Karl Xis. in der Türkei.
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Sorge zu äußern pflegte, und selbst über seine Wunde und über das Unglück bei Pnltawa nicht die geringste Gemüthsverstimmung zeigte; aber dieser Verlust rührte sein Herz so sehr, daß Augen, Hände und Sprache die tiefste Traurigkeit verriethen und er lange in diesem Zustande blieb." An seine jüngere Schwester schrieb er bald daraus: „Meine einzige Hoffnung ist, daß meine Herzensschwester sich bei fester Gesundheit befinden möge. Unser Herr erhalte sie ferner und mache mich einst so glücklich, sie noch einmal zu sehen. Diese Hoffnung macht mir das Leben noch einigermaßen werth, seit ich die Betrübniß erduldet habe, die ich nicht zu überleben glaubte. Denn mit frohem Muthe würde ich alles ertragen haben, wenn ich nur so glücklich gewesen wäre, von uns drei Geschwistern der erste zu sein, der sein ihm abgestecktes Ziel erreicht hätte. Nun hoffe ich wenigstens nicht so unglücklich zu sein, der letzte von uns zu werden."
Bis so weit war Karl gekommen; aber was sollte nun weiter geschehen? — Ohne Heer sich durch Polen oder Deutschland nach Schweden zurückzuschleichen, war für den stolzen Mann ein entsetzlicher Gedenke. „Wie?" dachte er, „wenn du den Sultan zu einem Kriege gegen Rußland bewegen könntest?" — Und nun bot er alles dazu auf. Anfangs hatte Achmet keine Ohren dafür; aber Karl brachte es dahin, daß zwei Veziere, die vom Kriege abriethen, abgesetzt wurden, und selbst die Mutter des Sultans wurde bestochen. „Wann willst du," fragte sie ihren Sohn, „endlich meinem Löwen beistehen, daß er den Czar verschlinge?" — Achmet ernannte einen neuen Großvezier, Baltadschi Mehernet, und befahl ihm: „Führe das Heer gegen die Russen!" — „Gut," sagte Mehernet, „mein Schwert in der einen und den König an der andern Hand, will ich ihn an der Spitze von 200,000'Mcrntt nach Moskau führen!" — Im Geiste sah sich Karl schon in Moskau, und beinahe wäre es auch so weit gekommen.
Czar Peter hatte indessen in Moskau einen herrlichen Triumph gehalten. Durch sieben Triumphpforten zog er ein. Hinter ihm her wurden nicht nur die gemeinen schwedischen Gefangenen, sondern selbst die berühmten Generale Karls geführt; ein großer Verstoß gegen das Zartgefühl, mit dem man jeden Unglücklichen behandeln muß.*) Auch sah man unter der Beute den zerschossenen Trag-
*) Ein Augenzeuge erzählt: Mm dritten Tage nach unserer Ankunft in Moskau war der Triumphzug mit allen schwedischen Gefangenen. Der Marsch Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 19
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Extrahierte Ortsnamen: Pnltawa Deutschland Schweden Moskau Moskau Moskau Karls Moskau
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Neue Geschichte. 1. Periode. England.
muth kommt vor dem Fall, das hat die Geschichte schon oft gelehrt ; das Schicksal der Armada gab auch ein Beispiel dazu. Bei
dem allen war der Elisabeth bei diesen Rüstungen nicht wohl zu
Muthe. Schiffe hatte sie fast gar nicht und mußte daher den Kaufleuten erst viele abmietheu. Ob die Engländer zur See gegen die versuchten Spanier bestehen würden, war auch noch eine Frage, und erst zu Lande gab es damals keine besseren Soldaten, als die spanischen. Aber in solchen mißlichen Lagen zeigte gerade Elisabeth ihre Größe. Dann schien sie eine ganz andere Frau zu sein, als die eitle, furchtsame und gehässige, wie sie sich in der
Geschichte der Maria Stuart gezeigt hatte. Sie war jetzt ganz
Thätigkeit, Entschlossenheit und Geistesgegenwart. Hierhin und dorthin stellte sie Soldatenhaufen auf, bemannte die Schiffe, sah nach allem selbst und zeigte bei jeder Gelegenheit, daß sie zum Herrschen geboren sei. So erschien sie eines Tages selbst im Lager. Auf einem edlen Streitrosse, einen Marschallsstab in der Hand, einen Brustharnisch von polirtem Stahl über den prachtvollen Anzug, einen Pagen hinter sich, der den iveißbefiederten Helm trug, ritt sie mit entblößtem Haupte von Glied zu Glied. Der Muth strahlte aus ihren Augen; ihr Anstand zeigte, daß sie die Königin war, und als das laute Hurrahgeschrei der jauchzenden Soldaten schwieg, hielt sie eine Rede an sie, durch welche der Muth dieser Leute bis zur Kampflust gesteigert wurde.
