Preuens Niedergang und Erhebung. 5. Krankheit und Tod der Knigin Luise.
59
In den Tagen, da das deutsche Volk sich aufraffte, bte Fremdherrschaft abzuschtteln, starb die edle Knigin Luise. Gram und Kummer hatten ihre Gesundheit allmhlich untergraben. Auf einer Reise welche sie im Sommer 1810 zu ihrem Vater nach Streich machte, befiel sie
ein bsartiges Fieber. Schnell eilte der König mit feinen beiden ltesten Shnen an ihr Krankenlager. Er kam noch zu rechter Zeit an, um feiner Luife die Augen zuzudrcken. Mit den Worten: Herr Jesus, mach' es kurz!" hauchte die knigliche Dulderin ihr Leben aus. Der König war wie gebrochen vor Schmerz. Mit ihm trauerte ganz Deutschland.
6. Vorboten von Preuens Erhebung.
Whrend man noch mit den Vorbereitungen zur Erhebung Preuens beschftigt war, drngten einzelne begeisterte Männer schon zum Kriege gegen Frankreich. Der Herzog Wilhelm von Braunschweig stie mit feinen fchwarzen Hufaren zu den sterreichern. Major Ferdinand von Schill zog auf eigene Hand mit feinem Hufarenregiment eines Morgens von Berlin aus, um gegen die Franzofen zu kmpfen. In Stralsund fand er in einem Straenkampfe den Tod mit den meisten seiner Gefhrten. Elf seiner Offiziere wurden in Wesel erschossen.
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Extrahierte Personennamen: Luise Jesus Wilhelm Ferdinand_von_Schill Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Luise Deutschland Frankreich Berlin Stralsund Wesel
189
1871 ist 9882 Quadratmeilen groß, zählt 40,200,000 Einwohner und wird nur von Rußland an Größe übertroffen. Es ist die stärkste Militärmacht der Welt, denn sein Landheer beträgt auf dem Friedensfuße über 400,000, auf dem Kriegsfuße 1,200,000 Mann, die in vier Wochen schlagfertig dastehen können. Das deutsche Volk ist aber uicht eroberuugssüchtig, es liebt den Frieden und gönnt ihn den andern Völkern, es wetteifert mit ihnen lieber in den Arbeiten des Friedens, in den Künsten, Wissenschaften und in den Gewerben.
Die Wichtigsten Erfindungen der neuesten Zeit.
In keinem Zeitalter hat sich eine so große Anzahl hochbegabter Männer der Forschung in den Wissenschaften und in der Natur gewidmet, wie in dem nnserigen, und niemals sind auch so viele Entdeckungen und Erfindungen gemacht worden. Alle Nationen wetteifern, doch haben die Deutschen, die Franzosen, die Engländer und neue-steus die Nordamerikaner am meisten geleistet. Ackerbau und Gewerbe werden jetzt viel vollkommener als früher betrieben, und viele Dinge, welche früher als werthlos weggeworfen wurden, werden jetzt nützlich verwendet. Von unberechenbarer Wichtigkeit sind die Dampfmaschinen. Dem Franzosen Papin gebührt der Ruhm, die ersten gründlichen Versuche zur Auwendung der Dampfkraft gemacht zu haben (um 1707), den großen Aufschwung des Dampfmaschiueubaus verdankt man aber den Engländern Boulton und Watt (1769—1785), und seitdem ist fast kein Jahr vergangen, ohne daß die Dampfmaschinen verbessert wurden. Jetzt verrichten sie Arbeiten, zu welchen die Kräfte von vielen hundert Millionen Men-scheu oder Zngthieren erforderlich wären. Das erste Dampfschiff baute 1807 Robert Fnlton in New-York; jetzt befahren taufende größerer und kleiner Dampfschiffe die Meere und Flüsse, und in 9—14 Tagen gelangt man von Europa nach Amerika, wozu früher 2—3 Monate erforderlich waren. Der Dampfwagen (Locomotive) zieht auf der eisenbeschienten Straße (Eisenbahn) Lasten von mehreren tausend Eentnern mit reißender Schnelligkeit durch weite Länder an ihre Bestimmungsorte und macht
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19
ward es auch unter dem Kessel lebendig: die Salpetersteine zerschmolzen, vermischten sich mit der Asche und dem Sande, und als das Feuer ausgebrannt war, verhärtete sich der Brei zu einer schönen, blanken, durchsichtigen Masse und wurde — Glas.
