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1. Erdkunde - S. 256

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 256 — hat. staunen, wenn er durch das Hauptportal eingetreten ist! Es ist die echt deutsche, es ist die christliche Kunst, die uns aus den herrlichen Pfeilern und Türmen, aus der ehrfurchtgebietenden Säulen- halle nach allen Richtungen hin entgegentritt mit einer Pracht und Vollkommenheit, die ihresgleichen sucht. Berühmt ist auch das großartige Uhrwerk, welches zwei Männer Namens Haberecht — und zwar Vater und Sohn — nach Zeich- nungen des Mathematikers Dasypodeus (Rauhfuß) verfertigten. Die alte Uhr, welche seit 1789 stockte, wurde 1842 von Schwilgue kuust- reich erneuert. Durch das Uhrwerk werden Figuren bewegt, von welchen abwechselnd jede Viertelstunde angeschlagen wird. Nach Ab- lauf jeder Stunde erscheinen die vier Lebensalter des Menschen, und während sie vorübergehen, schlägt der Tod mit einem Knochen die Stundenzahl an. Um 12 Uhr mittags ziehen die zwölf Apostel vor dem Herrn vorüber, und. ein Hahn auf der Spitze des Uhrwerkes schlägt mit den Flügeln und kräht dreimal. Ein weiteres Meisterwerk des Münsters ist der Turm; seine Höhe beträgt vom Boden aus 142 in. Als eigener Bau erhebt er sich von der Plattform, welche sich über dem großen Portale aus- breitet und der Grund von zwei gleichartigen Türmen werden sollte. Vollendet wurde der Turm im Jahre 1439 durch Johaunes Hültz von Köln. Besonders bewundert wird die Majestät, mit welcher der Bau bei aller Leichtigkeit und Zierlichkeit in durchbrochener Arbeit emporstrebt. Man steigt bis zur Hälfte der Turmhöhe und hat von der Altaue eine ausgedehnte Fernsicht über die ganze Stadt und Umgebung. Ist man schwindelfrei, so kann man mit besonderer Erlaubnis die sogen. Laterne, den höchsten zugänglichen Punkt, er- steigen, vou dem aus das Auge eine entzückende Rundschau genießt. Im Westen breitet sich die liebliche Ebene des Elsasses aus, im Hintergründe von dem gebuckelten Wasgan begrenzt; im Osten ent- falten sich die wolkenumflorten Berge des Schwarzwaldes; gegen Süden schimmern die Schweizer Alpen und der Jura. 461 Jahre gingen vorüber, ehe der Straßburger Münster in seiner jetzigen Gestalt vollendet war. Nur der christliche Sinn und

2. Erdkunde - S. 261

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
261 — und nun erst darf die Sennerin an ihr Mittagsmahl denken, das aus Brot, Milch, „Topfen", Butter oder dem beliebten „Schmarren" besteht, selten einmal auch aus Fleisch, das man ihr „von unten" heraufbringt; denn in Zwischenräumen erscheint ein Hausgenosse, um die von der Sennerin bereitete Butter abzuholen. Abends findet sich die Schar der Rinder zur Nachtruhe ein. Zum drittenmal wird gemolken; Grünfutter bildet die Abendkost. Bald herrscht tiefe Ruhe in der Hütte und auf der Alm; nur die Bergamfel flötet im Busche. Wohl ist es schön auf der Alm, „wenn's klare Tag hat und 's Vieh g'sund ist"; aber ängstlich wird es der einsamen Bewohnerin der Hütte, weun die Sommerschwüle donnernde Gewitter erzeugt und zuckende Blitze die Herde bedrohen. Und wenn erst die Nebel hereingezogen kommen! Schwer und fröstelnd lagern sie tagelang über der Alm und wollen gar nicht weichen, bis sie sich endlich in kalten Regen auflösen, während dann auf den Berggipfeln Schnee fällt und der Sturm Flocken und Wolken vor sich her treibt. Dann läßt das Vieh den Kopf hängen, und die Sennerin ist „völlig zag". Sie möchte lieber unten im Thale sein. Nur Ge- duld! Der Michaelistag rückt immer näher heran, und mit ihm geht die Almzeit zu Ende. Man denkt ans „Absödeln" und an den Heimtrieb; geht es dann endlich thalein, so trägt jede Kuh Blumenkränze auf den Hörnern. Allgemach breitet sich der Winter ins Thal, und die Sennerin sitzt an den langen Abenden am Spinn- rocken, oft in Gesellschaft befreundeter Almerinnen aus der Nachbar- schast. Sie singen Almlieder und erzählen einander, was sie in der Sommerzeit erlebten. (Nach Daniel.) Die ungarischen Wußten. In Deutschlaud hat man von den ungarischen Pußten oft eine Vorstellung, die ganz unrichtig ist. Man denkt sich unabsehbare grüne Flächen, bedeckt mit prächtigen Viehherden, die im üppigen Grase halb verschwinden. Und doch giebt es in der ganzen West- Hälfte Europas keine Gegend, die den größten Teil des Jahres mehr

