Blick auf außerdeutsche Reiche.
77
sammlung) zu Kostnitz oder Constanz zu Stande (1414 —1418), durch welches aber keine Verbesserung der gerügten Uebelstände zu Stande kam, sondern nur ein neues Verbrechen begangen wurde, nehmlich daß der Gottesmann Johann Hus aus Böhmen verbrannt wurde, weil er sich herausgenommen hatte, gegen Hohe und Mächtige zu sehr die reine Wahrheit zu sagen (1415; in demselben Jahre, in welchem das Haus Hohenzollern die Mark Brandenburg bekam). Als nun nach dem i. I. 1419 erfolgten Tode des (ehemaligen deutschen Kaisers und) Königs von Böhmen Wenzel, Sigismund — der sich gegen Hus wortbrüchig und ehrlos benommen — König von Böhmen werden sollte, so brachen die erzürnten Böhmen los und es erfolgten von 1419 —1436 die schrecklichen Hussitenkriege. Als Anführer der Hussiten sind besonders Ziska und die beiden Pro-copius zu nennen. Der Krieg endigte damit, daß Sigismund als König von Böhmen anerkannt wurde. Mittlerweile war in Basel ein neues Concilium zusammengetreten (1431 —1449), dessen Verhandlungen ebenso unfruchtbar und erfolglos für die Verbesserung der kirchlichen Uebel waren wie die des Constanzer Conciliums.
§ «2
Die Jungfrau von Drleans; die englisch -französischen Kriege und der englische Rosenkrieg.
Mit Sigismund, welcher keine Söhne hinterließ, starb der luxem-' burgische Mannsstamm, welcher dem deutschen Reiche vier Könige oder Kaiser gegeben hatte, aus. Nun folgten hintereinander nur noch Kaiser aus dem habsburgischen Hause von 1437—1806. Aber ehe wir an die Geschichte dieser mit Albrecht Ii. anfangenden Herrscherreihe gehen, wollen wir nicht versäumen, unsere Blicke auf die Geschichte einige anderer Ereignisse und anderer Völker und Reiche zu richten, welche nicht übergangen werden dürfen. Vorab muß berichtet werden, daß Sigismund die Schlacht bei Nikopolis (1396) gegen die Türken verlor. Diese Türken (oder „Osmanen", von einem ihrer ersten Herrscher so genannt) hatten seit 1326 im nördlichen Kleinasien ein Reich gegründet: ihr immer siegreiches Fußvolk, „Janitscharen" genannt, machte sie unwiderstehlich: sie faßten bald festen Fuß in Europa in dem Gebiete des griechischen oder byzantinischen Kaiserreiches, und Sultan Murad I. nahm (seit 1361) seine Residenz in Ädrianopel; er siel nach einem Sieg über die Servier bei Kossowa (1389). Sein Nachfolger Bajazet I. (genannt „der Blitz") dehnte
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Extrahierte Personennamen: Gottesmann_Johann_Hus Johann Böhmen_Wenzel Sigismund_— Sigismund Sigismund Albrecht_Ii Albrecht Sigismund
Extrahierte Ortsnamen: Basel Nikopolis Kleinasien Europa
159
Erde. So empfing mancher Bösewicht seinen Lohn. Später aber artete die Feme-
aus, so daß ost auck Anschuldige aus Rache verurteilt wurden.
v. Die Fotter oder Tortur. Am einen Angeklagten zum Geständnis zu bringen,
wurde früher bei den Gerichten allgemein die Folter oder Tortur ^angewandt.
Konnte oder wollte der Angeklagte die Schuld nicht zugeben, so ergriffen ihn die
Folterknechte, entkleideten ihn, zogen ihm den „Marterkittel" an und quälten ihn mit
Marterwerkzeugen aller Art so lange, bis er die Schuld zugab. Sehr ost kam es
vor, daß Anschuldige sich als schuldig bekannten, um nicht noch länger gefoltert zu
werden. Friedrich der Große war der erste Fürst in Deutschland, der die Tortur verbot.
c. Hexenverbrennung. Gar schlimm erging es den sogenannten Heren,
d. h. solchen Personen, die nach der Meinung der Leute mit dem „Teufel" in Ver-
bindung standen und ihren Mitmenschen Böses zufügten.