Ein anderes mal weidete ein phönizischer Hirt seine Heerde nicht weit vom Meeresstrande. Sein Hund schnobert überall umher und kommt endlich zurück mit blutendem Maule. Der Hirt will den Schaden besehen, wischt die Schnauze des Hundes mit einer Flocke Wolle, aber siehe da! es ist kein Blut, sondern ein Saft, und nach einigem Suchen findet der Hirt eine zerbissene Schnecke. Eine schönere Farbe hatte der Hirt nie gesehen; er macht die Sache bekannt, man versucht es, Zeuge mit diesem Safte zu färben, was vortrefflich gelingt. Diese Purpurkleider wurden im Alterthum so kostbar geachtet, daß nur Könige und sonst sehr reiche Leute dergleichen tragen konnten. Der reiche Prasser im Evangelium z. B. kleidete sich in Purpur.
Das Glas hatte bei den Phöniziern weniger Nutzen als bei uns; sie brauchten es nur als Münze und Putzwerk. Trinkgefäße verfertigten die Alten überhaupt aus Thon, Holz, Blech, Gold oder Silber; Fensterscheiben hat man in dem warmen Morgenlande nicht nothwendig; man schloß die Oeffnnngen höchstens durch Vorhänge, und statt der Spiegel, die erst später vorkamen, waren polierte Metallplatten im Gebrauch.
Noch wichtiger ist für uns die Buchstabenschrift, deren Erfindung ebenfalls den Phöniziern zugeschrieben wird. Die Phönizier hatten nur 16 Buchstaben und schrieben von der Rechten zur Liuken, und alle, die von ihnen schreiben lernten, folgten ihrem Beispiele, z. B. die Israeliten, Chaldäer, Araber. Die Griechen schrieben nachher die erste Zeile nach der Rechten, die zweite nach der Linken, die dritte wieder nach der Rechten und so abwechselnd, ohne abzusetzen. Dies nannte man Bnstrophedon, Ochsenwendung, weil die Ochsen beim Pflügen so gehen. Noch später schrieben die Griechen bloß nach der Rechten hin. Man schrieb auf gepreßte Palmblätter, auf feine Lindenrinden, auf Leinwand, auf ägyptischen Papyrus, auf Thierhäute, die nirgends so trefflich zubereitet wurden wie in Perga-mns, und daher Pergament hießen. Man hatte schwarze
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Pferden über Deutschland, das, zumal da gerade ein Kind auf dem Throne saß, zu unmächtig zum Widerstände war. Wo sie immer hinkamen, wurden die unerhörtesten Grausamkeiten verübt, alles Tragbare als Beute fortgenommen und viele tausend Männer, Weiber und Kinder an den Haaren zusammengebunden und in die Knechtschaft der Barbaren fortgeführt.
Da wurde endlich ein thatkräftiger, dabei weiser und gerechter Mann, Heinrich, Herzog der Sachsen, zum Könige der Deutschen erwählt (reg. 919—936). Um sich der gefürchteten Ungarn zu entledigen, wandte er einen neunjährigen Waffenstillstand, den er erkaufte, dazu an, seine Deutschen in der Kampfweise der Feinde einzuüben, lehrte sie in geschlossenen Reihen fechten, schnelle Schwenkungen machen rc. Feruer liest er, da es damals in Deutschland uoch au großen Festungen fehlte und die Städte noch nicht mit Mauern und Wällen umgeben waren, alte Städte befestigen und mehrere Burgen bauen. Der neunte Mann vom Lande mußte iu die Stadt ziehen und die übrigen acht für ihn das Feld mitbauen. Auch der dritte Theil des Getreides wurde in die festen Plätze
König Heinrich I.
