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ward es auch unter dem Kessel lebendig: die Salpetersteine zerschmolzen, vermischten sich mit der Asche und dem Sande, und als das Feuer ausgebrannt war, verhärtete sich der Brei zu einer schönen, blanken, durchsichtigen Masse und wurde — Glas.
Ein anderes mal weidete ein phönizischer Hirt seine Heerde nicht weit vom Meeresstrande. Sein Hund schnobert überall umher und kommt endlich zurück mit blutendem Maule. Der Hirt will den Schaden besehen, wischt die Schnauze des Hundes mit einer Flocke Wolle, aber siehe da! es ist kein Blut, sondern ein Saft, und nach einigem Suchen findet der Hirt eine zerbissene Schnecke. Eine schönere Farbe hatte der Hirt nie gesehen; er macht die Sache bekannt, man versucht es, Zeuge mit diesem Safte zu färben, was vortrefflich gelingt. Diese Purpurkleider wurden im Alterthum so kostbar geachtet, daß nur Könige und sonst sehr reiche Leute dergleichen tragen konnten. Der reiche Prasser im Evangelium z. B. kleidete sich in Purpur.
Das Glas hatte bei den Phöniziern weniger Nutzen als bei uns; sie brauchten es nur als Münze und Putzwerk. Trinkgefäße verfertigten die Alten überhaupt aus Thon, Holz, Blech, Gold oder Silber; Fensterscheiben hat man in dem warmen Morgenlande nicht nothwendig; man schloß die Oeffnnngen höchstens durch Vorhänge, und statt der Spiegel, die erst später vorkamen, waren polierte Metallplatten im Gebrauch.
Noch wichtiger ist für uns die Buchstabenschrift, deren Erfindung ebenfalls den Phöniziern zugeschrieben wird. Die Phönizier hatten nur 16 Buchstaben und schrieben von der Rechten zur Liuken, und alle, die von ihnen schreiben lernten, folgten ihrem Beispiele, z. B. die Israeliten, Chaldäer, Araber. Die Griechen schrieben nachher die erste Zeile nach der Rechten, die zweite nach der Linken, die dritte wieder nach der Rechten und so abwechselnd, ohne abzusetzen. Dies nannte man Bnstrophedon, Ochsenwendung, weil die Ochsen beim Pflügen so gehen. Noch später schrieben die Griechen bloß nach der Rechten hin. Man schrieb auf gepreßte Palmblätter, auf feine Lindenrinden, auf Leinwand, auf ägyptischen Papyrus, auf Thierhäute, die nirgends so trefflich zubereitet wurden wie in Perga-mns, und daher Pergament hießen. Man hatte schwarze
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—- 145 —
Das kaschubische Volk hat stets eine starke Vorliebe für bunte Farben
gezeigt. Die Malerei hat als Volkskunst eine gewisse Bedeutung. Es gab
eine Reihe Dorfkünstler, die die Truhen, Schränke, Stühle, Bettgestelle,
Teller, Bilder usw. mit bunten Mustern verzierten. In den meisten Fällen
sind die Ornamente bereits verwischt, aber soviel läßt sich noch erkennen,
daß man sich ein Bild von ihrer Ursprünglichkeit machen kann.
Der Hausfleiß des Spinnens und Webens stand in der Kaschubei in
sehr hoher Blüte. Und auch bei dem Weben offenbarte sich die Vorliebe
des Volkes für leuchtende Farben und
buntemuster. Es sind prächtige Stoffe
für Bettbezüge, Schürzen, Kleider ge-
macht worden. Eine gewisse Berühmt-
heit hat der kaschubische Warp erlangt,
ein kräftiges Gewebe, bei dem Aufzug
und Einschlag aus gesponnener Schaf-
wolle sind. In der Färberei wurde
der Stoff gewaschen, gewalkt und ge-
färbt, für die Männerkleidung ein-
farbig blau, für die Frauen rot oder
grün mit schwarzen Streublümchen.
In jeder Kreisstadt gab es eine Fär-
berei, von denen die in Berent, Bütow
und Konitz die bedeutendsten gewesen
sind und sich bis auf die Gegenwart
erhalten haben.
Neben der Landwirtschaft betrieb
der kaschubische Bauer die Fischerei,
da die meisten Dörfer an einem See
oder an einem Fluß liegen.
