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ward es auch unter dem Kessel lebendig: die Salpetersteine zerschmolzen, vermischten sich mit der Asche und dem Sande, und als das Feuer ausgebrannt war, verhärtete sich der Brei zu einer schönen, blanken, durchsichtigen Masse und wurde — Glas.
Ein anderes mal weidete ein phönizischer Hirt seine Heerde nicht weit vom Meeresstrande. Sein Hund schnobert überall umher und kommt endlich zurück mit blutendem Maule. Der Hirt will den Schaden besehen, wischt die Schnauze des Hundes mit einer Flocke Wolle, aber siehe da! es ist kein Blut, sondern ein Saft, und nach einigem Suchen findet der Hirt eine zerbissene Schnecke. Eine schönere Farbe hatte der Hirt nie gesehen; er macht die Sache bekannt, man versucht es, Zeuge mit diesem Safte zu färben, was vortrefflich gelingt. Diese Purpurkleider wurden im Alterthum so kostbar geachtet, daß nur Könige und sonst sehr reiche Leute dergleichen tragen konnten. Der reiche Prasser im Evangelium z. B. kleidete sich in Purpur.
Das Glas hatte bei den Phöniziern weniger Nutzen als bei uns; sie brauchten es nur als Münze und Putzwerk. Trinkgefäße verfertigten die Alten überhaupt aus Thon, Holz, Blech, Gold oder Silber; Fensterscheiben hat man in dem warmen Morgenlande nicht nothwendig; man schloß die Oeffnnngen höchstens durch Vorhänge, und statt der Spiegel, die erst später vorkamen, waren polierte Metallplatten im Gebrauch.
Noch wichtiger ist für uns die Buchstabenschrift, deren Erfindung ebenfalls den Phöniziern zugeschrieben wird. Die Phönizier hatten nur 16 Buchstaben und schrieben von der Rechten zur Liuken, und alle, die von ihnen schreiben lernten, folgten ihrem Beispiele, z. B. die Israeliten, Chaldäer, Araber. Die Griechen schrieben nachher die erste Zeile nach der Rechten, die zweite nach der Linken, die dritte wieder nach der Rechten und so abwechselnd, ohne abzusetzen. Dies nannte man Bnstrophedon, Ochsenwendung, weil die Ochsen beim Pflügen so gehen. Noch später schrieben die Griechen bloß nach der Rechten hin. Man schrieb auf gepreßte Palmblätter, auf feine Lindenrinden, auf Leinwand, auf ägyptischen Papyrus, auf Thierhäute, die nirgends so trefflich zubereitet wurden wie in Perga-mns, und daher Pergament hießen. Man hatte schwarze
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115
faite Küste jetzt genietzt. Eine mittlere Jahrestemperatur von 17 ° C (Danzig
jetzt 7,6 0 C) inu¡3 geherrscht haden, als dort lorbeerartige Gewachse und
Zimmtbaume gediehen, wie heute am Lago Maggiore. Auch Feigenarten
sind an ein dementsprechendes Klima gewohnt. Palmen wurden nicht ge-
funden, vbgleich sie im westlichen Dentschland im Miozan vorkommen. Sehr
haufig ist das Holz der Sumpfzypresse (Taxodium distichum), die nvch heute
in Nordamerika verbreitet ist. Eine grosse Menge von Sumpfpflanzen, wie
Erlen, Birlen, Seggen und Griiser, wurde in den dis 3 m machtigen Flozen
Zutagetretendes, steil aufgerichtetes Miozan (Braunkohlenschlucht) bei Lobeckshof
unweit Brentau (Kreis Danziger Höhe).
gefunden; meist sind es schöne Abdrücke der Blätter. Die Originalfunde
O. Heers sind im Königsberger Geologischen Museum aufbewahrt, aber auch
das Danziger Provinzialmuseum besitzt eine schöne Kollektion dieser Pflan-
zenreste.
Diese üppige Flora mußte allmählich den klimatischen Änderungen unter-
liegen, die schließlich zur Vereisung der einst von ihr bedeckten Gegenden
führte.
Paul Sonntag.