5*
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich_I.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Deutschland
248
Vorher ist erwähnt worden, daß die Landwirte sich auch mit großer
Energie auf die Verbesserung der Viehzucht gelegt hatten. In erster Linie
wurde das Rindvieh verbessert, man war bestrebt, große, wohlgeformte
Ochsen aufzuziehen, und dabei die wertvolle Schlempe als Mastfutter zu ver-
werten. In wenigen Jahrzehnten hatte man in den Mastställen eigen ganz
anderen Eindruck als früher. Es waren wohlgebaute Tiere vorhanden,
welche bei guter Fütterung reichlich Fleisch angesetzt hatten, und man konnte
von Fleischern und Händlern, welche die Provinz bereisten, um zu wissen,
wo sie später gutes Mastvieh kaufen konnten, gelegentlich hören, daß hier
in der Provinz große Fortschritte in bezug auf die Mastwirtschaft erzielt
waren. Es dauerte nicht lange, so wandte man sich auch der Schafzucht
zu, und auf diesem Gebiete fand man vortreffliche Vorbilder und Lehrmeister
in Schlesien. Dort war die Zucht von Herden, die nicht blos reichliche,
sondern auch feine Wolle hergaben, schon früh eingeführt. Die einzelnen
Wollhaare sollten so dünn als möglich sein, weil sich dann die feinsten und
wertvollsten Gewebe daraus herstellen ließen. Nicht blos auf die Feinheit,
sondern auch auf die Ausgeglichenheit wurde großer Wert gelegt, d. h. die
Schafe sollten möglichst auf allen Körperteilen gleichmäßig feine Wolle
tragen. Bei den nicht sachgemäß gezüchteten Tieren fand man meistens über
den Rippen die feinste Wolle, in der Nähe des Schwanzes und auf dem
Bauch die gröbste. Es fand sich eine Zahl von Männern, welche ein förm-
liches Studium aus dieser Frage machten, und die Verhältnisse, unter welchen
die verschiedenen Arten von Wollqualitäten hervorgerufen werden könnten,
zu ergründen suchten. Aus diesen Männern bildete sich ein besonderes Ge-
werbe, sie erboten sich, ihre Kenntnisse bei der Zucht in einzelnen Herden
zu verwerten, und übernahmen die Leitung der Zucht, wurden von Besitzern
größerer Herden als „Züchter" oder Schäferei-Direktoren, oft gegen Ge-
währung einer bedeutenden Tantieme angestellt und haben zweifellos zur
Verbesserung der Wollzucht Erhebliches beigetragen Sie übernahmen die
Pflicht, sich in Gegenden, wo die Wollzucht gute Fortschritte gemacht hatte,
zu orientieren, und aus guten Herden geeignete Zuchtböcke zu kaufen. Die
Zucht feiner Wolle wurde seit alter Zeit in Spanien getrieben, und von
dort her stammt auch der Name des besonders in Schlesien beliebt gewor-
denen „Elektoral"-Stammes, welcher dafür berühmt war, das allerfeinste
Wollhaar zu liefern. Nun wurde durch die Sachverständigen festgestellt,
daß dies keineswegs unter allen Umständen das eigentliche Ziel der Zucht
sein dürfe, denn man bemerkte, daß bei Tieren, welche die feinste Wolle
lieferten, Mängel im Körperbau eintraten; sie wurden vielfach feinknochig,
die Hinterbeine enggestellt, und man konnte von ihnen keine kräftigen Sta-
turen erwarten. Auf letztere wurde aber großer Wert gelegt, nun tat auch
die Mode das ihrige dazu, und die „Negretti" wurden beliebt, eine neue
Rasse, welche sich durch kräftigen Körperbau und etwas gröbere Wolle
auszeichnete, ein Mangel, den man durch richtige Zucht verbessern zu
können hoffte. Dann kam etwa in den 1840er Jahren wieder eine neue
Rasse in Aufnahme, welche aus Frankreich stammte, und nach der Schäferei,
in welcher sie schon längere Zeit gezüchtet war, „Rambouillet" benannt
wurde. Diese Tiere zeichneten sich durch große, gutgebaute Körper und eine
zwar etwas gröbere, aber gleichmäßige Wolle aus, während manche aber
auch einen feineren Charakter besaßen. Von diesen Tieren wurde eine große
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Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Spanien Frankreich
— 387 -
Marienwerder.
Zweckdienlich und schön ist jeder Raum gestaltet, und zwanglos kommt
seine Bedeutung nach außen zum Ausdruck. Dennoch ist alles, wie des
Ordens Glieder selbst, streng geeint in eine große gesetzmäßige Erscheinung:
jenes Banviereck, welches wie eine Bergschroffe weithin die Landschaft be-
herrscht. Gespannt von dieser Eigenart hat man darin wohl den Geist
wuchtiger, straffer friederizianischer Staatskunst verkörpert sehen wollen,
Welcher den Orden und seine Meister in der Schule des großen Hohen-
staufen erfaßte.