Die Netze verschrieb der Fischer
sich nicht aus der Fabrik, sondern er
strickte sie aus selbstgesponnenem Garn.
Männer und Frauen haben darin eine
erstaunliche Fertigkeit erlangt. Die Technik entspricht genau der Filetarbeit.
Die Zugseile drehten sich die Leute aus Kiefernwurzeln. Sie waren
praktischer und namentlich billiger als die heutigen Hanfseile.
Ein wirklich bodenständiges Erzeugnis des Hausfleißes waren die
Wurzelflechtereien. Es gibt hier weite Strecken von Ödland, die mit kleinen
verkümmerten Kiefern, den sog. Kuselnh, dicht bestanden sind. Sie haben
zahllose dünne Wurzeln, die sich in dem mageren Erdreich weit hinaus-
ziehen. Aus den geschälten Wurzeln werden allerhand Gebrauchsgegen-
stände gemacht, als Maße zu Korn, Mehl und Kartoffeln; Behälter zu
Pfeffer, Salz, Streichhölzchen, große Kiepen zum Korn, ja sogar Kannen
und Feuereimer, die so dicht geflochten sind, daß kein Tropfen Wasser
durchdringt. Einen Handelsartikel bilden noch heute die Lischken, eine Art
zweiteiliger Spankörbe aus gerissenen Holzleisten, die sich sehr gut als Ver-
sandkartons bewähren.
ü Das „u" wird kurz gesprochen.
Heimatkunde, Ii. Teil.
Kaschubischer Fischer.
10
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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802 —
kaun, haben meist eine Größe
von 12y2 bis 15 ha. An
manchen Ansiedlungsorten
gibt es noch sehr begehrte
und darum schnell vergriffene
Pachtstellen, die etwas kleiner
sind, und Arbeiterstellen mit
durchschnittlich V2 im Garten-
land. Auch sind einige Hand-
werkerstellen vorhanden.
Bisher sind in der Pro-
vinz 5306 Ansiedlerstellen,
857 im Regierungsbezirk
Danzig und 4549 im Regie-
rungsbezirk Marienwerder,
besetzt worden. 406 fertige
Stellen, davon 65 im Bezirk
Danzig und 341 im Bezirk
Marienwerder, harren noch
der Besetzung durch geeignete
Käufer. In den besonders
durch Polen gefährdeten
Teilen sind 5151 Familien
und in Götzendorf, Lottyn,
Melanenhos, Neuhof, Schla-
gentin und Sternan, sämt-
lich im Kreise Konitz ge-
legen, und in Grochowo und
Zwangsbruch, im Kreise
Tuchel, 174 katholische Familien angesiedelt. Auch sind die 173 Arbeiter-
Mietswohnungen und die vier Handwerkerstellen, die sich in schmucken, von
der Königlichen Ansiedlnngs-Kommissivn erbauten Gebäuden befinden, besetzt.
Biele Ansiedlerstellen sind, weil sie kommunalrechtlich zu alten Dorf-
gemeinden gehörten, mit diesen vereinigt worden. Und doch sind in der
verhältnismäßig kurzen Zeit 70 neue Landgemeinden gebildet worden, ist die
Bildung von 19 weitern Landgemeinden beantragt oder in den letzten
Monaten bereits erfolgt. Einige Güter sind vorläufig verpachtet, viele in
einstweilige Bewirtschaftung genommen, andere werden noch angekauft, so
daß die Bildung von vielen neuen Dorfgemeinden noch aussteht. Dabei
hat sich immer das Bestreben offenbart, nicht einzelne Dörfer in rein
polnischer Umgebung zu schaffen, sondern große und neue Gemeinden im
Zusammenhange zu gründen und diese Gemeinden möglichst mit Lands-
mannschaften, wie z. B. in Gr. Sibsau und Lulkau, wo sich Württcmberger
niedergelassen haben, zu besetzen, die mit ihren heimatlichen Sitten und
Bräuchen einen festen Damm gegen das andrängende Polentum bilden.
Die Ansiedler hatten behufs Übernahme einer Stelle ein Vermögen von
5000 bis 8000 Mk. nachzuweisen, das sie zum Ausbau der Wohnhäuser und
Wirtschaftsgebäude verwandten, wenn sie nicht vorhandene Gebäude über-
nahmen. Handwerker, vor allen Dingen Schmiede, Stellmacher, Zimmerleute
Kaiser-Denkmal in Groß-Loßbnrg, Kreis Flatow.