8*
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—- 145 —
Das kaschubische Volk hat stets eine starke Vorliebe für bunte Farben
gezeigt. Die Malerei hat als Volkskunst eine gewisse Bedeutung. Es gab
eine Reihe Dorfkünstler, die die Truhen, Schränke, Stühle, Bettgestelle,
Teller, Bilder usw. mit bunten Mustern verzierten. In den meisten Fällen
sind die Ornamente bereits verwischt, aber soviel läßt sich noch erkennen,
daß man sich ein Bild von ihrer Ursprünglichkeit machen kann.
Der Hausfleiß des Spinnens und Webens stand in der Kaschubei in
sehr hoher Blüte. Und auch bei dem Weben offenbarte sich die Vorliebe
des Volkes für leuchtende Farben und
buntemuster. Es sind prächtige Stoffe
für Bettbezüge, Schürzen, Kleider ge-
macht worden. Eine gewisse Berühmt-
heit hat der kaschubische Warp erlangt,
ein kräftiges Gewebe, bei dem Aufzug
und Einschlag aus gesponnener Schaf-
wolle sind. In der Färberei wurde
der Stoff gewaschen, gewalkt und ge-
färbt, für die Männerkleidung ein-
farbig blau, für die Frauen rot oder
grün mit schwarzen Streublümchen.
In jeder Kreisstadt gab es eine Fär-
berei, von denen die in Berent, Bütow
und Konitz die bedeutendsten gewesen
sind und sich bis auf die Gegenwart
erhalten haben.
Neben der Landwirtschaft betrieb
der kaschubische Bauer die Fischerei,
da die meisten Dörfer an einem See
oder an einem Fluß liegen.
Die Netze verschrieb der Fischer
sich nicht aus der Fabrik, sondern er
strickte sie aus selbstgesponnenem Garn.
Männer und Frauen haben darin eine
erstaunliche Fertigkeit erlangt. Die Technik entspricht genau der Filetarbeit.
Die Zugseile drehten sich die Leute aus Kiefernwurzeln. Sie waren
praktischer und namentlich billiger als die heutigen Hanfseile.
Ein wirklich bodenständiges Erzeugnis des Hausfleißes waren die
Wurzelflechtereien. Es gibt hier weite Strecken von Ödland, die mit kleinen
verkümmerten Kiefern, den sog. Kuselnh, dicht bestanden sind. Sie haben
zahllose dünne Wurzeln, die sich in dem mageren Erdreich weit hinaus-
ziehen. Aus den geschälten Wurzeln werden allerhand Gebrauchsgegen-
stände gemacht, als Maße zu Korn, Mehl und Kartoffeln; Behälter zu
Pfeffer, Salz, Streichhölzchen, große Kiepen zum Korn, ja sogar Kannen
und Feuereimer, die so dicht geflochten sind, daß kein Tropfen Wasser
durchdringt. Einen Handelsartikel bilden noch heute die Lischken, eine Art
zweiteiliger Spankörbe aus gerissenen Holzleisten, die sich sehr gut als Ver-
sandkartons bewähren.
ü Das „u" wird kurz gesprochen.
Heimatkunde, Ii. Teil.
Kaschubischer Fischer.
10
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341
(Pommerellen) Wenden, tut Süden Polen; das rechts von der Weichsel
gelegene Gebiet der Provinz hatten, ebenso wie Ostpreußen, die heidnischen
Preußen (Pruzzen) inne, ein in Sprache und nach Abstammung den Lithauern
verwandtes Volk, das jedoch südlich der Ossa, im Culmer Lande, stark pv-
lonisiert und mit Polen gemischt war.