Stand eine Person als „Hexe" in Verdacht, so wandte man die „Hexenprobcn"'
an. Bei der „Wasserprobe" wurde sie an einem Seile in etwa I m tiefes Wassev
gelassen und galt als Hexe, wenn sie wieder von selbst an die Oberfläche kam. Bei
der „Wiegprobe" erfolgte Freisprechung, wenn das Gewicht unter 40 Kz betrug. Bei
der „Tränenprobe" wandte man die Folter an, und die Person galt als Hexe, wenn
keine Tränen kamen.
Viele Millionen Menschen, meist alte, häßliche Frauen, wurden aus dem
Scheiterhaufen als „Hexen" verbrannt.
175. Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne. 1313.
a. Durch die Aneinigkeit der deutschen Fürsten kamen i. I. 1313 zwei Könige
auf den Thron, Ludwig dex Bayer und sein Verwandter und Jugendfreund
Friedrich der Schöne von Österreich. Daraus entstand ein langjähriger unseliger
Bürgerkrieg, durch welchen Deutschland schrecklich verwüstet wurde. Endlich besiegte
Ludwig durch die Klugheit seines Feldhauptmanns S chw epp ermann seinen Gegnev
bei Mühldorf am Inn (1322). Friedrich wurde gefangen genommen; aber sein
Bruder setzte den Kainpf gegen Ludwig fort.
b. Drei Jahre war Friedrich gefangen. Da kam Ludwig zu ihm und bot ihm.
Versöhnung an, Friedrich sollte seine Freiheit erlangen, wenn er auf die Krone
verzichte und seine Anhänger zum Frieden bewege. Da diese aber vom Frieden
nichts wissen wollten, stellte er sich, seinem gegebenen Worte treu, freiwillig wieder
als Gefangener. Aber diese Ehrenhaftigkeit und Treue war Ludwig tief gerührt x
beide lebten von jetzt an wieder unzertrennlich als Freunde und regierten sogar ge-
meinschaftlich.
176. Die Kirchenversammlung oder das Konzil zu Konstanz»
1414—1418.
a. Siebzig Jahre lang, nämlich von 1308—1378, hatten die Päpste
ihren Sitz nicht in Rom, sondern in Avignon (awinjoñ) in Südfrankreich.
Als nun zu Rom wieder ein Papst gewählt wurde, erkannten ihn die
französischen Geistlichen nicht an und wählten einen Gegenpapst, hierdurch
entstand eine Spaltung in der Kirche. Auf einer Kirchenversammlung
zu Pisa in Italien wurden jene zwei Päpste als abgesetzt erklärt und
ein neuer gewählt. Jetzt waren drei Päpste vorhanden, und die Ver-
wirrung wurde noch größer. Als Kaiser regierte damals Sigismund von.
Böhmen. Durch seine Bemühungen wurde endlich eine allgemeine Kirchen-
versammlung nach Konstanz berufen, um die eingetretenen Mißstände zu
beseitigen. Das Konzil setzte die drei Päpste ab und wählte einen neuen,
der nun allgemein anerkannt wurde.
b. Zu denen, welche laut die Verbesserung der Kirche verlangt hatten,
gehörte auch Johannes Äus. Dieser war ein berühmter Prediger und
Professor an der Universität zu Prag. Er hatte Lehren vorgetragen.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Rom Avignon Südfrankreich Rom Italien Konstanz
Fehmgerichte.
217
Avignon, der ihn gar in den Bann that*), war eine Quelle vie-
ler Verwirrung. Zwar zog Ludwig nach Italien, ließ sich in
Rom von einigen besonders dazu ernannten vornehmen Römern
krönen, erklärte den ihm feindlichen Papst in Avignon (Johann
Xxii.) für abgesetzt und ließ in Rom einen andern wählen;
aber die Römer, erbittert über eine ihnen aufgelegte Steuer und
über die Plünderungen der deutschen Kriegsknechte, empörten sich,
verfolgten ihn beim Abzüge mit Steinwürfen und verjagten sei-
nen Papst, der nun, nachdem er in die Hände seines erbitterten
Gegners, Johann Xxii, gefallen war, zu lebenslänglicher Ge-
fangenschaft verurtheilt wurde. Die Fürsten waren mit Ludwig
höchst unzufrieden und drei Jahre vor seinem Tode sagten sie
ihm geradezu: „Das Reich ist unter dir, Baier, sosehr verfallen
und geschwächt worden, daß man auf alle Art vorbeugen muß,
daß es nicht wieder an einen baierschen Fürsten gelange."