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341
(Pommerellen) Wenden, tut Süden Polen; das rechts von der Weichsel
gelegene Gebiet der Provinz hatten, ebenso wie Ostpreußen, die heidnischen
Preußen (Pruzzen) inne, ein in Sprache und nach Abstammung den Lithauern
verwandtes Volk, das jedoch südlich der Ossa, im Culmer Lande, stark pv-
lonisiert und mit Polen gemischt war.
Die heidnische Bevölkerung Westpreußens unterhielt außer mit den
deutschen Nachbarn in dem oben genannten Zeitraum sehr lebhafte Handels-
beziehungen mit den mohamedanifchen Reichen des Orients. Von dort ge-
langte viel arabisches Geld (kufische Münzen) ditrch Handelsaustausch hier-
her, außerdem lieferten die arabischen Handelsplätze unserm Norden Weine,
Früchte, leinene, seidene und baumwollene Stosse, von denen im Laufe der
Zeit nichts als die arabischen Namen sich erhalten haben, wie Damast, Atlas,
Kattun usw.; wahrscheinlich wurden auch Waffen, Geräte, Schiffstaue, Kauri-
muscheln und Glasperlen ausgeführt, ferner zahlreiche Schmucksachen aus
Silber, Hals- und Armringe aus mehreren gewundenen Silberdrähten usw.,
endlich die sogenannten Hakenringe, kleine offene Ringe ans Silber von der
Gestalt eines Hakens, deren eines Ende schleifenförmig umgebogen ist. Dafür
lieferte unser Norden den Arabern Sklaven, Mammutszähne, Jagdfalken,
Vieh, Leder, besonders aber Pelze vom Fuchs, Zobel, Hermelin, Wiesel,
Biber, Eichhörnchen und Hasen, Fischleim und Fischzähne, Honig, Wachs,
Getreide, Bernstein. Schwerter, Panzer, Pfeile und Pelzmützen; die zahlreichen
Geräte aus Eisen, wie Äxte, Messer, Pfeilspitzen, Lanzen usw. wurden wahr-
scheinlich hier verfertigt.
Es find uns nun aus jener Zeit in Westpreußen auch Überreste von
Wohnplätzen erhalten, nämlich Pfahlbauten in einigen Seen, z. B. im
Lonkorreker See (Kr. Löbau), im Skarliner See (Kr. Strasburg) usw. Aber
auch die Burg wälle, zwar in erster Linie für Verteidigungszwecke bestimmt,
find zum Teil auch bewohnt worden.
Die Erbanungsart der Burgwälle wurde überall genau der Ört-
lichkeit angepaßt, und es lassen sich in dieser Beziehung verschiedene
Typen unterscheiden.
Als vornehmster Typus sind die Ringwälle zu nennen, die dort an-
gelegt wurden, wo ein Schutz auf allen Seiten nötig war, also auf ebenem
Gelände oder auf flachen, leicht ersteigbaren Hügeln. Wie die Ringwälle
erbaut wurden, darüber gibt einen guten Aufschluß ein Bericht des Ibrahim
ibn Jaküb, der im Jahre 973, wahrscheinlich als Arzt, eine Sarazenen-
Gesandtschaft an den Kaiser Otto I. nach Merseburg begleitete. Er sagte
darin folgendes:
„Wenn sie (die Slaven) eine Burg gründen wollen, so suchen sie ein
Weideland, welches an Wasser oder Rvhrsümpfen reich ist und stecken dort
einen runden oder viereckigen Platz ab, je nach der Gestalt und dem Umfang,
welche sie der Burg geben wollen. Dann ziehen sie darum einen Graben
und häufen die aufgeworfene Erde auf. Diese Erde wird mit Brettern und
Balken so fest gestampft, bis sie die Härte von Pisé (tapia) erhalten hat.
Ist dann die Mauer (der Wall) bis zur erforderten Höhe aufgeführt, so
wird an der Seite, welche man auswählt, ein Tor abgemessen und von
diesem eine hölzerne Brücke über den Graben gebaut."