Endlich erschien die Armada im Kanal, geführt vom Herzoge von Medina Sidonia, und fuhr mit stolz aufgeschwellten Segeln bei Englands Küste vorüber. Aber schnell brachen die vielen kleineren englischen Schiffe hervor, fielen die hintersten Schiffe an, schnitten sie ab, versenkten einige und führten andere im Triumphe davon. Dazu kam ein entsetzlicher Sturm, der die unbehülslicheu Schiffe schrecklich umherwarf. Viele gingen unter; der Ueberrest wagte nicht zu landen, und kam in einem ganz zerrütteten Zustande wieder nach Hanse. Dem Herzoge war mit Recht für seinen Kopf bange, denn Philipp war nicht der Mann, der Entschuldigungen anzuhören pflegte. Aber als - Sidonia vor allen Hofleuten sich vor ihm auf die Kniee warf und einige Entschuldigung herstammelte, winkte ihm Philipp aufzustehen und sprach: „Ich habe Euch gegen Menschen, nicht aber gegen Stürme und Wellen geschickt. Steht auf!"
Elisabeth, die nie ohne Günstlinge hatte leben können, hatte deren auch im Alter. Der berühmteste darunter ist der Graf von
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Belagerung von Wien.
265
wer fliehen konnte, floh ihm nach. Der kriegerische Großvezier Kara Mustapha, gesandt von Sultan Mnhamed Iv., umlagerte Wien mit 200,000 Mann und bestürmte es mit solchem Ungestüme, daß die Mauern wankten und die Hoffnung der Belagerten täglich mehr sank. Schon lagen die Türken zwei Monate vor der Stadt, und einmal waren die Stürmenden schon bis auf den Wall vorgedrungen. Fast täglich flogen Minen auf, durch welche die Wälle Lücken bekamen. Endlich bemerkten die hartbedrängten Wiener unter den Türken eine Bewegung, die ihnen eine Annäherung des Entsatzes zu verrathen schien. Der tapfere Commandant Stahrem-berg schickte in dunkler Nacht einen kühnen Reiter, der durch die Donau schwamm, dem kaiserlichen Heerführer, Karl von Lothringen, entgegen,xmit den wenigen angstvollen Worten: „Keine Zeit mehr verlieren, gnädigster Herr, ja keine Zeit verlieren!" Zugleich ließ er, wie die Wiener schon bisher jede Nacht, aber ohne ein Zeichen der Erkennung zu erhalten, gethan hatten, als Zeichen höchster Noth vom Stephansthurme ein Bündel Raketen in die tiefe Finsterniß emporsteigen. Ein feuriger Busch Raketen, die in der Ferne auf dem Kahlenberge in die Luft sich erhoben, diente den Wienern zur Antwort, daß man das Zeichen bemerkt und verstanden habe. Mit dem ersten Strahle der Morgensonne des 11. September zeigte sich ihnen auf der Höhe des Kahlenberges das errettende Heer. Alles, was noch gehen konnte, eilte auf die Böden der Häuser, auf Thürme und Wälle, um sich an dem seit neun Wochen bang ersehnten Anblicke zu weiden, und nun in die Kirchen, um Gott für die nahe Rettung zu danken. Der Prinz von Lothringen, der Kurfürst, von Sachsen, vor allen aber der ritterliche Johann Sobieski, König von Polen, eilten herbei, der bedrängten Stadt zu Hülfe. Jetzt stiegen die Heerfchaaren die Höhen hinab und warfen sich aus die Janit-scharen, die, Kara Mustapha in ihrer Mitte, nur Schritt vor Schritt zurückwichen. Den ganzen Tag wurde hier gestritten; immer näher rückten die Befreier an die Stadt, die, in Angst und Wonne, den ganzen Tag vom türkischen Lager ans bestürmt wurde. Erst am Abend gelangten die Retter bis zu den Vorstädten: Wien war befreit; die Türken ergriff Angst und Schrecken; sie warfen sich, alles zurücklassend, in die schleunigste Flucht. Die Beute war unermeßlich. Am Abend schrieb Sobieski im Zelte des Großveziers an seine geliebte Frau: „Es ist unmöglich, den Luxus zu beschreiben, der in den Zelten des Veziers herrscht: Bäder, Gärtchen, Springbrunnen , Kaninchenhügel und Papageien. Was meine Beute be-
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Stahrem-berg Donau Lothringen Sachsen Polen Wien
Maria von England.
