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Antonius und Kleopatra flohen nach Alexandria und gaben sich, als der Sieger folgte, den Tod (Schlange der Kleopatra). Ägypten wurde römische Provinz. — c. Cäsar Oktavian erhielt vom römischen Volke den Ehrennamen Augustus, d. H. der Erlauchte, Erhabene. Er regierte mit Kraft, Weisheit und Milde und vereinigte die Länder rechts der obern Donau mit dem römischen Reiche (Noricum, um Salzburg: Rhätien, um Augsburg). Dasselbe umfaßte alle Länder vom atlantischen Ozean bis zum Euphrat und von der Donau bis zur Sahara (100 000 □ M. mit 120 Mill. Einte.: 20 Mill. Bürger, 40 Mill. Unterthanen, 60 Mill. Sklaven). Augustus nahm den beim Volke verhaßten Königstitel nicht an; auch seine Nachfolger behielten den Narrten Cäsar (Kaiser) bei.
Im 27. Jahre seines Kaisertums wurde Jesus Christus geboren.
§. 50. Innere ^Zustände, a. Gewaltig stand das römische Weltreich da, und mit gerechtem Stolz mochten Geschichtsschreiber wie Cäsar, Livius und Tacitns die Heldenthaten der Legionen und ihrer Führer aufzeichnen. Die Bevölkerung Roms war auf 2 Millionen gestiegen; Paläste, Tempel (400), Theater und andere Prachtbauten schmückten die ungeheure Stadt. Prächtige Straßen durchschnitten die weiten Provinzen; Tausende von reichbeladenen Schiffen durchsegelten die Meere. Die zahllosen Kunstwerke, die aus Griechenland geraubt waren, sowie die Schriften der Griechen hatten den Siuu für Kunst und Wissenschaft geweckt; für die Erziehung der Kinder kauften die Reichen gelehrte griechische Sklaven; um griechische Weltweise und Redner sammelten sich die römischen Jünglinge. — b. Aber die große Masse des Volks in Stadt und Land wuchs ohne Unterricht aus, und erschreckend war der Gegensatz von Reichtum und Armut. Cicero, der eine Million besaß, galt unter den Senatoren nur für wohlhabend; des Crafsns Vermögen wurde auf 36 Millionen geschätzt, und er nannte nur den reich, der aus dem Ertrag seiner Landgüter eiu Heer unterhalten konnte. Dagegen fand Cäsar in Rom 320 000 arme Bürger, denen freies Brot aus der Staatskasse geliefert wurde; dadurch, daß er 170 000 in den Provinzen ansiedelte, wurde nur vorübergehend eine Erleichterung gewonnen. In ganz Italien war der freie Bauernstand verschwunden, und immer neue Scharen i von Besitzlosen (Proletariern) wanderten nach Rom. Der Luxus der Reichen überstieg alle Grenzen. Als Lukullus unerwartet Besuch von Pompejus und Cicero erhielt, kostete das eilig hergestellte Mahl 30 000 dl. Das Theater des Skanrns faßte 240 000 Menschen und war mit 3000 Bildsäulen geschmückt. — c. Da auch der ärmste römische Bürger das Recht besaß, bei Besetzung der Aemter, Erlaß von Gesetzen, bei Kriegs- und Friedensschlüssen seine Stimme abzugeben, so wandten die, welche zu hohen Stellen gelangen wollten, ungeheure Summen auf die Belustigung und Bestechung des Volks. Cäsar ließ einmal ! 320 Fechterpaare in silbernen Harnischen kämpfen; nach der Schlacht bei Thapsns speiste er die armen Bürger an 22 000 Tischen und ließ jedem über 4000 dl auszahlen. — d. Unter dem äußern Glanze schwand die alte Tugend. Ehescheidungen waren etwas ganz Gewöhnliches; hochgestellte Frauen nahmen an den Schwelgereien und öffentlichen Kampffpielen theil; die Kinder wurden den Sklaven zur Erziehung überwiesen; die ausgezeichnetsten Jünglinge gingen in dem zügellosen Leben zu Grunde. Das Volk ward zu Tausenden dem Ehrgeize und der Rache der Mächtigen geopfert; die Sklaven bienten den Fischen der Schwelger zur Speise. Alle Scheu vor einem höheren Richter war verfchwunben, alle Laster hatten freie Bahn. Das war der Zustaub der Völker, als Jesus Christus geboren würde.
