankreich in Krieg geraten; gerne hätte der Prinzregent geholfen, wenn ihm die Stellung eines unabhängigen Bundesfeldherrn zugesichert worden wäre, aber Österreich willigte nicht darein; wenigstens bewirkte dann Preußen durch seine Mobilmachung die Friedensneigung Napoleons. Bei der Mobilmachung aber hatte der Prinzregent von neuem die Mängel und Schwächen des preußischen Heeres erkannt; diese schlimme Gefahr zu beseitigen, durch eine zeitgemäße Umbildung des Heeres den Bestand und den Einfluß Preußens zu sichern, war von da ab sein Bestreben, an dem er mit unerschütterlicher Ausdauer festhielt. Mit dieser Arbeit begann er fchon als Prinzregent und vollendete sie als König; durch eine strenge Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sollte die Friedensstärke erhöht und die Kriegsbereitschaft beschleunigt werden. Das Abgeordnetenhaus aber wollte die nötigen Kosten nur gegen das Zugeständnis einer zweijährigen Dienstzeit bewilligen, und als es 1862 ausgelöst wurde, lehnte das neugewählte Haus die Kosten für Umgestaltung des Heeres ab. Damals berief der König den preußischen Gesandten zu Paris, Otto von Bismarck-Schönhausen, an die Spitze des Ministeriums (Oktober 1862). Unbeirrt durch den Widerstand der Abgeordnete nund die große Erregung des Landes, setzte König Wilhelm die Umbildung des Heeres mit Hülse des Kriegsministers von Roon durch. Zugleich wurde die schon unter Friedrich Wilhelm Iv. begonnene Bewaffnung des Heeres mit Zündnadelgeroehren vollendet. Die mißliche innere Lage Preußens erweckte in Österreich die Hoffnung, eine Umgestaltung Deutschlands in seinem Sinne durchzuführen. Im Sommer 1863 trat Österreich mit einem fertigen Entwurf hervor; es forderte ein Bundesdirektorium, reget-

2. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 730

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
730 Das Zeitalter Wilhelms I. guinea Reichsbeamte entsandt, um die Verwaltung zu übernehmen und das Ansehen des Deutschen Reiches zu wahren. Eine wesentliche Förderung des deutschen überseeischen Handels brachte die Einrichtung deutscher Postdampferlinien. Sie wurde dadurch ermöglicht, daß der Reichstag dafür eine Reichsunterstützung bewilligte. Auf Grund derselben schloß das Deutsche Reich mit dem Norddeutschen Lloyd in Bremen einen Vertrag, in welchem dieser die Verpflichtung übernahm, eine Linie nach China und Japan, eine nach Sidney in Australien mit Anschluß nach den Samoa-Inseln, endlich eine Zweiglinie von Triest nach Alexandrien zu unterhalten. e) Einheit des Rechts. Nachdem im Deutschen Reiche Münzen, Maße, Gewichte, das Heer- und Marinewesen, die Post und Telegraphenverwaltung einheitlich geregelt waren, fehlte nur noch die Einh eit des Rechtes. Wohl gab es ein allgemein gültiges Strafgesetzbuch, aber ein einheitliches bürgerliches Gesetzbuch fehlte noch, 1874 wurde ein Ausschuß von elf hervorragenden Rechtsgelehrten bestellt, um den Entwurf zu einem solchen auszuarbeiten. Nachdem dieser beinahe 14 Jahre der großen Arbeit gewidmet hatte, kannte der Kaiser den Entwurf noch vollendet sehen. 0 Wilhelms I. Fürsorge für Kunst und Wissenschaft. Gleich wie seine Vorfahren auf dem preußischen Thron hat auch Kaiser Wilhelm der Kunst und Wissenschaft Schutz und Förderung in hohem Maße angedeihen lassen. Am 22. März 1876 weihte er die Nationalgalerie ein. Darin sollen Bildwerke der modernen deutschen Kunst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Aufnahme finden. Nach dem Tode feines Bruders übernahm König Wilhelm das Protektorat über den zum Zweck des Ausbaues und der Vollendung des Kölner Domes gegründeten Central-Dombau-Verein. Bedeutende Summen wurden von ihm jährlich der Vereinskaffe überwiesen. Seine Hauptstadt ließ der Kaiser mit Meisterwerken der Bildhauerkunst schmücken. Seiner Mutter, der Königin Luise, ließ er im Tiergarten dem dort befindlichen Denkmal Friedrich Wilhelms Iii. gegenüber ein Marmorstandbild errichten. Eifrig verfolgte er alle Unternehmungen, welche den Fortschritten der Wissenschaft dienten, wie Expeditionen zur Erforschung unbekannter Gebiete, Untersuchungen großer Gelehrtenvereine, Herausgabe bedeutender wissenschaftlicher Werke. 2. Des Kaisers Lebensabend. Fast unberührt von den Beschwerden und Gebrechen des Alters hat Kaiser Wilhelm bis zuletzt mit ungeschwächter Kraft die

3. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 722

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
722 Das Zeitalter Wilhelms I. am 16. Juni fand der Siegeseinzug eines Teiles der aus Frankreich heimkehrenden Truppen in Berlin statt. 40 000 Mann wurden hierzu ausgewählt: die Garde, das Königsgrenadierregiment, dessen Chef der Kaiser ist, und Abordnungen sämtlicher übrigen Truppenteile des deutschen Heeres. General Graf Moltke wurde an diesem Tage zum Generalfeldmarschall ernannt, Kriegsminister von Roon in den Grafenstand erhoben, andere Generale mit anderen Auszeichnungen belohnt. Es war ein erhebender Anblick, den 74 jährigen siegreichen Kaiser an der Spitze seiner Truppen durch die Siegespforten reiten zu sehen, hinter ihm den Kronprinzen und den Prinzen Friedrich Karl, vor ihm seine drei großen Paladine Bismarck, Moltke und Roon. C. Die Paladine Kaiser Wilhelms. 1. Otto von Bismarck ist als Sohn des Rittmeisters von Bismarck am 1. April 1815 auf dem Gute Schönhausen in der Altmark geboren, wuchs aber auf dem neu erworbenen Gute Kniephof in Pommern auf. Nachdem Bismarck zuerst im Plamannschen Institut und dann auf dem Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Berlin vorgebildet, studierte er in Göttingen und Berlin Rechtswissenschaft. Nach Beendigung seiner Studien trat er eine Zeitlang in den Staatsdienst ein, mußte ihn aber verlassen, um die Verwaltung der väterlichen Güter in Pommern zu übernehmen, wo er wohl öfters ein ausgelassenes Leben führte, aber auch ernstlich sich mit dem Studium Geschichte beschäftigte. Im Jahre 1847 hatte er sich mit Johanna von Puttkammer vermählt. Bei Gelegenheit seiner Hochzeitsreise nach Italien war Bismarck in Venedig in nähere Berührung mit dem König Friedrich Wilhelm Iv. gekommen, wobei sich beide längere Zeit über deutsche Verhältnisse, besonders über die künftige Gestaltung Deutschlands und die Aufgaben Preußens unterhielten. In demselben Jahre wurde er als Abgeordneter in den Vereinigten Landtag gewählt, wodurch ihm Gelegenheit gegeben wurde, die Bühne des öffentlichen Lebens zu betreten. Hier erregte er durch die schroffe Art und Weise, wie er sprach, bei den liberal gesinnten Abgeordneten Anstoß. Sein Streben ging darauf hinaus, eine königstreue Partei zu bilden. In diesem Sinne wirkte er.-auch durch seine in der „Kreuzzeitung" veröffentlichten Artikel, die geeignet waren, Aufsehen zu erregen. Der König würdigte ihn seines Vertrauens in hohem Maße und berief ihn oft nach Potsdam zur Beratung. Bismarck als Diplomat. Im Mai 1851 erhielt er seine Ernennung zum ersten Sekretär der Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt, mit dem Titel eines Geheimen Legationsrates. Als Bewunderer und Verehrer Österreichs war Bismarck nach Frankfurt gekommen, aber bald wurde aus dem Saulus ein Paulus. Er sah, daß Österreich alles daran setzte, Deutschland in seiner Ohnmacht zu erhalten und Preußen nicht aufkommen zu lassen. Mit Unerschrockenheit' und unbeugsamer Thatkraft kämpfte er dagegen an. Statt der früheren vollen Hingabe an Österreich erwuchs ihm während dieser Wanderjahre die Überzeugung, daß der Gegensatz der beiden deutschen Großmächte nur mit dem Schwerte zu lösen sei. Dieser Überzeugung gab er oft scharfen Ausdruck. Im Frühjahr 1859 wurde Bismarck von seinem Posten in Frankfurt