97
Werke entsage, da ich wohl weiß, wie viel an ihnen fehlt, um nicht allein auf feine Gnade und auf das Verdienst Jesu zu rechnen." Sie endigte mit dem lauten Gebete des 51. Psalms.
Darauf nahm sie selbst Halstuch und Handschuhe ab und ließ sich -von ihren treuen Dienerinnen Elisabeth und Helena das Oberkleid ausziehen. Dem kniend um Verzeihung bittenden Scharfrichter antwortete sie freundlich und bat ihn nur, schnell mit ihr zu enden. Als man ihr das Tuch zum Verbinden der Augen reichte und sie den Block erblickte, fragte sie: „Wird mich der Hieb treffen, ehe ich mich darauf gelegt habe?" Da man ihr das Gegentheil versicherte, verband sie sich schnell die Augen, tappte nach dem Blocke, und nachdem man sie daran geführt hatte, legte sie ihr Haupt willig hin. Unter dem andächtigen Gebete: „Herr! in deine Hände befehle ich meinen Geist!" wurde es vom Körper getrennt.*) In der Kapelle des Towers wurde sie neben ihrem Gatten beigesetzt. Alle Anwesende, selbst Maria's Anhänger, waren tief bewegt. In alle Länder ist der Ruf ihres seltenen Verstandes und ihrer schönen Seele gedrungen; überall, auch spät noch, sind nah und fern ihrem Schicksale Thränen geflossen. Künstler und Dichter haben gewett-eifert, sie in ihren Werken zu verherrlichen. Der Oberrichter aber, der ihr Todesurtheil gesprochen hatte, ist nach dessen Vollziehung wahnsinnig geworden, hat unaufhörlich gerufen: „Weiche von mir, Johanna!" und so ist er gestorben.**)
Je lieblicher die -holde Weiblichkeit der unglücklichen Johanna erscheint, desto widerlicher stößt der Charakter Maria's zurück.
Sie nur empfand bei der Nachricht von Johanna's edelm Benehmen in ihrer Todesstunde nicht die geringste Theilnahme, sondern sah nur mit größter Ungeduld der Ankunst Philipps entgegen. Bitter 'beklagte sie sich, daß er so lange zögere und ihr noch nicht einmal geschrieben habe. Seitdem sie- bemerkte, daß die Engländer mit Unmuth der spanischen Verbindung entgegensahen, haßte sie ihre eigene Nation und nahm sich vor, sich blutig an ihr zu rächen. Dieser Philipp war den Engländern so verhaßt, daß der englische Admiral, der ihn nach England herüberholen sollte, der Königin unumwunden erklärte, er könne nicht dafür stehen, daß nicht seine Matrosen den Prinzen unterwegs mißhandelten. Während
*) „Da ging ihr Kerker auf, und ihre Seele schwang
Auf Engelsflügeln sich empor zur ewigen Freiheit." Schiller.
**) Niemeyer's Beobachtungen auf Reisen, Th. 1.
Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 7
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Katharina I., Gemahlin Peters des Großen.