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Extrahierte Personennamen: Antonius Cäsar_Oktavian Cäsar Augustus Augustus Cäsar Jesus_Christus Cäsar Cäsar Cicero Cäsar Jesus_Christus
Extrahierte Ortsnamen: Alexandria Donau Salzburg Donau Sahara Roms Griechenland Rom Italien Rom Schwelgereien
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attischen Gemeinden gekommen. Die Stadt führte ihren Namen von der Göttin Pallas Athene, die man als die Geberin des wohlthätigen Oelbanms ansah. Anfangs wurde Attika von Königen regiert; der letzte derselben, Kodrns, starb den Tod fürs Vaterland. Darnach legte man die Regierung in die Hand eines lebenslänglichen Archouten (Vorstehers), der später durch 9 alljährlich erwählte ersetzt wurde. Zwischen den großen Grundbesitzern, den kleinen Landbauern und den Gewerbtreibeudeu brachen heftige Kämpfe aus, die der Archont Drakon vergeblich durch strenge Gesetze zu unterdrücken suchte. Da beauftragte das Volk den Archonten Solon mit einer neuen Gesetzgebung (594).
t b. Solon War wegen seiner Weisheit*), Tugend und Tapferkeit in Athen hoch geehrt. Den Auftrag, eine neue Verfassung zu geben, führte er in folgender Weise aus: 1) Zunächst wurden die Schulden der Armen um 27% ermäßigt, der Zinsfuß ward herabgesetzt, die Schuldhaft aufgehoben, das verpfändete Grundeigentum und das vielen Bürgern entzogene Bürgerrecht zurückgegeben. — 2) Alle freien Bürger teilte er nach dem Grundbesitz in 4 Klassen: die erste hatte die Kriegsschiffe zu stellen: die zweite bildete die Reiterei des Heeres; die dritte lieferte die Schwerbewaffneten und die vierte die Leichtbewaffneten. Die gewöhnlichen Staatsausgaben wurden durch die Bergwerke, Zölle, Strafgelder und durch die Kopfsteuer der Eingewanderten gedeckt. — 3) Die Regierung legte er in die Hand der neun Archonten und des Rates der Vierhundert; die höchste Gewalt aber bekam die Volksversammlung, die aus den gesammten über 20 Jahre alten Bürgern bestand. Sie wählte die Archonten aus der ersten, den Rat aus den drei ersten Klaffen; sie ernannte auch die Richter und alle übrigen Beamten; sie beschloß alle Gesetze und entschied über Krieg und Frieden. — Die Archonten, welche ihr Amt gut verwaltet hatten, bildeten das höchste Gericht, welches von dem Hügel des Kriegsgottes Ares, wo es seine Sitzungen hielt, den Namen Areopag empfing; dasselbe hatte auch die Erziehung der Jugend und die Sitten der Erwachsenen zu überwachen. In den gewöhnlichen Rechtssachen sprachen Bürger das Urteil. — 4) Jeder Vater war verpflichtet, seine Kinder irgend eine Kunst lernen zu lassen; wer es unterließ, konnte im Alter keine Unterstützung von ihnen fordern. Vom 7. Jahre an wurden die Knaben öffentlich erzogen und namentlich in Leibesübungen (Gymnastik), in der Musik, Dicht- und Redekunst unterwiesen. — c. Durch diese Gesetze wurde die aristokratische Verfassung Athens in eine gemäßigt demokratische umgewandelt. Nachdem Solon sich hatte versprechen lassen, daß man 10 Jahre lang nichts daran ändern wolle, unternahm er eine Reise nach Oberägypten und Asien und kam dabei auch zu dem reichen Könige Krösus von Lydien. Dieser zeigte ihm seine Schätze und fragte ihn dann, wen er für den glücklichsten Menschen
*) Die 7 Weiseu Griechenlands und ihre Denksprüche; 1. Solon: Nimmer zu sehr! 2. Periander: Jegliches vorbedacht! 3. Thales: Bürgschaft bringt dir Leid! 4. Kleobülus: Maß zu halten ist gut! 5. Pittakus: Wohl erwäge die Zeit! 6. Bias: Mehrere machen es schlimm! 7. Chilon: Kenne dich selbst! — Pythagoras von Samos, der Erfinder des pythagoräischen Lehrsatzes, nannte sich einen Weisheitsfreund (Philosophen); er unterwies seine Schüler in der Algebra, Geometrie und Musik. — Tenophänes lehrte um 536 v. Chr. den Glauben an einen Gott.
/
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Leitfaden
der
Geschichte, Erdkunde, Naturkunde
und Sprachlehre
für
Mittel-, Töchter- und Fortbildungsschulen und die (Oerklassen der Mrger- und gehobenen Volksschulen.