Ju dieser Schilderung ist zunächst bemerkenswert, daß der Wall, rund
oder viereckig, in sich geschloffen war. Ferner, die Erde zur Errichtung des
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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346
bewaldeten Succaser Schluchten (Pruzzengrund) und das Haff hinweg noch
über die Nehrung hinaus aufs Meer.
Die Tvlkemita (Kr. Elbing). Der Burgwall Tolkemita (im Volks-
munde „de ole Borg" genannt) liegt 1 km südlich von dem Haffstädtchen
Tolkemit. Er ist wie der von Lenzen durch Umformung eines ursprünglich
dort vorhandenen Sand- und Lehmhügels entstanden, in dessen Kuppe man
auf drei Seiten tiefe Gruben einschnitt, um außerhalb derselben aus dem
so gewonnenen Material den ovalen, bis auf zwei Eingänge rings geschlossenen
Wall, 146 m auf der Krone gemessen, zu schütten So blieb im Inneren
ein kleines Plateau von der ursprünglichen Kuppe zurück, aus dessen Nordrand
der Nordwall ausgesetzt ist. Um das innere kleine Plateau zieht sich die
genannte Grube auf drei Seiten als vertiefter innerer Lagerraum herum.
Schloßberg in Zoppot.
Der Hügel, auf dem der Burgwall erbaut ist, liegt da, wo zwei mächtige,
von Süden herabziehende Schluchten ineinander münden. Er erhebt sich
ganz frei und isoliert auf der Sohle der so gebildeten Hauptschlucht. Er
ist geologisch interessant, denn er ist durch die rückwärts schreitende Erosion
der beiden genannten Schluchten an deren Vereinigungspunkte einst auf-
geschüttet worden. In einiger Entfernung von ihm ziehen sich von Schlucht
zu Schlucht im Südost einer, im Südwest zwei niedrige Vorwälle.
Die eine Hälfte der Tolkemita ist Eigentum Sr. Majestät des Kaisers
und bereits von weitem durch eine hohe Fahnenstange kenntlich, die andere
Hälfte gehört Bewohnern von Tolkemit.
Auch von der Tolkemita genießt man eine sehr schöne Aussicht, auf
Tolkemit mit seinem Hafen, auf Haff und Nehrung.
Die Denkmalpflege hat in jünster Zeit ihre Fürsorge auch auf die Burg-
wälle ausgedehnt. So gelangte der Burgwall Lenzen vor einigen Jahren
in den Besitz der Elbinger Altertumsgesellschaft, wodurch der unveränderte
Fortbestand dieses hervorragenden vorgeschichtlichen Denkmals für die Zukunft
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364
Günstlinge ausgeteilt haben. Man möchte beinahe glauben, daß ihnen ur-
sprünglich fast das ganze Land allein gehört habe. In der Gegend von
Bereut werden die Dörfer von zwei Bezirken namentlich aufgeführt, und
diese 40 Dörfer gehören sämtlich als Privateigentum dem Herzog, so daß
dazwischen durchaus kein Platz für einen Erbsitz des Adels • übrig bleibt.
Ähnlich ist es in anderen Bezirken.
Daß es bei den vielen bewohnten Ortschaften auch an feststehenden
Straßen zwischen ihnen nicht gemangelt haben wird, kann man sich denken;
auch fehlt es in der Tat nicht an urkundlichen Anführungen öffentlicher
Landstraßen, die als via regia, magna, publica bezeichnet werden. Die
Straße Von Neuenburg über Stargard nach Danzig heißt schon 1198 „Kauf-
mannsstraße" (via mercatorum), unzweifelhaft eine große und sehr alte
Handelsstraße, die von der Küste nach Polen führte. Die oft angeführte
Verpflichtung der Einwohner zum Brückenbau läßt darauf schließen, daß
die Brücken nicht selten gewesen sind; mehrere werden genannt, eine steinerne
sogar bei Chmielno über den Abfluß des Radaunesees zuerst 1245. Mühlen,
zum Mahlen des Getreides, sind wohlbekannt, Wassermühlen kommen schon
1178 vor, eine Windmühle wird einmal genannt.