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das Zimmer ging, fiel ihre Schönheit ihm so auf, daß er sie gleich zu sich nahm. Er ließ ihr anständige Kleidung machen, gab ihr Dienerschaft und sorgte sür ihre Ausbildung. Weniger durch ihre Schönheit als durch ihr sehr einnehmendes, sanftes Betragen wußte sie sich sein ganzes Vertrauen zu verschaffen, bis er sie endlich gar zu seiner Gemahlin erhob.*) Sie begleitete ihn auch jetzt in den Krieg. — Die Russen fielen unter Scheremetjew in die Moldau ein und zogen längs dem Pruth hinab. Plötzlich sahen sie sich beim Dorfe Falczin von allen Seiten von ungeheuern Schwärmen von Türken und Tataren eingeschlossen. Sie konnten weder vor- noch rückwärts und alle Lebensmittel waren ausgegangen. Der Großvezier vernichtete in einer dreitägigen Schlacht 40,000 Russen. Peter sah den Augenblick sich nähern, wo er mit allen den Seinigen verhungern oder sich den Feinden ergeben müßte. Er schrieb an den russischen Senat einen Brief, in welchem er seine Lage schilderte und gestand, daß er ohne besondere göttliche Hülse nichts erwarten könne als den Tod oder Gefangenschaft. Aber der Mensch muß nie verzweifeln. Strengt er seinen Verstand im Unglück an, so zeigt ihm auch Gott gewiß einen Ausweg. So auch hier. Peter schloß sich mißmuthig in sein Zelt ein; kaum Kathinka wagte vor ihm zu erscheinen, so übellaunig war er. Aber sie eben half ihm. Sie wußte, wie leicht die türkischen Großen sich bestechen lassen, und schickte einen Friedensboten an den Großvezier mit ihrem Juwelenkästchen und einer guten Summe Geldes ab. Das wirkte. Die Augen Mehemets wurden von den glänzenden Steinen so geblendet, daß er die hoffnungslose Lage der Russen nicht mehr sah — und mit Peter so schnell einen Frieden schloß, daß Karl ihn nicht mehr zu hindern im Stande war. Auf die erste Nachricht davon warf sich Karl auf sein Pferd, jagte 15 Meilen weit in einem Ritt bis ins türkische Lager und bot Himmel und Hölle auf, den Vezier zu bewegen, daß er den Frieden bräche. „Vertraue mir," sprach er, „20,000 deiner Janitscharen, und ich liefere dir den Czar noch
*) Der alte Gluck war damals schon todt, aber seine Wittwe und deren Kinder lebten in Moskau in Armuth. Kathinka ließ sie gleich nach Petersburg kommen, machte den Sohn zum Kammerjunker, die eine Tochter zur Ehrendame und verheirathete die beiden andern an Offiziere, und als der ehemalige Hauslehrer des Gluck'schen Hauses sich ihr einst vorstellen ließ, erkannte sie ihn gleich, nahm ihn sehr freundlich auf und setzte ihm eine Pension aus. Ihren ersten Mann sah sie nie wieder; er wurde wenige Jahre nach ihrer Trennung im Kriege erschossen.
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Karl Xii. in der Türkei.
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die ihn umringten, bis zur Hausthüre durch. Hier raffte er einige Soldaten, Offiziere und Knechte, 50 an der Zahl, zusammen, trieb die Janitscharen, die sein Haus schon plünderten, heraus und verrammelte es. Er wehrke sich sieben Stunden lang. Eine Menge todter und verwundeter Türken lagen schon umher. Da gelang es den Janitscharen endlich, das Dach in Brand zu setzen. Nun erst, als schon die brennenden Sparren aus den König herabfielen, entschloß er sich, das Haus zu verlassen. In der einen Hand ein Pistol, in der andern den Degen, brach er heraus, um sich nach einem benachbarten Hause zu flüchten, verwickelte sich aber mit den Sporen und fiel zu Boden. Schnell drangen die Türken herzu und ergriffen ihn. Man brachte ihn nun nach einer andern türkischen Stadt (Demotika), wo er kürzer gehalten wurde. Dennoch blieb er noch über anderthalb Jahr. — Endlich — endlich, nachdem er über fünf Jahre in der Türkei gewesen, erklärte er, er wolle abreisen. Der Sultan benahm sich, trotz Karls Rücksichtslosigkeit sehr edel. Er machte ihm noch zum Abschiede große Geschenke und ließ ihn mit allen seinen Leuten bis an die Grenze von einem zahlreichen Ehrengefolge begleiten. Karl that, als wenn das alles so sein müßte. Der Zug ging durch Siebenbürgen und Ungarn. Dem Könige wurde jedoch bei der langsamen Reise bald die Zeit lang; er beschloß die Reise schneller und auf einem Umwege durch Deutschland zu machen, setzte sich mit dem Generaladjutant von Rosen und dem Oberstlieutenant Düring zu Pferde, ließ sich einen Paß geben, in welchem er sich für einen schwedischen Hauptmann Karl Frisch ausgab, machte sich durch eine große schwarze Perrücke, einen Hut mit goldenen Tressen und einen braunen Reiserock unkenntlich, und nun ging die Reise mit seiner gewöhnlichen Ungeduld vorwärts. Er reiste über Wien, Regensburg, Nürnberg, Würzburg, Hanau, Kassel, Braunschweig, Güstrow und Stralsund. In 14 "Tagen legte er 286 Meilen zurück und Düring blieb einmal von den starken Ritten unterwegs für todt liegen; Rosen aber hatte schon in den ersten Tagen zurückbleiben müssen. Endlich langte Karl in der Nacht um 1 Uhr vor Stralsund an. Die Schildwache, ja selbst der wachthabende Offizier wollten ihn nicht einlassen, weil es Nacht sei; aber er versicherte, sie wären Boten, die sehr dringende Briefe brächten, worauf der Commandant sie einzulassen befahl. Seine Füße waren von den starken Ritten so angeschwollen, daß er die Stiefeln mußte herunterschneiden lassen. Welche Freude war es für die Ein-
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Bonaparte in Aegypten.