In Verbindung mit H. Buschbaum, H. Grewe und W. Trenkner,
Lehrer a. d. Realschule Lehrer a. d. Bürger- und Volksschule
herausgegeben
von
J. <*L U. Kackhaus,
Inspektor der Bürger- und Volksschule zu Osnabrück.
fünfte, unter Berücksichtigung der „Ällg. Bestimmungen" vermehrte Austagr.
------------->*<o®o>*<------------
Harburg an der Elbe.
Verlag von Gustav Elkan. 1881.
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Doch waren sie dem Trunke ergeben, und beim Würfelspiel wurde nicht selten Gut und Freiheit eingesetzt. Bei den Zechgelagen kreiste Met und Bier und erschollen die Heldenlieder der Väter. Die Frau brachte dem Mann ein Rindergespann, Roß, Schild und Lanze als Morgengabe: mit der Heirat gründete der Mann ein eigenes Haus und war frei von der väterlichen Gewalt. (Freien — heiraten).
§. 62. a. Stände. Das Volk zerfiel in zwei Hauptstände: in Freie und Unfreie. Letztere waren entweder Hörige (Sklaven), die als kauf- und tauschbare Sache angesehen, aber doch milde behandelt wurden, zu ihrem Unterhalt ein Stück Land empfingen und einen eigenen Hausstand besaßen; oder Lassen, d. i. Freigelassene, die von einem Grundbesitzer Ländereien in Erbpacht hatten, kriegspflichtig waren, aber an der Volksversammlung nicht teilnehmen konnten. Hörige und Lassen standen unter der Vormundschaft des freien Grundherrn und wurden auch bei Gericht durch ihn vertreten. Diejenigen Freien, welche größeren Grundbesitz und höheres Ansehen besaßen, hießen Edelinge (Adel). — b. Stämme. Das deutsche Volk bestand aus vielen von einander unabhängigen Stämmen, die alle dieselbe Sprache redeten, aber ebenso oft gegen einander im Kampfe standen, als mit einander Bündnisse schlossen. — Jeder Stamm teilte sich in Gaue und jeder Gau in Marken oder Gemeinden. — Der Gau hatte ein gemeinschaftliches Gericht, das aus dem Gaugrafen und den Beisitzern bestand. An der Spitze des ganzen Stammes stand in Friedenszeiten der Fürst (d. i. Erster), im Kriege der Herzog. — Um den Neuoder Vollmond versammelte sich die Volks gemeinde, d. i. die Versammlung aller freien Männer des Stammes. Sie erschienen in Waffen, berieten über Gesetze, Krieg und Frieden und andere gemeinsame Dinge, richteten über Eigentum und Leben, machten die Jünglinge durch Übergabe der Waffen (Schwertleite) mündig und wählten die Richter und Priester, den Fürsten und Herzog. Alle Volksversammlungen fanden im Freien, in der Regel unter hohen Bäumen auf der Ding- oder Mahlstätte statt. (Vermählen, d. i. auf der Mahlstätte verloben.) — Die Blutrache war nicht verboten; doch konnte ihr der Schuldige durch Erlegung des s. g. Wer-geldes entgehen (Wer — Mann). In schweren Fällen ließ man über Schuld und Unschuld den Zweikampf als Gottesgericht entscheiden.
§._ 63. a. Gemeindeverfassung. Diese war verschieden bei den nordwestlichen oder sächsischen und den südöstlichen oder suevischen Stämmen. (Sachs — kurzes Schwert.) Bei den Sachsen besaß jeder freie Mann Haus und Hof und rings umher seine besondere Feldmark (Allod); daneben waren größere Landstrecken gemeinschaftliches Eigentum der ganzen Gemeinde (Almend). Bei den Sueven, die sich erst später an feste Wohnsitze gewöhnten, gehörte der ganze Boden der Gemeinde. Während die eine Hälfte der Mannschaft das Land baute, zog die andere Hälfte auf Krieg und Eroberung aus. Ihre Heerführer erhielten häufig den Königsnamen. — b. Kriegswesen. Die Waffen der Deutschen waren Wurfspieß, Lanze, Schwert, Streitaxt, Bogen und ein hölzerner Schild. Sie kämpften meistens zu Fuß, doch gab es auch Reiterscharen. In keilförmiger Schlachtordnung und mit furchtbarem Schlachtgesange drangen
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in katholischen Ländern so verhaßt, daß Papst Clemens Xiv. den Orden aufhob (1773). Pius Vii. stellte ihn 1815 wieder her.