Es ist ein Irrtum, wenn man meint, daß erst der Deutsche Ritterorden
Deutsche nach Pvmmerellen gezogen habe. Das taten schon in hohem Maße
die wendischen Fürsten, und es ergibt sich daraus, wie alt die Ansprüche
bereits sind, die die Deutschen auf das Land erheben dürfen. Veranlassung
zur Begünstigung des deutschen Bauern bildete der klingende Gewinn, den
die Fürsten und die großen Grundbesitzer aus der Ansiedlung deutscher
Kolonisten nach deutschen Rechten erhielten. Weil der pommersche (und pol-
nische) Bauer kein Eigentumsrecht an dem von ihm bearbeiteten Lande besaß,
hatte er auch kein Interesse an dem größeren oder geringeren Ertrage, den
er doch seinem Herrn geben mußte. Der deutsche Bauer dagegen verlangte
erbliches Landeigentum, von dem er eine festbestimmte mäßige Abgabe an
Geld und Erzeugnisse zu zahlen bereit war; auch eine begrenzte Anzahl von
Diensten übernahm er, niemals aber ließ er sich die zahllosen und unge-
messenen Lasten des polnischen Rechtes auferlegen. Sollten daher deutsche
Bauern sich auf slavischem Boden ansässig machen, so mußten ihre Grund-
stücke und sie selbst zunächst von dem Joche der Dienstbarkeit befreit werden,
was ihnen stets urkundlich zugesichert wird. Wie überall sind es auch hier
die Klöster, die in dieser Hinsicht vorangehen und stets darauf bedacht sind,
den von den Herzogen geschenkt erhaltenen Grundbesitz zuerst von diesen
Lasten befreien zu lassen. Vielfach wird in den Verleihungsnrkunden aus-
drücklich die Berechtigung zur Ansiedlung von Leuten fremder Herkunft oder
ganz bestimmt von Deutschen ausgesprochen, waren ja die Mönche in
Oliva, Pogulken und Pelplin selbst Deutsche, und ist doch der
deutsche Einfluß in diesen Klöstern maßgebend geblieben bis weit in die
polnische Zeit hinein. Swantopolk gab solche Befreiungen dem Kloster
Oliva 1220 und 1224, dem Kloster Znckau 1224, 1239, 1259, 1260;
Sambvr dem Kloster Oliva 1224 für die Dörfer Rathstube und Raikau,
1229 für das Gebiet Mewe, dem Kloster Znckau 1240 für das Dorf
Vadino, 1241 dem Bischof von Kujavien für die 18 Dörfer der Kastellanei
Gvrrenschin, 1247 für das Dorf Lipschin zur Besetzung mit Deutschen, 1255
für Pollenschin mit dem Rechte, Deutsche anzusiedeln, 1258 dem Kloster
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man damals als genial bezeichnete. Das kommissarische Amt wurde aber
unter inzwischen veränderten staatlichen Verhältnissen kein dauerndes, viel-
mehr wurde von Winter das tatenlose Regierungspräsidium in dem kleinen
südlichen Bezirk Hohenzollern-Sigmaringen angeboten. Da kam an ihn der
Ruf aus Danzig, die frei werdende Stelle als Oberbürgermeister dieser
Stadt und damit eine Umgestaltung ihrer veralteten Zustände zu übernehmen.
Als die Stadtverordneten-Versammlung ihn dann aus freiem Antriebe am
23. September 1862 mit allen 47 gültigen Stimmen gewählt hatte, folgte
er ohne Zögern dem Rufe Am 6. Januar 1863 erfolgte im Rathause
feine feierliche Einführung durch den Regierungspräsidenten v. Blumenthal,
der dabei die prophetischen Worte sprach, daß man von seiner Amtsführung
hier „Segensreiches erwarte".