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Indessen hatten die Engländer eine Flotte unter dem Contre-admiral Nelson, einem der ersten Seehelden, abgeschickt, die französische Flotte aufzusuchen. Bonapartes größtes Glück war es, daß er Nelson, der einmal nur sechs Stunden weit bei der französischen Flotte vorbeisegelte, entkam und seine Soldaten bei Alexandrien in Aegypten ungestört landen konnten. Das geschah am 2. Juli 1798. In dem Augenblicke, als er an das Land fuhr, entdeckte man im Osten ein Schiff, welches man für ein feindliches hielt. „O Glück!" rief er aus, „wirft du mich verlassen? Nur noch vier Tage und alles ist gerettet!" — Sein Wunsch wurde erhört; es war ein französisches Schiff, und Nelson erschien erst vier Wochen später, nachdem er die französische Flotte im ganzen mittelländischen Meere aufgesucht hatte, ohne sie finden zu können. Indessen war Bonaparte ohne Schwierigkeit ans Land gestiegen, ließ Alexandrien mit Sturm nehmen und rückte schnell auf die Hauptstadt Kairo oder Kahira vor. Es lag ihm daran, daß die Türken ihn nicht als Feind behandelten. Darum machte er bekannt, er wolle mit der Pforte keinen Krieg haben, wolle auch nicht Aegypten erobern, sondern nur die Mamelucken bestrafen, welche die französischen Kaufleute bedrückt hätten. Das war aber ein leeres Vorgeben, auch wußte das die Pforte sehr wohl, erklärte gleich den Krieg gegen Frankreich und trat mit England in Verbindung. Bald empfanden auch die Franzosen, daß es eine andere Sache sei, in Europa Krieg zu führen, als hier. Schon ehe sie Kairo erreichten, wäre ein großer Theil des Heeres in einer Sandwüste fast verschmachtet, da sie mehrere Tage lang ohne Speise und Wasser zubringen mußten. Dazu kam, daß die erbitterten Mamelucken sie durch beständige Angriffe ermüdeten. Auf ihren herrlichen Pferden flogen sie plötzlich herbei; so wie sich nur ein Franzose um einige Schritte vom Haufen trennte, hieben sie ihn nieder und verschwanden eben so schnell, wie sie gekommen waren. Nur dadurch suchte Bonaparte ihnen entgegenzuarbeiten, daß er einen Haufen von Kameelen kaufte und seine Reiter darauf setzte; nun konnte man doch die schnellfüßigen Mamelucken verfolgen.
Am 21. Juli 1798 erblickten die Franzosen bei Sonnenaufgang zum ersten Male die hohen Pyramiden von Kairo gegenbefahl, alles wegzunehmen und zu Gelde zu schlagen, so flehentlich auch die Einwohner baten, ihnen die theuern Andenken zu lassen, und obgleich sie ihm den Werth in baarem Gelde zu ersetzen sich erboten. Selbst von den Reliquien ließ er die Edelsteine abreißen.