In der That war damals in Deutschland jede Ordnung
aufgelöst; überall Rechtslosigkeit, überall Fehde, Unterdrückung
des Schwächern durch den Stärkern und Ungerechtigkeit. Dies
gab Veranlassung zu der Entstehung der Fehmgerichte in West-
phalen, die von der Mitte des 13. bis gegen Ende des 15. Jahr-
hunderts bestanden zu haben scheinen. Die Freigerichte waren
wohl im Grunde nichts weiter als eine Fortbildung der alten
Grafengerichte über freie Männer und Grundbesitzer, worin über
eigentliche Vergehen derselben (Friedensbrüche) von Schöffen aus
ihrer Mitte geurtheilt wurde, nur daß sie ganz allmälig ihre Be-
fugnisse auch über die Grenzen ihrer Heimath und ihres Standes
ausgedehnt und einerseits freie Männer aus allen Theilen des
Reiches unter ihre Besitzer aufgenommen hatten, wie sie ander-
seits auch die Rechtsgiltigkeit ihrer Urtheile über ganz Deutsch-
land und alle Stände des Volkes mit Ausnahme der Geistlichkeit
behaupteten und durch ihre überall zerstreuten Mitglieder die
Execution derselben vollziehen ließen. Zugleich bildete sich aus
*) Der gegen Ludwig erlassene Bannfluch lautete: „Verflucht sei Ludwig
bei seinem Eingänge, verflucht bei seinem Ausgange! Der Herr schlage ihn mit
Wahnsinn, Blindheit und Tollheit! Der Himmel sende über ihn seine Blitze'!
Der Zorn Gotteö und der Apostel entbrenne gegen ihn in dieser und der zu-
künftigen Welt! Der Erdkreis kämpfe gegen ihn, der Boden öffne sich und ver-
schlinge ihn lebendig! Alle Elemente seien ihm entgegen! Sein Haus werde
öde! -Leine Kinder mögen daraus vertrieben werden und in die Hände Derer
fallen, die sie tobten!"
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Johann
Xxii Johann Johann_Xxii Johann Ludwig Ludwig Baier Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Avignon Italien Rom Avignon Rom Deutschland
208
die Kaiser zur Krönung nach Nom kamen, pflegten sie dem entgegenreiten-
den Papste beim Absteigen die Steigbügel zu halten; Friedrich that dieses
nicht und Hadrian verweigerte ihm deshalb den üblichen Friedenskuß mit
den Worten: Weil du mir die schuldige Ehre nicht bezeigt hast, die Deine
Vorfahren, die rechtgläubigen Kaiser, unseren Vorfahren, den römischen
Päpsten, aus Ehrerbietung gegen die Apostel Petrus und Paulus erzeigt
haben, so gebe ich Dir nicht den Friedenskuß, bis Du mir Genugthuung
leistest." Friedrich bequemte sich endlich zu dieser Ceremonie, denn die
Ehrfurcht vor dem Priesterthume des Papstes war so groß, daß man sie
für keine Erniedrigung ansah. Nun wurden König und Papst bald Freunde,
und gemeinschaftlich verabredeten sie sich zur Unterdrückung des aufrühreri-
schen Volkes. Bald kamen auch die Abgesandten der Römer zu Friedrich;
sie versprachen ihm zwar die Krönung, forderten jedoch die Anerkennung
ihrer alten Gewohnheiten und neuen Einrichtungen und ein Geschenk von
5000 Pfund Silber von ihnl. Friedrich gerieth hierüber in Zorn und
antwortete den Gesandten: „Mit Erstaunen vernehmen wir euere abge-
schmackten Reden, in welchen ihr von der ehemaligen Würde und Herr-
lichkeit' Roms redet, als ob Ihr nicht wüßtet, daß nicht blos römische Herr-
schaft, sondern auch römische Tugend an die Deutschen übergegangen sind.
Darum regieren euch deutsche Könige, darum rathschlagen für euch die
Fürsten, darum kämpfen für euch deutsche Ritter. Ich komme nicht, von
euch zu empfangen, sondern um euch zu retten, weil ihr in euerer wilden
Zwietracht zu Grunde geht." So sandte er die erschrockenen Abgeordneten
zurück, ließ in der Nacht im Einverständnisse mit dem Papste 1000 Kriegs-
männer in aller Stille in die Stadt einziehen und kam Tages darauf selbst
nach Nom, wo er von Hadrian Iv. zum römischen Kaiser gekrönt wurde.