Die heidnische Bevölkerung Westpreußens unterhielt außer mit den
deutschen Nachbarn in dem oben genannten Zeitraum sehr lebhafte Handels-
beziehungen mit den mohamedanifchen Reichen des Orients. Von dort ge-
langte viel arabisches Geld (kufische Münzen) ditrch Handelsaustausch hier-
her, außerdem lieferten die arabischen Handelsplätze unserm Norden Weine,
Früchte, leinene, seidene und baumwollene Stosse, von denen im Laufe der
Zeit nichts als die arabischen Namen sich erhalten haben, wie Damast, Atlas,
Kattun usw.; wahrscheinlich wurden auch Waffen, Geräte, Schiffstaue, Kauri-
muscheln und Glasperlen ausgeführt, ferner zahlreiche Schmucksachen aus
Silber, Hals- und Armringe aus mehreren gewundenen Silberdrähten usw.,
endlich die sogenannten Hakenringe, kleine offene Ringe ans Silber von der
Gestalt eines Hakens, deren eines Ende schleifenförmig umgebogen ist. Dafür
lieferte unser Norden den Arabern Sklaven, Mammutszähne, Jagdfalken,
Vieh, Leder, besonders aber Pelze vom Fuchs, Zobel, Hermelin, Wiesel,
Biber, Eichhörnchen und Hasen, Fischleim und Fischzähne, Honig, Wachs,
Getreide, Bernstein. Schwerter, Panzer, Pfeile und Pelzmützen; die zahlreichen
Geräte aus Eisen, wie Äxte, Messer, Pfeilspitzen, Lanzen usw. wurden wahr-
scheinlich hier verfertigt.
Es find uns nun aus jener Zeit in Westpreußen auch Überreste von
Wohnplätzen erhalten, nämlich Pfahlbauten in einigen Seen, z. B. im
Lonkorreker See (Kr. Löbau), im Skarliner See (Kr. Strasburg) usw. Aber
auch die Burg wälle, zwar in erster Linie für Verteidigungszwecke bestimmt,
find zum Teil auch bewohnt worden.
Die Erbanungsart der Burgwälle wurde überall genau der Ört-
lichkeit angepaßt, und es lassen sich in dieser Beziehung verschiedene
Typen unterscheiden.
Als vornehmster Typus sind die Ringwälle zu nennen, die dort an-
gelegt wurden, wo ein Schutz auf allen Seiten nötig war, also auf ebenem
Gelände oder auf flachen, leicht ersteigbaren Hügeln. Wie die Ringwälle
erbaut wurden, darüber gibt einen guten Aufschluß ein Bericht des Ibrahim
ibn Jaküb, der im Jahre 973, wahrscheinlich als Arzt, eine Sarazenen-
Gesandtschaft an den Kaiser Otto I. nach Merseburg begleitete. Er sagte
darin folgendes:
„Wenn sie (die Slaven) eine Burg gründen wollen, so suchen sie ein
Weideland, welches an Wasser oder Rvhrsümpfen reich ist und stecken dort
einen runden oder viereckigen Platz ab, je nach der Gestalt und dem Umfang,
welche sie der Burg geben wollen. Dann ziehen sie darum einen Graben
und häufen die aufgeworfene Erde auf. Diese Erde wird mit Brettern und
Balken so fest gestampft, bis sie die Härte von Pisé (tapia) erhalten hat.
Ist dann die Mauer (der Wall) bis zur erforderten Höhe aufgeführt, so
wird an der Seite, welche man auswählt, ein Tor abgemessen und von
diesem eine hölzerne Brücke über den Graben gebaut."
Ju dieser Schilderung ist zunächst bemerkenswert, daß der Wall, rund
oder viereckig, in sich geschloffen war. Ferner, die Erde zur Errichtung des
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88
weißen Anemonei), der vanilleduftenden purpurblütigen Schwarzwurz den
Hochadel der Steppengenossenschaft bildet.
Ähnliche Blumenparadiese in wechselvollster Zusammensetzung gibt es
in sonniger Lage längs der hohen Ufer zum Glück noch immer recht zahl-
reich. Sie fehlen wenigen mergelhaltigen Stellen. Denn die Steppenflora
bevorzugt den Kalkgehalt des Bodens. Er übt auf die meisten Vertreter
dieses Pflanzenverbandes eine wunderbare Anziehnngs- und Erhaltungskraft
aus. Die Weichselberge und -Schluchten bieten der Pflanzenwelt erwünschte
Zufluchtsstätten, wo sie vor weiterer Ausrottung und den Gefahren der Kultur
Weichselanhöhe bei Weißenberg (Kr. Stuhm).
nach Möglichkeit geschützt sind. Berühmte Fundorte beherbergen z. B. das
Rondsener Wäldchen, die Bingsberge (bei Graudenz), die Anhöhen von
Weißenberg (Kreis Stuhm) und bei Mewe.