3. Erdkunde - S. 263

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 263 — und Futterkräuter. Nur die Akazie mit den sanften, dünnen Blättern scheint sich in der trockenen Luft wohl zu fühlen. An grüne Wälder und murmelnde Bäche ist gar nicht zu denken. Ein Stück festes Holz ist auf weite Strecken so selten wie ein Stein. Alles ist Erde, höchst fruchtbare Erde, aber nichts als Erde, und die einzige Abwechslung ist, daß die Erde zu Zeiten Schlamm, zu Zeiten Staub wird. Die größte Not, woran diese ungeheure Fläche fruchtbaren Bodens leidet, ist der zeitweise Mangel an Wasser auf den Feldern. Man spricht schon lange davon, die ganze große Ebene durch regelmäßig ineinander greifende Kanäle zu bewässern — ein riesenhaftes, jedoch ausführbares Unternehmen. Naturgemäß sind die Pußten sehr schwach bewohnt. Sie haben wenige, weit auseinander liegende Städte und Dörfer. An der großen Straße zwischen Tokay und Debreczin trifft man alle drei oder vier Stunden ein Dorf, aber in einigen Gegenden erfreut oft tagelang keine solche willkommene Ansicht das Auge des müden Wanderers. Die Hauptstadt der Pußten ist Debreczin, eine von den Magyaren sehr hoch gestellte Stadt, in der sich 1848 der ungarische Reichstag samt der Regierung versammelt hatte. Doch was sieht man in Debreczin? Hauptsächlich lange Stücke der Steppe, die man Straßen nennt, weil sie hin und wieder Häuser zur Seite haben. Von Domen, Palästen, glänzenden Häuserreihen ist keine Rede. Ein großer Platz, ein paar Kirchen, Straßen und ebenerdige Bauernhütten bilden die Stadt. Und so wie Debreczin sind all die andern Städte der Pußten. Sie erscheinen wie ein großes Lager, worin sich das Volk zusammendrängte. (Nach Fr. v. Löher.) Das Werner Hbertand. Das Berner Oberland ist unter allen Teilen der Alpen am meisten bekannt und besucht. Kein anderer Teil der Hochgebirgs- schweiz hat eine solche Längenausdehnung, keiner solch zusammen- hängende Gletscher und Firnfelder, und bei keinem ist die Gipfel- bildung so reichhaltig und darum sür das Auge so überraschend ent- wickelt. Die Berner Alpen entfalten, vom nördlichen Flachland oder

