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Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
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Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
19
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115
lichen, wohlriechenden Blüthen in Trauben hervorkommen. Die ausgewachsenen
Früchte, die Kokosnüsse, sind von der Größe eines Menschenkopfes und schlie-
ßen in einem dichten, faserigen Gewebe eine harte Nuß ein, worin sich ein
nahrhafter Kern ausbildet. Ehe die Früchte völlig reif sind, enthalten sie eine
milchige Flüssigkeit, die Kokosmilch, welche sehr erfrischend und in solcher
Menge vorhanden ist, daß ein Mensch aus einer einzigen Nuß sich satt trinken
kann. Dieser Milchsaft verdickt sich alimählig zu einem Mark und wird endlich
ein fester Kern. Aus dem Marke kocht man Oel, das man an Speisen thut,
wie bei uns die Butter; auch bereitet man daraus Seife.
Durch Einschnitte in die Blüthenscheiden gewinnt man einen Saft, wo-
raus Wein, Essig und Zucker bereitet wird. Aus den Fasern, welche die Nuß
umgeben, macht man Seile, und die harte Schale wird zu Trinkgeschirren,
Löffeln und anderen Geräthschasten benutzt. Die jungen Blätter werden ge-
gessen i die altsgewachsenen, welche 12 — 14 Fuß lang und 2 — 3 Fuß breit
sind, dienen zum Decken der Wohnungen, zur Fütterung der zahmen Elephan-
ten und zur Verfertigung von Hüten, Sieben, Körben, Matten u. dgl. Auch
macht man Papier daraus, worauf mit einem Griffel von Bambus geschrieben
wird. Der Stamm der Kokospalme ist von unten bis oben mit halbmondför-
migen Hervorragungen versehen, die eine natürliche Leiter bilden, worauf man
den Baum bequem ersteigen kann, um seine Früchte herunterzuholen.
Dieser nützliche Baum ist in der Pflanzenwelt für die heißen Erdgegenden
ein eben so lauter Zeuge der göttlichen Macht und Güte, wie das Kameel in
der Thierwelt, und wir können uns nicht wundern, wenn die Reisenden er-
zählen, daß Kokospalmen alle Hütten Indiens und der Südseeinseln beschatten.
— Ueberhaupt gehören die Palmen zli den köstlichsten Geschenken, welche
Gottes unendliche Güte den Bewohnern der heißen Zone gegeben hat. Welch'
reichen Segen hat er in einen einzigen Baum gelegt! Darum „Schmecket und
sehet, wie freundlich der Herr ist! Wohl dem, der auf ihn trauet!"
den Bohnen von Mokka, Westindien oder Ostindien, — der Kaffee. Der
Muselmann schlürft ihn, behaglich mit untergeschlagenen Beinen auf der Erde
sitzend, aus kleinen Tassen ohne Zucker und Milch zu seiner Pfeife Tabak; der
feine Pariser genießt ihn in seinen von Gold und Silber glänzenden Caf<?s
aus Tassen, die mindestens noch einmal so groß sind, als die unsern, — und
selbst des armen, sächsischen Erzgebirges Familie sitzt Sonntags um den
dampfenden Topf mit brauner Flüssigkeit und trinkt zu den Erdäpfeln ihr
„Schälchen Kaffee," obschon vielleicht keine Kaffeebohne in dem aus gebrann-
ten Cichorienwurzeln, Mohrrüben, Runkelrüben, Gerste oder Korn gebrauten
Getränke zu finden ist.
Aber die Menschen haben wirklich einmal ohne Kaffee gelebt, — so
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Erwerbszweige an sich geriffen. Mit zwölfhundert Fahrzeugen hat man dort
binnen 2 Jahren jedesmal 50,000 Tonnen, also 50 Millionen Häringe, er-
beutet. Oft kommen so große Quantitäten an, daß sie nicht alle genossen wer-
den können und zu Dünger verbraucht werden müssen. Man schätzt gegen-
wärtig die Menge aller Häringe, welche jährlich gefangen werden, auf tausend
Millionen.
Die Fahrzeuge, welche die Holländer Buysen nennen, und deren sich
auch die andern Völker bedienen, sind sehr lang. Sie werden von zwei
Kriegsschiffen begleitet, zum Schutze und zur Aufnahme der Kranken. Sobald
die Häringe ankommen, deren Menge nicht selten so dicht ist, daß man sie mit
Krügen und Händen schöpfen kann, werden große Netze, oft 1200 Fuß lang,
ausgespannt, welche oben durch leere Tonnen gehalten, unten mit Steinen be-
schwert sind, so daß sie durch das eingesogene Wasser steif, wie eine feste Wand,
stehen. Die von Hanf gefertigten dauern nur ein Jahr; man macht sie daher
jetzt von gelber, persischer Seide, wodurch sie doch wenigstens dreimal so lang
halten. Sie werden zuvor geräuchert, damit ihre helle Farbe die Häringe nicht
scheu mache. Die Weite der Maschen ist gesetzlich vorgeschrieben und darf nicht
enger, als ein Zoll, sein, damit man nicht zu viel Junge und Brut fange. Die
anströmenden Häringe gehen oft augenblicklich in diese Netze hinein, in d-nen
sie mit den breiten Kiemendeckeln hangen bleiben, und wenn das Glück gut
ist, kann man schon nach zwei Stunden das Netz aufwinden. Man thut dies
gern des Nachts. Jetzt werden die schnell sterbenden Fische herausgeworfen:
es wird ihnen die Kehle aufgeschnitten, und die Kiemen und Därme werden
herausgenommen. Dann wirft man die Häringe vorläufig in Fäffer mit See-
wasser. Darauf wäscht man sie aus, legt sie in Salzlake und verpackt sie
schließlich ordentlich in Tonnen mit Schichten Seesalz dazwischen. Dieses Ver-
fahren erfand im 14. Jahrhundert der berühmte Wilhelm Beukel (gestor-
den 1397) und machte dadurch erst den großen Verbrauch möglich. Kaiser
Karl V. schätzte dessen Erfindung so sehr, daß er sein Grab besuchte. Die Hol-
länder, welche sich gegenwärtig noch genau an das von Beukel vorgeschriebene
Verfahren halten, liefern immer noch die besten Häringe, wenigstens sind
ihnen die Engländer darin noch nicht gleich gekommen. Die Erfindung des
Räucherns jedoch, wodurch die Bücklinge entstehen, indem man die Häringe,
nachdem sie vierundzwanzig Stunden in Salz gelegen, mit den Köpfen an
hölzerne Spieße reiht und über rauchendes Reisig hängt, gebührt den Fran-
zosen und stammt aus Dieppe.