In den verschiedenen Jahreszeiten kann man hier und da sich an den
wichtigsten Vertretern der pontifchen Flora erfreuen, wie z. B. am Berg-
steinkraute 3), an der Fahnenwickech, Vergilsasterch, am Alantch.
Nicht minder reichhaltig ist ferner die sogenannte Sandflora. An den
ärmsten Stellen bedecken diese anspruchslosesten Kinder Floras kaum die
Blöße des oft in losen Triebsand übergehenden Bodens.
Wie lehrreich ist ein solcher Spaziergang, wenn sich der Beobachter
nicht darauf beschränkt, sinnlos zu sammeln oder eine Anzahl lateinischer
i) Anemone silvestris. i) 2) Scorzonera purpurea. 3) Alyssum montanum. 4) Oxy-
tropis pilosa. 5) Aster amellus. 6) Inula hirta.
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182
Während unsere Moore für die glacialen Sträucher schon seltener die
geeigneten Daseinsbedingungen bieten, fühlt sich eine ganze Anzahl kraut-
artiger Gewächse nordischen Charakters noch recht wohl in der feuchten
Torfmoosdecke, und manche von ihnen werden voraussichtlich noch in späten
Jahrhunderten den nachwachsenden Geschlechtern von dem langen Winter
berichten, der Jahrtausende hindurch unsere Heimat in eisige Fesseln gelegt
hatte. Wegen ihres eigentümlichen Baues muten uns diese Arten des hohen
Nordens und der Hochgebirge recht fremd an, und wir würden ohne Sach-
kenntnis geneigt sein, sie als neue Ankömmlinge zu bezeichnen, während dock
gerade sie von den jetzt lebenden Pflanzen diejenigen sind, welche das älteste
Bürgerrecht im heimatlichen Blumenteppich besitzen. Sie werden fast alle
durch einen auffallend niedrigen Wuchs ausgezeichnet und erinnern dadurch
an die Arten der kälteren Breiten, die in wenigen Wochen zur Fruchtreife
gelangen müssen, wenn sie sich überhaupt fortpflanzen sollen, weil während
der größten Jahreshälfte Eis und Schnee ihre Entwicklung hemmen. Einige
Pflanzen der arktischen Gruppe werden auf unsern Mooren allerdings etwas
höher als in dem nordischen Gebiete und haben sich dadurch den veränderten
klimatischen Verhältnissen angepaßt. Aus der Zahl unserer „Reliktpflanzen"
sind besonders bemerkenswert: Karlszepter I, Sumpfenzian2), Moorstein-
brech ch, Himmelsleiter^), Rasensimseh, Torsseggeh, Fadensegge?) und arm-
blütige Seggech.
Wir müssen uns fragen: Wie war es den nordischen Pflanzen möglich,
sich Jahrtausende in unserer Flora zu behaupten? Auf dem naßkalten
Moore können sich die meisten andern Tieflandpflanzen niemals dauernd an-
siedeln, weil ihnen das Dasein hier ungemein erschwert wird. Ein Wett-
bewerb zwischen den neuen Ankömmlingen und den Ureinwohnern, den
Glazialpflanzen, kann deshalb nur in den allergünstigsten Fällen eintreten.
Diesem Umstande verdanken wir in erster Linie die Erhaltung jener uns im
heimatlichen Pslanzenkleide so fremd anmutenden Arten.