Solch hohes Komturschloß, mit mehrfachen Terrassen, Mauern und
Gräben umgeben und mit den erdenklichsten Mitteln gesichert, war füglich
uneinnehmbar. Die Festigkeit gelang aber nur dadurch, daß außer Besatzung
und Vorräten aller Wirtschaftsballast daraus ferngehalten und in Vorburgen
abgeschoben war. Das aber waren Dinge von beträchtlichem Umfang; denn
eine Ordenskomturei war darauf angewiesen, den Unterhalt aus eigenem
Natural- und Handelsbetrieb zu beschaffen: die Erzeugnisse aus Feld und
Wald, Rosse und Schlachtvieh, die Barmittel für Beschaffung der Bauten,
für Haus- und Küchengerät. Dazu gehörten Stallungen, Speicher, Scheunen,
Werkstätten, Mühlbetrieb und Wohnungen für Gesinde, Handwerker und
Amtleute aller Art. Die Vorburgen dehnten sich deshalb gewaltig aus,
waren oft zwei- oder dreigestaltig und selbständig befestigt, immer aber von
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341
(Pommerellen) Wenden, tut Süden Polen; das rechts von der Weichsel
gelegene Gebiet der Provinz hatten, ebenso wie Ostpreußen, die heidnischen
Preußen (Pruzzen) inne, ein in Sprache und nach Abstammung den Lithauern
verwandtes Volk, das jedoch südlich der Ossa, im Culmer Lande, stark pv-
lonisiert und mit Polen gemischt war.
Die heidnische Bevölkerung Westpreußens unterhielt außer mit den
deutschen Nachbarn in dem oben genannten Zeitraum sehr lebhafte Handels-
beziehungen mit den mohamedanifchen Reichen des Orients. Von dort ge-
langte viel arabisches Geld (kufische Münzen) ditrch Handelsaustausch hier-
her, außerdem lieferten die arabischen Handelsplätze unserm Norden Weine,
Früchte, leinene, seidene und baumwollene Stosse, von denen im Laufe der
Zeit nichts als die arabischen Namen sich erhalten haben, wie Damast, Atlas,
Kattun usw.; wahrscheinlich wurden auch Waffen, Geräte, Schiffstaue, Kauri-
muscheln und Glasperlen ausgeführt, ferner zahlreiche Schmucksachen aus
Silber, Hals- und Armringe aus mehreren gewundenen Silberdrähten usw.,
endlich die sogenannten Hakenringe, kleine offene Ringe ans Silber von der
Gestalt eines Hakens, deren eines Ende schleifenförmig umgebogen ist. Dafür
lieferte unser Norden den Arabern Sklaven, Mammutszähne, Jagdfalken,
Vieh, Leder, besonders aber Pelze vom Fuchs, Zobel, Hermelin, Wiesel,
Biber, Eichhörnchen und Hasen, Fischleim und Fischzähne, Honig, Wachs,
Getreide, Bernstein. Schwerter, Panzer, Pfeile und Pelzmützen; die zahlreichen
Geräte aus Eisen, wie Äxte, Messer, Pfeilspitzen, Lanzen usw. wurden wahr-
scheinlich hier verfertigt.
Es find uns nun aus jener Zeit in Westpreußen auch Überreste von
Wohnplätzen erhalten, nämlich Pfahlbauten in einigen Seen, z. B. im
Lonkorreker See (Kr. Löbau), im Skarliner See (Kr. Strasburg) usw. Aber
auch die Burg wälle, zwar in erster Linie für Verteidigungszwecke bestimmt,
find zum Teil auch bewohnt worden.
Die Erbanungsart der Burgwälle wurde überall genau der Ört-
lichkeit angepaßt, und es lassen sich in dieser Beziehung verschiedene
Typen unterscheiden.
Als vornehmster Typus sind die Ringwälle zu nennen, die dort an-
gelegt wurden, wo ein Schutz auf allen Seiten nötig war, also auf ebenem
Gelände oder auf flachen, leicht ersteigbaren Hügeln. Wie die Ringwälle
erbaut wurden, darüber gibt einen guten Aufschluß ein Bericht des Ibrahim
ibn Jaküb, der im Jahre 973, wahrscheinlich als Arzt, eine Sarazenen-
Gesandtschaft an den Kaiser Otto I. nach Merseburg begleitete. Er sagte
darin folgendes:
„Wenn sie (die Slaven) eine Burg gründen wollen, so suchen sie ein
Weideland, welches an Wasser oder Rvhrsümpfen reich ist und stecken dort
einen runden oder viereckigen Platz ab, je nach der Gestalt und dem Umfang,
welche sie der Burg geben wollen. Dann ziehen sie darum einen Graben
und häufen die aufgeworfene Erde auf. Diese Erde wird mit Brettern und
Balken so fest gestampft, bis sie die Härte von Pisé (tapia) erhalten hat.