Allein die Römer ruheten nicht; noch immer war die Menge derjenigen
groß, welche völlige Freiheit und Unabhängigkeit vom Kaiser und Papste zu
erstreben suchten. Die Unzufriedenen rotteten sich zusammen und überfielen
eines Tages das deutsche Lager, wurden aber nach einem blutigen Gefechte
durch Herzog Heinrich den Löwen zurückgeschlagen. Gerne hätte Fried-
rich schon dießmal die überall sichtbare Widerspenstigkeit gezüchtigt, allein
er eilte nach Deutschland zurück, wo seine Gegenwart nothwendig ge-
worden war. Auf seinem Rückzüge sperrten ihm die Veroneser den Weg
nach Tyrol, aber der kühne Pfalzgraf von Baicrn Otto von Wittels-
bach erzwang mit tapferem Arme den Durchgang. .
Zn Deutschland stellte Friedrich den Landfrieden her, zerstörte die
Raubschlösser, bestrafte diejenigen Ritter, welche durch Wegelagerung Wan-
derer und Kaufleute beunruhigten und die Straßen unsicher niachten, und
einen Pfalzgrafen und Erzbischof, die beide das Land mit verwüstender
Fehde beunruhigten, verurtheilte er nebst zehen anderen Grafen zum Hunde-
tragen, doch erließ er dem Erzbischöfe, mit Berücksichtigung der geistlichen
Würde, die Strafe. Heinrich dem Löwen, der noch immer seine alten
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Extrahierte Ortsnamen: Roms Deutschland Tyrol Deutschland
59
cm demselben Tage, an welchem er in Wittenberg als Sieger einzvg,
wurde sein alter Nebenbuhler, König Franz I. von Frankreich, in die Gruft
getragen. Der Landgraf Philipp von Hessen sah sich von allen Seiten
verlassen; aus das Zureden des Herzoges Moritz, seines Schwiegersohnes
und des Kurfürsten von Brandenburg, die eine Versicherung der
kaiserlichen Gnade für ihn erhalten hatten, ergab er sich zu Halle, doch so,
daß ihm die persönliche Freiheit in keiner Weise geschmälert sein sollte. Der
Kaiser verzieh ihm, war aber unredlich genug, eine Fälschung seiner Näthe
gut zu heißen und den Landgrafen in Haft zu behalten. Vergebens berief
sich Herzog Moritz auf das kaiserliche Versprechen; dießmal war er un-
erbittlich. Doch nicht lange sollte sich der Kaiser seines Sieges erfreuen,
denn er zerfiel jetzt wieder mit dem Papste Paul Ui. Dieser verlegte
das Concil von Trient nach Bologna (März 15 47 ) und zog seine
Truppen aus Deutschland zurück. Karl war hierüber sehr erbittert und
veranstaltete darauf einen neuen Reichstag zu Augsburg (Jan. 1548),
um über die Mittel zu berathschlagen, durch welche der Religionssireit in
Deutschland auch ohne ein Concil beigelegt werden könnte. Der Reichstag
stellte es in des Kaisers Ermessen, die nöthigen Mittel zu ergreifen, um
„bis zur amtlichen Erörterung des gemeinen Concils die Religionssachc
christlich anzustellen," und den Frieden nicht weiter zu gefährden. Auf
seinen Befehl wurde daher durch katholische und protestantische Theologen
das sogenannte Interim (d. h. die Erklärung, wie er es bis zur endlichen
Entscheidung des Conciliums mit der Religion gehalten wissen wollte)
verfaßt und überall als kaiserliche Anordnung bekannt gemacht. Dieses
Interim erregte große Bewegungen in ganz Deutschland; besonders heftig
erklärten sich mehre Reichsstädte dagegen, weßhalb endlich gegen sie die
Reichsacht ausgesprochen wurde. Mochte nun der Uebermuth der Spanier
und die schmachvolle Behandlung deutscher Fürsten durch den Kaiser den
Kurfürsten Moritz aufgereizt, oder mochte er schon länger den Entschluß
gefaßt haben, dem Kaiser gegenüber zu treten, — genug er begann von
Karl sich abzuwenden und ließ auch das Interim in seinem Lande nicht
einführen. Der Kaiser hatte freilich Ursache, ihn zu schonen und ließ ihm
diesen Widerspruch hingehen, ja er trug ihm selbst auf, die widerspenstige
Stadt Magdeburg zu belagern.