4. Erdkunde - S. 303

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 303 — scheint die Sonne in diese düstere Tiefe. Es ist das Thal der Schatten und der Graber, und wer über die Brücke geht, die dort den Kidron überbaut, wird unwillkürlich von Grabesschaner be- schlichen. Rechts von der Brücke befinden sich die Gräber Absaloms, Josaphats und Zacharias'. Vor Absaloms Grab liegen eine Masse aufgeschichteter Steine. Heute noch werfen die Orientalen Steine vor die Gruft, indem sie einen Fluch aussprechen wider den gott- losen Sohn und wider jeden, der seinen Eltern nicht gehorcht. Ein hoher sittlicher Ernst liegt in diesem Brauche. — Am Ende des Thales Josaphat ist die Quelle Siloah. Könige und Propheten haben auf das Rieseln dieses Quells gehorcht und in seiner Kühle Trost in Bekümmernissen gesucht. Nirgeuds in der ganzen Umgebung Jerusalems kann der Wanderer sich mit einem Trünke Wassers er- frischen; nirgends findet er Schatten, um auszuruhen von den Müh- seligkeiten der Reise; nnr am Quell Siloah ist es ihm vergönnt, die lechzende Zunge zu erfrischen und das müde Haupt im Schatten niederzulegen. Auf Moria erhebt sich mit hochgewölbter Kuppel an derselben Stätte, wo einst der jüdische Tempel stand, die Moschee des Omar, nächst den Moscheen in Mekka und Medina das größte Heiligtum der Mohammedauer; denn sie umschließt die Stelle, von der aus Mohammed gen Himmel gefahren sein soll. — Der Kessel des Toten Meeres begrenzt die Aussicht gegen Südost. Tiefe Trauer, düsteres Schweigen liegt auf dem See wie auf der ganzen Umgebung desselben. „Dort im Osten," sagte mein Führer zu mir, „sehen Sie Bethanien und den Qlberg." ■—- Nächst Bethlehem ist Bethanien gewiß der lieblichste Ort, den der Reisende weit und breit findet. Und welch teure Erinnerungen knüpfen sich an diese Stätte! Hier haben Lazarus, Maria und Martha gewohnt; in ihrem Kreise hat Jesus ausgeruht von der heiligen Arbeit. Bethanien möchte ich den Ort der stillen Liebe nennen; es ist so einsam, so traulich an den Berg gebaut, rings von schattigen Bäumen und grünenden Feldern umlagert, daß man, umgeben von geliebten Herzen, darin wohnen möchte. Noch heute wallen alle Pilger besonders gerne nach Bethanien.

5. Erdkunde - S. 318

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
318 — stundenlang unter ihnen, während sie an anderen Stellen gar nicht vorkommen. Ihr Anblick ist überaus malerisch; jedes Lüftchen schaukelt sie, und sanft schütteln sie das liebliche Haupt, voll Huld und Anmut herabzugrüßen. Doch wir vergessen über deu schlauken Palmen beinahe die baumartigen Farnkräuter, die allein an Schönheit und Mannigfaltigkeit mit jenen lieblichen Kindern der Natur wetteifern können. Sie ähneln gar sehr den Palmen, nur ist ihr leichtes, biegsames Blütterdach flacher und weniger buschig als das der Palmenkrone. Gar lieblich ist es, wenn diese bedeutenden, 3—5 m langen und fast 3 m breiten Farukrüuter, von dem leisesten Lüst- chen angehaucht, bei ihrer Leichtigkeit sich anmutig wiegen und diese sanften Schwingungen ins unendliche fortsetzen. d. Vir Tierwelt. Nicht minder ausgezeichnet als die Pflanzen- ist die Tierwelt, welche jene Urwälder bewohnt. Der Naturforscher weiß uicht, ob er mehr die Formen oder die Farben oder die Stimmen der Tiere bewundern soll. Den Mittag ausgenommen, wo alle lebenden Ge- schöpfe der heißen Zone Schatten und Ruhe suchen und wo daher eine majestätische Stille über die Tropennatur verbreitet ist, ruft jede Stunde des Tages eine andere Welt von Geschöpfen hervor. Den Morgen verkünden das Gebrüll der Heulaffen, die hohen und tiefen Töne der Laubfrösche und Kröten, das einförmige Schmettern und Schwirren der Cikaden und Heuschrecken. Hat die aufsteigende Sonne den Nebel verdrängt, so freuen sich alle Geschöpfe des neuen Tages. Die Wespen verlassen ihre langen, von den Zweigen herab- hängenden Nester; die Ameisen kommen aus ihren künstlich von Lehm aufgetürmten Wohnungen und beginnen die Reise auf den selbstgebahnten Straßen; die buntesten, an Glanz mit den Farben des Regenbogens wetteifernden Schmetterlinge eilen von Blume zu Blume; Taufende der glänzendsten Küfer durchschwirren die Luft oder blinken gleich Edelsteinen ans dem frischen Grün der Blätter hervor. Indessen schleichen Eidechsen von ausfallender Form, Größe

