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1. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 23

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 23 6. Einst hatt’ ein Schneider grosse Pein: der Staatsrock sollte fertig sein; warf hin das Zeug und legte sich hin auf das Ohr und pflegte sich. Da schlüpften sie frisch in den Schneidertisch und schnitten und rückten und nähten und stickten und fassten und passten und strichen und guckten und zupften und ruckten. Und eh’ mein Schneiderlein erwacht, war Bürgermeisters Rock bereits gemacht. 7. Neugierig war des Schneiders Weib und macht sich diesen Zeitvertreib: streut Erbsen hin die andre Nacht. Die Heinzelmännchen kommen sacht. Eins fähret nun aus, schlägt hin im Haus; die gleiten von Stufen und plumpen in Kufen, die fallen mit Schallen, die lärmen und schreien und vermaledeien. Sie springt hinunter auf den Schall mit Licht: — husch, husch, husch, husch! verschwinden all’. 8. 0 weh! nun sind sie alle fort, und keines ist mehr hier am Ort. Man kann nicht mehr wie sonsten ruhn, man muss nun alles selber thun. Ein jeder muss fein selbst fleifsig sein und kratzen und schaben und rennen und traben und schniegeln und bügeln und klopfen und hacken und kochen und backen. Ach, dass es noch wie damals wär’! doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her. Kopisch.

2. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 33

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 33 und hat's Büblein mitgenommen. Er hat's gehängt an einen Ast gar hoch; dort hängt das Büblein und zappelt noch. Ist denn das Büblein gestorben? Nein, es zappelt ja noch! Morgen gehn wir 'naus und thun's 'runter. Riickert. 35. (113.) Die drei Blicke. Ein frommer Mann wurde einst gefragt, woher es komme, daß er trotz aller Not des Lebens doch so zufrieden und gleichmütig sei. Er antwortete: „Jeden Morgen, ehe ich an die Geschäfte gehe, richte ich meine Augen be- dachtsam auf drei Dinge: Erstens heb' ich sie gen Himmel und erinnere mich, daß mein Hauptgeschäft und das Ziel meines Lebens und Strebens dort oben ist; zweitens senk' ich sie zur Erde und bedenke, wie wenig Raum ich bedarf, um einst in ihr mein Grab zu finden; drittens endlich schaue ich um mich und betrachte die Menge derer, denen es noch schlimmer ergeht als mir." Aurbacher. 36. (42.) Mahnung. 1. Hütet eure Zungen! das1 geziemt den Jungen. Stosst den Riegel vor die Thür; lasst kein böses Wort herfür! 2. Hütet eure Augen, sollen sie was taugen! Lasst sie gute Sitt' erspähn, sie hinweg von böser sehn! Walther v. 3. Hütet wohl der Ohren! oder ihr seid Thoren. Lasst ihr böse Wort' herein, nur zum Schaden wird’s euch sein. 4. Wehrt darum den dreien, den ja allzu freien! Zungen, Ohren, Augen sind voller Schalkheit, taub und blind. L. Vogelweide, übers, v. Schneider (gekürzt). 37. (115.) Fritz Oberlin. Fritz Oberlin, später Pfarrer im Steinthale, ging als zwölfjähriger Knabe eines Tages über den Straßburger Markt; da sah er, wie einige un- gezogene Knaben einem Bauernweibe ihren Korb mit Eiern vom Kopfe stießen. Das Weib war trostlos. Fritz sieht die Buben mit einem durchbohrenden Blicke an, schilt ihre Unart tüchtig aus und tröstet das weinende Weib. Dann bittet er sie, etwas zu warten, und läuft spornstreichs nach Hause zu seiner Sparbüchse. Im Fluge kommt er zurück, schüttet den ganzen Inhalt der Büchse in die Schürze der überraschten Bäuerin aus und ist auch sogleich wieder fort, ohne ihren Dank abzuwarten. Schleswig-holst. Kinderfreund. 3

3. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 44

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
44 I. Fabeln, Märchen und belehrende 5. Eines Tages begegnete ihm ein Fuhrmann, der auf einer steinigen, Straße seine Pferde über die Gebühr antrieb. „Kann ich," fragte er im Vorbeifahren, „wohl noch vor Abend zur Stadt kommen?" — „Wenn Ihr langsam fahrt," antwortete Eulenspiegel. Der Kerl ist wohl nicht klug, dachte der Fuhrmann und trieb die Pferde nur noch mehr an. Gegen Abend kam Eulenspiegel auf demselben Wege zurück und traf den Fuhrmann wieder auf der Straße an, und zwar in großer Verlegenheit. Durch das Jagen auf steinigem Boden war ihm nämlich ein Rad am Wagen gebrochen, und er mußte sich nun bequemen, die Nacht unter freiem Himmel zuzubringen. Sagte ich's Euch nicht," sprach Eulenspiegel, „daß Ihr langsam fahren müßtet, wenn Ihr noch zur Stadt wolltet?" Till Eulenspiegel war zu Kneitlingen unweit Schöppenstedt im Herzog- tum Braunschweig geboren; er starb im Jahre 1350 zu Mölln im Kreise Herzogtum Lauenburg, wo man heute noch seinen Grabstein zeigt. S-huiz. 55. (165.) Wächterruf. 1. Hüret, was ich euch will sagen! die Glocke Hat zehn geschlagen. Jetzt bet' und such' die Lagerstatt! und wer ein gut Gewissen Hat, schlaf' sanft und wohl! Jm Himmel wacht ein heiter Aug' die ganze Nacht. 2. Hüret, mas ich euch will sagen! die Glocke Hat elf geschlagen. Und wer noch an der Arbeit schwitzt, und wer noch bet den Karten sitzt, zum letzten Mal rus' ich thm zu: 's ist hohezett, — und geh zurruh'! 3. Hüret, was ich euch will sagen! die Glocke Hat zwolf geschlagen. Und wo noch in der Mitternacht ein Herz in Leid und Kummer wacht: Gott geb' dir eine sanfte Stund' und mach' dich wiederum gesund! 4. Hüret, was ich euch will sagen! die Glocke Hat eins geschlagen. Und wo nach Satans Rat und List ein Dieb auf dunkeln Pfaden ist, — ich will's nicht hoffen, doch geschieht's — : geh heim! der Richter droben sieht's. 5. Höret, was ich euch will sagen! die Glocke hat zwei geschlagen. Und wem schon wieder, eh's noch tagt, die schwere Sorg' am Herzen nagt: du armer Tropf, dein Schlaf ist hin. Gott sorgt; schlag dir sie aus dem Sinn! 6. Höret, was ich euch will sagen! die Glocke hat drei geschlagen. Die Morgenstund' am Himmel schwebt; und wer den neuen Tag erlebt, dank' Gott und fasse frohen Mut und geh' ans Werk und — halt dich gut! Hebel, übers, v. Schneider. 56. (141.) Das Hirtenbüblein. Es war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der

4. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 50

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
50 I Fabeln, Märchen und belehrende wie er es mit seinen zwei einzigen Augen durchfechten werde, alle diese Merkwürdigkeiten genug zu sehen und zu betrachten, bis endlich ein grosses Schiff seine Aufmerksamkeit auf sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon stan- den ganze Reihen von Kisten und Ballen auf und neben einander am Lande. Noch immer wurden mehr herausgewälzt und Fässer voll Zucker und Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann heisse, dem das Meer alle diese Waren an das Land bringe. „Kannitverstan!u war die Antwort. Da dachte er: Haha! schaut’s da heraus? Kein Wunder! wem das Meer solche Reichtümer an das Land schwemmt, der hat gut solche Häuser in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen vor die Fenster in vergoldeten Scherben. Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht traurige Betrachtung bei sich selbst an, was er für ein armer Teufel sei unter so vielen reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: Wenn ich’s doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser Herr Kannitverstan es hat! kam er um eine Ecke und erblickte einen grossen Leichenzug. Vier schwarz vermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarz überzogenen Leichenwagen lang- sam und traurig, als ob sie wüssten, dass sie einen Toten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und Bekannten des Verstorbenen folgte nach, Paar und Paar, verhüllt in schwarze Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt ergriff unsern Fremdling ein wehmütiges Gefühl, das an keinem guten Menschen vorübergeht, wenn er einen Leichenzug sieht; und er blieb mit dem Hute in den Händen an- dächtig stehen, bis alles vorüber war. Doch machte er sich an den letzten vom Zuge, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner Baumwolle gewinnen könne, wenn der Centner um zehn Gulden auf- schlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Ent- schuldigung. „Das muss wohl auch ein guter Freund von Euch gewesen sein,“ sagte er, „dem das Glöcklein läutet, dass Ihr so betrübt und nachdenklich mitgeht?“ — „Kannitverstan!“ war die Antwort. Da fielen unserm guten Tuttlinger ein paar grosse Thränen aus den Augen, und es ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht ums Herz. „Armer Kannitverstan!“ rief er aus, „was hast du nun von allem deinem Reichtum? Was ich einst von meiner Armut auch bekomme: ein Toten- kleid und ein Leintuch und von all deinen schönen Blumen vielleicht einen Rosmarin auf die kalte Brust oder eine Raute.“ Mit diesen Ge- danken begleitete er die Leiche, als wenn er dazu gehörte, bis ans Grab, sah den vermeinten Herrn Kannitverstan hinabsenken in seine

5. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 55

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 55 An dem See stand vor vielen, vielen Jahren eine Fischerhütte aus Holz und Stroh und einen Steinwurf davon auf dem Hügel ein Schloss aus Granitquadern und mit einem kupfernen Dache, das Weidhaus ge- nannt. In der Hütte wohnte ein Fischer mit seinem Knaben; und in das Schloss kam alle Jahre im Herbst oder Winter, je nachdem es den Hirschen galt oder den Säuen, der Herr von Haldenstein auf die Jagd, nicht allein sondern immer mit einem wilden Haufen von Jägern und Hunden, Junkern und Edelfrauen, die den Jagdspiefs geschickter führten als die Nadel und die Reitpeitsche lieber als die Spindel. Dann war Belial Hauspatron in dem Schlosse. Der Kellermeister fluchte zwischen den Fässern, der Koch in der Küche, der Wildmeister unter den Rüden, der Freiherr am Spieltische, wenn kein Jagdwetter war, und seine Frau unter den Kammermägden. Auf dem Dache knarr- ten die Windfahnen, auf den Stiegen sangen die Katzen, in den Gängen dröhnte der Zugwind; die Hunde heulten im Hofe, und die Thüren wur- den fort und fort zugeschlagen, dass es lautete wie ein Heckenfeuer vor der Schlacht. Auf der hohen Rüster neben dem Schlosse hatten zwei Elstern ihr Haushalten. Der Freiherr und seine Kumpane zechten bis Mitternacht; die Leibjäger, wenn sie ihre Herren zu Bette geführt hatten, noch ein paar Stunden länger. Wenn der Tag graute, kam die alte Schaffnerin, die Zecher auszutreiben; und war dieses vermittels des Besens geschehen, dann rauschten die Borwische über die Tapeten, dann fegten die Bürsten und klirrten die Gläser und schnatterten die Mägde, bis das Waldhorn wieder die Schlafenden in dem untersten und obersten Stockwerk weckte. Ein Sonntag aber stand in dem Kalender des Freiherrn nicht. Das Weidhaus hatte auch keine Kapelle wie andere christliche Schlösser, keinen Altar und kein Messbuch, und der Kaplan, den der Herr von Haldenstein jedesmal in seinem grossen Gefolge hatte, hielt seine Ferien und erforschte die Tiefe der Becher. In der Hütte am See war es anders. Wenn im Winter das Feuer auf dem Herde und im Sommer das Feuer am Abendhimmel erloschen war, hörte man unter dem Strohdache nichts mehr als ein Abendlied, ein Gebet und dann das leichte, ruhige Atmen des Fischers und seines Sohnes im Schlafe. Zum Morgenlied meckerten die Geissen hinten im Stalle um ihr Futter, und den ganzen Tag über wurden der Alte und sein Knabe nicht lauter als die Wellen im See, die an die Seiten des Nachens schlugen, weil sie nichts Besseres zu thun hatten. 2. Auf das Schloss ging der Fischer nicht gern. Denn er war einer von den Böhmischen Brüdern, die damals wegen ihrer Verborgenheit und Zurückgezogenheit auch Grubenheimer genannt wurden; und die Flüche und Narrenteidinge, die er im Weidhause hören musste, waren

6. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 56

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
56 I. Fabeln, Märchen und belehrende ihm so zuwider wie dem Ackergaul die schwirrenden Bremsen. Es dünkte ihn zuweilen, als höre er durch den abscheulichen Lärm noch andere Töne, nämlich den Bass in der Höllenmusik, ohne dass man sagen konnte, sie kämen daher oder dorther. Seinen Knaben, der ihm immer die Fische im Lägel den Schlossberg hinauftragen half, nahm er nie in das Weid- haus mit hinein sondern liess ihn draussen am Hofthor warten, bis er die Karpfen und Forellen dem Koche vorgewogen und dafür das Seine empfangen hatte. Mein Kopf und mein Herz, dachte der fromme Mann, tanzen nicht mehr nach dieser Musik; aber der Fuss meines Toni steht noch nicht so fest. Aber einmal — es war am heiligen Christabend — rief die gnädige Frau den Jungen, der mit den Händen unter den Hosenträgern am Hofthor lehnte und pfiff, zu sich in ihr Zimmer, legte ein schweres böhmisches Goldstück in seine Hand und sprach zu ihm: „Toni, geh eilends hinunter nach Zwiesel zum Italiener und kaufe sechs Pfund Wachskerzen! denn es ist heute bei uns Festschmaus und Tanz; und den Küchenjungen hat der Sultan gebissen.“ Und der Knabe beurlaubte sich bei seinem Vater und lief hinab in den Flecken, vor dem der grosse und der kleine Hegen zusammen- kommen, um mit einander den weiten Umweg in die Donau zu machen. Es hatte in diesem Jahre noch nicht geschneit. Die Meisen trieben in den Erlen- und Weidenbüschen ihre lustigen Gaukeleien, und die Felsen sonnten sich an der Sommerseite des Thales. Auch bei dem Krämer in Zwiesel war heiteres Wetter. Er gab mit grosser Freundlichkeit dem Knaben zu den langen weissen Kerzen noch drei kleinere bunte darein und sagte: „Toni, die zündest du heute Abend dem Christkindlein an; und diesen Pfefferkuchen im Fliesspapier teilst du mit deinem Vater. Wenn die Herrschaft im Weidhause fort ist, soll er seine Fische wieder mir bringen und dem geistlichen Herrn auf die Fasttage.“ Den Knaben freute die Weihnachtsgabe; und ob es gleich heim- wärts bergan ging, so brauchte er doch zum Rückweg eine halbe Stunde weniger als zum Hinweg. Auf Geheiss der Schlossfrau bekam er als wohlverdienten Botenlohn einen Mariengroschen und ein Krüglein Met. Dies brachte er seinem Vater. Der hätte nun gern die Kerzen des Toni aufgehoben und nach und nach angezündet; aber der Knabe meinte, man dürfe dem Jesuskinde schon etwas zu Ehren thun, machte Gestelle aus weichem Thon, steckte die bunten Kerzen hinein und zündete sie, als sich der Tag geneigt hatte, alle drei mit einander an, dass die Fischerstube noch nie so er- leuchtet gewesen war, solange sie stand. Mit seinen Fingern, die am Ruder hart geworden waren, putzte er sie, und sein Vater las dabei die zwei ersten Kapitel des Evangelisten Lukas. Darnach genossen sie mit Danksagung den Met und den Pfefferkuchen.

7. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 15

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 15 22. (133.) Die Bärenhaut. Zwei Jägerburschen hörten von einem großen, starken Bären, der sich im nahen Walde aufhalten sollte, und freuten sich schon im voraus auf den schönen Pelz, den sie ihm abziehen wollten. „Wenn ich ihn schieße," sagte der eine, „so lasse ich mir aus dem Pelz einen Mantel machen; der soll mich im Winter hübsch wärmen." — „Nein!" sagte der andere, „schieße ich ihn, so verkaufe ich den Pelz. Der Kürschner bezahlt mir zehn Thaler dafür; die sollen mir schön in dem Beutel klingen." Unterdessen war es Zeit geworden, in den Wald zu gehen. Als sie aber dort so allein waren und von ferne das Brummen des Bären hörten, da wurde es ihnen doch ein wenig bange. Als der Bär nun gar näher kam, da warf der, welcher den Pelz verkaufen wollte, seine Flinte weg und kletterte so schnell als möglich auf einen Baum. Der andere aber, der sich auch nicht zu bleiben getraute, konnte nicht mehr flüchten. Zum Glück fiel ihm ein, daß Bären keinen toten Menschen anrühren. Er warf sich also auf den Boden, hielt den Atem an und streckte sich hin, als wenn er tot wäre. Der Bär kam grimmig auf ihn zu; als er aber sah, daß der Bursche kein Glied rührte, beroch er ihn ein wenig und lief dann weiter, ohne ihm ein Leid zu thun. Wie nun der Bär weit genug fort war, erholten sich die beiden von ihrem Schrecken; der eine stieg von dem Baume herunter, und der andere stand vom Boden auf. Da fragte der, welcher von oben zugesehen hatte, den andern spöttisch: „Hör' einmal, was hat dir denn der Bür ins Ohr gesagt?" — „Ja," er- widerte der andere, „alles habe ich nicht genau verstanden; aber eins hat er mir deutlich ins rechte Ohr gesagt, nämlich: Man soll die Haut des Bären nicht verkaufen, bevor man den Bären hat. Und in das linke Ohr hat er mir gesagt: Wer seinen Freund in der Not im Stiche läßt, ist ein schlechter Kerl." Curtmann. 23. (32.) Blau Veilchen. 1. Ein kleines Blauveilchen stand eben erst ein Weilchen unten im Thal am Bach; da dacht' es einmal nach und sprach: „Daß ich hier unten blüh', lohnt sich kaum der Müh'; muß mich überall bücken und drücken; bin so ins^Niedre gestellt, sehe gar nichts von der Welt.

8. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 61

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 61 Man darf nicht gegen den Tisch stoßen oder am Tischtuch ziehen, wenn eine Lampe darauf steht. Personen, welche eine brennende Lampe oder ein Licht tragen, darf man nicht jagen, necken oder erschrecken. Niemand soll mit offenem Lichte auf den Boden, in den Keller, in die Scheune oder in die Ställe gehen. Centralblatt für die gesamte preußische Unterrichtsverlvaltung. 68. Die Parabel vom Brunnen. Es ging ein Mann im Syrerland, führt’ ein Kamel am Halfterband. Das Tier mit grimmigen Gebärden urplötzlich anfing, scheu zu werden, und that so gar entsetzlich schnaufen, der Führer vor ihm musst’ ent- laufen. Er lief und einen Brunnen sah von ungefähr am Wege da. Das Tier hört er im Rücken schnauben; das musst’ ihm die Besinnung rauben. Er in den Schacht des Brunnens kroch ; er stürzte nicht, er schwebte noch. Gewachsen war ein Brombeer- strauch aus des geborstnen Brunnens Bauch; daran der Mann sich fest that klammern und seinen Zustand drauf be- jammern. Er blickte in die Höh’ und sah dort das Kamelhaupt furchtbar nah, das ihn wollt’ oben fassen wieder. Dann blickt’ er in den Brunnen nieder; da sah am Grund er einen Drachen aufgähnen mit entsperrtem Rachen, der drunten ihn verschlingen wollte, wenn er hinunterfallen sollte. So schwebend in der beiden Mitte, da sah der Arme noch das dritte: Wo in die Mauerspalte ging des Sträuchleins Wurzel, dran er hing, da sah er still ein Mäusepaar; schwarz eine, weiss die andre war. Er sah die schwarze mit der weissen abwechselnd an der Wurzel heissen. Sie nagten, zausten, gruben, wühlten, die Erd’ ab von der Wurzel spülten, und wie sie rieselnd niederrann, der Drach’ im Grund aufblickte dann, zu sehn, wie bald mit seiner Bürde der Strauch entwurzelt fallen würde. Der Mann, in Angst und Furcht und Not, umstellt, umlagert und umdroht, im Stand des jammerhaften Schwebens, sah sich nach Rettung um ver- gebens. Und da er also um sich blickte, sah er ein Zweiglein, welches nickte vom Brombeerstrauch mit reifen Beeren.

9. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 89

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
und ihrem Leben. 89 wollten würde, wenn das Schiff absegelte. Zufällig verweilte es lange genug im Hafen, dass die Schwalben ihr Nest vollenden, Eier legen und die Jungen ausbrüten konnten. Dabei waren sie unbekümmert um allen Lärm und alles Hantieren auf dem Schiffe, flogen hin und wieder, um ihre Jungen zu füttern, und safsen lustig zwitschernd bei ihrem Neste. Da entfernte sich plötzlich das Schiff vom Lande, und die Schwalben bemerkten, dass sie mit ihrem ganzen Haushalte fortgeführt wurden. Sie erschraken darüber, flogen auf und umkreisten ängstlich das immer weiter eilende Schiff, holten aber doch noch Nahrung für ihre Jungen vom Lande. Endlich wurde die Entfernung zu gross. Die Schwalben sahen, dass sie nicht mehr hin- und herfliegen konnten. Dies machte sie sehr traurig; und es war rührend anzusehen, wie sie ängstlich das Schiff umflogen und sich nicht entschliefsen wollten, es für immer zu verlassen. Einige Stunden waren sie dann fort, aber plötzlich erschienen sie wieder. Sie waren nicht am Lande gewesen und hatten kein Futter für ihre Jungen; traurig setzten sie sich zu ihnen, als wollten sie sagen, sie könnten jetzt keine Nahrung mehr für sie finden. Die hungrigen Jungen streckten ihnen ihre offenen Schnäbel entgegen; da flogen die Alten noch einmal aus und suchten noch einmal das Land zu erreichen, kamen aber mehrere Male unverrichteter Sache wieder. Endlich blieben sie aus. Das Schiff war nun weit in See. Die Matrosen nahmen sich der armen jungen Schwalben an, fütterten sie gross, und auf einer schönen Insel im stillen Ocean liessen sie sie fliegen. Nach Lenz. 102. (62.) Waldkonzert. Konzert ist heute angesagt im frischen, grünen Wald. Die Musikanten stimmen schon; hört, wie es lustig schallt! Der Distelfink spielt keck vom Blatt die erste Violin'; sein Vetter Buchfink nebenan begleitet lustig ihn. Frau Nachtigall, die Sängerin, die singt so hell und zart; und der Herr Hänfling bläst dazu die Flöt' nach bester Art. Die Drossel spielt die Klarinett'. Der Rab', der alte Mann, streicht den verstimmten Brummelbaß, so gut er streichen kann. Der Kuckuck schlägt die Trommel gut; die Lerche steigt empor und schmettert mit Trompetenklang voll Jubel in den Chor. Musikdirektor ist der Specht; er hat nicht Rast noch Ruh', schlägt mit dem Schnabel spitz und lang gar fein den Takt dazu. Verwundert hören Has' und Reh das Fiedeln und das Schreibt; und Biene, Mück' und Käferlein die stimmen surrend ein. Diesfenbach.

10. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 93

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
und ihrem Leben. 93 schwesterchen im Hag. Der Herbst rückt heran, und wenn jetzt der Jagdhund den ausgewachsenen Hasen aufspürt, so ist von Mitleid oder Großmut keine Rede Mehr. Nach Ad Müller. 107. (96.) 1. Als den Herrn ans Kreuz ge- schlagen nun des Feldes Bäume sahn, kam ein Zittern und ein Zagen allen fernen, allen nah'n. Nur der Espe Krone ließ die Blätter ohne Beben in die Lüfte ragen, gleich als ging' sie das nichts an. 2. Damals ward der Fluch ge- sprochen, und ihn hörte Berg und Kluft: „Daß dir sei dein Stolz gebrochen, Die Espe. zittre künftig jeder Luft! Andre Bäume zittern nur in Ungewittern; zitternd soll das Herz dir pochen, wenn im Wald ein Vogel ruft. 3. Zittre, wo im Erdenkreise künftig du entkeimst dem Staub! jedes Blatt soll zittern leise, bis es wird des Herbstwinds Raub. Und in allen Tagen soll man hören sagen dir zur Strafe sprichwortweise: „Zittern wie ein Espenlaub!" Rückert. 108. 11er Fuchs. Der Abend haucht aus Halm und Blatt. Die Bäume heben ihre Wipfel regungslos in die Stille; nur die Vogelkehlen sind noch laut. Die Drossel lockt mit hellem Ton, die Meise schlüpft ihr Liedchen schrillend von Busch zu Busch; der Waldschreiner Specht hackt und hämmert am Eichenstumpf, dazwischen kreischt der Häher; und ist dann auf einmal alles still, so stöhnt aus dem Schosse der grünen Einsamkeit der eintönige Bus des Wiedehopfs. Reineke ist am Rande der Waldwiese angekommen. Er lauscht. Die Blumen neigen ihre Kelche; da und dort summt noch eine Biene, oder ein schwer gepanzerter Käfer schweift behaglich brum- mend in geschwungenem Bogen dahin. Jetzt knackt es in den Zweigen. Der Fuchs spitzt das Ohr, — ein Pfeifen lässt sich hören. Da tritt das Reh heraus, das Haupt keck emporgerichtet, die Augen nach allen Seiten rollend. Wieder pfeift es, und in schlankem Sprunge ist das Kälbchen der Alten zur Seite. In den drolligsten, zierlichsten Sätzen tändelt es um die Mutter, ein Blatt, ein Kraut wie im Fluge abstreifend und dann sich niederwerfend, um zu saugen. Die Mutter leckt ihm kosend den Kacken. Plötzlich hebt die Ricke den Kopf. Ihre Augen funkeln, ein Zittern fliegt über die Flan- ken, sie macht ein paar Sprünge und stampft zornig mit den Läufen. Es ist klar, — sie hat den Räuber gewittert. Der hat sich leisen Fusses herangestohlen, sacht, sacht, das Kitzlein unverrückt im Auge. Es gilt
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