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1. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 19

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 19 — Im Osten kämpfte Karl siegreich gegen die Wenden an der Elbe und gegen die mit den Ungarn verwandten Avaren im Donaulande, die den abgesetzten Herzog des Bayernlandes unterstützt hatten, im Norden gegen die Dänen. Zum Schutze der Grenzen errichtete er Burgen, wie Magdeburg und Hamburg, sowie Marken (Grenzgrafschaften), z. B. die Ostmark, aus der später der Staat Österreich hervorgegangen ist. Karls Reich erstreckte sich schließlich vom Ebro bis zur Raab, von der Eider bis zum Tiber. Karls Srtebenstätigfeit. § 32. Die Errichtung des Kaisertums. Als mächtigster Herrscher der Zeit strebte Karl nach einer Würde, die seiner Stellung über den christlichen Völkern am besten entsprach: das war die seit Jahrhunderten erloschene römische Kaiserwürde. Dieses Verlangen erfüllte der Papst Leo Iii. Im Jahre 800 war Karl, den er persönlich in Paderborn um Schutz gegen Widersacher gebeten Gaa hatte, nach Rom gekommen. Am ersten Weihnachtstage, mit Ouu dem man damals das neue Jahr begann, betete der König am Altare der Peterskirche. Da trat unvermutet der Papst vor ihn hin und setzte ihm eine goldene Krone auf das Haupt. Das anwesende Volk aber jubelte und rief: „Heil und Sieg dem großen Karl, dem nach Gottes Willen gekrönten, friedebringenden römischen Kaiser!" Es war das erste „Kaiserhoch" unserer Geschichte. So trat der große Frankenkönig an die Stelle der einstigen weströmischen Kaiser. Das Kaisertum war jetzt ein christlich-ger-manisches und die höchste weltliche Gewalt des Abendlandes. Ein volles Jahrtausend, bis zum Jahre 1806, ist es bestehen geblieben. § 33. Die Ordnung des Reiches. Durch weise Einrichtungen auf allen Gebieten des Völkerlebens einigte Karl das weite Reich. Alljährlich im Monat Mai, wenn die Natur im Schmucke des Frühlings prangte, berief er das „M a i f e l d", eine Reichsversammlung, die zugleich eine Heerschau über die freien Männer war. Dann sah man Karl inmitten seiner Großen, und in ernster Beratung entstanden Gesetze und Verordnungen zum Wohle der Völker. In den Gauen des Reiches, die etwa so groß waren wie preußische Regierungsbezirke, sorgten Grafen für ihre Ausführung. Um den Zustand des Reiches zu beaufsichtigen, zogen Jahr für Jahr zwei Königsboten (oder Sendboten), ein weltlicher und ein geistlicher Herr, von Gau zu Gau. Sie griffen überall ein, wo es nötig war, und erstatteten Bericht an den Kaiser. Wehe dem Beamten, über den sie Klage führten I1) x) Vgl. Lehmanns Wandbild „Sendgrafengericht" (Leipzig, Wachsmuth). 2*

2. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 70

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 70 - Städtische Geschütze schleudern ihre schweren Steingeschosse gegen die bröckligen Umwallungen der Raubnester, und der gefangenen „Schnapphähne" warten Rad und Galgen, Blendung, Vierteilung oder dgl. Die Strafen sind zur Abschreckung ungemein schwer und grausam; selbst geringere Übeltaten werden durch Abhauen der Hand, Brandmarken, Auspeitschen oder Ausstellung am Pranger bestraft. Auf einer einzigen Burg hausen nicht selten mehrere, ja ein Dutzend arbeitsscheuer, verarmter Ritterfamilien, und mancher „Pfeffersack" fällt noch immer den hungernden Wegelagerern, die im Versteck „hinter dem Berge halten", zum Opfer. Zahlreiche Ritter treten in fürstlichen oder städtischen Solddienst. Andere haben aus der alten Glanzzeit ihren Grundbesitz gerettet und nun als „Krautjunker" in eigene Bewirtschaftung genommen. Dadurch aber gerät der unfreie Bauern st and, den auch Krieg und Fehden hart mitnehmen, in wachsende Not. Der Grundherr steigert ihm die Abgaben an Früchten und Vieh, mehrt seine Fronen, die Hand- und Spanndienste, und oft wird der Zinsbauer einfach „abgemeiert" oder „gelegt", d. h. von Haus und Hof gejagt. Der „Dörper" (= Dörfler, Bauer) ward als dummer „Tölpel" verspottet. Schlimm war es, daß das römische Recht, welches gegen Ende des Mittelalters zur Herrschaft in Deutschland kam, ihm feindlich entgegentrat; es betrachtete ihn als unfrei von Natur und sprach ihm jedes Recht an der Scholle ab. So wurde die Bedrängnis des einst so blühenden Standes immer größer, und eine dumpfe Gärung bemächtigte sich der bäuerlichen Kreise. Schon kam es bald hier, bald da zu gefährlichen Ausbrüchen, und der alte deutsche Notruf: „Wlfen, Wlfen!" (zu den Waffen!) schwirrte in der Luft. Mit geballter Faust schaute der bedrückte Hörige von seiner amtlichen Strohdachhütte zu dem Herrenhofe hinüber, und Ingrimm erfüllte sein geknechtetes Gemüt, wenn der harte Gutsherr ihn mißhandelte und dessen Wild ihm den kleinen Acker zerfraß und zerwühlte. „Wir wissen keinen Rat!" stand auf einer Bauernfahne geschrieben. § 129. Die Feme. In W e st f a I e n jedoch, dem Lande des weißen Sachsenrosses, lebte noch die alte, trotzige Bauernart. Hier hatte sich durch alle Stürme der Zeiten hindurch vielfach ein f r e i e r Bauernstand behauptet. Er hegte mit sächsischer Zähigkeit den Rest des altdeutschen Grafengerichts und bildete ihn unter allerlei Formen und Formeln allmählich zu jener eigentümlichen Einrichtung aus, die als Feme, d. h. Genossenschaft, ein großes Ansehen gewonnen hat. Ihre Blüte fällt in die letzte Regierungszeit des Kaisers Sigismund. Nur im Lande Westfalen, auf der roten oder rauhen Erde, konnte nach Femerecht gerichtet werden. Auf dem Grund und Boden eines „Stuhlherrn" stand der

3. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 71

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 71 — „Freistuh l", Tisch und Bank von Stein, wo der F r e i g r a f mit seinen Schöffen, den „Wissenden", tagte; o b e r st e r Stuhlherr war der Kurfürst von Cöln als Herzog von Westfalen. Gegen 400 Gerichtsstätten waren im Lande verstreut; ein besonderes Ansehen hatten die Stühle von Dortmund und Arnsberg an der Ruhr. Unter freiem Himmel, „bei scheinender Sonne," sehen wir den Freigrafen und seine Schöffen, mindestens sieben an der Zahl, zum Gerichte versammelt; ein Lindenbaum rauscht über dem alten Steintische; Schwert und Weidenstrang ruhen auf der Platte. Ringsum stehen Zuhörer, wie bei dem Grafengerichte alter Zeit. Es handelt sich etwa um einen Fall von Straßenraub. Dreimal in sechs Wochen und drei Tagen ist der Beschuldigte vom Freigrafen geladen; der Fron-, d. h. Herrenbote, hat ihm die versiegelte Ladung in die Haustür „gesteckt"; einen „Steckbrief" erlassen oder jemandem etwas „zustecken", sagen wir noch heute. Der Geladene ist nicht erschienen. Daher verwandelt der Freigraf das „offene Ding" in die „heimliche Acht": bei Strafe des Stranges müssen alle Nichtwissenden ganz oder bis auf Hörweite sich entfernen. Der Kläger, ein Schöffe, erhebt für den Beraubten die Klage. Seine Genossen entscheiden, daß sie in aller Form Rechtens vor den Freistuhl gehöre, und nun legt der Kläger kniend die Hand auf das blinkende Schwert und beschwört feierlich die Klage. Das Ausbleiben des Verklagten gilt als Geständnis der Tat. Die Schöffen erkennen auf Schuldig. Darauf erhebt sich der Freigraf und verkündet das Urteil, den Tod: „Ich weise," so heißt es in einer Formel, „seinen Hals dem Stricke, seinen Leichnam den Tieren und Vögeln in der Luft, daß sie ihn verzehren, und befehle seine Seele Gott und setze ihn ledig von Lehen und Gut; sein Weib soll Witwe, seine Kinder Waisen sein!" Der zusammengebogene Weidenstrick fliegt, von der Hand des Freigrafen geschleudert, über die Schranken, und die Schöffen fpeien aus: es ist das Zeichen der Ausstoßung des Verfemten aus der Gemeinschaft der Menschen.i) Die (3) Haöökurger. Das Haus Habsburg, das dein Reiche bereits in Rudolf l. und Albrecht I. zwei Häupter gegeben hatte, behält fortan den Kaiserthron als mächtigstes Fürstengeschlecht bis zu seinem Untergänge. Tie kaiserliche Macht ist an sich bedeutungslos; der Länderbesitz der Habsburger ist ihre einzige Stütze. Die Zeit Friedrichs Iii. § 13ü. (Albrecht Il) und Friedrich Iii. Die ununterbrochene Reihe der habsburgischen Kaiser eröffnet Sigismunds Schwiegersohn x) Gedicht: Sing g, „Die Feme."

4. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 27

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 27 — Lehnswesen bildete schließlich die Grundlage des gesamten mittelalterlichen Staatslebens. § 45» Die Hörigkeit. Anderseits sehen wir, wie mancher arme Freie, um dem Drucke der Kriegspflicht zu entgehen oder Schutz gegen Gewalttat und Bedrängnis zu haben, mit seinem Gute in Abhängigkeit von einem weltlichen oder geistlichen Großen tritt: er beugt vor Zeugen seinen Kopf unter dessen Arm und wird von ihm, zum Zeichen der Herrengewalt, an Haar oder Bart gezupft. Nun ist er ein halbfreier, höriger Mann, er gehört seinem Herrn. Diesem, der für ihn die Wehrlast übernimmt, muß er fortan bestimmte Abgaben und Frondienste leisten. Auch seine Familie wird hörig; der Sohn darf ohne des Herrn Erlaubnis nicht fortziehen, die Tochter nicht ohne sie heiraten; Eltern und Kinder „kleben an der Scholle". Stirbt der Vater, so gehen Grund und Habe nur gegen Entrichtung des „Besthauptes" an den Sohn über; das „beste Haupt" von jeder Art Vieh wandert in den Besitz des Herrn. Die Hörigkeit, die gewissermaßen an die Stelle der von der Kirche unterdrückten Sklaverei trat, breitete sich unaufhaltsam aus. So schmolz der alte freie Bauernstand immer mehr zusammen, während die Macht der Großen wuchs: beides zum Schaden des Reiches. Dritter Abschnitt. Die deutsche Zeit: bis auf Rudolf von Habsburg. Entwicklung und Blüte der Kaisermacht. Die (5) sächsischen Herrscher. Deutschland wird ein nationaler Staat unter einer starken Königsgewalt. Diese erneuert die römische Kaiserwürde und erhebt das Reich zum mächtigsten der Christenheit. Heinrich I. 919-936 § 46. Die Neubegründung des Reiches. „Die Zukunft des Reiches", so hatte König Konrad sterbend erklärt, „steht bei den Sachsen!" Auf seinen Wunsch überbrachte sein Bruder die Zeichen des Königtums, Krone und Mantel, Schwert und Lanze, dem wackeren sächsischen Herzoge Heinrich, und auf diesen fiel denn

5. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 113

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 113 — geschmolzen. Furchtbar griff der Aberglaube um sich; die Sterndeuterei blühte. Durch allerlei Zauber, wie Hexenkräuter und Alraunwurzeln, wähnte man sich gegen das allgemeine Verderben schützen zu können; um hieb- und fchußfest zu werden, trugen besonders die Soldaten sogenannte Passauer Zettel, z. B. mit der Inschrift: „Teufel, hilf mir, Leib und Seele geb ich dir!" Der Trost der Religion war vergessen, und eine dumpfe Gleichgültigkeit beherrschte die Menschen?) § 208» Der Hexenwahn. Mit dem Kriegsbrände mischten sich die furchtbaren „Hexenbrände". Der Hexenglaube, der heidnischen, besonders altgermanischen Ursprungs ist, hatte namentlich seit dem Ende des Mittelalters zahlreiche Hexenprozesse hervorgebracht; aber mehr als je wütete der schlimme Wahn allerorten unter den Schrecknissen des großen Krieges. Man beschuldigte die Hexen eines Bundes mit dem Teufel, der ihnen die Kraft verleihe, den Mitmenschen an Leib und Leben zu schaden und allerlei Verderben zuzufügen. Der Ausdruck „Hexenschuß" erinnert noch daran. Auf nächtlichen Besenfahrten zögen sie, so glaubte man, durch die Lüfte zum Teufelsmahle, und zwar in der Regel auf den Blocksberg oder Brocken, der eine altgermanische Opferstätte war. Jemanden „auf den Blocksberg" wünschen, ist noch eine geläufige Redensart. Die Angeklagten waren befonders Frauen. Folterqualen schrecklicher Art preßten ihnen Geständnisse aus, die meist zum Feuertode führten. Ungezählte Tausende aus allen Bekenntnissen und Ständen, unmündige Kinder nicht ausgenommen, sind diesem Lose verfallen. Vor den Toren von Wolfenbüttel bildeten die Brandpfähle einen förmlichen Wald; in Quedlinburg wurden an einem Tage 133 Hexen verbrannt, und in Würz-burg war jeden Dienstag großes Brennen von mindestens zwanzig Hexen auf einmal. Erst im achtzehnten Jahrhundert fchwand der schlimme Hexenwahn völlig dahin; die letzte Hexe wurde zu Glarus in der Schweiz gerichtet im Jahre 1783. § 204. Welche soziale (gesellschaftliche) Lehre geht aus dem blutigen Streite der Bekenntnisse hervor? Für uns Nachlebende ergibt sich aus dem schrecklichen Kriege, den die religiös-politischen Gegensätze in unserm Volke entzündet hatten, eine ernste soziale Lehre: Da nun einmal das deutsche Volk konfessionell, d. h. nach Bekenntnissen, getrennt ist, so tut nach all dem Jammer, der in Kampf und Streit dadurch über Deutschland hereingebrochen, der einigende Gedanke, daß alle doch denselben vaterländischen und christlichen x) Gedicht: Gryphius, „Tränen des Vaterlandes (Anno 1636)." V o o s - Zurb ons en, Geschichte für Mädchen-Mittelschulen, Teil Iii.

6. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 11

1914 - Düsseldorf : Schwann
Krönungsstadt der Könige von F r a n k r e i ch , wie das neue Reich nun hieß, geblieben. Die Franken folgten dem Beispiele Chlodwigs, und der Papst in Rom verlieh ihm den Titel „Allerchristlichster König", den später auch die französischen Könige geführt haben. Rafch ging die Verschmelzung fränkischen und römifchen Wesens fortan von statten. Aber im Herzen blieb Chlodwig selber zeitlebens ein Heide. Sein Schwert ruhte nicht. Er entriß den Westgoten, deren König im Kampfe fiel, alles Land bis zur Garonne und dehnte sein Reich östlich bis zum Main und Neckar aus. Machtgier trieb ihn sogar zu erbarmungslosem Wüten gegen die eigene Verwandtschaft. Blutbefleckt starb Chlodwig nach 30jähriger Regierung 511 in seiner Hauptstadt Paris. § 18. Die Nachfolger Chlodwigs. Kein unseligeres Herrscherhaus hat es gegeben als die Familie Chlodwigs. Nachdem schon seine Söhne das Frankenreich unter sich geteilt hatten, führten immer neue Gebietstrennungen zu den schlimmsten Zwisten; mit Treulosigkeit und Verrat, mit Gift und Dolch wüteten die Merowinger gegeneinander. In grimmigem Hasse verfolgten sich namentlich die beiden Königinnen Brunhilde und Fredegunde; ein entsetzliches Schauspiel war es, als die gefangene Brunhilde an den Schweif eines wilden Pferdes gebunden und von dem Tiere zu Tode geschleift wurde. In diesen Wirren traten der mehr deutsche Osten, Austrasien, und der mehr römisch gebliebene Westen, Neustrie n, in immer stärkeren Gegensatz. Das Herrscherhaus entartete völlig und verlor die Achtung des Volkes; wenn der König in langwallendem Haar und Barte, dem Abzeichen seiner Würde, einmal im Jahre auf einem Ochsenwagen zu der Reichsversammlung, dem „ Märzfelde ", gezogen kam, um eine auswendiggelernte Ansprache herzusagen, empfing ihn der Spott der Großen. Unaufhaltsam ging das Geschlecht Chlodwigs dem Untergange entgegen. § 19. Die Hausmeier. Unter den Hofbeamten des Königs traten besonders vier hervor: der Truchseß als Vorsteher des Hofgesindes, der M a r s ch a l l als Leiter des Stallwesens und Rossedienstes, der Kämmerer als Hüter der Schatz- und Vorratskammer und der S ch e n k als Ordner der königlichen Tafel. Größere Macht als sie alle erlangte bei der fortschreitenden Unfähigkeit der Könige der sogenannte Majordomus oder Hausmeier. Ursprünglich nur Vorsteher des königlichen Haushaltes, wurde er bald der erste Minister. Das Hausmeieramt war fast unbeschränkt, seitdem es sich in der austrasischen Familie der P i p p i n l d e n vererbte, die aus dem heutigen Belgien stammten. Sie waren ein „kerniges",

7. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 6

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 6 — § 9. Das Ende des weströmischen Reiches. Wie ein großes Trauerspiel der Geschichte vollzog sich immer schneller die Zertrümmerung des römischen Reiches. Um die Mitte des fünften Jahrhunderts gehörten zu ihm nur noch Italien und ein geringer Teil von Gallien. Gerade ein Bierteljahrhundert nach der Hunnenschlacht auf den Katalaunischen Feldern stürzte es völlig zusammen. Germanische Söldner hatten den morschen Kaiserthron bislang gestützt. Als der junge Kaiser R6mulus,zubenanntaugüstulus, d.h. das Kaiserlein, ihnen das geforderte Ackerland in Italien verweigerte, empörten sie sich und erhoben ihren Befehlshaber O d o L k a r auf den Schild. Als gemeiner Söldner, mit Tierfellen bekleidet, war der reckenhafte Mann einst aus seiner Heimat im Donaulande geschieden: als „König von Italien" begrüßten ihn jetzt seine Germanen. Er verwies den J_7fi siebzehnjährigen Romulus auf ein Landgut und siedelte seine Soldtruppen über ganz Italien an. Das war das Ende der tausendjährigen Römerherrschaft in statten: eine neue Zeit, das Mittelalter, hatte begonnen. § 10- Theoderich. Schon nach einem halben Menschenalter stürzte Odoakars Söldnermacht wieder zusammen. Unter den O st g o t e n, die nach dem Ende der Hunnenherrschaft an der mittleren Donau saßen, lebte damals ein vornehmer Jüngling, namens Theoderich oder Dietrich, d. h. Volksfürst?) Zehn Jahre hatte er als Geisel in Konstantinopel verbracht. Ihn hoben die Gotenkrieger auf den Schild. Er führte sein Volk durch die Alpentäler nach dem begehrten Italien2) und schlug den Odoakar entscheidend bei Verona; in der Sage heißt er daher Dietrich von Bern (= Verona). Odoakar ergab sich in dem belagerten Ravenna; bei einem Gastmahle tötete Theoderich ihn treulos mit eigener Hand, 493. Diese Blutschuld hat das Herrscherleben des Gotenkönigs schwer belastet. Ein ganzes Menschenalter regierte Theoderich als „König der Goten und der Römer". Seine Stammesgenossen, denen er ein Drittel des italischen Ackerlandes überwies, bildeten das Heer; die Römer dagegen, die ihr eigenes Recht behielten, saßen in der Verwaltung, trieben Handel und pflegten die Künste des bürgerlichen Lebens. Fremd standen sich beide Bevölkerungsteile gegenüber. Ihre Verschmelzung wollte dem Könige, dem sie sehr am Herzen lag, nicht gelingen, denn beide waren durch Religion, Sprache und Sitte scharf voneinander geschieden. Unter den germanischen Fürsten erfreute sich Theoderich eines großen Ansehens; wie ihr Oberhaupt *) Gedicht: Dahn, „Gotentreue." 2) Gedicht: Dahn, „Gotenzug."

8. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 20

1914 - Düsseldorf : Schwann
Die größte Sorge wandte Karl der Kirche zu. Schwere Strafen standen auf heidnischen Opfern und Gebräuchen, und der Wodansglaube schwand dahin. Zahlreich erhoben sich dagegen Kapellen, Kirchen und Klöster, und Glocken riefen die Christenleute zum Hause des Herrn. Viele Verordnungen erließ der Kaiser für die Heranbildung der Geistlichen und die Würde des Gottesdienstes, für Volkspredigt und Kirchengesang. Jeder freie Bauer aber mußte den zehnten Teil seines Ertrages an die Kirche und zum Unterhalt der Armen geben. Der Kriegsdien st beruhte noch auf dem alten Heerbann; jeder Freie war wehrpflichtig. Für weniger Bemittelte traf Karl aber die Erleichterung, daß sie nur zu dreien oder vieren gemeinsam einen Mann zu stellen hatten. Ausrüstung und Verpflegung hatte fönst ein jeder felbst zu besorgen, und Sold gab es nicht. § 34. Vor Gericht. Dreimal jährlich war in jedem Gaue Ding, d. h. Gericht, unter freiem Himmel. Den Vorsitzenden, den Grafen, umgaben sieben Schöffen. Sie vertraten, wie die heutigen Schössen und Geschworenen, das Volk. Die Freien, die ringsum stehen und zuhören konnten, bildeten den „Umstand". Der Beklagte mußte sich verte—dingen, d. h. verteidigen. Schwuren sechs freigeborene „Eideshelfer", daß sie ihn für unschuldig hielten, fo wurde er freigesprochen. Um nicht von dem „Umstande" wegen unrichtigen Urteils „zu—recht—gewiesen" zu werden, überlegten die Schöffen ihren Spruch „umständlich". Der Verurteilte konnte ihn „schelten", d. H. anfechten; er wandte sich dann an das Hof- oder Pfalzgericht, dessen Vorsitz der P f a l z g r a f führte, und begehrte ein neues Urteil. Als Beweis galten lange Zeit auch die sogenannten „Gottesurteile"; wer z. B. in Feuer oder heißes Wasser faßte, ohne sich „die Finger zu verbrennen", wer gebunden und ins Wasser geworfen oben schwamm, der wurde, so meinte man, dadurch von Gott für unschuldig erklärt und deshalb freigesprochen. Ähnlich entschied man wohl zwischen Streitenden durch Halmziehen: wer „den kürzeren (Halm) zog", hatte verloren. Am häufigsten war ein Zweikampf?) § 35. Aus einem Wirtschaftshofe Karls. Um die wichtige Landwirtschaft zu heben, unterhielt Karl auf den zahlreichen Königsgütern (Domänen), deren Erträge seine Haupteinnahme waren, ausgedehnte Musterwirtschaften. An der Spitze eines solchen Herrenhofes sehen wir einen Amtmann oder Meier. Er hat auch *) Gedichte: Weber, „Auf der Dingstätte." Greif, „Der stumme Kläger." ©tmrodf, „Das Pferd als Kläger." Schack, „Bahrrecht."

9. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 26

1914 - Düsseldorf : Schwann
wenig, und ba§> Geld ist selten. Nur hin und wieder erscheint ein fremder Händler, und die billigen Schmucksachen, Bronzewaren oder Tuche, die er anbietet, erregen das Staunen der weltfremden, „altfränkisch" lebenden Bauern. § 43. Das Wirtschaftsleben. Wer damals die deutschen Lande durchwanderte, sah trotz aller Not der Zeit überall einen wirtschaftlichen Fortschritt. Zwar bedeckten noch immer den größten Teil des Bodens Wald und Heide, Sumpf und Moor; aber in allen Gegenden traf man turmgeschmückte Klöster, große Königs- und Herrengüter, ausgedehnte Bauerndörfer, die eine weite, in „Hufen" von etwa 7 ha geteilte Acker- und Weideflur umgab. Immer mehr wich die Wildnis zurück. In den Wäldern erklang die Axt und in den Dörfern der Hammer des Schmiedes, der noch der einzige Handwerker war. Deutschland erlebte eine Zeit der Siedelung, wie heute noch Amerika und Australien. Zahlreiche Ortsnamen auf rode oder rade, holz, lar (Boden), loh (Wald), z. B. Wernigerode, Fritzlar, Gütersloh, deuten noch darauf hin. Es gab fast nur bäuerliche Wirtschaft. „Städte" fand der Wanderer hauptsächlich am Rhein und an der Donau. Sie waren aber nur kümmerliche Reste aus der Römerzeit, und ihre Bewohner trieben meist ehrsamen Ackerbau, während der Handel in den Händen von Juden, Lombarden oder Friesen lag. § 44. Das Lehnswesen. Schon seit der Merowingerzeit teilten die Könige aus den großen Kronländereien, die ihnen in den eroberten Gebieten zugefallen waren, vielfach Güter, auch Burgen oder Forsten, an ihre Großen leihweise, als Lehen aus. Der Lehnsmann, Vasall genannt, leistete dem Lehnsherrn dafür feierlich das Gelöbnis der Treue; zum äußeren Zeichen legte er kniend seine gefalteten Hände in dessen Rechte. Er war ihm fortan zu Hos- und Staatsdiensten, besonders aber zur Heeresfolge verpflichtet. Bei Untreue verfiel das Lehen wieder dem König. In der Regel ging es sonst durch neue Verleihung vom Vater auf den Sohn über. Auch die Kirche wurde reich mit Lehen bedacht. Um sich die Großen willfährig zu erhalten, oder nm besondere Dienste zu belohnen, gaben die Könige im Laufe der Zeit mehr und mehr Krongitt als Lehen aus der Hand. Immer geringer wurde dadurch ihre wirkliche Macht, die der hohen Vasallen aber stieg. Diese betrachteten ihre Lehen allmählich als erblich, und so bildete sich ans ihnen der deutsche F ü r st e n st a n d. Ihrerseits verliehen die Großen Teile ihres Besitzes oder Lehens an andere weiter und schufen sich dadurch eigene, niedere Vasallen. Diese leisteten ihnen jetzt reisigen, d. h. reitermäßigen Kriegsdienst; der alte Heerbann, das Aufgebot der Freien, die langsam zu Fuß ins Feld zogen, hatte sich überlebt. Das Reich war zum Lehnsstaat geworden, und das

10. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 74

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 74 — Graf im Barte, „Württembergs geliebter Herr"?) Ein schwäbischer Edelknabe, der auf dem glänzenden Reichstage das Schwert seines Herrn trug, war der fünfzehnjährige Götz von Berlichingen, der später so berühmt gewordene „Ritter mit der eisernen Hand". 1 $n Worms verkündete nun der Kaiser einen ewigen Landfriede n?) Zu seinem wirksamen Schutze aber schuf er das Reichskammergericht, das zunächst in Frankfurt am Main, später in Speyer und Wetzlar seinen Sitz nahm. Es entspricht etwa unserm heutigen Reichsgerichte. Zum Unterhalte des Gerichts wurde eine Reichssteuer ausgeschrieben, die von den Pfarrern erhoben werden sollte. Das war der gemeine, d. h. allgemeine Pfennig, die erste Steuer des alten Reiches: ein Gulden auf 1000 Gulden Vermögen. Sie hatte aber nur kurzen Bestand; das Geld kam nicht ein, und die Richter ließen deshalb ihr Amt zuweilen im Stich. Wie anders ist es heute! Dauernd erhielt sich dagegen die bald darauf vorgenommene Einteilung des Reiches in zehn Kreise, denen besonders die Vollstreckung der Urteile des obersten Gerichts oblag. Sehr wichtig für den Verkehr, namentlich die B r i e f b e -f ö r d e r u n g , die bis dahin nur gelegentlich von Boten, Handelsleuten oder Pilgern besorgt wurde, war die Einrichtung der P o st. Die erste deutsche Postverbindung war die von Wien nach Brüssel, der Hauptstadt der habsburgischen Niederlande. Die Leitung des Postwesens übertrug der Kaiser dem gräflichen, später fürstlichen Hause Thuruuudtaxis;bis zum Jahre 1866 hat dessen Verwaltung in Frankfurt am Main bestanden. § 135. Die Landsknechte. Daß eine neue Zeit im Entstehen war, fah der ehrsame Bürgersmann äußerlich an den seltsamen Kriegsgesellen, die auf den Straßen der Stadt immer häufiger ihm begegneten. Das waren die Landsknechte. Sie drängten sich an Stelle des verfallenen Rittertums zum Kriegsdienste und trieben ihn als Söldner von Beruf, wie einst die Legionäre der römischen Kaiser. Immer nur für einen Feldzug liefen sie zusammen. Ein „Oberst" warb sie im Dienste eines Fürsten oder einer Stadt zu einem „Regimente", d. H. Befehlshaufen, und „Hauptleute" führten unter ihm die einzelnen „Fähnlein", vor denen der „Fähnrich" die flatternde Fahne trug; ein „Feldwebel", d. H. Aufseher, hielt die Ordnung. Die Bezeichnungen haben wir noch heute. Die Landsknechte zogen in das Feldlager mit Weib und Kind; sie 1) Gedichte: Kerner, „Der reichste Fürst." Zirnnrerrnann, „Graf Eberhard im Barte." 2) Gedicht: Mühler, „Kaiser Maximilians ewiger Landfrieden."
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