Ist dann die Mauer (der Wall) bis zur erforderten Höhe aufgeführt, so
wird an der Seite, welche man auswählt, ein Tor abgemessen und von
diesem eine hölzerne Brücke über den Graben gebaut."
Ju dieser Schilderung ist zunächst bemerkenswert, daß der Wall, rund
oder viereckig, in sich geschloffen war. Ferner, die Erde zur Errichtung des
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292
kuchen hergestellt. Anfangs war das Absatzgebiet naturgemäß sehr gering,
aber seit Anfang des 19. Jahrhunderts haben die Thorner Honigkuchen
einen Weltruf erlangt. Der Hauptbestandteil der Honigkuchen ist natürlich
das Produkt fleißiger Bienenarbeit. Die älteste Pfefferkuchensabrik, die von
Gustav Weese, verbraucht allein jährlich einige tausend Zentner Honig, den
sie zum Teil aus Amerika bezieht, zum Teil im Jnlande als Wabenhonig
einkauft. Letzterer wird in einer Zentrifuge geschleudert, aus den Waben-
resten aber gelbes Wachs hergestellt.
In einem gewaltigen Kessel wird der Honig zur Vorbereitung des
Teiges bis auf hundert Grad erhitzt und dann durch eine besondere Maschine
mit dem nötigen Mehl zu einem äußerst zähen Teige
vermischt. Dieser Teig muß mindestens einige Tage,
gewöhnlich aber mehrere Wochen stehen bleiben, ehe
zu seiner weiteren Verarbeitung geschritten wird. Er
wird während dieser Zeit ves Lagerns so zähe, daß
er mit besonders dazu eingerichteten Spaten zerstückelt
werden muß. Eine Maschine, die die ursprünglich
von Menschenhänden besorgte Arbeit des Knetens
übernommen hat, fügt ihm die feineren Bestandteile,
Gewürze, Mandeln usw. hinzu Eine mächtige Walze
besorgt das Ausrollen des Teiges, sie preßt ihn zu
Platten von l Zentimeter Stärke. Diese Teigrollen
werden nun einer anderen Maschine übergeben, die
ihn in Formen zerschneidet und ihm eine bestimmte
Prägung aufdrückt; sie zieht den Teig selbst heran
und arbeitet automatisch, etwa wie eine Druckpresse.
Nun folgt der wichtigste Teil der Arbeit. Die
kleineren Teigformen, die schon vollkommen die Ge-
stalt der bekannten „Thorner Katharinchen" zeigen,
wandern auf die Bleche, werden dann, aber nicht
etwa nach altmodischer Art, in den Backofen gestellt,
sondern auf endlos über Trommeln rotierende Ketten
gelegt, die sie ohne Aufenthalt durch den auf 190
Grad erhitzten Ofen hindurchziehen. Dieser Weg
nimmt etwa sechs Minuten in Anspruch. Die Backwaren, die auf der einen
Seite roh in den Ofen gelangten, verlassen ihn nach dieser Frist auf der
andern Seite knusprig braun gebacken. Die Backart garantiert den ständig
gleichmäßigen Ausfall der Honigkuchen. Die „Thorner Katharinchen" sind
das beliebteste Produkt der Honigkuchen-Fabrikanten; von ihm stellt die
Weesesche Fabrik jährlich viele Millionen Stücke her, außer dieser Spezialität
aber noch gegen hundert andere Pfefserkuchenarten.
Von den Katharinchen wird folgende Sage erzählt: „Als die Ordens-
ritter wieder einmal einen ruhmreichen Sieg über die heidnischen Litauer
erkämpft hatten, war ihnen neben anderer Beute auch eine Anzahl Jung-
frauen in die Hände gefallen. Es machte den edlen Rittern viel Kopf-
zerbrechen, wie sie diese schütz- und obdachlosen Jungfrauen unterbringen
und versorgen sollten. Der Hochmeister entschied, daß die reiche Kriegsbeute
verkauft und aus dem Erlös ein Nonnenkloster für die kriegsgefangenen
Jungfrauen gegründet werden sollte. Sein Befehl wurde sogleich befolgt,
Alte Pfefferkuchenform.