6. Erdkunde - S. 319

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 319 und Farbenpracht, düster gefärbte Schlangen aus dem Laube oder aus den Höhlen der Bäume hervor und sonnen sich, dabei auf Insekten oder Vögel lauerud. Von nun an ist alles voll thätigen Lebens. Eichhörnchen und Herden von geselligen Affen ziehen neu- gierig aus dem Innern der Wälder nach den Anpflanzungen und schwingen sich pfeifeud und schnalzend von Baum zu Baum. Vögel von der sonderbarsten Gestalt und dem glänzendsten Gefieder flattern durch die duftenden Gebüsche. Die grün, blau oder rot gefärbten Papageien erfüllen die Luft mit ihrem krächzenden Geschwätz. Der Tukan (ein Klettervogel) klappert mit seinem großen, hohlen Schnabel auf den äußersten Zweigen und ruft in lauten Tönen weheklagend nach Regen. Die geschäftigen Pirolen (Gattung der Sperlingsvögel) schlüpfen aus ihren beutelförmigen Nestern hervor, um die vollen Orangenbäume zu besuchen, und ihre ausgestellten Wachen verkünden mit lautem Geschrei die Annäherung des Menschen. Im Gesträuche verborgen, giebt indessen die Drossel ihres Lebens Freude in schönen Melodien kund, und der Specht läßt sein weitschallendes Klopfen ertönen. Lauter als alle diese wunderbaren Stimmen erschallen von den höchsten Baumspitzen die metallischen Töne der Uraponga, welche den Klängen der Hammerschläge auf dem Amboß ähnlich sind. Während so jedes lebeude Wesen in Bewegung und Tönen die Schönheit des Tages feiert, umschwirren die zarten Kolibris, an Pracht und Glanz mit Diamanten, Smaragden und Saphiren wett- eifernd, die prunkvollsten Blumen. Mit dem Untergang der Sonne kehren die meisten der Tiere zur Ruhe zurück; nur das schlanke Reh, das scheue Pekari (Warzenschwein), die furchtsame Aguti (ein Nage- tier) und der rüsselige Tapir weiden noch umher. Die Nasen- und Beuteltiere, die hinterlistigen Katzenarten schleichen, nach Raub spä- hend, durch die Dunkelheit des Waldes, bis endlich die brüllenden Henlaffen, das gleichsam um Hilfe rufende Faultier, die trommelnden Frösche und die schnarrenden Cikaden den Tag beschließen. Myriaden leuchtender Käfer beginnen nun gleich Irrlichtern umherzuschwärmen, und gespensterartig flattern die blutsaugeuden Fledermäuse durch das tiefe Dunkel der Tropennacht. (Nach Prinz Adalbert von Preußen u. a.)

