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1. Bd. 2 - S. 277

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
277 Zweites Kap. Religion. selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur- sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran- laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die- selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die- selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge- bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter (wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen, als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men- schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei- ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My- sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen, Höhlen rc. die Gottheit verehrt. Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste, das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in- tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält- niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur. Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti- geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli- giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte. Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver- derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die ('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach — dem Religionswesen eine feste Gestalt. (**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen- figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.

2. Bd. 2 - S. 291

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
291 Schöne Künste und Wissenschaften. Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht. Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel, Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea- ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich, aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was- serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das römische erreicht. §. 6. Gymnastik und Musik. Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei- sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik, welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent- halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto- mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll- kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge- schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn, und später besuchten sie die griechischen Spiele. Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne. (*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be- lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo- mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt. pro Muren. G. 19

3. Theil 2 - S. 351

1864 - Mainz : Kirchheim
351 Jahre 1313 aufgehoben, seine Güter aber zum Vortheile des Königs ein- gezogen. — Auch der deutsche Ritterorden hat den Kreuzzügen seine Ent- stehung zu verdanken. Er wurde im Jahre 1190 von Deutsche!: gegründet. Die Mitglieder mußten Deutsche sein. Auch sie legten, wie die vorgenann- ten Orten, das dreifache Gelübde ab und hatten im Ganzen denselben Zweck und dieselbe Einrichtung. Ihre Ordenstracht war ein weißer Mantel mit einem schwarzen Kreuze. Nach dem Verluste des heiligen Landes wandten sie sich nach Venedig. Von da wurden sie unter ihrem Großmeister Hermann von Salza im Jahre 1229 von den Polen gegen die Preußen zu Hülse gerufen. Dreiundfünfzig Jahre lang (von 1230 bis 1283) führten sie niit diesem heidnischen Volke schwere Kriege. Endlich eroberten sie das Land und verbreiteten darin das C h r i st e n t h u m und deutsche Bildung, Sitte und Sprache. Durch sie entstanden die Städte Thorn und Kulm, später Memel und Königsberg. Marien- burg wurde im Jahre 1309 die Residenz des Hochmeisters. Im 16. Jahrhundert (1525) nahm der Hochmeister des Ordens, Markgraf Albrecht von Brandenburg, mit den meisten Ordensgliedern die evangelische Reli- gion an. Die Uebrigen zogen nach dem Städtchen Mergentheim im Wür- tembergischen. Im Jahre 1815 wurde der Orden durch den Wiener Vertrag aufgehoben. — 24. Co lumbus und die Entdeckung von Amerika. (1492.) Schon im Alterthume galt das ferne Indien für das Land der Wun- der. Tiefe Weisheit, unübertreffliche Kunstwerke, vor Allein aber unermeßliche Reichthümer suchte man dort. Dort kannte man bis zum 15. Jahrhundert n. Chr. keinen andern Weg dahin, um die Schätze jenes Landes zu beziehen, als den langwierigen und durch Beduinen unsichernlandweg über Aegypten und Abessynien. Schon mancher denkende Kopf hatte sich die Frage aufge- worfen, ob nicht Afrika unten in eine Spitze auslaufe, und ob man nicht durch Umschiffung desselben schneller und ungehinderter nach Indien müsse ge- langen können. Im 14. und 15. Jahrhunderte waren die P ortugi esen die unternehmendsten Seefahrer, und König Johann Ii. sandte einen kühnen Mann, Bartholomäus Diaz, zur Entdeckung dieses Seeweges nach In- dien aus. Wirklich erblickte er die äußerste Spitze von Afrika, und in froher Ahnung gab ihr der König den Namen: „Vorgebirge der guten Hoff- nung," überzeugt, daß es jetzt nicht mehr schwer halten müsse, das ersehnte Indien aufzufinden. (1486) In eben der Zeit kam ein anderer Mann auf einen noch kühneren Ge- danken: „Wie," dachte er, „ist nicht die Erde eine Kugel? Lesen wir nicht in den alten Reisebeschreibungen, daß Indien sich in unermeßlicher Weite gegen