Während dieser Bewegungen starb Papst Paul Iii. (1549). Sein
Nachfolger Julius Iii. ging wenigstens insofern auf den Willen des
Kaisers ein, daß er das Concil in Trient wieder eröffnete (1551),
er forderte aber nachdrücklich die Betheiligung der evangelischen Fürsten an
dem Concile. Diese erhoben darauf sehr begründete Einwendungen und
neue Gefahren ernster Art schienen wieder für Deutschland einzutreten, als
Kurfürst Moritz auftrat, um sie zu zerstreuen. Die Belagerung Magde-
burgs hatte er schon absichtlich in die Länge gezogen, jetzt wollte er sich
vor der Welt seiner zweideutigen Handlungsweise wegen reinigen, die
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Extrahierte Personennamen: Franz_I._von_Frankreich Franz_I. Philipp_von_Hessen Philipp Moritz Moritz Karl Karl Moritz Karl Karl Julius_Iii Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Brandenburg Bologna Deutschland Deutschland Conciliums Deutschland Magdeburg Deutschland
243
Fürsten, daß es scheine, als ob Hadrian die Reichskrone für ein Lehen
halte; denn das Wort deneüeinm heißt eine Wohlthat, bezeichnte aber
damals auch ein Lehen. Der Legat aber fragte: „Von wem hat der Kaiser
das Reich, wenn nicht vom Papste?" Hierüber gerieth der tapfere Pfalz-
graf Otto von Wittelsbach in solchen Grimm, daß er das Schwert
aus der Scheide riß und dem stolzen Priester den Kopf gespalten haben
würde, wenn es der Kaiser nicht verhindert hätte.
Indessen hatte Mailand auf's Neue sein Haupt erhoben. Das arme
Lodi mußte für die Demüthigung seiner Unterdrücker büßen. Die Ein-
wohner wurden verjagt, die Felder verwüstet, die Mauern niedergebrannt.
Friedrich rüstete zu einem raschen Zug über die Alpen. Im August 1158
schlug der Kaiser sein Lager bei Lodi aus. Der Anblick der muthwillig
zerstörten Stadt steigerte den Groll des deutschen Heeres. Nach einer
harten Belagerung von vier Wochen ward Mailand zur Unterwerfung
gezwungen. Die Konsuln, die Geistlichkeit und der Adel kamen ohne Ober-
kleider, entblößten Hauptes und barfuß mit Schwertern auf den Nacken,
die Bürger mit Stricken um den Hals, um Gnade bittend in das kaiser-
liche Lager. Friedrich ließ durch vier italienische Rechtsgelehrte und acht
und zwanzig beisitzende Räche die kaiserlichen Rechte in Italien untersuchen
und feststellen. Nach dem nun erlassenen Grundgesetze wurde festgesetzt,
daß der Kaiser das Recht habe, Herzogthümer, Markgrafschaften und Graf-
schaften zu vergeben, die Vasallen zur Heeresfolge aufzurufen, die Vor-
steher der Stadtgemeinden (Podesta) mit Beistimmung des Volkes zu be-
stellen, und auf seinem Römerzuge nicht bloß bestimmte Lieferungen von
Naturerzeugnissen, sondern auch Spann- und Fuhrdienste zu fordern.
Außerdem sollten Wege-, Hasen-, Fluß- und Brückengelder, Mühlen,
Fischereien, Salzquellen, Bergwerke, und das Recht, Münze zu schlagen,
Mr dem Könige gehören. Alles dieses mußten nicht nur die Obrigkeiten,
sondern auch die Bürger beschwören.
Diese Einrichtungen, welche mit der Zeit Italien ganz dem deutschen
Reiche unterworfen hätten, konnten dem Haupte der Christenheit zu Rom
unmöglich gefallen. Bald entstand ein heftiger Briefwechsel zwischen Hadrian
und dem Kaiser. „Der Papst möge dem Beispiele Jesu nachleben," schrieb
Friedrich, „der für sich und Petrus den Zins an den Kaiser bezahlen ließ;
die Kirche habe alle Güter und Rechte von der Freigebigkeit der Kaiser
erhalten, darum setze er auch seinen Stamen voraus, wie es die alten
Kaiser gethan hätten. Der Papst sei von der christlichen Demuth abge-
wichen; er, der Kaiser, habe so nachdrücklich geschrieben, weil er gesehen
habe, daß der Hochmuth, dies verabscheuungswürdige Thier, bis zum
Stuhle Petri hinangekrochen sei." Hadrian nannte dagegen den Kaiser
einen Heiden, einen Rebellen gegen Gott, einen Fuchs, der den Weinberg
des Herrn zerstören wolle; zugleich verband er sich mit dem Könige
Wilhelm von Sicilien, mit den Normannen, seinen Vasallen und
mit den Mailändern, diesen unversöhnlichen, nie rastenden Feinden Fried-
16*
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Extrahierte Personennamen: Otto_von_Wittelsbach Otto Grimm Friedrich Friedrich August Friedrich Friedrich Jesu Friedrich Friedrich Demuth Hochmuth Hadrian Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Mailand Mailand Italien Italien Rom Sicilien
338
von heftiger Krankheit befallen; er verzehrte sich in wilder Tobsucht, und
in solch traurigem Zustande schied er von diesem Leben den 12. Oktober
des Jahres Christi 1301. Er wurde ehrenvoll in der heiligen Petrus-
kirche bestattet, an der Schwelle der Pforte, welche in eine von ihm selbst
errichtete, reiche Kapelle führte."