7. Erdkunde - S. 292

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 292 — daß die Tiefe, in welche die Arbeiter hinabgelassen werden, so be- trachtlich ist, daß aus ihr selbst hohe Kirchtürme nicht bis zur Oberfläche emporragen würden. Um ^12 Uhr kommen aus den Gruben sämtliche Arbeiter bis auf zwei oder drei, welche die Spren- gungen vorbereiten, die dann Punkt 12 Uhr beginnen. Stark und voll, wie der Donner im Gebirge, erdröhnt der Sprengschuß, und meint man, mm sei der Donner verrollt, so prallt er plötzlich aus einer Höhle oder an einer Klippe zurück und erstirbt dann grollend. Während dieser Zeit fliegt das zersprengte Gestein auseinander, und man hört noch lange den Fall einzelner Trümmer in der Tiefe. Die Arbeiter haben zwar Zeit, sich zu verbergen, sobald die Zünd- schnür angebrannt ist; aber die Gewohnheit der Gefahr macht die Leute oft unvorsichtig, und es geschehen manche Unglücksfälle. Als es hieß, die Arbeiter würden nun aus der Tiefe kommen, konnte ich sie anfangs gar nicht gewahr werden. Endlich sah ich graue Klumpen, die sich entlang der Wände heraufbewegten. Später er- kannte ich in jedem Klumpen einen Eimer, auf dessen Rand drei oder vier Arbeiter standen, die sich mit einer Hand am Seile hielten, das sich langsam mit den daranhängenden Menschen um sich selbst drehte. Die Leute hielten sich scheinbar ganz nachlässig an dem Seile; sie sprachen zusammen; der eine nahm seine Mütze ab, der andere sah zu uns herauf, der dritte trocknete sich die Stirne. Gottlob! jetzt schwebten sie näher und näher, und bald entlud sich der Eimer friedlich im nächsten Schuppen. Vier Menschen stiegen vom Rande des Eimers herab, und ein fünfter, der darin gesessen hatte, kroch heraus. Sie setzten sich auf Bänke und ließen sich ihr Butterbrot wohl schmecken. Man erzählte mir, daß einige Wochen vorher mehrere Engländerinnen die Fahrt in einer Tonne gewagt hätten; das machte mir Mut, und ich beschloß, auch die Reise in die Tiefe anzutreten. Mein Führer übergab mich zwei Gruben- arbeitern, die mich auf meiner Fahrt begleiten sollten. Die Eimer oder Tonnen, in welchen man zur Tiefe fährt, hängen ganz frei über dem Abgrunde. Das Hineinsteigen ist für denjenigen, der mit Schwindel behaftet ist, nicht ohne Gefahr. Als ich mit Hilfe meiner

8. Erdkunde - S. 293

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 293 — Begleiter glücklich in die Tonne gelangt war. ging es rasch entlang der schroffen Wand in die Tiefe hinab, und nach fünf Minuten fühlte ich mit großem Behagen festen Boden unter mir. Da ich nun in dem schaurigen Schlünde stand, kam ein unheimliches Gefühl der Verlassenheit über mich. Der mit düstern Wolken überzogene Himmel bildete gleichsam die schwarze Decke zu dem leeren Sarge eines Riesen; in furchtbar schauriger Schönheit stiegen die schroffen Wände aus der Tiefe empor. Es war eisig kalt; niemals dringt ja ein erwärmender Sonnenstrahl hierher. Der Abbau des Erzes kann deshalb auch nur im Sommer betrieben werden; im Winter werden die während des Sommers gewonnenen Erze verhüttet. Durch künstliche Hinabführung warmer Luft befördert man im Frühjahr das Schmelzen des Eises. Die lange Macht und die Mitternachtssonne in Kammerfest. Das Hlordkap. Hammerfest ist die nördlichst gelegene Stadt der Erde. Die lange Nacht, in welche die Stadt im Winter gehüllt ist, bildet auch die Zeit der Ruhe für alles Handelsleben. Die Fische haben Frieden; der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmenden Feuer und warten dort in trägem Winterschlafe, bis der nene Tag erscheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung, dann sitzen sie die meiste Zeit am Karten- tische, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Theater und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, da im Osten ein Lichtstreis hervorbricht. Außer den Kaufleuten wohnt in Hammerfest kaum noch ein anderer gebildeter Mensch als der Pastor und der Arzt. Die Zeit der langen Nacht ist aber doch nicht gauz so, wie wir sie nns vorstellen. Die Sonne ist freilich acht Wochen ganz unter dem Horizont, und vier Wochen lang — von Mitte Dezember bis Mitte Januar — ist so tiefe Finsternis, daß bestandig Licht gebrannt werden muß. Indes tritt bei hellem Wetter um die Mittagsstunde eine Art Dämmerung ein, so daß man am Fenster ungefähr eine