4. Geschichte der neuesten Zeit - S. 49

1906 - Kattowitz ; Leipzig : Siwinna ; Phönix-Verl.
49 Die Folgen des Aufstandes. Polen wurde durch das organische Statut seiner Verfassung beraubt und bildet von da ab einen Teil des russischen Reiches. Gütereiuziehuug und Verschickung nach Sibirien waren an der Tagesordnung. Viele eutzogen sich der Bestrafung durch die Flucht ins Ausland, besonders in die Schweiz und nach Frankreich. Die Polenschwärmerei der Deutschen. Wie für die Griechen wurde auch für die Polen in Europa und besonders in Deutschland geschwärmt. Vergleiche die Polenlieder Platens und Mosens! Der Ausstand vom Jahre 1863. Im Jahre 1863 kam es in Polen zu einem neuen Aufstande, der aber gleichfalls mit einem Mißerfolge für die Polen endigte. Iii. Die Zeit der Aeaktion in Deutschland 1815-1848. 1. Das politische Leben in Deutschland. Die beiden Richtungen im Staatsrecht. In der Staatsrechtslehre gab es in Deutschland zwei Parteien; die eine ging vou den naturrechtlichen Lehren der französischen Revolution aus, sie stand auf dem Boden der Volkssouveränität und des Staatsvertrages und hätte am liebsten die demokratische Republik, zum wenigsten aber die konstitutionelle Monarchie eingeführt gesehen. Ihr gehörten Männer wie Rotteck und Welcker an. Die andere Partei war durch Haller vertreten. Sie predigte beit mittelalterlich feudalen Staat und die patriarchalische Gewalt der Monarchen. Österreich unter Metternich. Der Jdealstaat Hallers war Österreich, das von dem Premierminister Metternich geleitet wurde. Dieser hielt jede freiheitliche Regung in den habsbnrgifchen Ländern nieder. Die Folge war ein geistiger Stillstand; das einzige, wodurch Österreich hervorragte, war die Pflege der Musik. Die Unznsriedenheit in Deutschland. Dem Einfluß Metternichs war es zuzuschreiben, daß die meisten deutschen Staaten mit der Ausführung des Artikels 13 der Deutschen Bundesakte, der Einführung einer Verfassung, zauderten. Deshalb bemächtigte sich der geistig führenden Kreise eine tiefe Mißstimmung. Am lebhaftesten war der freiheitliche

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 19

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 19 fehler des damaligen europäischen Liberalismus, daß sie in ihrem Eifer um das individuelle Recht die Notwendigkeit einer starken Staatsmacht, gerade zum Schutze jenes Rechts gegen das Versinken in freiheitsmörderische Anarchie, verkannten, und deshalb auch, wo einmal die Probe gemacht wurde, sich ungeschickt zu gedeihlicher Lenkung der Regierung zeigten. Durch dies alles können aber ihre großen Verdienste in schwerer Zeit nicht verdunkelt werden. In ihren Staaten haben sie, um nur ein Moment anzuführen, mit saurer, unermüdlicher Arbeit den durch lange Willkür und Vergeudung zerrütteten Staatshaushalt wieder zu fester Ordnung und Regelmäßigkeit zurückgeführt. Und, was die Hauptsache ist, wie die Burschenschaften den einen Grundgedanken der Befreiungszeit, die deutsche Einheit, so haben die süddeutschen Kammern den andern, Teilnahme des Volkes an dem öffentlichen Wesen, trotz alles Druckes und aller Niederlagen im Bewußtsein der Nation ein volles Menschenalter hindurch lebendig erhalten, und wir müssen ihnen ein ehrendes Andenken bewahren, wenn wir heute uns dieser hohen Güter in vollem Umfange erfreuen. Damals aber sollten diese Bestrebungen eine schwere Katastrophe erleiden. Fürst Metternich war über sie in jeder Beziehung entrüstet. Um die deutschen Lande nach Habsbnrgs altem Rechte zu beherrschen, ohne zugleich die Pflichten der Herrschaft zu übernehmen, bedurfte er ihrer Zersplitterung. Es giebt, sagte er, keinen verruchteren Gedanken als den, die deutschen Völker in Ein Deutschland zu vereinigen. Schon deshalb war er der Beschützer der fürstlichen Souveränität und Feind jeder Beschränkung derselben durch volkstümliche Regung. Aber alles liberale Wesen war ihm überhaupt im Grunde der Seele verhaßt, weil es, einmal in Deutschland zugelassen, von dort aus das Stillleben Österreichs hätte stören können. Nach den Eindrücken seiner Jugend, wo er den Jubel von 1789 in Frankreich geradeswegs zu der blutigen Diktatur von 1793 hatte führen sehen, flössen ihm die Vorstellungen von Liberalismus, Radikalismus, Kommunismus vollständig ineinander: wenn die Burschenschafter und die liberalen Kammerredner nicht schleunig beseitigt würden, hielt er Deutschland und Österreich der soaaleu Revolution unrettbar preisgegeben. Andere Mittel gegen solche Gefahren als umfassende polizeiliche Repression waren ihm unbekannt. Hier, meinte er, gelte es rasches Durchgreifen für alle deutschen Staaten. Freilich bemerkte er jetzt selbst, daß mit dem schönen Werke seiner Hände, mit dem Bundes-

