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66. Die Stiergefechte in Spanien.
Zu den Hauptvergnügungen der Spanier gehören die Stiergefechte.
Bricht ein feierlicher Kampftag an, so ruhen alle Geschäfte. Schon tags
vorher wogen die Menschen auf dem Amphitheater herum, um sich den
Schauplatz recht zu betrachten, wo die Stiere gehetzt werden sollen. Die
oberen Sitze haben eine Decke in Form einer offenen Galerie und werden
gewöhnlich von den Damen eingenommen; die übrigen Sitzreihen sind ganz
offen. Sie find 21/2 m über dem Kampfplatze erhaben, um alles recht
gut übersehen zu können. Der innere Raum wird von einer zweiten
Schranke umgeben; es ist eine 2 m hohe Mauer, die zwischen sich und
den Zuschauern einen Raum von etwa zehn Schritten Breite läßt. In
dieser Mauer sind mehrere Öffnungen, durch welche die Fnßkämpfer, wenn
der Stier ihnen zu heftig zusetzt, schlüpfen können; gewöhnlich springen sie
aber mit großer Gewandtheit über die Mauer hinweg. Zwar springen die
Stiere zuweilen nach; aber dann schlüpft der Fußkämpfer geschwind durch
eine der Öffnungen wieder zurück, und der Stier wird durch ein Thor auf
den Kampfplatz zurückgetrieben. — Vor dem Tage eines Stiergefechts gehen
wenige der geringen Leute zu Bette, um nur rechtzeitig einen Platz ein-
nehmen zu können. Schon von Nachmittag an wogt es durch die Straßen
nach dem Amphitheater. Die Stiere, die zum Kampfe bestimmt sind, werden
von den Feldern auf eine weite Ebene nahe bei der Stadt getrieben, und
achtzehn von ihnen nach dem Kampfplatze geführt. Diese Scene hat einen
eigentümlichen, wilden Charakter. Alle Liebhaber des Schauspieles, zu
Pferde und mit Lanzen bewaffnet, eilen nach dem Orte, wo die Tiere
Weiden.
Die Hirten treiben die zu der Ehre des Kampfes ausgewählten Stiere
zusammen und leiten sie nach der Stadt durch zahme Ochsen, die an Half-
tern geführt werden und am Halse tieftönende Glocken tragen. Von allen
Seiten wird die Herde von den Reitern umringt, und so im Trab bis etwa
eine Viertelstunde vom Amphitheater gebracht. Von hier an ist ein Weg
für die Stiere abgepfählt, der bis zum Kampfplatze führt; doch geben die
Seitenbalken nur eine schwache Schutzwehr gegen die unbändigen Tiere.
Das Amphitheater gewährt, wenn es voll Zuschauer ist, einen über-
raschenden Anblick. Die meisten erscheinen in der andalusischen Kleidung.
Die Mäntel der Herren sind entweder dunkelblau oder scharlachrot, und
in der schönen Jahreszeit von Seide. Ihre kurzen, offenen Jacken zeigen
den lebhaftesten Farbenwechsel, und die weißen Schleier, welche die Damen
bei dieser Gelegenheit zu tragen pflegen, schicken sich vortrefflich zu ihrem
übrigen munteren Anzuge. Endlich erscheint die Stunde des Anfangs. Der
Schauplatz — die Arena — muß nun geräumt werden. Ein Regiment
Fußvolk marschiert zu dem einen Thore herein, über die Arena hin, treibt
das Volk vor sich her, und wenn der Platz menschenleer ist, ziehen die Sol-
daten zu einem andern Thore hinaus. Jetzt ziehen die Doreros (Stier-
fechter), von denen die eine Hälfte blaue, und die andere Scharlachmäntel
trägt, in zwei Reihen über die Arena, um den Behörden ihre Verbeugungen
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zu machen. Sie sind gewöhnlich 12—14 Mann stark, die beiden Nataäor68
(Hauptfechter) und ihre beiden Gehilfen mit eingerechnet. Ihnen folgen die
Picadores (Pikenträger) zu Pferde in Scharlachjacken, mit Silber besetzt.
Ihre sehr weiten ledernen Beinkleider sind mit weichem, braunem Papier
ausgestopft, welches den Hörnern der Tiere großen Widerstand leistet.
Sie nehmen ihren Platz längs der Schranke in einer Reihe, zur Linken des
Thores, durch das die Stiere kommen, und in einer Entfernung von dreißig
bis vierzig Schritten von einander. Die Fußkämpfer, ohne Waffen oder
irgend ein Verteidigungsmittel, außer ihren Mänteln, halten sich bei den
Pferden, um den Pikenträgern nötigenfalls Beistand leisten zu können.