4. Bd. 2 - S. 141

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
141 Viertes Kap. Römische Geschichte. legen Willen, zur Schlacht. An den Ufern des A ufi du s (*) bei dem Flecken Canna wurde sie geliefert, die verderblichste für Rom in seiner ganzen Geschichte. An diesem Tage sieten 45,000 Bürger, es fielen 80 Senatoren, viele Consnlaren und Staatsbeamte und die Blüthe der Ritterschaft. Aemilius Paulus nahm einen schönen Tod, Terenti us Varrò die Flucht. Dennoch ging ihm der Senat- um des Volkes Muth zu erhalten — dankend entgegen, dafür, daß er am Heile des Vaterlandes nicht verzweifelt. §. 88. Folgen derselben. Dies war das Zenith von Hannibals Glück und Ruhm. Das erste begann jezt zu sinken, der zweite nie. Zwar werfen ihm Viele vor, daß er nach dem großen Siege nicht schnell, wie Maharbal wollte, das Kapitol gcstürmet: und in der That ist es ein wichtige- res Talent, Siege zu benüzen, als Schlachten zu gewinnen; aber daß der Tag bei Canna ohne entscheidende Folgen blieb, lag wohl in den Umständen und nicht in Hannibal's Schuld. Mit 26,000 Mann war er von den Alpen hinabgestiegen, und hatte seitdem, außer der gallischen Hilfe, keine bedeutende Verstärkung erhalten. Wie konnte er nun, im dritten Feldzuge, nach so vielen Gefechten und vier groß- ßen Schlachten, stark genug seyn, das zwar bluttriefende, aber noch immer an Volk und Waffen reiche Rom anzugreifen; Rom, dessen eigenthümlicher Charakter darin bestand, nach Unfällen am furchtbar- sten zu seyn? Daher, um nicht die Frucht der Siege durch Verwegen- heit zu vertieren, beschloß Hannibal, bevor er das Größte wagte, durch Gewinnung der römischen Bundesgenossen sich zu verstärken, und karthagische Hilfe zu erwarten. Auch fielen jezt die meisten Völker des unteren Italiens ab von dem längst gehaßten Rom. Solches that auch Campanie» mit seiner Hauptstadt Cap na. 2n diesem schönen, von der Natur überreich begabten Lande (**), dessen schwel- gerische Einwohner keine Kunst höher, als jene des Genusses schäz- ten, nahm Hannibal die Winterquartiere. Unmäßigkeit und Wollüste entnervten daselbst seine Krieger: nach geschmecktem Uebersiusse schie- nen Entsagung und Mühseligkeit unerträglich. Aber vergebens begehrte Hannibal Verstärkung von Karthago. Hanno bcharrte bei seiner Anfeindung des barkinischen Hauses, und da dieses auf den Krieg seine Größe baute; so erhob jener sich (*) Gleich nach der trasimenischen Schlacht war Unteritalien derschan- plaz des Krieges geworden. (**) Omnium non modo Italia, scd toto orbe terrarum, pulcherrima Campania« plaga est. Nihil mollius coclo, nihil uberius solo : ideo Liberi Cererisque certame» dicitur. Florus.