§. 133. Die Bartholomäusnacht oder Pariser Bluthochzeit, a. In Frankreich hatten die Reformierten (Hugenotten) in zwei blutigen Kriegen ihren Glauben verteidigt; da bot die herrschsüchtige Mutter des Königs Karl Ix., Katharina v. Medici, dem Führer derselben, dem jungen König Heinrich von Navarra, ihre Tochter Margareta zur Gemahlin. Unmittelbar nach der Hochzeit, am Vorabend des Bartholomäustages (24. Aug. 1572) wurden auf Befehl Katharinas und Karls in 1572 Paris über 3000 Reformierte ermordet, unter ihnen der greise Admiral Coligny; in ganz Frankreich fielen in den nächsten Tagen über 30 000.
— b. Nachdem Karl unter den fürchterlichsten Gewissensbissen gestorben und sein Nachfolger Heinrich Iii. von einem Dominikanermönch ermordet war, gelangte Heinrich Iv. von Navarra auf den Thron. (Ein Vater des Volks: „Jeder Bauer sollte des Sonntags sein Huhn im Topfe haben."
Zum Minister Sülly: „Wenn Ihr mir nicht mehr widersprecht, werde ich glauben, daß Ihr mich nicht mehr liebt.") Um die Katholiken zu beruhigen, trat er zu ihrem Bekenntnis über; weil er aber im Edikt von Nantes den Reformirten freie Religionsübung zusicherte, fiel er auf Anstiften der Jesuiten durch den Dolch des Meuchelmörders Ravaillac (1610).
+ §.134. Abfall der Niederlande. (1564—1609.) Philipp Ii. von Spanien hatte von Karl V. 1556 die Niederlande erhalten, und er beschloß, auch hier den evangelischen Glauben auszurotten. Der Regentin, seiner Schwester Margaretha v. Parma, setzte er den harten Kardinal Granvella zur Seite, der die schrecklichen Glaubens- oder Jnquisitions-gerichte einführte. Dreihundert adelige Männer, die s. g. Geusen (d. i. Bettler) verbanden sich zum Kampfe: aber ihre Truppen wurden geschlagen.
Weil die Regentin nicht die äußerste Strenge übte, sandte Philipp den grausamen Herzog von Alba. Ueber 100000 Reformierte verließen das Land, und 20 000, unter ihnen die Grafen Egmont und Hoorne, endeten auf dem Blutgerüste. Aber mit Todesverachtung kämpfte das Volk unter Wilhelm von Oranien für seine Freiheit. Nach 6 Jahren wurde Alba freilich zurückgerufen; doch der Krieg dauerte mit gleicher Unmenschlichkeit fort. Philipp setzte einen Preis auf Oraniens Kopf, und 1584 wurde derselbe auf Anstiften der Jesuiten von einem Franzosen ermordet. Sein Sohn, der 17jährige Moritz, übernahm den Oberbefehl, und 1609 mußten die 160 >> Spanier die Freiheit der 7 nördlichen Provinzen (der Generalstaaten) anerkennen.
+ §• 135. Elisabeth von England (1558—1603) und Maria Stuart, a. Unter Heinrichs Viii. Tochter, der katholischen Maria, hatten auch in England die Scheiterhaufen gelodert; ihre Schwester Elisabeth führte dagegen die Reformation zum Siege. Der Handel, Ackerbau und Wohlstand des Landes stiegen unter ihrer kraftvollen und klugen Regierung zu hoher Blüte; aber sie besteckte ihren Ruhm durch die Hinrichtung der Maria Stuart. Diese, die Tochter Jakobs V. von Schottland, war in Frankreich erzogen und sehr jung an den französischen Kronprinzen Franz
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Extrahierte Personennamen: Clemens_Xiv Karl_Ix. Karl_Ix. Katharina_v._Medici Heinrich_von_Navarra Heinrich Margareta Karls Admiral_Coligny Karl Karl Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Sülly Philipp_Ii Philipp Karl_V. Karl_V. Margaretha Granvella Philipp Philipp Wilhelm Philipp Philipp Moritz Maria_Stuart Maria Heinrichs Heinrichs Maria Maria Elisabeth Maria_Stuart Maria Jakobs_V._von_Schottland
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Katharinas Karls Paris Frankreich Navarra Nantes Niederlande Spanien England England Frankreich
C. Das Romerreich.
105
besondern Schutzes, so daß seine Regierung als das goldene Zeitalter der
römischen Kaiserzeit gelten kann. Sein Nachfolger Marcus Aurelius Auto -Marcus
ninus der Philosoph war gleich ausgezeichnet im Krieg wie im Frieden.'m-
Er besiegte die Markomannen auf der gefrornen Donau und drängte in 180
einem langen Kriege die germanischen Völker, die dem Markomannen-
bunde angehörten, über die Grenzen zurück. Er starb auf einem Feldzuge in
Vind o b ona (Wien). Marc Aurel war ein einfacher, abgehärteter Mann,
der aus dem Throne der st o i sch e n Tugend und Sittenstrenge treu blieb (§.91).