Zu unsern auffälligsten Pflanzengenossenschaften gehören die des Waldes,
und besonders diese haben in der Folge einen mannigfaltigen Wechsel er-
lebt. Die Untersuchungen der Ablagerungen westpreußischer Moore haben
bisher das Vorhandensein der vorhin gekennzeichneten Zwerggesträuchflora
(vgl. S. 181), die wir nach einer ihrer Leitpflanzen, dem Silberstern (vr/as
oetopstaia), als Dryasflvra bezeichnen, und nur weniger Waldschichten
ergeben. Systematische Untersuchungen benachbarter Gebiete haben aber ge-
zeigt, daß unsere gegenwärtige Flora in fünf großen Entwicklungsstufen zu-
stande gekommen ist, die wir bezeichnen als Dryas-, Birken-, Kiefern-, Eichen-
und Buchenzeit nebst der allgemeinen Verbreitung der Kulturpflanzen durch
den Menschen. Vor der Rotbuche ist sicher die Fichte bei uns eingewandert.
— Diese Stufen sind natürlich nicht so zu deuten, als ob beispielsweise
während der Buchenzeit nur Buchenwälder in Norddeutschland bestanden
hätten, sondern so, daß mit der Einwanderung der Buche ein neuer wichtiger
Waldbaum hinzukam.
J.n der Zeit, als nacheinander Birke und Kiefer unsere Hauptbäume
waren, trat eine allmähliche Hebung des westlichen Ostseegebietes ein, so
Pedicularis sceptrum Carolinum. 2) Sweertia perennis. 3 4) Saxifraga hirculus.
4) Polemonium coeruleum. 5) Scirpus caespitosus. 6) Carex heleonastes. 7) C. chor-
dorrhiza. 8) C. pauciflora.
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daß das Ostseebecken nach und nach ausgesüßt und durch eine Landverbindung
von Schleswig-Holstein über die dänischen Inseln nach Südschweden völlig
von der Nordsee abgeschnürt wurde. Nach einer damals häufigen Muschel
des Ancylus fiuviaiilis, führt dieser Abschnitt den Namen Ancylus-Zeit.
Vorher dehnte sich das spätglaziale Joldia-Meer aus (vgl. die Abb. auf
S. 183 und 185).
Als gegen Ende der Kiefernzeit die Wärmesumme des Jahres der
heutigen gleichkam und in der Eichenzeit noch höher stieg, mag ein Teil
jener Pflanzen zu uns eingewandert sein, die man früher als Reste einer
Steppenflora deutete. Steppenähnliche Verhältnisse, wie sie der am Süd-
rande des norddeutschen Flachlandes gelegene Lößstreifen besessen hat, sind
Westpreußen kaum jemals eigentümlich gewesen. Die steppenähnlichen
Pflanzenbestände werden als „politische" bezeichnet, weil vielfach an-
genommen worden ist, daß sie aus der Gegend des Schwarzen Meeres, des
pontu8 euxinus der Alten, zu uns eingewandert feien.
Im Vergleich zu
den typischen Pflan-
zen des Glazial-Zeit-
alters sind sie höher
und schlanker und be-
sitzen schmale, ja fast
borstenförmige Blät-
ter, damit sie sich gegen
die periodisch wieder-
kehrende Dürre der
Steppe schützen kön-
nen. Zu denpflanzen, Spätglaziales Aoldiameer. Postglazialer Ancylussee.
die in unserer Heimat Die schraffierten Flächen bedeuten das abschmelzende Inlandeis.
die genannten Eigen-
schaften am ausgeprägtesten aufweisen, gehören das Feder-H und das Haar-
pfriemengras^), von denen das erste in den Kreisen Marienwerder, Grau-
denz, Culm, Schwetz und Thorn beobachtet worden ist, während das letztere
sich nur auf die Kreise Culm und Schwetz beschränkt. Das Federgras ist
eine ganz besondere Zierde der buschfreien „Parvwen" (Schluchten der
Weichsel!, und es gewährt besonders dann einen bezaubernden Anblick, wenn
die goldigen Strahlen der Frühlingssonne über die zahlreichen silbernen
Grannen dahinzittern.