5. Das Mittelalter - S. 121

1884 - Mainz : Kirchheim
Heinrich Iv. Kirchliche Zustände. 1j1 scheheu konnte, da sie bereits Christen geworden und der Papst Leo Ix. den Frieden vermittelte. In Italien dauerte das wüste Parteigetriebe fort, besonders traurig sah es in Rom aus. Hier stritten sich drei Männer um die päpstliche Würde. Um die Ruhe herzustellen, traten die Bischöfe unter dem Schutze .yem-richs zu einer Synode in Sntri 1046 zusammen. Es gelang. Die Kirche erhielt in dem auf Empfehlung des Kömgs gewählten vortrefflichen Bischof Suidger von Bamberg (Clemens Ii.) ein neues Oberhaupt, dem noch drei deutsche Papste folgten. Von Clemens Ii. empfing Heinrich Iii. die Kaiserkrone. Als er die Nähe des Todes fühlte, empfahl er dem gerade bei ihm verweilenden Papst Viktor Ii. seinen sechsjährigen Sohn Heinrich Iv., der zwar ein Jahr vorher zum römischen Könige gekrönt worden war, den aber viele Fürsten nicht annehmen wollten, wert das Reich eines Mannes und nicht eines Kindel bedürfe. Der Papst gewann die abgeneigten Fürsten, und die Kaiserin Agnes übernahm für den minderjährigen Heinrich Iv. die Regierung. Ehe wir jedoch die Geschichte dieses Fürsten und semer Kämpfe mit dem Papste erzählen, .ist es notwendig, einen Blick auf die damaligen Verhältnisse Deutschlands zu werfen, da ste zum Verständnis der ganzen Darstellung unbedingt nötig sind. 2. Zustand kr christlichen Kirche zur Zeit Heinrich Iv. Im Laufe des 10. und 11. Jahrhunderts hatten sich durch das Zusammenwirken verschiedener Ursachen große Übelstände in die Kirche eiugeschlicheu, die nicht geeignet waren, derselben die von ihrem göttlichen Stifter erhaltene Reinheit zu bewahren. -Lje zinei schlimmsten Übel waren die Simonie oder der Erkauf geistlicher Ämter durch Geld und die häufige Übertretung des Gesetzes der Ehelosigkeit durch die Geistlichen. ; Diese Ubelstände waren hauptsächlich durch den ungebührlichen Einfluß der weltlichen Regenten auf die Wählender Bischöfe herbeigeführt worden. Ohne sich um die Gesetze der Kirche zu kümmern, besetzten die Könige willkürlich die Bistümer, wobei sie weniger auf die von der Kirche für das bischöfliche Amt geforderten Eigenschaften sahen, sondern vorzüglich bemüht waren , ihnen politisch ergebene Männer zu erheben, wenn ihnen auch die einem Bischöfe notwendigen Eigenschaften abgingen. Zur Beförderung dieses verderblichen Mißbranchs trug die Belehnung der Bischöfe durch die Könige mittels der kirchlichen Symbole, Ring und Stab, sehr vieles bei. Die fränkischen Könige im 6. und 7. Jahrhundert gewannen nämlich Einfluß

6. Das Mittelalter - S. 208

1884 - Mainz : Kirchheim
208 Verfall des Rittertums. die Würde erteilte. Nicht bloß Gelehrte und Staatsmänner, auch Bürger und Lanzenknechte, jene wegen ihrer Weisheit und kundigen Ratschläge, diese wenn sie sich im Felde hervorgethan, wurden zu Rittern geschlagen. So machte es z. B. Kaiser Friedrich I., indem er ans dem Schlachtselde allein dem rohen Mut solche Ehre zu teil werden ließ. Kaiser Friedrich Iii. erteilte, noch weiter gehend, allen Bürgerlichen förmlich das Recht, daß sie zu Rittern geschlagen werden könnten. Das that ächten Rittern Abbruch; die alten Ritter verschmähten es, mit denen dieselbe Auszeichnung zu teilen, die mit ihnen nicht auf gleicher Stufe standen. Und noch tiefer geriet der Ritterstand in Versall, als sogar Kindern, Gauklern, Possenreißern, Leuten von niedrigster Herkunft und gleichfalls niedriger Gesinnung, sobald sie nur ein wenig die Lanze zu handhaben verstanden, der Ritterschlag erteilt wurde. Damit schwand der ritterliche Geist dahin, die Blüten des Ritterwesens begannen zu welken, was noch wahrhaftes Leben und Streben gewesen, das ward jetzt zu einer leeren bedeutungslosen Form. Dazu kam eine mehr und mehr um sich greifende Verderbnis der Sitten. Reichtum und Wohlleben förderten diese, auch die Bekanntschaft mit dem weichlichen Leben der Morgenländer, welche dort die Kreuzfahrer machten. Gottesfurcht und Verehrung ächter Weiblichkeit, die Grundpfeiler des edlen Rittertums, waren nach und nach untergraben worden. Die Gottesverehrung fing an, sich immer mehr äußerlicher zu gestalten, in nur in die Augen fallenden Gebräuchen sich darzustellen. Die Klöster wurden reich und die Ritter arm, der Kirche wurden reiche Vermächtnisse zugewandt, was sich zunächst in der Abneigung der Ritter gegen die Diener derselben, die Geistlichen, kundgab und endlich zur Geringschätzung der Gottesverehrung führte. Ebenso erkaltete die Verehrung der Frauen in den Gemütern. Was namentlich dem Rittertum einen höheren Schwung verliehen hatte, die Hochachtung der Frauen, das schwand dahin. Nun es jedem leicht gemacht war, den Ritterschlag zu erhalten, fiel auch die Ehre dahin, von den Frauen Gunst zu gewinnen und mit ihren Gaben und Farben sich zu schmücken. Mit dem Verschwinden des Geistes, der das Rittertum beseelt hatte, sank auch das Wesen desselben dahin. Die Grundpfeiler begannen zu wanken, und das ganze, einst so glorreich ausgeführte, so prächtig geschmückte Gebäude ward bis zum Umsturz tief erschüttert. Mehrere äußere Umstände traten noch hinzu, so die durch den Gebrauch des Schießpulvers veränderte Art der Kriegführung,.