Er beförderte Bildung und nützliche Anstalten und von seinen edeln Vorsätzen
und Bestrebungen zeugt die Sammlung von Betrachtungen, die er verfaßt und
„Ansichselb st" überschrieben hat.
§.164. Cultur und Sitten. Zu dieser Zeit herrschte im römischen
Reiche die größte Civilisation, so sehr auch das Volk an sittlicher Entartung litt.
Künste und Wissenschaften wurden an den Höfen der Kaiser und in den Palästen
der Reichen gepflegt und alle Stände nahmen daran Theil. Handel und Gewerbe
blühten; Wohlstand und Bildung gaben sich in den volkreichen Städten und in
den eleganten Wohnhäusern kund; in Rom und in den bedeutendern Städten der
Provinzen erhoben sich Lehranstalten. Die Trümmer der Bauwerke, Heerstraßen,
Brücken, die wir nicht nur in Italien, sondern auch in vielen Provinzstädten (Trier,
Nimes) noch jetzt bewundern, die Statuen, Särge (Sarkophage) und Altäre mit
Basreliefs und Inschriften, thönerne und eherne Gefäße (Vasen) von künstlicher
Form, „die man aus dem Schooß der Erde gräbt", Alles giebt Zeugniß von dem
Kunstsinn und der Bildung der alten Völker in der Kaiserzeit. Aber diese Bil-
dung glättete nur die Oberfläche; Sittlichkeit, Seelenadel und Charakterstärke fan-
den keine Geltung; Freiheit war ein unbekanntes Gut. Das Volk, nicht mehr
durch Krieg und Ackerbau gekrästigt, verfiel in Weichlichkeit und Wollust; es er-
götzte sich an den rohen Gladiatoren-Spielen und Thierkämpfen in den
Amphitheatern und überließ sich den erschlaffenden Genüssen der üppigen
Badeanstalten (Thermen), womit die Kaiser die Hauptstadt reichlich ver-
sahen, um die Bürger von ernsten Dingen abzuziehen. Umsonst schwingt Persius Persius
zürnend die Geißel der ernsten Satire über das entartete Geschlecht und sucht M~62-
alte Kraft, Sittlichkeit unv Einfachheit zurückzuführen; — umsonst enthüllt der
geistreiche Juvenälis in seinen scherzhaften Satiren die furchtbare Tiefe derluvenalir
Laster und Gebrechen und straft seine entarteten Zeitgenossen; — umsonst verspot- c'100*
tet der leichtfertige Grieche Lucian in seinen witzigen und satirischen Schriften Lucian
alle bestehenden Zustände in Religion und Leben, um das Alte zu vernichten und c- 200-
für Neues und Besseres Raum zu schaffen; menschlicher Rath kam zu spik; nur
eine höhere Macht konnte die untergehende Welt retten; die Hülse war bereits er-
schienen, aber die verblendeten Römer erkannten sie nicht, weil sie nicht im Prunke
der Herrschaft, sondern im Gewände der Demuth einherzog. Nur die Rechts-
wissenschaft (Jurisprudenz) gelangte in dieser Zeit zu hoher Blüthe. Die ver-
wickelten Verhältnisse des Staats - und Privatlebens und der Mangel an Treue und
Redlichkeit im Volke machte die Ausbildung der öffentlichen Rechtsinstitute in allen
ihren Verzweigungen zur Nothwendigkeit. Daher werden die Rechtsgelehrten dieser
Periode, Gajus, Papinian, Ulpian und Paulus, vorzugsweise die klas-
sischen genannt.