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 20

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
20 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. tage, und dessen unbehülflichen und schleppenden Rechtsformen in so drängender Not nichts auszurichten sei. Man mußte auf andere Weise die Hände der den Bund leitenden Gewalten starken. Der Bundestag war eine durch die Paragraphen der Bundesakte organisierte Anarchie; nach der alten Regel sollte also die Anarchie durch den Staatsstreich abgelöst werden. Ein solcher aber war nicht möglich ohne Preußens Beihülfe, und ob diese zu erlangen wäre, konnte nach Preußens Stellung zum Bunde sehr fraglich erscheinen. Da geschah, daß aus einer kleinen, von der Mehrheit stets ab^ gewiesenen Gruppe der Burschenschaft zwei junge Fanatiker ausgingen, von denen der eine den Dichter Kotzebue als angeblichen Fürstenknecht und russischen Spion erdolchte und der andere gleich nachher einen Mordversuch gegen den Nassauer Präsidenten, Herrn von Jbell, machte. Das Aufsehen, welches diese Frevelthaten hervorriefen, war unermeßlich; auch König Friedrich Wilhelm und Hardenberg waren ebenso erzürnt wie erschrocken, und sehr begreiflich war es, daß der König eine strenge Untersuchung des Demagogentunis au allen preußischen Universitäten verfügte. Leider wurden aber die beiden Attentate auch der Vorwand für eine lärmende Bewegung aller alten Widersacher der von Stein 1808 eingeschlagenen und von Hardenberg fortgesetzten Reformpolitik. Jene Untersuchung geriet unter die Leitung bnrean-kratischer und feudaler Absolutisten, und auf die Gesinnung, mit welcher sie dann geführt wurde, wirft nicht bloß ihre überall angewandte Willkür und Roheit, sondern vor allem der Umstand ein grelles Licht, daß die Männer, die an erster Stelle den Geist der Befreiungskriege erweckt und genährt hatten, Stein und Gneisenan, Schon und Justus Grüner, Schleiermacher und Arndt, Jahn und Görres, von den Proceduren dieses Gerichts betroffen oder doch in seinen Akten verdächtigt wurden. Sodann aber erhob Metternich seine Stimme. In pompösen Erklärungen stellte er das rote Gespenst seinen geängsteten Bundesgenossen vor die Augen, eine ungeheuere, durch ganz Deutschland verzweigte Verschwörung, der nur mit vereinter Kraft und schnellstem Vorgehen begegnet werden könne. So gewann er Preußens Zustimmung zu dem Plane, eine kleine Zahl zuverlässiger Regierungen in Karlsbad zu versammeln, mit ihnen die nötigen Beschlüsse zu vereinbaren und dann den Bundestag zu sofortiger einstimmiger Annahme derselben zu zwingen. Neun Minister vereinten sich demnach 1) 23. März 1819.