7. Das Mittelalter - S. 48

1884 - Mainz : Kirchheim
4o Das Christentum. Gemeinschaften; nur die kamen, die Hunger und Durst hatten nach dem Worte des Lebens und der Wahrheit. Die Kinder der Welt hielten sich fern von den Gemeinschaften, die Ehrgeiz, Herrschsucht und Eitelkeit nicht befriedigten, weil, entsprechend dem Worte Jesu, im Dienen der Brüder die einzige Auszeichnung gefunden ward. Obwohl die Christen nun nicht nur gegen einander, sondern auch gegen die Heiden und Juden Liebe übten, ward ihnen doch das Kreuz der Verfolgung, wie es von dem Heiland verkündet worden war, auferlegt. Wie der Hochmut der jüdischen Gelehrten sich verletzt gefühlt hatte, so jetzt der Hochmut der heidnischen Weltweifen. Da die christlichen Genossenschaften in der Erkenntnis der Wahrheit ihnen Überlegen waren, weil großenteils Personen niederen Standes und geringerer weltlicher Bildung den christlichen Gemeinden sich anschlössen, so meinten sie, sei schon zu schließen: daß die Wahrheit, die ja nur bei den höchsten Geistern des Altertums zu finden fei, eine ungebildete Masse nie und nimmer zu faffen vermöge. Die Aufnahme der Mühseligen und Beladenen in die christlichen Gemeinden gab aber auch den Anstoß zu anderartigen Ausstellungen und Verdächtigungen. Das Christentum brachte unter seinen Befennern die herrlichsten Fruchte hervor. Unter den ersten Christen in Jerusalem herrschte sogar Gütergemeinschaft, die aber einzig und allein das freie und freudige Wollen und Walten der Liebe jedes einzelnen, das Gefühl der Befelignng int Geben einerseits, das Maßhalten in Wünschen und Begehrlichkeiten andrerseits, regelte. Auf solchem Grunde und Boden entsproß demnach eine köstliche Blüte gemeinschaftlichen Lebens, in der die Träume von einem goldenen Zeitalter, einer vorgeschichtlichen Zeit und einer fernen Zukunft urplötzlich Wahrheit und Wirklichkeit wurden. Durch Zwang würde sich nur eine jämmerliche Verstümmelung derselben herstellen lassen, ohne daß auch diese Bestand behielte; es würde vielmehr die Gesinnung verschlechtern, und der Niedergang der Zustände nur noch trostloser werden. Obschon verschiedenen Ständen angehörend und durch ihre Stellung in der Welt vielfach unterschieden, betrachteten sich doch alle Bekenner des christlichen Glaubens als Kinder desselben himmlischen Vaters. Kein äußerer Rang, keine Nationalität machte sich innerhalb jener; Gemeinschaft geltend; ein jeder war des andern Bruder. Die Christen bildeten eine große Familie. Was ein Mitglied jener hl. Familie, der hl. Justin, der Märtyrer, sagte, bezeichnet den Geist, der alle, die sich als