9. Erdkunde - S. 294

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 294 — halbe Stunde lesen kann. Die Sterne stehen dabei glänzend am Himmel; nicht selten leuchten auch Nordlichter (Bild 100). Ist trübes Wetter, so herrscht die finsterste, ununterbrochene Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den Unterschied ans. Von Mitte Mai bis Ende Juli verschwindet die Sonne nicht mehr unter dem Horizonte. Der ganze Unterschied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann der, daß die Strahlen Bild 100. Nordlicht. um die letzte Zeit etwas bleicher und matter werden, ohne jedoch die belebende Wärme zu verlieren. Eigentümlich ist, daß während der tageshellen Nachtzeit der Wind schweigt und eine feierliche Ruhe in der Natur herrscht, als wolle diese dadurch die Zeit des Schlafes ankündigen. Die Sonne scheint aber in der Nacht oft so heiß, daß sie lästig wird. Ein Bekannter erzählte mir, die Sonne habe, als er um Mitternacht von Hammerfest auf das Schiff zurückkehrte, so heiß geschienen, daß er den Rock auszog; das Thermometer zeigte im Schatten 18°. Dieser über zwei Monate währende Sonnen-

10. Erdkunde - S. 295

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 295 — schein macht es wohl allein möglich, daß bei Hammerfest noch Ernten gedeihen. Wie seltsam ist aber der Mensch! Es wohnen hier reiche Handelsherren, die, wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten. Wer hierher kommt, thut es natürlich des Gewinnes wegen; wer aber hier geboren ist, der liebt diese Einöden ebenso- sehr wie der Lappe seine Renntieralpen oder der Grönländer seine Eisbuchten. Das Nordkap, ungefähr 115 km von Hammerfest entfernt, bildet die nördlichste Spitze der Insel Magerö. Die Ufer steigen als nackte, öde Felsen steil aus dem Wasser. Die Schluchten sind bis zum Meere herab mit Schnee angefüllt. Hin und wieder ist ein Fleck mit Moos oder kurzem Gras bedeckt. Kein Baum, kein Strauch, keine Spur einer menschlichen Wohnung ist sichtbar. Selten werden die einsamen Gewässer von dem Segel eines Schiffes belebt; die grausige Stille wird nur von dem Geschrei der Möwen unterbrochen, welche in unzähligen Massen in den Rissen und Spalten der Insel Hansen. „Als wir uns" — erzählt ein Reisender — „dem Vor- gebirge näherten, saßen auf jeder Felsenleiste Tausende weißer Möwen, welche zur nächtlichen Ruhe gegangen waren; aber schon waren die Vorbereitungen getroffen, ihren Schlummer zu stören. Die Kanone des Dampfers wurde gegen die Felswand abgefeuert. Die Antwort war ein Schrei, so wild, durchbohrend, verwirrend, daß er mir noch heute in den Ohren tönt. Mit dem Schrei kam ein Rauschen, wie von einem Sturm im Walde; eine weiße Wolke brach aus den Ge- wölben, gleich dem Rauche eines antwortenden Geschützes, und in einer Sekunde war die Luft von Vögeln erfüllt, so dicht, als im Herbste die Blätter liegen. Ein zweiter Schuß trieb auch aus andern Höhlen die Möwen. Das Schwirren, Rauschen und Schreien der Vögel, die über unsern Häuptern kreisten oder wie dicke Schneeflocken auf das Waffer niederfielen, war wahrhaft entsetzlich. Es waren sicher 50 000 Möwen in der Luft, während eine ähnliche Anzahl an der Außenseite des Felsens hing oder aus der Tiefe der Gewölbe hervorschrie." (Nach Mügge und Taylor.)
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