5. Nom unter der Militärherrschaft.
§. 169. Mit Commödus, Aurel's unwürdigem Sohne, beginnt Roms Eommo-
Verfall. Er war ein roher Wütherich, der nur an Fechterspielen und Thier- -wl°
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72
Geschichte der alten Welt.
auszogen. Von einem festen Standort aus fügten sie den Feinden großen Scha-
den zu und kehrten von manchem Strauß siegreich und beutebeladen zurück, bis
sie zuletzt, verleitet von der Begierde, eine absichtlich ins Freie getriebene Vieh-
heerde zu rauben, in einen Hinterhalt geriethen und nach der tapfersten Ver-
479. theidigung sämmtlich erschlagen wurden. Nur ein Einziger, der noch nicht bei
Jahren war, überlebte den Untergang seines Geschlechts. Wie die Vejenter
von Norden das römische Gebiet beunruhigten, so machten von Süden her die
Volsker und Aeguer verheerende Einfälle. Diese letzteren, deren Sitze, sich
bis nach Präneste, wenige Meilen von Rom, erstreckten, bekämpften einst
die Römer am Berge Alg idus mit solchem Erfolg, daß diese in ihrem Lager
umringt wurden und in Gefangenschaft gekommen wären, wenn sie nicht Cin-
488- cinnatus befreit hätte. Als nämlich der Senat von der Noth des Heers un-
terrichtet ward, ernannte er den Patrizier Cineinnatus zum Dietator. Dieser
war in seinem Vermögen durch Unglücksfälle so heruntergekommen, daß er nur
noch ein Gütchen auf dem rechten Tiberufer besaß, welches er selbst bebaute,
als der Ruf des Senats an ihn gelangte. Er verließ alsbald den Pflug, eilte
mit der römischen Jugend, die sich um ihn schaarte, an den Ort der Gefahr
und umstellte in der Nacht die Aequer. Als diese am andern Morgen, durch
ein großes Geschrei aufgeweckt, die Lage der Dinge erkannten, mußten sie sich
in Kriegsgefangenschaft ergeben und nach Ablieferung ihrer Waffen, ihres Ge-
päcks und ihrer Rosse und Saumthiere unter einem aus drei Speeren gebilde-
ten Joch durchgehen.
§. 102. Heiße Kämpfe führten die Plebejer mit den Patriziern um
Gleichheit der Rechte. Sie verlangten vor Allem Ackergesetze, ge-
schriebenes Recht und Theilnahme an den Aemtern. 1. Der römi-
sche Staat war im Besitz großer Ländereien und Weidestrecken (§. 96.), dienie-
mandes Eigenthum waren, deren Nutznießung aber den Patriziern zustand
unter der Bedingung, daß sie den Zehnten vom Ertrag an die Staatskasse ent-
richteten. Dieses Gemeint and (agsr publicus) betrachteten die Patrizier
als ihr Eigenthum, ließen es durch ihre Hörige (Clienten, Halbfreie) be-
bauen und sahen sich gegenseitig durch die Finger, wenn die bedungene Abgabe
oder das schuldige Hutgeld an die Staatskasse nicht pünktlich geleistet wurde.
Von Zeit zu Zeit verlangten nun die Plebejer Ackergesetze, wodurch ihnen
ein Theil des Gemeinlandes überlassen werden sollte. Aber so oft dieses Ansu-
chen gestellt ward, traf es auf den entschiedensten Widerstand. Der Cónsul
Sp. Cassius, ein hochverdienter und berühmter Mann, der das erste Acker-
gesetz beantragte, wurde über den tarpejischen Felsen des Capitols hinab-
486, gestürzt, und die Stelle, wo sein Haus gestanden, blieb eine öde Stätte.
tz. 103. 2. Die Rechtspflege war ausschließlich in den Händen der Pa-
trizier, die nach dem Herkommen und nach ungeschriebenen Gewohnheitsrech-
ten Urtel und Recht sprachen und dabei große Willkür und Parteilichkeit übten.
Um nun dieser Willkür nicht länger preisgegeben zu sein, verlangten die Ple-
bejer feste, ausgezeichnete Gesetze, fanden aber bei den Patriziern heftigen Wi-
derstand. Nach diesen stürmischen Kämpfen setzten es die Volkstribunen zuletzt
432. doch durch, daß Gesandte nach Großgriechenland und Athen geschickt wurden,
um die dortigen Gesetze zu prüfen und das Passende auszuwählen. Nach ihrer
Rückkehr kamen beide Stände überein, daß alle Beamten (Consuln, Volkstri-
bunen u. a.) ihre Stellen niederlegen und zehn Patrizier mit unumschränkter
Gewalt ausgerüstet und mit der Abfassung eines neuen Landrcchts beauftragt
werden sollten. Musterhaft vollzogen im Anfang die neuen Beamten, von der
430. Zahl der Mitglieder Decemvirn (Z e h n e r a u s s ch u ß) genannt, das aufge-
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114
Jovian
363—
364.