Wenn dies alles nun in Ordnung ist, reitet ein Stadtdiener in altspanischer
Tracht zur Hauptgalerie hin und empfängt in feinem Hute den Schlüssel
zu dem Stierbehälter, der ihm vom Balkon zugeworfen wird. Der Stadt-
diener befördert den Schlüssel sogleich weiter an den Hausmeister. Die
Waldhörner ertönen unter dem lauten Jubel der Menge; die Thore öffnen
sich, und der erste Stier stürzt heraus auf den Kampfplatz. —
Wir lassen einen Reisenden den weiteren Verlauf erzählen:
Der Stier stand einen Augenblick still, übersah mit wildem Blick den
Schauplatz, fixierte sodann den ersten Reiter und machte einen heftigen Aus-
fall gegen ihn, ward aber mit der Spitze der Pike empfangen, die der Regel
gemäß nach dem fleischigen Teile des Halses gerichtet wurde. Eine ge-
schickte Bewegung mit der linken Hand und dem rechten Beine lenkte das
Pferd auf die linke Seite, wodurch es dem Horn des Stieres auswich, der
durch die erhaltene Wunde nur noch wilder gemacht, sogleich den nächsten
Pikenreiter angriff und dem Pferde desselben, das nicht so gewandt war
wie das erste, eine so tiefe Brustwunde beibrachte, daß es augenblicklich tot
niederfiel.
Die Heftigkeit des Stoßes hatte den Reiter auf der andern Seite des
Pferdes hinabgeworfen. Ein ängstliches Schweigen folgte. Die Zuschauer,
von ihren Sitzen aufstehend, sahen, zwischen Furcht und Hoffnung schwan-
kend, wie der wilde Stier an dem gefallenen Pferde feine Wut ausließ,
während der Mann, der sich nur dadurch retten konnte, daß er bewegungs-
los liegen blieb, allem Anschein nach wirklich tot war. Diese peinliche
Scene dauerte jedoch nur wenige Augenblicke, indem die Fußkämpfer, unter
lautem Geschrei und ihre Mäntel hin- und herfchwenkend, von allen Seiten
herankamen, und die Aufmerksamkeit des Stieres von dem Pferde ab und
auf sich zogen. Als nun die Gefahr des Reiters vorüber war, er wieder
auf die Beine kam und ein anderes Pferd bestieg, da war der Ausbruch
der Freude und des Beifalls so groß, daß man ihn am andern Ende der
Stadt mußte hören können. Unerschrocken und von der Rache gespornt,
griff er seinerseits den Stier an. Ohne mich jedoch in eine umständliche
Schilderung der blutigen Auftritte einzulassen, die nun folgten, will ich bloß
erwähnen, daß das wütige Tier die Reiter zu zehn Malen angriff, die
Pferde verwundete und zwei tötete. Eines dieser edlen Geschöpfe, obgleich
es aus zwei Wunden blutete, stellte sich, ohne zu wanken, dem Stiere ent-
gegen, bis es zu schwach ward und mit dem Reiter niedersank. Und doch
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11. Jung Roland rief: „Wohlauf zum
Dich reuet noch dein Necken, sstreit!
hab' ich die Tartsche*) lang und breit,
kaun sie mich besser decken;
ein kleiner Manu, ein großes Pferd,
ein kurzer Arm, ein langes Schwert,
muß eins dem andern helfen."
12. Der Riese mit der Stange schlug,
auslangend in die Weite,
Jung Roland schwenkte schnell genug
sein Roß noch aus die Seite.
Die Lanz' er auf den Riesen schwang,
doch von dem Wunderschilde sprang
auf Roland sie zurücke.
13. Jung Roland nahm in großer Hast
das Schwert in beide Hände,
der Riese nach dem seinen faßt,
er war zu unbehende;
mit flinkem Hiebe schlug Roland
ihn unterm Schild die linke Hand,
daß Hand und Schild entrollten.
14. Dem Riesen schwand der Mut dahin,
wie ihm der Schild entrissen,
das Kleinod, das ihm Kraft verlieh'n,
mußt' er mit Schmerzen missen.
Zwar lief er gleich dem Schilde nach,
doch Roland in das Knie ihn stach,
daß er zu Boden stürzte.