Papst Bonifacius war außerordentlich schriftkundig, von natürlichem
Verstände, ein vorsichtiger und praktischer Mann und von großem Wissen
und Gedächtniß. Aber er war stolz, grausam und hochmüthig gegen seine
Feinde; und war von großem Muthe, gefürchtet von aller Welt. Er erhob
und vergrößerte die Macht und das Recht der heiligen Kirche; er war
sehr eingenommen für die seinem Stande zukommende weltliche Pracht,
liebte den Reichthum und machte sich kein Gewissen über die Mittel, welche
zur Bereicherung der Kirche und seiner Verwandten dienen.
Ein neu gewählter Papst, Benedikt Xi., starb sehr bald nach sei-
ner Erhebung und die Kardinale erwählten darauf unter dem Einflüsse
und nach dem Wunsche des Königs einen französischen Erzbischof unter
dem Namen Clemens V., welcher seinen Aufenthalt Anfangs zu Lyon,
bald aber (seit l309) zu Avignon in Frankreich nahm. Man nennt die
Zeit, in welcher das Papstthum unter dem Einfluß der französischen Herr-
schaft stand, „das babylonische Exil" der Päpste, und es dauerte diese
„babylonische Gefangenschaft der Kirche" bis 1376, also volle 67 Jahre.
Begreiflich ist es, welche Verwirrung dadurch in den kirchlichen Angelegen-
heiten herbeigeführt werden mußte. Das päpstliche Ansehen, einmal durch
die weltliche Gewalt angesaßt, war nicht wieder herzustellen, da ihm der
innere moralische Halt der wahren geistigen Größe fehlte und hier nur
äußere Gewalten gegen einander kämpften. In Rom herrschte die heftigste
Bewegung; es wurden Päpste und Gegenpäpste gewählt von der römischen
und der französischen Kurie zu Rom und Avignon, so daß die Chri-
stenheit zwei, ja zuweilen sogar drei Statthalter Christi zu gleicher Zeit
verehren sollte. Man nennt diese stürmische Zeit, welche bis zum Jahre
1415 dauerte, „das päpstliche Schisma", d. h. die Spaltung.
Der Habgier und Herrschsucht des französischen Königs mußte Cle-
mens V. als Werkzeug dienen gegen den mächtigen, in stolzer Unabhän-
gigkeit und schwelgerischer Pracht lebenden Orden der Tempelher-
ren, welcher in Frankreich große Güter besaß, nach den Philipp groß-
ßes Verlangen trug. Unter dem Vorwände geheimer Verbrechen und
gotteslästerlicher Gebräuche wurden einzelne Gliecer des Ordens verhaftet
und durch barbarisches und ungesetzliches Justizverfahren des Wilhelm
von Nogaret durch furchtbare Folterqualen zu Geständnissen gebracht,
die sie zwar in der Folge widerriefen, welche aber dennoch dazu dienen
und einen Vorwand bieten mußten, die Auflösung des Ordens zurecht-
fertigen. Man verfuhr hier in demselben Geiste, wie später bei den grau-
samen und schändlichen Hexenprocessen. Viele der Edelsten starben eines
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Clemens_V. Christi Philipp Philipp Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Christi Petrus- Frankreich Rom Rom Avignon Frankreich
345
voll glänzender Beredtsamkeit und unruhiger Thatenlust, seinem Meister
nach Kostnitz gefolgt war, wurde durch die lange Haft in einem fürchter-
lichen Kerker, wo er dreifach gefesselt lag, für einen Augenblick so gebro-
chen, daß er den verlangten Widerruf leistete. Bald aber fand er seine
Kraft wieder. Er begehrte ein öffentliches Verhör und in einer Rede von
wunderbarer Schönheit bekannte er sich nur eines Verbrechens schuldig,
nämlich, aus Angst vor dem Scheiterhaufen, den heiligen und untadeligen
Huß einen Augenblick verläugnet zu haben. Tapfer, wie er gelebt, so ging
Hieronymus zum Tode. „Ich appellire an den höchsten Richter, vor wel-
chem Ihr bis in hundert Jahren mir Rede stehen sollt," waren seine letzten
Worte an seine Verfolger. „Sie gingen zum Tode wie zu einem Gast-
mahle," schrieb Aeneas Sylvins, der nachmalige Papst Pius Ii.,
„und ließen keinen Laut von sich hören, aus dem man hätte schließen kön-
nen, daß sie unglücklich wären; kein Weltweiser hat so viel Heldenmuth
auf dem Todteubette bewiesen, als sie auf dem Scheiterhaufen."