8. Das Mittelalter - S. 87

1884 - Mainz : Kirchheim
Sein Privatleben. °' Hühnern und Tauben, auch hielt man als Ziervögel Pfauen, Enten und Turteltauben. Die Aufsichtsbeamten mußten zu Weihnachten ein genaues Verzeichnis von dem ganzen Bestände an Vieh, Getreide, Wein, Honig, Eiern, Wolle n. s. w. einreichen, am Palmsonntag den Geldertrag abliefern und Rechnung ablegen. Wenn Karl feine Güter bereifte, was fehr oft geschah, fo war er ganz Landwirt und vergaß den König und Staatsmann; er nahm alles selbst in Augenschein, ordnete Verbesserungen an, prüfte die Bauanschläge und sah die Rechnungen nach, in welche alles bis aufs Kleinste, selbst jedes verkaufte Ei, eingetragen sein mußte. 6. Karls Privatleben und Tod. So groß Karl iu allen Verhülltnissen des öffentlichen Lebens war, fo liebenswürdig erscheint er irrt Privatleben. Wie er seiner Mutter stets die höchste Ehrfurcht erwies, so war er feiner Schwester Gisla ein liebevoller Bruder, feiner (Zweiten) Gemahlin Hildegard ein zärtlicher Gatte, feinen Kindern ein sorgsamer Vater. Seine Söhne ließ er nicht nur in den Waffen üben, sondern er war auch mit der größten Sorgfalt für ihre geistige Bildung bemüht. Eben so sorgte er dafür, daß feine Töchter, an denen er mit ganzer Seele hing, nicht nur in den weiblichen Künsten des Spinnens, Webens und Wirkens, sondern auch iu den Wissenschaften unterrichtet würden. Nie mochte er sie von feiner Seite lassen, und nicht bloß bei Tische mußten sie neben ihm fitzen, sondern sie begleiteten ihn auch auf feinen Reifen, gingen mit ihm auf die Jagd, und selbst auf feinen Kriegszügen trennte er sich nicht von ihnen. In feiner Lebensweise war er außerordentlich einfach. Niemand konnte müßiger fein in Speise und Trank. An seiner gewöhnlichen Mittagstafel gab es nur 4 Gerichte, außer dem Braten, den er von den Jägern am Bratspieß herbeibringen ließ, und den er fehr gern atz. Gastmähler fanden nur selten und an besonders festlichen Tagen statt; dann fah er aber auch gern recht viele Leute bei sich. Wein trank er wenig, selten mehr als dreimal bei Tische, und nichts verabscheute er mehr, als Trunkenheit; dagegen wurde es ihm fehr schwer, an Fasttagen ohne alle Speise fertig zu werden, und er meinte, das Fasten schade ihm. Zur Unterhaltung ließ er sich bei Tafel etwas von den Thaten der alten Könige, auch wohl aus den Schriften des heiligen Augustin vorlesen; auch liebte er bei Tische Saitenfpiel und Gesang. Nach der Mahlzeit pflegte er 2—3 Stunden zu schlafen;

9. Das Mittelalter - S. 274

1884 - Mainz : Kirchheim
274 Bauhütten. aus Köln vollendet; also daß an dem Werke 424 Jahre gearbeitet ist. Um die Entstehung und noch mehr die gediegene Ausführung jener Wunder der Baukunst, durch so viele Menschenalter hindurch nach gleichem großartigen Plane, einigermaßen zu begreifen, müssen wir bemerken, daß nicht einzelne Baumeister mit wechselnden, bald guten, bald schlechten Werkleuten, wie in unserer Zeit, solche Werke unternahmen, sondern daß es eine große, über ganz Deutschland, ja über die meisten Länder Europas ausgebreitete Gesellschaft von Bauleuten gab, welche durch feste Ordnung, durch Religion und Standesehre zusammengehalten wurden. — Schon unter den Römern gab es Baugesellschaften von großer Ausdehnung; Überreste derselben erhielten sich später in den Klöstern, beschäftigten sich vorzüglich mit dem Bau der Kirchen und bildeten so den höheren Styl der christlichen Baukunst aus. Auch weltliche Bauleute wurden wohl in die Gesellschaften aufgenommen; und als [mit dem 11. Jahrhundert die Kraft des Mönchswesens zu erschlaffen anfing, gewannen die weltlichen Bauleute nach und nach die Oberhand und bildeten nun die großen Genossenschaften, von welchen jene bewundernswürdigen Werfe vollführt fiud. Sie behielten geheimnisvolle Zeichen und Gebräuche bei, durch welche die Gesellschaften der höheren Baukunst von den gemeinen Handwerkern geschieden wurden. Jede Genossenschaft hatte ihren Schutzpatron, nach welchem sie sich benannte, und wo ein großes Werk ausgeführt werden sollte, da sammelten sie sich aus vielen Gegenden, so daß ihre Kraft als ein Gemeingut über die meisten christlichen Länder verbreitet wurde. Diese wichtigen Gesellschaften erhielten von Kaisern und Königen Freibriefe und sogar eigene Gerichtsbarkeit, welche von dem obersten Baumeister ausgeübt wurde. Neben dem Bauplatze eines großen Werkes, an welchem Jahrhunderte gebaut wurde, war gewöhnlich eine hölzerne Hütte errichtet, im Innern anständig ansgezieret, in welcher der Baumeister, mit dem Gerichtsschwerte in der Hand, unter einem Baldachin saß und Recht sprach. Eine besondere Wichtigkeit erhielt die Hütte in Straß bürg bei dem großen Baue des Münsters. Sie wurde bald als die vornehmste in Deutschland angesehen, ihre Einrichtungen wurden nachgeahmt, und oft holten sich die anderen Hütten von ihr Rat und Entscheidung in Streitsachen. Aber auch in diesen Verbindungen ging der großartige Sinn mit dem Absterben des ganzen Geistes des Mittelalters am Ende desselben zu Grunde. Die großen Banunternehmungen hörten auf; die Kräfte der Menschen zersplitterten sich nach allen