Im Weichselgebiete befinden sich noch heute ganze Kolonien der „poli-
tischen Arten". Betreten wir z. B. die Parvwen bei Kisin, Unislaw und
Plutowo im Kreise Culm, die wegen ihrer eigenartigen, landschaftlich schönen
Lage jeden Naturfreund anziehen müssen! Auf den stark mergelhaltigen
Steilwänden gedeiht in großer Anzahl und Üppigkeit der prächtige Frühlings-
Adonisü, der den Glanzpunkt in dem hier so reichen Blütenkleide bildet;
daneben erfreuen uns u. a. die seltene Fahnenwickez, die stattliche Wald-
anemone^), die sibirische Glockenblume:6) in Begleitung von echten Steppen-
gräsern. Eine ausgesprochen politische Pflanzendecke besitzen auch die Bings-
1) Stipa pennata. 2) St. capillata. 3) Adonis vernalis. 4) Oxytropis pilosa.
5) Anemone silvestris. 6) Campanula sibirica.
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trugen 120 Millionen Taler. Die landwirtschaftlichen Besitzungen waren so
heruntergekommen, daß sie in Sulchastationen um 1/e, ja um V10 ihres
heutigen Wertes verkauft wurden. Die Kriegsschulden der einzelnen Städte
waren sehr groß: so betrug die von Elbing über 2000000, die von Danzig
12000000 Taler. Auch um das Schulwesen stand es schlecht: ganz West-
preußen hatte 1816 nur 1133 Volksschulen. Ganz besonders erschrecklich
waren die Zustände natürlich in den entlegenen Gegenden der Provinz, der
Tuchler Heide und der sogenannten Kassubei. Dafür ist charakteristisch eine
Beschreibung, die der Oberforstmeister von Pannewitz in Marienwerder noch
1829 entwarf und in der es folgendermaßen heißt: „Besonders roh sind die
polnischen Bewohner der Wälder, namentlich der Tuchelschen Heide und in
Kassuben. Die Nahrung dieser Menschen ist mit der der Haustiere oft ganz
gleich. Ihr Bart und das Haupthaar wird nicht gekämmt, und die Kleidung
besteht in grober Leinwand und einer Art selbstbereitetem hellblauen, groben
Tuch, welches im Winter den schmutzigen, gelbbraunen Körper oft nur zum
Teil bedeckt, denn häufig sieht man selbst sechs- bis achtjährige Kinder beim
Froste im Hemde und barfuß im Schnee herumlaufen. Ein Strick befestigt
die Kleidung um den Leib und vertritt die Stelle von Schnallen, Nadeln
usw., deren in dieser Wildnis niemand bedarf. Viele dieser Halbwilden in
den Wäldern haben das ganze Jahr kein Brot im Hause, sondern genießen
es höchstens, wenn sie sich in der Stadt oder bei kirchlichen Anlässen etwas
zugute tun wollen. Manche haben nie Brot gekostet, und eine Delikatesse
ist es, wenn sie an Feiertagen das zwischen Steinen gequetschte Getreide zu
einem ungesäuerten Teig bilden und es in Kuchenform in der heißen Asche
backen. Die in ausgehöhlten Baumstämmen durch Klopfen selbst roh und
elend bereitete Graupe, ferner Sauerkohl, Kohlrüben, Buchweizen, Erbsen,
Kartoffeln und schmacklose Kräuter sind nächst der Milch das Hauptnahrungs-
mittel dieser Waldbewohner und überhaupt der meisten Landbewohner. Die
jungen Triebe der Kiefern, mit Wasser gekocht und dann bloß mit Salz
verzehrt, geben in der Tuchelschen Heide hie und da auch eine Speise ab;
sogar roh verzehren sie die Hirtenknaben. Die von Raupen, Staub und
Regen beschmutzten Blätter der Futterrüben werden ungewaschen auf das
Dach gebreitet, dort ohne Schutz getrocknet und so im Winter als Gemüse
in Suppen verzehrt. Pilze, selbst die der schlechtesten Art, sind eine Leckerei
für die Waldbewohner, werden aber für jeden andern ungenießbar zubereitet.