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 21

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 21 in Karlsbad x), um nach Metternichs Anträgen den verruchten Gedanken der deutschen Einheit für alle Zukunft aus den deutschen Köpfen auszurotten. Es wurde verabredet, das gesamte Unterrichts-Wesen in Deutschland unter polizeiliche Aufsicht zu stellen, jede Druckschrift unter 20 Bogen der polizeilichen Censur zu unterwerfen, jede in der Erfüllung dieser Gebote lässige Regierung durch militärische Exekution zu ihrer Pflicht anzuhalten und zur Verfolgung der Demagogen in allen deutschen Staaten eine Bnndes-Untersuchnngs-kommission in Mainz niederzusetzen. Preußen, welches hiebei überall die härtesten Anträge stellte, wollte dieser Behörde sogar richterliche Funktion beilegen, Kaiser Franz aber schrieb mit fast cynischer Naivetät, man wisse ja noch gar nicht, ob sie etwas herausbringen werde. Er hatte ganz recht, es kam auch nichts Erhebliches heraus. Aber die Beschlüsse blieben dennoch bestehen. Endlich hätte Metternich gerne ähnliche Zügel wie den Universitäten auch den Kammern angelegt. Das aber fand Schwierigkeiten; es wurde beschlossen, nach einigen Monaten auf neuen Konferenzen in Wien die landständische Frage, sowie eine allgemeine Revision der Bundesakte in Behandlung zu nehmen. Die Karlsbader Abreden wurden darauf dem Bundestage zur Annahme vorgelegt. Die 30 kleinen Regierungen erfuhren hier erst den Inhalt derselben, aber die Großmächte verboten energisch längere Erwägung und Aufschub der Entscheidung. Die Kleinen fügten sich furchtsam; zu Protokoll sagten sie einstimmig Ja; dafür durften die Dissidenten ihr Nein in einer geheimen Registratur der Nachwelt überliefern. So hatte Metternich, im Widerspruch mit seinen frühern Ansichten, eine mit diktatorischen Vollmachten ausgestattete Bundesgewalt, ein drohendes Zerrbild deutscher Einheit, in das Leben gerufen. Sein Rechtstitel war die Vorschrift der Bundesakte, daß der Bund für die innere Sicherheit Deutschlands zu sorgen habe. Offenbar aber griffen die Beschlüsse dem ersten und höchsten Grundsätze der Bundesakte, der Unabhängigkeit der Eiuzelstaateu, an das Leben. Denn wenn man den Begriff der Sicherheit so weit ausdehnen durfte, wie hier geschehen, so konnte man von Bundeswegen, wo es nötig schien, ebensowohl wie Schule und Presse, auch Straf- und Prozeßrecht aller Einzelstaaten regulieren, und zuletzt sämtliche Polizisten und Soldaten 1) August 1819.

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 31

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 31 Täuschung gewesen: jetzt waren sie unermüdliche Verfechter jener Sätze der Wiener Schlußakte geworden, daß der Bund nur ein völkerrechtlicher Verein unabhängiger Staaten und zur Einmischung in die innern Landesverhältnisse gar nicht befugt sei. Manche süddeutsche Regierung war fehr zufrieden mit dieser Wendung; fielen ihr die Kammern auch jetzt oft noch lästig genug, so fand sie doch, daß ans deren Verhandlungen sich allmählich ein ganz solider Lokalpatriotismns und ein heimisches Staatsbewußtsein herausbilde, welches die bedrohlichen Träume der Burschenschaft gründlich verscheuche. In der That, wer mochte damals noch singen und sagen von des deutschen Volkes Kraft und Heldentum? Mit Bewunderung und Neid blickten jetzt die Sieger von 1815 auf das besiegte Frankreich, wo unter einer freien Verfassung glänzende parlamentarische Parteikämpfe die Aufmerksamkeit Europas fesselten und die Begeisterung der deutschen Jugend entzimbeten. Man konnte bebauern, daß damit manche irrige und bedenkliche Anschauung auf den deutschen Boden verpflanzt wurde: aber was half es? auch der wärmste deutsche Patriot konnte nicht in Abrede stellen, daß die französische Charte eine bessere Verfassung als die deutsche Bundesakte war, und die Pariser Kammerdebatten eine anziehendere Lektüre als die der Bundestags-Protokolle darboten — deren Veröffentlichung Metternich übrigens 1824 wegen ihrer Inhaltslosigkeit einstellen ließ. Mit innerer Freude begrüßte man jede flammende Rede, welche Foy oder Manuel gegen die feudalen und klerikalen Ultras in Frankreich schleuderten; die schneidenden Worte trafen ja dieselbe Staatsweisheit, welcher Metternich und seine Berliner Verehrer mit prunkender Andacht huldigten. Vollends hingerissen aber nahm man für den großen George Canning Partei, als er den reaktionären Mächten das stolze Wort entgegen rief, daß Euglaub berufen sei, für die Freiheit der Völker einzutreten, und über die Schläuche des Aeolus verfüge, um nach Gutdünken die Stürme der Revolution über die Gegner Englands loszulassen. Ein solches Entzücken über die Angriffe des Auslandes auf die leitenden Bundesstaaten setzte das Absterben des patriotischen Gefühls in trauriges Sicht; wie hätte es aber anders sein können nach bent langen Vernichtungskrieg, den Metternich und seine Helfer über den deutschen Nationalgebanken verhängt hatten? Es war ihrer Staatskunst gelungen, das beutsche Publikum toteber einmal zugleich partikularistisch und kosmopolitisch zu machen. Zu bent Silbe jener trüben Zeit gehört nun schließlich noch der