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Verbesserung ihrer Wirtschaften Aufwendungen zu machen, die großenteils-
zunächst in der Einführung von Zuchtvieh angelegt wurden. Die Folge
war, daß die Landwirte das größte Interesse für den Brennereibetrieb ge-
wannen und alle Mühe anwandten, ihn, wo es irgend möglich wäre, zu ver-
bessern. Die Brennereien wurden anfangs nur mit Handarbeit getrieben,
alle Maschinen waren so eingerichtet, daß sie durch Menschenkräfte in Be-
wegung gesetzt werden konnten. Die Kartoffeln wurden in großen hölzernen
Fässern mit Dampf gekocht, wenn sie gar waren, auf Pressen geleitet, die
durch Männer gedreht wurden, die gequetschte Masse in den sog. Vormaisch-
bottichen mit heißem Wasser gemischt und von Männern, welche neben dem
Vormaischbottich auf Bänken standen, mittels Latten, welche die Form von
Rudern hatten, durcheinander gemischt, dann diese „Maische" in ein großes,
flaches Holzgefüß, das sog. Kühlschiff, gepumpt und darin gerührt, bis der
nötige Grad von Abkühlung erreicht war. Dann wurde diese fertige Maische
in andere Holzgefüße, die sog. Gärungsbottiche, geleitet, dort Hefe zugesetzt,
und die Gärung, durch welche der aus der Kartoffelstärke hervorgegangene
Zucker in Spiritus verwandelt wird, eingeleitet. Aus dieser Schilderung
geht hervor, daß eine große Zahl von Menschenkräften zu dem Betriebe er-
fordert wurde, und die Bemühung der Landwirte, an ihrer Stelle Maschinen-
betrieb, der durch billigere tierische Kräfte geleistet wurde, einzuführen, nahe-
lag. Diese Bemühungen hatten Erfolg, man richtete sog. Göpel ein, in welchen
Pferde ein Rad in Bewegung setzten, durch welches ein kompliziertes Ma-
schinenwerk in Tätigkeit gebracht und alle Pumpen und Rührwerke getrieben
wurden. Nachdem man erfahren hatte, daß der Maschinenbetrieb eine be
deutend billigere Kraft herstellte, als durch Menschenarbeit zu erreichen war,
wandte man diese Erfahrung auch für andere landwirtschaftliche Betriebe
an, und großes Aufsehen machte es, als die ersten Dreschmaschinen, die durch
Göpelwerk bewegt wurden, erschienen. Diese Arbeit wurde nicht blos
billiger, sondern auch bedeutend besser ausgeführt, als das Dreschen mit den
Händen das konnte, denn die Getreidekörner wurden viel reiner aus den Ähren
gelöst, als es auf die alte Art möglich war. Als Beweis hiefür wurde
häuiig angeführt, daß die Hühner das sogenannte Maschinenstroh viel
weniger sorgfältig durchsuchten, als das durch sogenannten Handdrusch ge-
wonnene Stroh.
Die hier erwähnten Erfolge reizten die Landwirte zu weiteren Ver-
suchen, die Handarbeit durch die Maschinenkraft zu ersetzen; zunächst kamen
die Säemaschinen an die Reihe, dieselben verteilten das Saatkorn viel gleich-
mäßiger, als es mit der Hand möglich gewesen war, und nicht lange darauf
folgten die Mähmaschinen, welche ihre Arbeit ebenfalls billiger und besser
leisteten, als früher die Schnitter. Die Mittel dazu, das muß ausdrücklich
wiederholt werden, flössen großenteils aus dem Erlös für Spiritus, und
wir können nicht dankbar genug betonen, daß die Einführung des Brennerei-
Betriebes ein äußerst wirksames Mittel zur Entwicklung der Landwirtschaft
dargeboten hat. Ueber die Benutzung von Maschinenkräften ist endlich noch
zu sagen, daß seit einigen Jahren an Flüssen Stauungs-Anlagen gemacht
sind, wodurch Wasserräder getrieben werden, die elektrische Kraft erzeugen
(Uberlandzentralen). Diese Kraft ist durch Drähte auf mehreren Gütern zum
Betriebe landwirtschaftlicher Maschinen verwandt worden, wodurch eine er-
hebliche Ersparnis an Dampf- und Pferdekräften erzielt ist.