Fleisch ist eine seltene Speise und kommt in den Waldgegenden zuweilen
jahrelang nicht auf den Tisch; es wird daher das minder kraftgebende
Gemüse in oft unglaublich großen Massen verschlungen Zu dieser elenden
Lebensart kommt nun noch die ungemein große Unreinlichkeit, welche sich
kaum beschreiben läßt; Kopf, Bart, Kleider wimmeln von Ungeziefer; der
Körper wird fast nie gewaschen; Seife kennt der polnische Bauer garnicht,
und das vielleicht alle vier Wochen gewechselte Hemd wird, wie überhaupt
die Wäsche, auf einen Stein im Flusse oder See gelegt, dort angefeuchtet,
mit einem Stück Holz tüchtig geklopft, dann ausgerungen und getrocknet."
Ebenso elend waren die Wohnungsverhältnisse. „Schweine, Kälber und
Gänse leben oft in vertraulichem Vereine mit den Bewohnern, ein plumper
Tisch und eine rohe Bank und desgleichen Bettgestell und höchstens einige
Klötze zum Sitzen, ein schwarzgrauer Sack mit Moos, Stroh und selten
mit schlechten Federn als Bett, alles selbst gefertigt, eine große Wassertonne,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Tage, bis die Sonne den südlichen Wendekreis (des Stein-
bocks) beschreibt, also um weitere 23*/2° tiefer steht, so daß
ihre Erhebung über den südlichen Horizont nur mehr 18^o
beträgt; dann hat die nördliche gemäßigte Zone Winter,
die südliche gemäßigte Zone Sommer, diese die längsten
Tage, jene die längsten Nächte.
Die gemäßigten Zonen haben demnach vier Jahres-
zeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. In einem
heißen Sommer nähert sich die Wärme der tropischen,
indem wir unter dem 48. Grade schon eine Wärme von
300 nach dem Reaumürschen Thermometer gehabt haben,
während dasselbe in kalten Wintern bis über 20" zu
fallen pflegt. Diese große Abwechslung von Wärme und
Kälte läßt die Pflanzen nicht gedeihen, welche in den
Tropen wachsen, daher sieht Wald, Acker und Wiese bei
uns ganz anders aus, als unter den Tropen; auch die
Thiere der heißen Zone, die dort im Freien leben, kommen
bei uns nicht fort, außer man schützt sie durch künstliche
Anstalten gegen die Kälte, wie dies in den Treibhäusern
mit den tropischen Pflanzen geschieht. Aber weder Pflanzen
noch Thiere erreichen unter dieser künstlichen Pflege die
Vollkommenheit, welche sie in ihrer tropischen Heimath
auszeichnet. Dagegen mangelt es der gemäßigten Zone
weder an gewaltigen und nützlichen Pflanzen, noch an
starken, edlen und brauchbaren Thieren. Wachsen bei uns
die Baumriesen der Tropen nicht, so haben wir dagegen
die immergrüne Fichte und Tanne, welche thurmhoch in
die Höhe strebt; die ehrwürdige Eiche, deren Alter viele
Jahrhunderte dauert und deren Holz fast unzerstörbar in
Luft und Wasser ist. Ferner haben wir die edlen Obst-
bäume, die uns im Frühjahre durch ihre Blüthe, im
Herbste durch ihre Früchte erfreuen, die Rebe, deren Saft
den Wein liefert, eine Gottesgabe für den mäßig Ge-
nießenden. Statt des Brotfruchtbaumes wachsen uns die
manigfaltigen Getreide, deren Körner, gemahlen oder
ungemahlen, viel länger aufbewahrt werden können, als
die Frucht des Brotbaumes oder der aus derselben berei-
tete Teig. Kann wohl die Farbenpracht der tropischen
Pflanzen mehr das Auge erfreuen, als wenn bei uns im
Frühlinge alles keimt und knospt, wenn Laub und Blüten
wetteifernd hervordringen, das frische Grün die Wiesen
schmückt und die Saaten das dunkle Ackerfeld mit einer
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90 Vorderindien.
ficht. Das Haupt tragen sie kahl geschoren bis auf einen struppig empor-
siebenden Büschel. Ihre Haut ist hellbraun, die Zähne werden schwarz gebeizt,
und die Nägel läßt man lang wachsen. Durch das beständige Kauen des Betel
sind die Lippen roth. — 3. Das Reich Birma mit der Hauptstadt Man-
daleb am Jr^wadi. Die Birmanen besitzen geschriebene Bücher und Gedichte
und haben eine ziemliche Geistesbildung; der Herrscher führt den Titel Boa.