Valens
364—
378.
Valenti-
nian
364—
374.
378
379.
394.
Geschichte des Mittelalters.
lichen Schriftstellern mit dem Namen des Abtrünnigen (Apostat) belegt.
Doch war er zu gerecht und zu klug, als daß er blutige Verfolgungen über die
Christen verhängt hätte; er begnügte sich, sie aus seiner Nähe und von den
Staats - und Lehrämtern zu entfernen, ihre Ansichten in Schriften zu bekäm-
pfen und den heidnischen Göttervienst mit seinen Festen und Opfern wieder
herzuftellen. Dem Sonnengotte brachte er selbst zuweilen feierliche Heka-
tomben von hundert Stieren dar. Allein sein Bestreben, die zur Leiche gewor-
dene heidnische Volksreligion wieder zu beleben und die Sitten und Einrich-
tungen einer entschwundenen Zeit zurückzurufen, war ein thörichtes Unterfangen.
Als er einst mit altrömischem Heldensinn einen kühnen Feldzug gegen die Neu-
perser unternahm, erobernd über den Euphrat und Tigris drang, dann aber,
in unzugängliche Berggegenden verlockt, einen beschwerlichen Rückzug antreten
mußte, traf ihn ein tödtlicher Pfeil und vernichtete seine Schöpfungen. Sein
Nachfolger Jovian gab in einem schimpflichen Frieden das Eroberte zurück
und verlieh dem Christenthum wieder die Herrschaft. Nach seinem Tod'- wurde
das Reich getheilt, so daß der Arianer Valens über das Morgenland re-
gierte, während sein Bruder, der rauhe, kriegerische Valentinian 1., dem
Äbendlande Vorstand.
Ii. Die Völkerwanderung.
1. Theodosius der Große.
§. 176. Als Valens den Osten regierte, kam aus den Steppen von Mit-
telasien ein wildes, häßliches, wohlberittenes N o m a d e n v o l k — die Hunnen
nach Europa. Nach Unterwerfung der Alanen bewältigten sie die tapfern
Oftgothen (deren greiser König Hermanrich sich selbst den Tod gab) und
griffen dann die Weftgothen an. Diese erhielten aber, weil sie bereits von
Bischof Ulfilas zum arianischen Christenthum bekehrt worden waren, von
Valens die Erlaubniß,"mit Weib und Kind über die Donau zu setzen und neue
Wohnsitze einzunehmen. Durch die Bestechlichkeit der römischen Beamten blie-
den die Westgothen gegen die Uebereinkunft im Besitze ihrer Waffen, und da
sie durch die Härte und Habgier der Statthalter bald in die größte Hungers-
noth geriethen, so griffen sie zu dem gewohnten Schwerte, stürmten die Stadt
Mareianopel und durchzogen raubend und verwüstend das Land. Da rückte
Valens eilig gegen die Feinde, verlor aber in der mörderischen Schlacht von
Adrianopel den Sieg und auf der Flucht in einer brennenden Hütte das Le-
den. Mit entfesselter Wuth durchstreiften jetzt die Sieger das wehrlose Land
bis zu den julischen Alpen und bedrohten sogar die Grenzen von Italien. Da
wurde der tapfere Spanier Theodosius zum Beherrscher des Morgenlandes
erwählt. Dieser beendigte den Gothenkrieg, indem er einen Theil der
Feinde in den südlichen Dvnauländern ansiedelte, einen andern Theil als
Söldner in die römischen Heere aufnahm. Nach vielenkämpfen undkriegs-
thaten erlangte endlich Theodosius, fortan der Große genannt, auch die
Herrschaft über das Abendland und vereinigte so zum letztenmal das-ganze
römische Weltreich unter Einem Scepter. Er war ein kraftvoller, aber jähzor-
niger Fürst, der einst in Thessalonich 7000 Bürger tödten ließ, weil sie sei-
nen Statthalter erschlagen hatten. Deshalb wurde er von dem unerschrockenen
Bischof Ambrosius von Mailand mit einer Kirchenbuße belegt, und unter-
zog sich willig der Strafe. In dieser edeln Demuth des Kaisers liegt eine tiefe
Anerkennung der geistigen und sittlichen Macht des Chriftenthnms, das den
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Die Völkerwanderung.