Dies war der Beginn des Konciliums. — Während dieser Vorgänge
ward zugleich eine Untersuchung gegen den Papst Johann Xxiii. einge-
leitet, welcher, aus Kostnitz entflohen, sich unter den Schutz Friedrich's
von Oestreich, mit der leeren Tasche genannt, stellte, der ihn jedoch gegen
die mächtige Kirchenversammlung nicht zu schützen vermochte. Er wurde
gefangen und, nachdem die Gräuel seines Lebens an das Licht des Tages
gezogen waren, vermocht, in seine Abdankung zu willigen, wie auch die
beiden anderen Päpste; 1417 endlich kam die Wahl eines neuen Papstes,
Martin's V., zu Stande. Von den gehofften Kirchenverbesserungen trat
kaum eine einzige in's Leben. Sigmund praßte von geliehenem Gelde,
Martin setzte die gewohnte Weise der päpstlichen Herrschaft fort, und
das Concilium trennte sich nach beinahe vierjähriger Dauer. Die Ver-
wirrung war ärger als je.
§. 6. Der Hussitenkrieg. — Kaiser Sigmund.
Deutsche Kaiser aus dem Hause Oestreich: Albrecht n.
(1437-1439); Friedrich in. (1439-1493).
Als die Nachricht von Sigmund's Wortbrüchigkeit und dem Opfer-
tode der beiden Märtyrer nach Böhmen kam, „flogen die Schwerter aus
der Scheide und ein furchtbarer Bürgerkrieg loderte im ganzen Reiche auf."
König Wenzel wußte sich nicht zu helfen, in Prag selbst war Alles in
Aufruhr; das Rathhaus wurde von dem wüthenden Volke belagert. Da
fiel ein Stein aus den Fenstern — er war die Losung zum Sturme.
Rathsherren, Geistliche, Alle, die nicht für Hussen's Lehre waren, wurden
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Extrahierte Personennamen: Johann_Xxiii Johann Oestreich Martin's_V. Martin Albrecht_n Albrecht Friedrich Friedrich
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land zurück. Aber auch hier gab es der Unordnungen genug, be-
sonders in Burgund, wo die Befehdung der großen und kleinen
Herren alle Sicherheit aufhob. Da begab sich Conrad nach Bur-
gund, und machte den G ottesfrieden bekannt. Es waren näm-
lich in Frankreich einige wohlmeinende Bischöfe auf den vernünf-
tigen Gedanken gekommen, daß, wenn die Ritter denn durchaus
der Befehdung sich nicht enthalten könnten, wenigstens einige
Tage in der Woche davon ausgenommen seyn sollten. An die-
sen, sollte ein allgemeiner Stillstand stattsinden, und wer ihn
brache, sollte als ein Uebertreter göttlicher Gebote betrachtet werden;
denn Gott habe ihn selbst geboten. Dies nannte man den Frieden
Gottes. Frankreich nahm ihn zuerst an, und nun machte Conrad ihn
auch in Burgund bekannt. Von Mittwochs Abend bis Montags
früh sollte er gelten. Das war nun recht löblich; aber leider
wurde er nicht immer gehalten, und selbst der Kaiser war nicht
mächtig genug, jeden Frevler zu strafen. — Conrad starb nach
einer 15jährigen ruhmvollen Regierung in Utrecht 1039.
Ihm folgte sein ältester Sohn Heinrich Iii. oder der
Schwarze, ein noch klügerer, tapferer und thatigerer Mann als
sein Vater; so kräftig hatte seit Karl dem Großen kein Kaiser
die kaiserliche Gewalt gehandhabt, als er. Zuerst zeigte er dies
gegen die Ungern. Diese sonst so wilde Nation war durch die
Annahme des Christenthums sehr viel milder geworden. Jetzt
hatten sie ihren König vertrieben, der zu Heinrich seine Zuflucht
nahm. Dieser zog drei Mal gegen die Ungern, unterwarf sie und
zwang den König, das Land von ihm zu Lehen zu nehmen. Hein-
rich konnte zwar diese Oberherrschaft für die Länge nicht behaup-
ten; indessen war es schon eine Ehre, für einige Zeit als Herr
anerkannt worden zu seyn.