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 105

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 105 keine mehr getagt hatte seit 1789. Ein Adel der Bildung und der Gesinnung war hier vertreten, wie ihn nur ein Volk von Dichtern und von Denkern aufzubieten hatte, und daß dies Volk eben, da es zum ersten Mal seit Jahrhunderten frei über sich selbst bestimmte, den ganzen Generalstab seiner Wissenschaft, die Auslese der Idealisten seiner Gelehrtenwelt vollzählig zur Arbeit am Staat berief, eben das gab und giebt dieser Versammlung die Bedeutung eines nationalen Ereignisses vom ersten Rang. Genau ein Jahr nach diesem festlichen Tage, am 18. Mai 1849, vernahm die Versammlung aus dem Munde des Abg. Wilhelm Jordan ihre eigne Leichenrede. Ihr ganzes Werk war gescheitert. Dem Reich, das sie geschaffen, hatte der Kaiser sich versagt, und damit war alles gesagt. In der trüben Zeit der Rückstut, die nun begann, hat die öffentliche Meinung weiter Kreise sich gewöhnt zu schelten und zu höhnen auf das „Professorenparlament", das mit unfruchtbarem Gelehrtenkram die Zeit versäumt habe, wo mit weniger Gelehrsamkeit, aber mehr politischem Geschick und revolutionärer Energie zu erreichen gewesen sei, wozu es nachher zu spät geworden. Wir werden sehen, daß diese Urteilsweise durchaus irrig ist, die deutsche Frage war eine Machtfrage zwischen Preußen und Österreich, die mit Volksreden und Parlamentsbeschlüssen nicht zu lösen war, und diese ihre Natur blieb dieselbe, einerlei ob die Nationalversammlung zu Frankfurt ein paar Monate früher oder später an diese deutsche Frage kam, einerlei ob sie von der Partei Heinrichs von Gagern oder von Robert Blum, Karl Vogt und ihren Freunden gelenkt ward. Folglich bestand das einzige, was dies Parlament beitragen konnte zur Wiedergeburt der Nation, lediglich in Gedankenarbeit; für den Wert aber, der dieser zukam, und zwar nicht bloß in den Augen der rasch lebenden Mitwelt, bot doch ein Parlament von ernsten „Professoren" mehr Bürgschaft als eine Versammlung von Schreiern und Schwätzern. Mindestens war die Nation selbst dieser Ansicht, als sie ihren Stolz darein setzte, ihre besten Gelehrten, ihre bewährtesten Forscher, ihre tüchtigsten Geistlichen und Richter, Rechtsanwälte und Lehrer nach Frankfurt zu schicken, und gerade hierin zeigte sich ja der ungeheure Fortschritt, den unser gesamtes Nationalleben gemacht hatte. Wie lange war es denn her, daß die deutsche Wissenschaft sich überhaupt zur Nation bekannte und dem falschen Weltbürgertum unseres papiernen Zeitalters entsagt hatte, dessen Irrlehren noch Paul Pfizer ') so ernster Widerlegung 1) Vgl. S. 62 ff.

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Berns und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches Bravo.) Den Beruf und die Vollmacht, dieses Verfassungswerk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß es auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vinbiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staateu-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird fchützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kopf, noch ein
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