Der Ausspruch ist vollauf in Erfüllung gegangen, denn von Winter hat
Segensreiches, er hat Großes geschaffen. Zunächst wurde das in seinem
Innern arg verkommene Rathaus knnstbaulich wiederhergestellt und mit der
noch heute mustergültigen Warmwasserheizung versehen, auch die herrliche
Halle des Artushofes in würdigen Zustand gebracht. Fast gleichzeitig begann
eine umfassende Neugestaltung des sehr rückständigen Volksschulwesens,
die Erbauung eigener städtischer Schulgebäude, während diese Schulen bisher
in meistens ganz unzureichenden Mietsräumen untergebracht waren, die Ein-
richtung zunächst vierstufiger, später auf sechs Stufen erweiterter Schulsysteme
mit Rektoren (damals Hauptlehrern) an der Spitze. Die Hauptsorge des
neuen Oberbürgermeisters von Anbeginn seiner Amtsperiode war und blieb
aber, wie die Gesundheitsverhältnisse der Stadt durchgreifend und für
lange Dauer zu verbessern seien. Mit kleinen Mitteln konnte hier nichts
Wirksames geschaffen, es mußte ein „großer Wurf" gewagt werden. Und
von Winter war ganz der Mann zu solchem Wagemut. Um mehr Licht und
Luft in die engen Straßen zu bringen, erstrebte man eine Niederlegung der
die Stadt im Westen mit hohen Fronten und Bastionen einschnürenden
Festungswälle, aber die Landesverteidigungsbehörde erklärte damals, auf dies
Verteidigungsmittel nicht verzichten zu können. Erst ein Vierteljahrhundert
später, kurz vor Winters Rücktritt vom Amte, bot sie, wie hier gleich ein-
geschaltet sei, aus eigenem Antriebe, jetzt zu lebhafter Sorge von Winters,
der Stadt die Wälle zum Kauf und zur Niederlegung an; sie sind denn auch
verschwunden und haben einem neuen Stadtteil mit stolzen Gebäuden Platz
gemacht. In der ersten Hälfte der 1830er Jahre half man sich zunächst
damit, die engen und verkehrsreichen Straßen durch allmähliche Beseitigung
der Vorbauten und vorspringenden Perron- und Treppenbeischläge zu ver-
breitern, gleichzeitig mit ebenen Bürgersteigen für Fußgänger zu versehen,
die bisher in Danzig ganz gefehlt hatten. Den „großen Wurf" zur Sanierung
Danzigs bildete aber nach den Plänen von Winters und seiner Freunde das
Projekt einer vollständig neuen Be- und Entwässerungs-Anlage.
Welche Schwierigkeiten — abgesehen von dem gefürchteten Millionen-Auf-
tvande — hierbei entgegentraten und zu überwinden waren, das wissen nur
diejenigen, die damals in engerer Gemeinschaft dem Reformator zur Seite
standen. Freilich bedurfte es einer fast fünfjährigen, konsequent das Ziel ver-
folgenden Vorarbeit, aber dann kam von 1868 ab die überraschende Aus-
führung: Danzig erhielt eine herrliche, vor jeder Verunreinigung geschützte,
mit eigener natürlicher Druckkraft in die höchsten Etagen der Häuser empor-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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weißen Anemonei), der vanilleduftenden purpurblütigen Schwarzwurz den
Hochadel der Steppengenossenschaft bildet.
Ähnliche Blumenparadiese in wechselvollster Zusammensetzung gibt es
in sonniger Lage längs der hohen Ufer zum Glück noch immer recht zahl-
reich. Sie fehlen wenigen mergelhaltigen Stellen. Denn die Steppenflora
bevorzugt den Kalkgehalt des Bodens. Er übt auf die meisten Vertreter
dieses Pflanzenverbandes eine wunderbare Anziehnngs- und Erhaltungskraft
aus. Die Weichselberge und -Schluchten bieten der Pflanzenwelt erwünschte
Zufluchtsstätten, wo sie vor weiterer Ausrottung und den Gefahren der Kultur
Weichselanhöhe bei Weißenberg (Kr. Stuhm).
nach Möglichkeit geschützt sind. Berühmte Fundorte beherbergen z. B. das
Rondsener Wäldchen, die Bingsberge (bei Graudenz), die Anhöhen von
Weißenberg (Kreis Stuhm) und bei Mewe.
In den verschiedenen Jahreszeiten kann man hier und da sich an den
wichtigsten Vertretern der pontifchen Flora erfreuen, wie z. B. am Berg-
steinkraute 3), an der Fahnenwickech, Vergilsasterch, am Alantch.
Nicht minder reichhaltig ist ferner die sogenannte Sandflora. An den
ärmsten Stellen bedecken diese anspruchslosesten Kinder Floras kaum die
Blöße des oft in losen Triebsand übergehenden Bodens.
Wie lehrreich ist ein solcher Spaziergang, wenn sich der Beobachter
nicht darauf beschränkt, sinnlos zu sammeln oder eine Anzahl lateinischer
i) Anemone silvestris. i) 2) Scorzonera purpurea. 3) Alyssum montanum. 4) Oxy-
tropis pilosa. 5) Aster amellus. 6) Inula hirta.