10. Das Mittelalter - S. 254

1884 - Mainz : Kirchheim
254 Das Bürgertum. glänzendem Strahl, das eintönige matte Licht des aufsteigenden Tages fällt in die dämmerigen Thäler, ein gleichförmiges Gran liegt über dem deutschen Lande; überall zwar rührt sich darin die Tagesarbeit des jungen Volkes, aber dem entfernten Auge sind Diele Einzelheiten schwer erkennbar." Diese Worte des Dichters und Geschichtsschreibers, dessen „Bilder" das innere Leben des deutschen Volkes nach seinen Entwickelungsstufen uns anschaulich vorführen, bezeichnen treffend die Wandlung, welche mit dem Emporkommen der Städte im deutschen Volksleben vorgeht. Während bisher Fürsten, Adel und Ritter, Bischöfe, Stistsgeistliche und die älteren Mönchsorden die Träger eine höheren und edleren Bildung waren, Pflegten jetzt Taufende von Kaufleuten, Handwerkern und neu entstandenen Mönchsorden die hervorragenden Lebensinteressen des Volkes. Sie thun es aber, indem sie für sich selbst sorgen; denn es ist ein hartes, egoistisches Geschlecht, das in den aufblühenden Städten seinen Vorteil sucht und in drangsalvoller Zeit unter äußerem Kamps und innerem Hader, unter Wagnis und harter Arbeit all seine Gedanken auf Erwerbung von Recht und Besitz richtet. Lind überall in Kampf und Arbeit, in Poesie und Genuß gilt der Einzelne an sich wenig, alles die Genossenschaft, die sich gegen andere abscheidet, bei jeder Macht der Erde Begünstigung und Privilegium vor der anderen sucht, und in der der Einzelne Schutz, Macht und derben Genuß findet. Di e mittelalterlichen Lebensformen beginnen sich auszulösen, überall ist Krieg, Fehde und Zerstörung, und doch wachsen in dieser Zeit die Städte, und die friedliche Arbeit derselben gedeiht reichlicher und kunstvoller. Wie von den vielen alten gotischen Kirchen nicht zwei einander ganz gleich sind, obgleich sie eine gemeinsame Grundform haben, so gab es im heiligen römischen Reich auch nicht zwei Stadtgemeinden mit ganz gleicher Verfassung, wiewohl alle verwandte Grundzüge zeigen, und selbst die Tochterstädte, die nach der Mutter Lübifches, Kölnisches, Magdeburger, Wormser u. s. w. Recht haben, besitzen alle ihr Eigentümliches, bis auf die verschiedenen Rauten der Titel und Ämter ihrer Magistrate. Und diese scheinbare Regellosigkeit, die doch einen herrschenden Grundgedanken zeigt, ist gerade das Wesen insbesondere des deutschen Mittelalters. Unter den Sachsen- und Frankenkaisern hatte der König in feiner Reichsstadt, der Bischof oder Herzog in seiner Landstadt, die er unter den Schutz einer Burg gestellt, durch seinen Burggrafen oder Vogt, der die Burgmannen und Stadtreifigen
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