15. Roland ihn bei den Haaren griff,
hieb ihm das Haupt herunter,
ein großer Strom von Blute lief
ins tiefe Thal hinunter;
und aus des Toten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach,
und freute sich am Glanze.
16. Dann barg er's unterm Kleide gut
und ging zu einer Quelle,
da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.
Zurücke ritt der jung' Roland
dahin, wo er den Vater fand
noch schlafend bei der Eiche.
17. Er legt sich an des Vaters Seit',
vom Schlafe selbst bezwungen,
bis in der kühlen Abendzeit
Herr Milon aufgesprungen:
„Wach auf, wach auf, mein Sohn Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur Hand,
daß wir den Riesen suchen!"
18. Sie stiegen aus und eilten sehr,
zu schweifen in die Wilde,
Roland ritt hinterm Vater her
mit dessen Speer und Schilde.
Sie kamen bald zu jener Statt',
wo Roland jüngst gestritten hätt',
der Riese lag im Blute.
19. Roland kaum seinen Augen glaubt',
als nicht mehr war zu schauen
die linke Hand, dazu das Haupt,
so er ihm abgehauen;
nicht mehr des Riesen Schwert und Speer,
auch nicht sein Schild und Harnisch mehr,
nur Rumpf und blut'ge Glieder.
20. Milon besah den großen Rumpf:
„Was ist das für 'ne Leiche?
Man sieht noch am zerhau'nen Stumpf,
wie mächtig war die Eiche.
Das ist der Riese, frag' ich mehr?
Verschlafen hab' ich Sieg und Ehr',
drum muß ich ewig trauern!" —
21. Zn Aachen vor dem Schlosse stund
der König Karl gar bange:
„Sind meine Helden wohl gesund?
Sie weilen allzulange.
Doch seh' ich recht, auf Königswort,
so reitet Herzog Haimon dort,
des Riesen Haupt am Speere."
22. Herr Haimon ritt in trübem Mut,
und mit gesenktem Spieße
legt er das Haupt, besprengt mit Blut,
dem König vor die Füße:
„Ich fand den Kopf im wilden Hag,
und fünfzig Schritte weiter lag
des Riesen Rumpf am Boden."
23. Bald auch der Erzbischof Turpin
den Riesenhandschuh brachte,
die ungefüge Hand noch drin,
er zog sie aus und lachte:
„Das ist ein schön Reliquienstück;
ich bring' es ans dem Wald zurück,
fand es schon zugehauen."
24. Der Herzog Naims von Bayerland
kam mit des Riesen Stange:
„Schaut an, was ich im Walde fand!
ein Waffen stark und lange.
Wohl schwitz' ich von dem schweren Druck;
hei! bayrisch Bier ein guter Schluck
sollt' mir gar köstlich munden!"
*) Die Tartsche — kleiner, länglich runder, mit Leder überzogener Schild.
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Extrahierte Personennamen: Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Karl Karl Haimon Haimon Naims_von_Bayerland
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(O
Verbunden mit dieser Heerschau war die Prüfung der Türmer-
fähigkeit. Turnieren durfte nämlich nur ein Ritter, der wenig-
stens drei Ahnen aufzuweisen und seinen Adel nicht durch Miss-
heirat oder durch unedles Betragen entehrt hatte. Fand sich nun,
dass ein Ritter diesen Bedingungen nicht entsprochen hatte, so
tvurde er nach dem Ausspruche der Turniervögte des Turnierens
für unfähig erklärt und mit Spott und Verachtung zurückgewiesen.
Sein Helm tvurde auf die Erde geworfen oder das. Pferd ihm
genommen. Nur die Fürbitte der Frauen konnte sein Schicksal
erleichtern.
An die Helmschau schloss sich endlich auch die Helmteilung.
Es tvurde nämlich bestimmt, ob die Ritter zu einem Kampfe oder
zu mehreren abgesondert iverden sollten, und in ivelcher Ordnung
die einzelnen Paare mit einander kämpfen sollten. Auf deutschen
Turnieren wurden dann die Turniergesetze verlesen und der
Turniereid geschworen. Durch diesen verpflichtete sich jeder Ritter,
nicht mit einem bissigen oder schlagenden Pferde in den Schran-
ken zu erscheinen; keine andere als landesübliche Waffen zu
führen; mit dem Schwerte nur zu hauen, nicht zu stechen; die
Hiebe nicht gegen den Unterleih, sondern gegen den Oberleib, der
mit dem eisernen Harnisch, oder gegen das Gesicht, welches mit
dem eisernen Visier geschützt ivar, zu führen.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]