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1. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 1

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
fasset die Kleinen zu mir kommen! Erster Abschnitt. 3ur Pflege der Religiosität und Sittlichkeit. 1. Fang an mit öott! ii^iang an mit öott! Das ist ein schützend Wort - mw/Ji ^ni) roani) rc l-utzig deine Pfade fort ■ 3wll\ Und ziti're nicht vor untzeildrotz'nden wegen! Mit öott! Das ist ein Wort voll reichem Segen: Da roankt in deiner fjanb kein wanderstad. Du schreitest sicher dann bergauf, hergab Und findest leicht, voll Kraft und voller 6nade, Durch Sturm und Kampf allzeit die rechten Pfade. Mit öott! Da wird vor keiner Pacht dir dang, Das ist dein sicht auf jedes Pbgrunds fjang. Cs ist in Cis und Schnee wie fonn'ge Matten, tm Sonnenbrand roie kühler Waldesschatten. Cs hält des fjeils und auch des Segens viel. Fang an mit öott, du kommst ans rechte Ziel! Franz Xaver Seibl. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz. 1

2. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 2

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
2. Hlus der Schule ins Leben. Ojvr Tñg der Entlassung aus der Schule gilt der Jugend als ein ^ Freudentag. Er ist aber auch ein wichtiger Markstein, der den Garten der sorglosen Kindheit von dem Felde ernsten Lebens scheidet. Vielleicht erinnerst du dich noch, junger Leser, der Stunde, wo du an der Hand der lieben Mutter zum ersten Male die Schwelle des Schnl- hauses überschrittest und dem Lehrer entgegengingst, der mit freundlichem Worte dir die Hand zum Willkomm bot. Bald fühltest du dich heimisch in dem neuen Raum und der Kreis neuer Menschen, der dich jetzt um- fing, wurde dir lieb und wert. Außer dem Elternhause gibt es wohl keinen Ort, der dir so unvergeßlich bleiben wird wie die Statte, wo du die ersten Anfänge menschlichen Wissens bemeistern lerntest und wo du nach ernster geistiger Arbeit im frohen Spiele mit den Jugendfreunden soviele Stunden der Freude genießen konntest. Wie köstlich war es an den schulfreien Nachmittagen und in den Ferien, auf Wiese und Anger, in Busch und Wald zu spielen oder uuter Führung des Lehrers einen hohen Berg zu besteigen oder durch das stille Gemäuer einer verfallenen Burg zu schweifen! Diese glückliche Zeit bleibt dir ein unbezahlbarer Schatz, den dir niemand rauben kann und der dich in mancher Stunde des späteren Lebens mit Frohgefühl laben wird. Wem Gott eine heitere Jugend geschenkt hat, der trägt einen Sonnenstrahl im Herzen durchs ganze Leben. Aber der Knabe soll zum Manne reifen, das Mädchen zur Frau. Die Schulzeit hat ihr Ziel erreicht. Mit froher Zuversicht trittst du hinaus in die Welt um dir mit eigener Kraft dein Glück zu schmieden. Wohin auch immer das Leben dich ruft, sei es zu Pflug und Egge, zu Hammer und Zange, zu Dampf und Rad, zu Küche und Kammer, überall begehrt man von dir geschickte Hand, geschärften Verstand, Arbeitsernst und Lebensart. Schule und Kirche haben sich bemüht dir ihr Bestes zu geben: sie schärften deine äußeren Sinne für die Erscheinungen des Lebens, sie übten dein inneres Auge für alles, was gut, schön und wahr ist, sie senkten in dein Herz uneigennützige Nächstenliebe und festes Gottvertrauen, Tugenden, die dir ein sicherer Führer durch alle Stürme und Bedräng- nisse des Lebens sein sollen. Der Gedanke an Gott wird dich nicht bloß in den Tagen des Leids und Unglücks emporrichten, er wird dich auch von Menschenfurcht und den Schwächen deines Herzens befreien, wird dich bescheiden machen in der Schätzung deiner eigenen Kraft und Arbeit und dich heiter und zufrieden erhalten in allen Lagen des Lebens.

3. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 58

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
58 mich anzusehen. Auch ich kann nicht aufschauen und es ist mir, als ob mici) ein Schuß ins Herz getroffen hätte. Der Buchhalter ist gar wohlgemut; er hält den zusammengefalteten Schuldschein vor den Mund und pfeift darauf ein lustig Lwd, ein ganz lustiges, und es ist, wie wenn zwei Menschen Pfiffen, so zerschneidet das Papier den Ton. Mir wirbelt's im Kopfe, ich weiß nicht mehr, wo ich bin, und was ich mein Lebtag nicht gewagt hätte, tu' ich doch: ich setze mich rittlings auf den lederbesetzten, hohen, dreibeinigen Stuhl, der vor dem Pulte des Stotz steht. Da hat er immer gesessen und hat markten können, bis er einem das Blut unter den Nägeln herausgedrückt hatte. Jetzt ist der Stuhl leer und auf dem Pult liegt kein Papier und wartet auf die Unterschrift. Darf man nicht von dem Blutgelde wieder holen, was man kriegen kann? So geht mir's durch den Kopf; aber ich kann kein Wort reden. Der Buchhalter weudet sich auf seinem Drehstuhl um und reicht mir die Hand. Diese Handreichung sagt viel: niemand weiß von dem Guthaben als er und ich; der Buchhalter tut mit, er tut gern mit, wenn ich ihm einen Teil gebe, und die Sache ist aus. Ich bin plötzlich bei Vermögen und warum soll ich nicht? Der Stotz hat großen Verdienst an mir gehabt und er ist reich, sehr reich, und ich — wenn ich jetzt zur Tür hinausgeh', bin ich plötzlich ein Mann von Vermögen, aber was noch außerdem? Pah! Tausende von Menschen würden an deiner Stelle zugreifen und vergnügt weiter leben. Wie viele haben es gewiß schon mit dem Buchhalter abgemacht; warum willst du allein die ehr- liche Einfalt sein? Wie lange mußt du arbeiten, bis du so viel nur verdienst, geschweige denn, daß du es erübrigen könntest! Ich stehe auf, ich will einen Schritt gehen, aber ich kann nicht voin Fleck, ich stampfe auf und sage nein, fast laut; aber etwas in mir hat doch ja gesagt und fast lauter und ich denke, wie mich jeder Mensch auslachen wird, dem ich erzähle, daß ich ein ehrlicher Tor ge- wesen sei. Ich gestehe, die Versuchung war stark. Der Buchhalter schaut mich an, lächelt und nickt und dann kritzelt er wieder etwas aufs Papier. Ich kann drauf schwören, daß ich's zuerst gedacht habe, bevor er was gesagt hat. Mir war's, als säße ich drüben im Bräuhaus am runden Tisch im Erker und vor mir säße der Buchhalter und stöße fröhlich mit mir an. Und wie ich das so denke, sagt der Buchhalter — ich nenne keinen Namen — : Mollen wir hinüber ins Bräuhaus? Eben wird frisch angestochen*.

4. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 65

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
65 2. Und tausend Stimmen werden laut: „Das ist der Lindwurm, kommt und schaut, Der Hirt und Herden uns verschlungen! Das ist der Held, der ihn bezwungen! l)iel andre zogen vor ihm aus Zu wagen den gewalt'gen Strauß, Doch keinen sah man wiederkehren,- Den kühnen Ritter soll man ehren!" Und nach dem Kloster geht der Zug, U)o Zankt Johanns des Täufers Orden, Die Ritter des Spitals, im Flug Zu Uate sind versammelt worden. 3. Und vor den edlen Meister tritt Der Jüngling mit bescheidnem Schritts Nachdrängt das Volk mit wildem Kufen, Erfüllend des Geländers Stufen. Und jener nimmt das Wort und spricht: „Ich hab' erfüllt die Kitterpflicht. Der Drache, der das Land verödet, Er liegt von meiner Hand getötet, Frei ist dem Wanderer der Weg,- Der Hirte treibe ins Gefilde, Froh walle auf dem Felsensteg Der Pilgrim zu dem Gnadenbilde!" 4. Doch strenge blickt der Fürst ihn an Und fpricht: „Du hast als Held getan - Der Mut ist's, der den Ritter ehret, Du hast den kühnen Geist bewähret. Doch sprich, was ist die erste Pflicht Des Ritters, der für Ehristum ficht, Sich schmücket mit des Kreuzes Zeichen?" Und alle ringsherum erbleichen. Doch er mit edlem Unstand spricht, Indem er sich errötend neiget: „Gehorsam ist die erste Pflicht, Die ihn des Schmuckes würdig zeiget." 5. „Und diese Pflicht, mein Sohn," versetzt Der Meister, „hast du frech verletzt. Den Kampf, den das Gesetz versaget, hast du mit frevlem Mut gewaget!" — „Herr, richte, wenn du alles weißt," Spricht jener mit gesetztem Geist, „Denn des Gesetzes Sinn und Willen Permeint' ich treulich zu erfüllen. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz. 5

5. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 21

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
21 5. Hub wie sic nun beim Sohne sitzt Sv selig, so verklärt, — Ich wette, dasi Laub Mütter!ein Die Englein singen hört! Friedrich Halm. 19. Schiller an seine Mutter. Liebste Mutter! Herzlich betrübt ergreife ich die Feder, mit Ihnen und den lieben Schwestern den schweren Verlust zu beweinen, den wir zusammen erlitten haben. Zwar gehofft habe ich schon eine Zeit- lang nichts mehr; aber wenn das Unvermeidliche eingetreten ist, so ist es immer ein erschütternder Schlag. Daran zu denken, daß etwas, das uns so teuer war und woran wir mit den Empfindungen der frühen Kindheit gehangen und auch im späteren Alter mit Liebe geheftet waren, daß so etwas aus der Welt ist, daß wir mit all unserem Bestreben es nicht mehr zurückbringen können, daran zu denken, ist immer etwas Schreckliches. Und wenn man erst wie Sie, teuerste und liebste Mutter, Freude , und Schmerz mit dem verlorenen Freund und Gatten so lange, so viele Jahre geteilt hat, so ist die Trennung um so schmerzlicher. Auch wenn ich nicht einmal daran denke, was der gute, verewigte Vater mir und uns allen gewesen ist, so kann ich mir nicht ohne besondere Rührung das Ende eines so bedeutenden und talentvollen Lebens denken, das ihm solange und mit solcher Ge- sundheit zuteil wurde und das er so redlich und ehrenvoll ver- waltete. Ja wahrlich, es ist nichts Geringes auf einem so langen und mühevollen Laufe so treu auszuhalten und so wie er noch im dreiundsiebenzigsten Jahre mit einem so kindlichen, reinen Sinn von der Welt zu scheiden! Möchte ich, wenn es mich gleich alle seine Schmerzen kostete, so unschuldig von meinem Leben scheiden wie er von dem seinigen! Das Leben ist eine schwere Prüfung und die Vorteile, die mir die Vorsehung in mancher Vergleichung mit ihm vergönnt haben mag, sind mit so vielen Gefahren für das Herz und für den wahren Frieden verknüpft. Ich will Sie und die lieben Schwestern nicht trösten. Ihr fühlt alle mit mir, wieviel wir verloren haben; aber Ihr fühlt auch, daß der Tod allein dieses lange Leiden

6. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 36

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
36 lungert, gegen den das gewöhnliche Leben verblaßt. Drum, deutsche Jugend, wo du auch dein Tagewerk treibest: wenn die Feierstunde anbricht, so laß dich nieder zu den Füßen deiner großen Lehrer und Meister! Lerne am Tage, was dir frommt für deinen Beruf,- am Hbenb gedenke deiner höheren Abkunft, erhebe deinen Geist zu den höhen, auf denen das ewige Lonnenlicht flammt! Lies, was unsere Dichter gesungen, was unsere Geschichtschreiber aus alten Quellen gesammelt haben und was dir die Lebensgeschichte tüchtiger Männer, auch solcher deines Berufes, berichtet! Ein altes Bild- nis stellt den jugendlichen Hans Lachs dar, wie er nach vollbrachtem Tagewerke in seiner Lchuhmacherwerkstatt, mit dem Buche auf den Knien, im Lchatten eines himmelanstrebenden Domes sitzt und voll heiliger Begeisterung emporschaut zum lichten Abendrot. Er sei dein Muster! Am Tage treibe dein Merk mit Fleiß und Eifer, — am Abend pflege deinen Geist! Luche Umgang mit lieben Menschen, die mit dir leben, gedenke derer, die von dir geschieden sind, und versenke dich in den Geist derer, die reich und groß genug waren, Lehrer und Führer vieler nachfolgender Geschlechter zu sein! Johannes Tews. 29. Ruhe ist nach Arbeit süß. Oamhe ist nach Arbeit süß, Süß in Feierstunden; Suchst du sie schon früher auf, Wird sie dir nicht munden. 2. Ruhe vor erfüllter Pflicht Bringt dir keine Freuden, Ist, besiehst du es beim Licht, Doch nur Zeitvergeuden. 3. Nicht erworben hast du sie, Sag' ich unverhohlen; Hast, was dir nicht angehört, Wie ein Dieb gestohlen. Friedrich Beck. 30. Rat des Vaters an seinen Sohn. (Tsu wauderst in die Welt hinaus ^ Auf dir noch fremden Wegen; Doch folgt dir aus dem stillen Haus Der treusten Liebe Segeit.

7. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 84

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
84 Deutsches Haus in deutschem Land Schirme Gott mit starker Hand! -I- -i- * Nicht Fleiß, nicht Müh’, nicht Arbeit nützt, Wenn Gott der Herr das Haus nicht schützt. * * * Wo Fried’ und Einigkeit regiert, Da wird das ganze Haus geziert. * * * Alles ist an Gott gelegen; Menschen richten wenig aus. Gib, o Herr, nur deinen Segen, So ist wohl bestellt das Haus! * * * Segne, Herr! Mann, Weib und Kind, Segne Haus und Hausgesind, Segne, die mir sind verwandt, Segne, wer mir ist bekannt! * * * Nur ein Glück, eins gibt’s hienieden, Fast für diese Welt zu gut, zu groß: Häuslichkeit! in deines Glückes Frieden Liegt allein der Menschheit großes Los. 52. Mein Vaterhaus. 3n Straßburg und Köln, in Frankfurt und Berlin habe ich viele schöne Häuser gesehen. Da waren solche mit Türmchen und Balkon, mit Pfeilern und hallen, mit zierlichen Figuren und pracht- vollen Läden. Da waren auch große, herrliche Paläste, wo Fürsten und reiche Leute wohnen, wo Palmen hinter den Fenstern grünen, von lieblicher Musik umrauscht, wo Purpur und Seide, Gold und Silber, Diamanten und Juwelen zu Hause sind. Da habe ich auch Kirchen und Dome gesehen, majestätische Bauwerke, die ich mit Ehrfurcht und Bewunderung angestaunt. Und dann? Und dann ist immer wieder vor meine Seele ein Haus getreten — so ganz anders wie diese. Es hat nicht Türmchen und Balkon, die auf Marmorpfeilern ruhen. Es steht nicht in Straß- burg, nicht in Berlin, hat nicht Palmen noch Springbrunnen; keine Diamanten und Juwelen zieren seine Bäume. Es liegt weitab vom

8. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 38

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
38 Z. Da schlag es zwölf. — Die Lampe brannte trübe Und leise schritt es durch die Kammertür — Ein Geist erschien mir, doch ein Geist der Liebe; Denn meiner Mutter gleich erschien er mir. 4. Sie nahte still, als wollte sie nicht stören Des Sohnes, wie sie meinte, tiefe Ruh’. Ich hört' 86, doch ich schien sie nicht zu hören; Ich sah sie, doch ich schloß die Augen zu. 5. Wie nah ihr Odem! Ihre Hände lagen Auf meinem Haupte wie schon oft zuvor; Erlauscht’ ich auch nicht ihrer Lippen Klagen, Mein Herz vernahm, was nicht vernahm mein Ohr. 6. Dann fühlt' ich ihre Wange, auf der meinen; Warum umschlang ich liebevoll sie nicht, Als ich sie weinen hörte, schmerzlich weinen, Und eine Träne siel auf mein Gesicht? 7. Und nochmals neigte sie den Mund, den frommen, Und küßte leise diese Träne fort. Drauf ging sie wieder — still, wie sie gekommen. Ich ließ sie gehn und sprach dazu kein Wort. 8. Am Morgen schied ich ohne ihr zu sagen, Was ich geseh’n; doch wie ein heilig Gut Treu hab' ich die Erinnerung getragen Im Herzen, wo des Menschen Bestes ruht. 9. Und dann, als ich nach wechselvollen Jahren Am offnen Grabe meiner Kinder stand, Da hab’ ich tief erbebend erst erfahren, Was jene Nacht mein Mütterlein empfand. 10. Und Lieb’ und Reue, Dank und heißes Sehnen, Ich kost’ sie täglich, koste sie nicht aus. Wohl bin ich glücklich; aber oft in Tränen Denk’ ich der letzten Nacht im Vaterhaus. B. Bettmann.

9. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 86

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
86 nod]mai auf (Enkel und Urenkel bist du, Haus meiner Detter, oererbr worden, vererbt, nie verkauft und nie hat jemand in dir zur Miete gewohnt. Ein frei Geschlecht von deutschen Bauern hast du beherbergt — dreihundert Bahre. Du kennst meine Lebensgeschichte vom „ersten Weinen" bis zu dieser Stunde. Du kennst alle die heißen Seufzer und Gebete meiner Mutter und hast das laute Lachen der Meinen ge- hört, als der Vater den Hampelmann schnitzte und auf dem Gfensims aufstellte. Du hast auch dem Großvater im alten Lehnsessel seine Buhe gegönnt und gesehen, wie die Großmutter den Ubendsegen aus dem Gebetbuch las. Du hast das Weinen gehört, als Gnkel Hansjakob 1812 mit Napoleons Heer ziehen mußte um auf den Eisfeldern Nußlands sein Grab zu finden. Die Geschichte deiner Bewohner ist die Ge- schichte des Dorfes und auch die Geschichte des Vaterlandes. Deine Näume find geweiht von Mühe und Schweiß, von Tränen und Gebeten — in schweren Zeiten, sind geweiht von Freude und Glück, von hoffen und heiterem Gesang — in guten Tagen. Da ist kein Zimmer im Haus, in dem nicht ein Nind meines Stammes geboren, und ist kein Zimmer, darin nicht ein Sarg gestanden hat. Wie viele Särge sind in dreihundert Bahren über diese Schwelle getragen worden! Glieder einer Familie — alle haben denselben Weg genommen nach dem Friedhof im Tale beim Nirchlein der Heimat. Da sind auch Kinder hinausgezogen um anderswo ein heim zu finden, aber innige Bande haben sie lebenslang mit dem Vaterhaus verbunden, — dahin ist auch mancher heimwehkranke zurückgekehrt. Unter deinem Dache haben auch „Schultheißen" und „Schöffen" gewohnt und ernste Männer haben über das Wohl der Gemeinde beraten. Da haben in den Stürmen der Nevolution auch treue Männer dem Landesvater die Liebe und Treue gehalten und haben als die „Stillen im Lande" auch dem König aller Könige Glauben und Gottesfurcht bewahrt. So stehest du da, du Haus meiner Väter, feit dreihundert Bahren. Du bist nicht gemalt für die bildergeschmückten Blätter,' auch gibt es von dir keine Nnsichtskarte. Schlicht wie dein Bau sind auch stets deine Bewohner gewesen. Da ist kein Name von irgend einem in den Nanglisten der Großen zu finden, da sind keine vergnügungs- reisenden gekommen und haben dich als Sehenswürdigkeit bewundert und auch keine Tafel zeugt von einem Gelehrten, der in dir „das Licht der Welt erblickt". Still und einsam, traut wie deine Umgebung, so sind auch die Pfade deiner Bewohner gewesen, durch Mühe und Nrbeit, durch Liebe und Leid — zur Grabesstille und seligen Heimat.

10. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 151

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
151 87. Aer Sämann. 0eit Jahrhunderten gab es im Tale keinen merkwürdigeren Mann als den Samstag-Christoph. Er hatte dreimal Anrecht gehabt ans das Spital: denn er war übel geboren. Eine Krankheit hatte ihn zugerichtet, er war stocktaub und einäugig und hatte eine verstümmelte rechte Hand. Aber seine Linke war gesund und ernährte drei Gemeinden. Der Christoph war blutarm und wohnte unter dem Strohdache einer Scheune. Als Knabe entsprang er dem Krankenhause, iu das ihn der Vormund nach dem Tode der Eltern gesteckt hatte; die erste Nacht nach seiner Flucht verschlief er in der Scheune und seitdem war diese sein Daheim gewesen und er hatte in ihr seinen ersten Bart und seine weißen Haare erwartet. Aus Stroh hatte er sich ein Stübchen geflochten, das sah ans wie ein mächtiger Korb und hielt die Kälte und Hitze ab. Das Stroh beschützte den Mann ja gern, denn jeder Halm verdankte ihm das Leben und die Ähren ließen gerne ihre bauschigsten Körner dem guten Christoph zum Brote. Der Mann war eine Gestalt zum Erbarmen; aber es gab keinen Amtmann und keinen Pfarrer weit und breit, der so geehrt und in sich so glücklich war als der Samstag-Christoph. Worüber der Samstag-Christoph seine Hand ausstreckte, das wurde gesegnet. Man wußte nicht, woher es kam, es war wie eine angeborene Eigenschaft: Christoph war der berühmteste Sämann im ganzen Bergkande. Es gab sehr geschickte und erfahrene Bauern im Tale, sie hatten — darüber war nicht zu klagen — fleißige Hände und volle Speicher, sie verstanden das Ernten — aber das Säen verstanden - sie lange nicht immer. Einmal ging das Korn zu dick auf und erstickte sich, das andere Mal standen die Halme fchnhweit auseinander und jede Ähre hatte ein ganzes Ländchen für sich — dafür trugen sie auch den Kopf hoch und waren leer und spießig statt voll und glatt. Oft waren mitten in den Äckern leere Gassen, durch die Roß und Wagen hätte ziehen können ohne ein einzig Hälmlein zu beschädigen. Ein Sträfling kann die Gassen, durch die er Spießruten laufen muß, nicht bitterer hassen, als der Bauer solch eine leere Gasse durch fein Korufeld haßt. Die Samenkörner mit vollen Händen hinzuwerfen ist freilich leicht, aber das Erdreich ist braun und die Körner sind braun und es ist schwer die Gleichmäßigkeit einzuhalten, daß kein Fleckchen leer bleibt oder keine Handvoll auf die audere fällt. Gute Augen, ein fester Schritt und eine sichere Hand gehören freilich wohl dazu. Der Samstag-Christoph hatte nur ein einziges Auge, das gewiß nicht über die Ecke der Nase sah, und er hatte sichelkrumme Beine und
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