Eben so kräftig verfuhr Heinrich gegen die Päpste. Es gab
deren damals zu gleicher Zeit drei, die sich mit einander um die
Würde lebhaft stritten. Nun erschien Heinrich in Italien, berief
nach Sutri im Kirchenstaate eine Kirchenversammlung, und setzte
hier zwei Päpste ab; der andere mußte seine Würde auch niederle-
gen, und nun wurde unter Heinrichs Vorsitz vom römischen Volke
und von den Geistlichen ein neuer Papst gewählt, dies Mal ein
Sachse, der ihn in Rom feierlich krönte. Denn cs war üblich
geworden, daß der deutsche König nicht eher Kaiser hieß, bis er
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Extrahierte Personennamen: Conrad Conrad Conrad Heinrich_Iii Heinrich Karl Karl Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: Burgund Frankreich Gottes Frankreich Burgund Utrecht Italien Sutri Rom
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Neue Geschichte. 3. Periode. Oestreich.
waren. Der Papst Pius Vi. konnte dergleichen nicht mit gleich-
gültigen Augen ansehen und beschloß (1782) selbst nach Wien zu
reisen, um den Kaiser auf andere Gedanken zu bringen. Aber
da kannte er ihn schlecht. Nicht nachzugeben, war Joseph fest
entschlossen. Uebrigens erwies er dem Papste die größte äußere
Ehre. Er reiste ihm sechs Meilen weit entgegen, nahm ihn in
seinen Wagen und führte ihn selbst, unter Zulauf einer unge-
heuren Volksmenge, welcher Pius Vi. links und rechts den Segen
ertheilte, in Wien ein. Hier wurde dem Papste in der Hofburg
eine Wohnung angewiesen, damit man ihn immer unter den Au-
gen behielte. Allen Geistlichen war streng verboten, sich mit ir-
gend einem Gesuch an den Papst zu wenden. Nur eine Thüre
führte zu den Zimmern des Papstes, und diese wurde Tag und
Nacht von den kaiserlichen Bedienten scharf bewacht, daß Niemand
ohne Erlaubniß des Kaisers sich zu ihm schleichen konnte. Selbst
wenn er ausging, wurde er von zahlreichen kaiserlichen Hofbe-
dienten begleitet, und als er bei einer Unterredung mit Joseph
von dessen Neuerungen zu sprechen anfing, brach dieser gleich ab
und meinte, er möge die Unterhandlung ihren beiderseitigen Ra-
then überlassen. Alles, was Pius erreichen konnte, war, daß
Joseph in einigen unbedeutenden Stücken nachgab, und so reiste
er nach einem Monate nach Rom zurück. Ein Jahr darauf
machte ihm Joseph einen Gegenbesuch.
Die Todesstrafe schaffte Joseph ganz ab und führte dagegen
Zwangsarbeiten ein, die zum Theil härter als der Tod waren.
Da er bemerkt hatte, daß unter seiner Mutter Regierung oft Leute
vornehmen Standes, wenn sie Verbrechen begangen hatten, ohne
Strafe wegkamen, oder doch nur heimlich oder mild gestraft wur-
den, so befahl er, daß in Zukunft Jeder, wie er es verdiente,
ohne Ansehen der Person bestraft werden sollte. Eben so streng
gerecht verfuhr er bei Besetzung von Aemtern. Sonst waren
die meisten hohen Beamten durch Fürsprache, selbst von Damen
befördert worden; jetzt aber verlangte Joseph Verdienste und Ge-
schicklichkeit, und das Einmischen der Frauen war ihm erst recht
ein Gräuel.*) Eben so streng war er aber gegen sich selbst.
*) An die Gemahlin eines Landgrafen von Fürstenberg, der bisher Gou-
verneur von Böhmen gewesen war, sich aber dazu nicht schickte, schrieb er, nach-
dem sie sich für ihren Galten verwandt hatte: „Madame, Ihr Herr Gemahl ist
des Heiligen römischen Reichs Fürst von Fürstenberg und einer der angesehen-
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Joseph Joseph Joseph Joseph Joseph Joseph_Verdienste
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Hofburg Rom Fürstenberg Fürstenberg