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gewaltig gewesen, daß, um die in die Wege geleiteten Unternehmungen aus-
führen zu können, neben den über 60 Millionen eigener Volksangehöriger
noch mehr als 1/2 Million ausländischer Arbeitskräfte beschäftigt werden;
und dennoch ist Mangel an ausführenden Händen. Welch eine bedeutsame
Rührigkeit und welch ein großer Zug unseres Volkes zu Tüchtigkeit und
Leistung! Und nicht nur die wirtschaftliche Seite unseres Volkslebens —
Nationalreichtum, Ausgestaltung des Verkehrs, bedeutsame Beteiligung am
Welthandel — hat durch den Aufschwung gewonnen; es sind auch andere
Güter von idealer Bedeutung gewonnen: in die unteren Schichten des Volkes
ist Kultur und Bildungsbedürfnis gekommen, und wir sind politisch in der
Welt in eine der ersten Stellen gerückt.
Leider aber wirkt ja gewöhnlich jede große Entwickelung auf andere
Verhältnisse hemmend, oftmals sogar verhängnisvoll und zerstörend. Das
Anwachsen unserer Industrie hat ein das gesunde Maß weit überschreitendes
Anwachsen der großen Städte herbeigeführt und viele der kleinen Städte
in die Reihen der mittleren herausgerückt und hat eine selbsttätige Be-
siedlung und Bevölkerung unseres platten Landes, wie es unserer Volks-
vermehrung entsprechen müßte, erheblich gehindert. Die Industrie hat an sich
gerissen, was auf dem Lande ohne Grundbesitz lebte; unser ländliches Ar-
beitervolk hat sie uns fortgezogen. Die Volksvermehrung — der Überschuß
der Geburten über die Todesfälle — ist abgeflossen in die Städte, und so
groß ist das Hinströmen nach dem städtischen Leben, daß wir in dieser
Bewegung in der Welt fast obenan stehen und nur noch von Nordamerika
übertroffen werden. Durch das ständig steigende Anwachsen der Städte ist
natürlich die Lebenshaltung allgemein verteuert, denn anders, wenn die
Lebensmittel bis zum Verbraucher nur einen kurzen Weg zu passieren haben,
anders, wenn sie durch viele Abschnitte des Zwischenhandels, der in jeder
Station seinen Gewinnzoll fordert, hindurchgehen müssen. Und eine derartige
Entwickelung der Bevölkerungsverteilung ist auch für die Erhaltung der
Volksgesundheit sehr schädlich. Das Leben in den Städten ist aufreibend,
Beschäftigungsart und falscher Lebensgenuß verderben Nerven und Blut.
Und die Folge für den Staat ist, daß die Zahl der Militärtauglichen
abnimmt. Auch die Säuglingssterblichkeit in den Städten ist durch die
schlechten Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse erhöht. Gegenüber diesen
schädlichen Einflüssen ist das Landvolk der Jungbrunnen, aus dem Ersatz für
die verlorene Kraft geschöpft wird, — wenn er reichlich gefüllt ist. —
Wir haben in den letzten 50 Jahren in Westpreußen durch den Abzug
des Landvolkes in die Städte schwere Verluste erlitten. Durch die Land-
flucht sind nicht nur der Landwirtschaft — Gütern und bäuerlichen Be-
trieben — die notwendigen Arbeitskräfte entzogen, es sind auch die Dörfer
von Handwerkern und Gewerbetreibenden entblößt, das gewerbliche und
soziale Leben in den Dörfern ist verödet. Da ist es erfreulich, daß sich
denn doch in den letzten Jahren allmählich eine die Schäden günstig be-
einflussende rückläufige Bewegung geltend gemacht hat, eine gesunde Arbeit,
welche an die Fortbildung aller Verhältnisse, die eine kräftige Steigerung
des ländlichen Lebens herbeizuführen geeignet sind, beherzt und tatkräftig
Hand anlegt und bestrebt ist, zu sorgen, daß der Vergleich zwischen Stadt
und Land im Kopfe des Landmanns, des Arbeiters nicht stets nur zu Un-
gunsten des Landes ausfällt. „Warum sollte es nicht möglich sein, die