Mißbrauch der Herrschergewalt strafen und zügeln dürfe. „So wurde diekirche
der Hort der Volksfreiheit, und Heilige übernahmen die Rolle von Volkstri-
bunen." — Theodostus war ein eifriger Verfechter des katholischen Chriften-
thumö. Er verbot und verfolgte den Arianismus, untersagte den Gebrauch der
Opfer und Weissagungen und gestattete, daß die heidnischen Tempel geplündert
und zerstört wurden. Nunmehr erlosch das heilige Feuer der Vesta, die Orakel 395‘
und Sibyllen verstummten und die heidnische Götterwelt erlag dem Glauben
an den gekreuzigten Heiland. — Bei seinem Tode übertrug Theodostus das
Morgenland mit J l lyrien seinem achtzehnjährigen Sohne Arcadius, demarcadius
der Gallier Rufinus zur Seite stand, indeß der eilfjährige Honorius unter
der Leitung des staatsklugen und kriegskundigen Vandalen Stilicho das Honorius
Abendland beherrschen sollte. Von dem an blieb das Reich getrennt.
2. wcslgothen. Gurgundeo. Sandalen.
§. 177. Neid auf Stilicho trieb Rufinus an, den kühnen Weftgothen-
könig Alarich zum Einfall in die Provinzen des abendländischen Reichs zu
reizen. Mordend und raubend durchzogen sofort die Gothen Thessalien, 39b’-
Mittelgriechenland und die Landschaften des Peloponnes, die Reste
griechischer Bildung unter ihren Füßen zertretend, bis sie, von Stilicho's Hee-
ren umringt, zum Rückzug genöthigt wurden. Einige Zeit nachher fiel Alarich
in Oberitalien ein, drang verheerend an den Po-Ufern hinauf, erlitt aber
in zwei unentschiedenen Schlachten (bei Pol lenti a und Verona) gegen
Stilicho solche Verluste, daß er nach Jllyrien zurückzog, um günstigere Tage i03-
abzuwarten. — Kaum war dieser Reichsfeind zurückgedrängt, als mächtige
Schaaren heidnischer Germanen, Vandalen, Burgunder, Sueven u. Ä.
unter dem Herzog Radagais in Italien einbracheu, Städte und Dörfer zer-
störten und Alles mit Mord und grausenhafter Verwüstung füllten. Aber auch
diese erlagen in der Schlacht von Fäsnlä oder Florenz Stilicho's Kriegs- ^«6.
kunst. Ihr Anführer fiel; Tausende sanken unter dem Schwert der Sieger oder
kamen durch Hunger und Krankheit um; Andere traten in römischen Sold.
Die Trümmer des Heeres warfen sich auf Gallien, wo nach langen Verhee-
rungen die Burgunder sich an der Rhone und am Jura niederließen und das
burgundische Reich gründeten, das vom Mittelmeer bis zu den Vogesen
(Wasgau) reichte. Die Vandalen und Sueven dagegen überschritten die
Pyrenäen und erkämpften sich Wohnsitze in Spanien und Portugal, die sie je-
doch nach zweijahrzehnten wieder aufgaben und unter dem Vandalenkönig (430.)
Geiserich nach Afrika übersetzten (§. 179).
§. 178. In seiner Bedrängniß hatte der wackere Stilicho mit Alarich ein
Freundschaftsbündniß geschlossen und ihm einen jährlichen Tribut bewilligt.
Dies benutzten seine Feinde zu einer Anklage auf Hochverrath und bewirkten
seine Hinrichtung in Ravenna. Da rückte Alarich, ergrimmt über die Entzie-
hung des Tributs und von Stilicho's Anhängern um Schutz angegangen, in 4°8'
Italien ein, belagerte Rom und zwang die geängstigten Einwohner, mit
Gold, Silber und kostbaren Gewändern die Gnade des Siegers zu erkaufen.
Als aber der Hof von Ravenna Alarichs Friedensanträge hochmüthig zurück-
wies, erschien der Gothenfürst wiederholt vor den Mauern der einst weltbe-
herrschenden Stadt, erstürmte sie endlich bei nächtlicher Weile und gestattete 410.
seinem Heere eine dreitägige Plünderung. Bald darauf starb der Held in des
Lebens Blüthe in Unteritalien. Sein Sarg und seine Schätze wurden, der Sage
nach, in dem abgeleiteten Flüßchen Busento in die Erde gesenkt. Sein
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Extrahierte Personennamen: Honorius Honorius Honorius
Abendland Honorius Gurgundeo Radagais Ravenna_Alarichs_Friedensanträge
Extrahierte Ortsnamen: Chriften- Thessalien Mittelgriechenland Oberitalien Verona Italien Florenz Gallien Spanien Portugal Afrika Ravenna Italien Unteritalien