Die Fürsten besitzen weiße Elephanten und lassen sich zum Zeichen ihrer Hoheit
mit Sonnenschirmen beschatten.
Die Briten haben an der Westküste Besitzungen. Ebenso gehört ihnen die
Südspitze von Malaka mit der Insel Singapore, worauf die Stadt gleichen
Namens liegt.
109. Vorderindien.
21 5 Mill. qkm; 240 Mill. Einw.
Vorderindien ist sast acht mal so groß, als das deutsche Reich und hat die
Gestalt eines Dreiecks. Die Westküste heißt Malabar, die Ostküste Coromaudel,
das Cap Comorin bildet die Südspitze.
Boden und Bewässerung. Im Norden liegt der Himalaya, das höchste
Gebirge der Erde. Seine Spitzen sind mit ewigem Schnee bedeckt, den selbst
die Glut der tropischen Sonne nicht wegschmilzt. Auf diesem Gebirge ent-
springt der Indus, Ganges und Brahmaputra. Am Südfuße des Gebirges
liegt die Tarei, die einen Urwald bildet, in welchem zahllose wilde Thiere,
als Löwen, Tiger, Panther und Leoparden wohnen. Im Süden der Tarei
liegt Hindostan oder das Tiefland des Indus und Ganges. Der Indus
bildet in seinem mittleren Lauf mit 5 Neben-
strömen den Pandschab (b. i. Fünfstromland),
welcher der fruchtbarste Theil seines Gebietes ist.
Am Ganges liegt nach dem Meere hin die Ebene
von Bengalen. Letztere ist tausendfach von
Wasserarmen durchschnitten. Hier liegt die
Dschungel, die aus sumpfigen Walddickichten be-
steht, in welchen der Pflanzenwuchs an Ueppia-
keit alles überbietet. Daselbst lebt der bengalische
Tiger, das Rhinoceros, ein Heer von Schlangen,
Schildkröten und Krokodilen. Im Süden Vorder-
indiens liegt das Hochland von Dekhan.
Die westliche Küstenebene Malabar steigt ter-
rassensörmig auf, gleicht einem hängenden Garten
und ist an Tropengewächsen sehr reich. Die
östliche Küstenebene Coromandel ist sandig
Brahma, Wischku und Siwa. und hat eilt ungesundes Klima. Beide Küsten
haben entgegengesetzte Jahreszeiten; denn auf
Malabar ist die Regenzeit von Mai bis August und auf Coromandel von
November bis Mitte Februar.
Klima. Produkte. Bewohner. Das Klima Ostindiens ist verschieden. Ja, man
kann sagen, alle Zonen und Klimata sind vertreten, weil sich das Land von den
höchsten Erhebungen der Gebirge herabsenkt. Zu den merkwürdigen Pflanzen
gehören der Tekbanm mit seinem unverwüstlichen Holze, — das Sandel-
h olz, welches sehr wohlriechend ist, die Kokospalme, aus deren Nüssen viele
Lieblingsgerichte bereitet werden, die Areka-Palme, deren Nuß, in ein Blatt
des Betelpfeffers gewickelt, den Betel liefert. Letzterer wird gekaut und soll
im Munde eine angenehme Kühlung bewirken; aber er macht die Zähne schwarz
und die Lippen widerlich roth. Die Banane liefert Blätter, welche so groß
sind, daß dieselben als Tischtuch dienen können. Merkwürdig ist die Banyane,
welche vor jedem Brahmanendorfe steht und ganze Baumhallen bildet, indem
die von den Zweigen herabhängenden Luftwurzeln sich in die Erde senken und
zu neuen Stämmen heranwachsen, welche wieder neue Zweige treiben. In
diesem Gewirre von Stämmen und Aesten Hausen Affen, Papageien, Tauben,
Pfauen, Schlangen und Vampyre. Die Banyane ist den Hindus ein Bild der
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