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Extrahierte Ortsnamen: Kairo Frankreich England Europa Kairo Kairo
256 Neueste Geschichte. 3. Periode. Orientalischer Krieg.
Batterien forcirten. Die Türken begannen ihre Angriffsbewegungen am 25. mit dem Stromübergange bei Widdin, um sich bei Ka-lasat zu verschanzen. Fast gleichzeitig geschahen Angriffe auf die übrigen Donauübergänge bei Kalarasch, Giurgewo und Olte-nizza zum Theil mit gutem Erfolg, überall unter für die türkischen Waffen nicht unrühmlichen Gefechten. Auch in Asien begann der Krieg unter glücklichen Auspicien für die Türken, indem sie durch einen nächtlichen Ueberfall das etwa zehn Stunden von dem türkischen Hafen Batum in Transkankasien liegende Fort St. Nikolaus oder Schefketil nahmen und fünf Stürme der Russen, welche das Fort zurückerobern wollten, mannhaft zurückschlugen.
Die Welt war erstaunt über diesen Anfang eines Krieges, für welchen Rußland sich seit Jahren militärisch und diplomatisch gerüstet hatte und man war geneigt, die Kriegstüchtigkeit der Türken jetzt eben so sehr zu überschätzen, als man sie vorher gering geachtet hatte. Doch setzte fürs erste die eintretende schlechte Witterung den Kriegsoperationen an der Donau ein Ziel, und die europäische Diplomatie machte einen neuen Versuch zur Aussöhnung, indem die Gesandten Frankreichs, Englands, Oestreichs und Preußens am 5. December in Wien eine an die Pforte gerichtete Collectiv-note unterzeichneten, wo sie dieselbe aufforderten, die Bedingungen anzugeben, unter welchen sich die osmanische Regierung zu Anknüpfung von Friedensunterhandlungen verstehen wollte, während sie selbst sich in einem Protokoll „zur Aufrechthaltung der Integrität der Pforte" verpflichteten.
Indeß trat ein Zwischenfall ein, der alle Friedensaussichten über den Haufen warf. — In Asien hatte sich das Schicksal der Schlachten gegen die Türken gewendet und am 30. November ward die türkische Flotte des Schwarzen Meeres im Hafen von Sinope von dem Admiral Nachimow angegriffen und nach verzweifelter Gegenwehr in die Luft gesprengt, bis aus den kleinen Dampfer „Taif", welcher die russische Schlachtlinie durchbrach und die Unglückspost nach Constantinopel brachte. Dieser Sieg der ■, Russen, fast angesichts der vereinigten Flotten erfochten, ward in Paris und London wie eine Verhöhnung der eigenen Seemacht betrachtet, und da nunmehr auch die Nachricht eintraf, daß der russische Einfluß in Persien die Oberhand gewonnen und der englische Gesandte Teheran verlassen habe, sah sich das englische Cabinet Aberdeen zu energischeren Maßregeln genöthigt. Diese bestanden in einer an Rußland erlassenen Erklärung, daß die beiden
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294
Neueste Geschichte. 3. Periode.
übernahm die Dictatur und verfuhr schonungslos gegen die überwundene Partei. Der spanische Gesandte wurde aus dem Lande getrieben, weil er es mit den Clericalen gehalten hatte; harte Maßregeln trafen die Geistlichkeit. Dabei wurden auch Collisionen mit dem Auslande nicht vermieden; französische und englische Kaufleute, welche sich in Mexico aufhielten, hatten Schädigungen ihres Eigenthums und gewaltthätige Eingriffe in ihre Rechte zu erleiden. So kam es, daß Spanien, Frankreich und England Genugthuung oder Entschädigung zu verlangen hatten, und es schlossen diese drei Mächte im October 1861 einen Vertrag, in welchem sie übereinkamen, eine Expedition nach Mexico auszurüsten und gemeinsam die Gewährung ihrer Forderungen zu erzwingen. Zu dieser Zeit waren mexikanische Ausgewanderte von der damals zurückgedrängten Partei an europäischen Fürstenhöfen thätig, ein Unternehmen gegen Juarez und seine Regierung zu Stande zu bringen. Diese Männer eröffneten die Aussicht, daß es möglich sein würde, die Monarchie in Mexico zu begründen. Kaiser Napoleon Iii., bei welchem der mexicanische General Almonte für diese Idee wirkte, hatte vielleicht bei seiner Theilnahme an der Expedition gegen Mexico selbst schon einen solchen Gedanken gehegt.