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— 263
Zahlreiche Anlagen umfaßt die Industrie der Nahrungs- und
Genußmittel, die seit den ältesten Zeiten in Danzig geblüht hat. Zunächst
nennen wir die Mühlenindustrie mit mehreren Getreidemühlen, die teils durch
Wasserkraft, teils mit Dampf betrieben werden, sodann eine Ölmühle und
Weizenstärkefabrik. Seit einigen Jahren hat Danzig drei Brotfabriken,
welche die Herstellung von Brot in größerem Umfange betreiben. Die Zucker-
industrie, die in der Provinz Westpreußen l9, größtenteils auf dem platten
Lande befindliche Fabriken von Rohzucker umfaßt, ist in Danzig durch zwei
große Raffinerien vertreten. Im Zusammenhange mit der Zuckerindustrie
steht die Fabrikation von Schokolade und Zuckerwaren. Die Bierbrauerei
Danzigs genießt schon seit Jahrhunderten einen guten Ruf; sie hat in den
letzten Jahren einen bedeutenden Aufschwung genommen. Heute haben wir
in Danzig eine große Anzahl von leistungsfähigen Brauereien. Desgleichen
hat die Likörfabrikation, der zahlreiche Betriebe angehören, ihr Absatzgebiet
weit über das Weichbild von Danzig ausgedehnt. Erwähnt seien noch
mehrere Fabriken für Mineralwasser und sonstige alkoholfreie Getränke. Die
Tabakindustrie zählt mehrere Kau-, Rauch- und Schnupftabakfabriken sowie
einige Zigarettenfabriken, die sich eines regen Absatzes erfreuen. Zur Industrie
der Nahrungs- und Genußmittel zählen schließlich noch Anlagen zum Schälen
von Graupen, Grützen und Erbsen, zur Gewinnung von Speisefetten, zum
Rösten von Kaffee, zur Herstellung von Melassefutter, sowie mehrere Fisch-
räuchereien.
Die Holzindustrie, die man als die wichtigste Industrie des Ostens
bezeichnen kann, hat in Danzig und Umgegend eine Menge verschiedenartiger
Anlagen. Etwa zwanzig Dampfsägewerke stellen vorzugsweise aus Kiefern-
holz, das sie aus den Wäldern des östlichen Deutschlands oder aus Rußland
und Galizien beziehen, Bretter, Bohlen, Leisten u. dgl. her und versenden
ihre Ware, durch ganz Deutschland und nach dem Auslande. Ferner sind
hierher zu rechnen Tischlereien für Fenster, Türen u. dgl., Parkettfabriken,
eine Kistenfabrik, eine Faßfabrik, eine Fabrik für Steinholzfußböden (Dolo-
ment) und eine Anstalt für die Imprägnierung von Eisenbahnschwellen.
Dazu kommen die Erzeugnisse der Danziger Möbelfabriken, die einen guten
Ruf genießen.
Die Industrie der Steine und Erden umfaßt eine Reihe von
Ziegeleien und Kiesgräbereien in der Nähe von Danzig, namentlich in den
Amtsbezirken Brentau, Kelpin und Matern, sodann eine Zementwarenfabrik,
einen größeren Steinmetzbetrieb mit Bildhauerwerkstätte und eine Glashütte,
die ausschließlich Flaschen erzeugt. Endlich gehören hierher die Werkstätten
der Bernsteinverarbeitnng.
Die chemische Industrie ist im Osten noch wenig entwickelt. Immerhin
treffen wir in Danzig einen alten Großbetrieb an, die Zweigniederlassung
der Chemischen Fabrik Akt.-Ges. vormals Milch & Co. in Posen, die Dünge-
mittel, Superphosphate, Schwefelsäure, Cyanprodukte und andere Erzeugnisse
herstellt. Auch die neuentstandene chemische Fabrik von Felix Kloß L 0,-.
Schubert sei hier erwähnt, die ebenfalls die Herstellung von Düngemitteln
und Schwefelsäure betreibt. Im Zusammenhang mit der chemischen Industrie
seien mehrere größere Seifenfabriken und eine Lack- und Firnisfabrik angeführt.
Materialien für das Baugewerbe, das etliche Großbetriebe zählt,
liefern vier Dachpappen- und Teerproduktensabriken. Einige Firmen stellen
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Extrahierte Personennamen: Felix_Kloß Felix Schubert