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trugen 120 Millionen Taler. Die landwirtschaftlichen Besitzungen waren so
heruntergekommen, daß sie in Sulchastationen um 1/e, ja um V10 ihres
heutigen Wertes verkauft wurden. Die Kriegsschulden der einzelnen Städte
waren sehr groß: so betrug die von Elbing über 2000000, die von Danzig
12000000 Taler. Auch um das Schulwesen stand es schlecht: ganz West-
preußen hatte 1816 nur 1133 Volksschulen. Ganz besonders erschrecklich
waren die Zustände natürlich in den entlegenen Gegenden der Provinz, der
Tuchler Heide und der sogenannten Kassubei. Dafür ist charakteristisch eine
Beschreibung, die der Oberforstmeister von Pannewitz in Marienwerder noch
1829 entwarf und in der es folgendermaßen heißt: „Besonders roh sind die
polnischen Bewohner der Wälder, namentlich der Tuchelschen Heide und in
Kassuben. Die Nahrung dieser Menschen ist mit der der Haustiere oft ganz
gleich. Ihr Bart und das Haupthaar wird nicht gekämmt, und die Kleidung
besteht in grober Leinwand und einer Art selbstbereitetem hellblauen, groben
Tuch, welches im Winter den schmutzigen, gelbbraunen Körper oft nur zum
Teil bedeckt, denn häufig sieht man selbst sechs- bis achtjährige Kinder beim
Froste im Hemde und barfuß im Schnee herumlaufen. Ein Strick befestigt
die Kleidung um den Leib und vertritt die Stelle von Schnallen, Nadeln
usw., deren in dieser Wildnis niemand bedarf. Viele dieser Halbwilden in
den Wäldern haben das ganze Jahr kein Brot im Hause, sondern genießen
es höchstens, wenn sie sich in der Stadt oder bei kirchlichen Anlässen etwas
zugute tun wollen. Manche haben nie Brot gekostet, und eine Delikatesse
ist es, wenn sie an Feiertagen das zwischen Steinen gequetschte Getreide zu
einem ungesäuerten Teig bilden und es in Kuchenform in der heißen Asche
backen. Die in ausgehöhlten Baumstämmen durch Klopfen selbst roh und
elend bereitete Graupe, ferner Sauerkohl, Kohlrüben, Buchweizen, Erbsen,
Kartoffeln und schmacklose Kräuter sind nächst der Milch das Hauptnahrungs-
mittel dieser Waldbewohner und überhaupt der meisten Landbewohner. Die
jungen Triebe der Kiefern, mit Wasser gekocht und dann bloß mit Salz
verzehrt, geben in der Tuchelschen Heide hie und da auch eine Speise ab;
sogar roh verzehren sie die Hirtenknaben. Die von Raupen, Staub und
Regen beschmutzten Blätter der Futterrüben werden ungewaschen auf das
Dach gebreitet, dort ohne Schutz getrocknet und so im Winter als Gemüse
in Suppen verzehrt. Pilze, selbst die der schlechtesten Art, sind eine Leckerei
für die Waldbewohner, werden aber für jeden andern ungenießbar zubereitet.
Fleisch ist eine seltene Speise und kommt in den Waldgegenden zuweilen
jahrelang nicht auf den Tisch; es wird daher das minder kraftgebende
Gemüse in oft unglaublich großen Massen verschlungen Zu dieser elenden
Lebensart kommt nun noch die ungemein große Unreinlichkeit, welche sich
kaum beschreiben läßt; Kopf, Bart, Kleider wimmeln von Ungeziefer; der
Körper wird fast nie gewaschen; Seife kennt der polnische Bauer garnicht,
und das vielleicht alle vier Wochen gewechselte Hemd wird, wie überhaupt
die Wäsche, auf einen Stein im Flusse oder See gelegt, dort angefeuchtet,
mit einem Stück Holz tüchtig geklopft, dann ausgerungen und getrocknet."
Ebenso elend waren die Wohnungsverhältnisse. „Schweine, Kälber und
Gänse leben oft in vertraulichem Vereine mit den Bewohnern, ein plumper
Tisch und eine rohe Bank und desgleichen Bettgestell und höchstens einige
Klötze zum Sitzen, ein schwarzgrauer Sack mit Moos, Stroh und selten
mit schlechten Federn als Bett, alles selbst gefertigt, eine große Wassertonne,
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