Die Spanier eröffneten diese Unternehmung mit der Besetzung von Veracruz; einige Wochen darauf folgten Franzosen und Engländer nach. Juarez hatte das Land, welches um den Stützpunct der Feinde lag, verwüsten und unwegsam machen lassen; er rechnete auf die Schwierigkeiten des Klimas, auf die Uneinigkeit der Verbündeten und auf den Beistand der nordamerikanischen Union, von welcher er anerkannt war. Und in der That schien er richtig gerechnet zu haben. Die Streitkräfte der Verbündeten erwiesen sich für ein energisches Erreichen des Zieles zu schwach, die Expedition fing an zu stocken. Die mexicanische Regierung begann Unterhandlungen mit Spanien, und als nun die andern Mächte sich auch daran betheiligten, Frankreich nun aber seinen Plan einer Umgestaltung der Regierungsform in Mexico enthüllte, da traten England und Spanien von weiterer Theilnahme an der Expedition zurück.
Napoleon Iii. hatte nun freie Hand gegen Mexico. Ihn leitete bei diesem gewagten, ja abenteuerlichen Unternehmen das Verlangen nach dem für die französischen Waffen zu erhoffenden Ruhme, wohl auch der aus näherer Handelsverbindung mit dem erzeugnißreichen Lande zu erwartende Gewinn. Die nordamerikanische Union erschien
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon
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Frieden zu Gent.
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und rief die Großmuth des russischen Kaisers an. Dieser machte von seinem Siege in der That einen sehr gemäßigten Gebrauch, indem er im Frieden von Adrianopel (1829) die Türken nur zwang, den Russen die Schifffahrt auf der Donau und in den Dardanellen, sowie das Protectorat über Serbien, die Moldau und die Wallachei (die sogenannten Donausürstenthümer) zu überlassen, und — die Unabhängigkeit der Griechen anzuerkennen. Fast wäre es über die Bestimmung der Grenzen Griechenlands zwischen der Türkei und Rußland nochmals zum Kampf gekommen, und in dieser Aussicht sprengte der griechische Admiral Miaulis seine Flotte, um sie nicht in türkische Hände fallen zu lassen, lieber selbst in die Luft; aber eine Conferenz der Großmächte in London bestimmte, daß das neue constitntionelle Königreich Griechenland aus Morea, Livadieu, einem Theile von Thessalien, Euböa und den cykladischen Inseln bestehen sollte, und, da Capo d'jstria inzwischen ermordet worden war, der Herzog Leopold von Coburg aber, welchem man die Krone Griechenlands zuerst anbot, dieselbe ausschlug, so wurde ein Sohn des Königs von Baiern als Otto I. auf den neuen Thron erhoben, das junge griechische Reich aber unter den Schutz der europäischen Mächte gestellt.
128. England und Frankreich bis zur Julirevolution.
England hatte an dem Kampfe gegen den Kaiser Napoleon und an dessen endlicher Ueberwindung den ruhmreichsten Antheil gehabt, es hatte die Flotten Frankreichs und aller mit ihm verbündeten Mächte geschwächt und zum Theil vernichtet, und als es zum Frieden kam, befand es sich im unbestrittenen Besitz der Herrschaft über das Mittelmeer. Während alle andern Mächte mit den Ereignissen in Europa vollauf beschäftigt waren, hatte England ferner seine auswärtigen Besitzungen theils ungemein erweitert, theils besser organisirt und nutzbar gemacht, hatte in Afrika zahlreiche Niederlassungen eingerichtet, besonders aber in Ostindien eine Herrschaft begründet, welche ungleich umfassender war, als das eigene Mutterland. Selbst in dem 1812 gegen die kühn aufstrebenden nordamerikanischen Freistaaten unternommenen Kriege hatten die englischen Truppen unter dem General Roß, welcher die Bundesstadl Washington einnahm, große Vortheile errungen, und es kam ein für England günstiger Frieden zu Gent zu
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Extrahierte Personennamen: Admiral_Miaulis Leopold_von_Coburg Leopold Otto_I. Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Donau Serbien Griechenlands London Griechenland Morea Thessalien Euböa Griechenlands Baiern England Frankreich Frankreichs Europa England Afrika Ostindien England