Der Häring ist eine sehr gesunde Speise: ja, man benutzt ihn häufig als
ein das Wohlbefinden herstellendes, überhaupt wohlthätiges Nahrungsmittel
und hat ihn wegen des Reizes, den er verursacht, selbst als eine Art Heilmittel
benutzt, namentlich die Häringsmilch gegen Luftröhren-Schwindsucht. Wo der
Häring in zu großer Menge gefangen wird und nicht eingesalzen werden
kann, benutzt man seinen Thran; ja, man braucht wohl auch, wie schon er-
wähnt, den ganzen Fisch als Dünger.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Karl_V. Karl_V.
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höchste Aufmerksamkeit für seinen Tisch geschenkt hätte. Die niederen Bauch-
thiere hat er eben so, wie die so wunderbar mannigfach gestalteten Glieder-
thiere und die muskelreichen Rückgratthiere gewählt. Die widerlichsten Flesich-
speisen liefern ohne Zweifel die schlüpfrigen, gallertartigen Schnecken.. In
Frankreich, Belgien, Schlesien, Bayern, der Schweiz und Italien wird die
Weinbergsschnecke zu Tausenddn gemästet und gespeist; allein es geschieht
mehr von Lungenkranken, als von Gesunden. Noch unbegreiflicher, wie der
Geschmack der Austernesser, ist der Geschmack des Chinesen, der sogar die
seltsam runde, wurniförmige, mit schildförmigen Fühlsä den besetzte Gestalt
des Trepang, einer Helothurie des indischen Meeres, genießt. — Ungleich
zahlreicher sind die Nahrungsmittel aus dem Reiche der Gliederthiere, aber der
Geuuß solcher Nahrung kann unmöglich eine hohe Stufe der Civilisation ver-
rathen. Die Indianer Peru's, welche Kopfläuse mit Appetit verspeisen, die
Hottentotten und andere Stänime Afrika's, welche dieselbe Neigung thei-
len, gehören zu den niedrigsten Schichten der Menschheit; nicht minder jene
Stämme Afrika's, welche ausschließlich von Heuschrecken leben, wie die Busch-
männer. Der Genuß der Ameisen unter den Völkern Brasiliens und Ost-
indiens verdankt seinen Ursprung wahrscheinlich dem Gewürze der Ameisen-
säure. In der That verspeisen in Ostindien besonders schwache und alte Män-
ner zur Stärkung ihres Rückens Ameisenköniginnen, ein Genuß, der uns an
den des Maikäfers auch hier zu Laude erinnert. Doch dienen sie auch im Gro-
ßen, wie die weißen Ameisen Java's, zur Speise. Ihnen zur Seite gehen,
wahrscheinlich gleichfalls als Gewürz, die Bienen Ceylons. Zolllange Spin-
nen verzehrt der Bewohner Neu-Caledoniens, Motten der von Neu^Süd-Wa-
les, nachdem er ihren Puder durch Nöstüng und Umrühren entfernt. Seiden-
würmer zieren den Tisch von Madagaskar, der Grugru-Wurm der Kohlpalme
den des Japanesen. Sein chinesischer Nachbar zieht sich Larven einer Schmeiß-
fliege am Strande des Meeres auf faulenden Fischen. Achtzehn Zoll lange
und einen halben Zoll breite Tausendfüße sah Humboldt von indianischen
Kindern verzehren. Aehnlickes beobachtete man mit Insektenlarven, welche die
Indianer am Orinoko gierig aus der Erde zogen.
Mit den Fischen beginnt ein edlerer Tisch. Dagegen ist im Reiche der
Amphibien eine zwischen Wasser und Land getheilte Lebensweise etwas Hal-
des. Nur die Schildkröten mit ihrem zarten Fleische und ihren ölreichen Eiern
sind Lieblinge des Tisches geworden. Die freien Bewohner der Lüste haben
schon seit den frühesten Zeiten die meisten Opfer für die Küche geliefert, aber
fast ausschließlich die Pflanzen fressenden Vögel. Die Fische fressenden schützt
ihr thraniges Fleisch vor einer gleichen Begünstigung, obwohl einige Völker
ihr Leben vorzugsweise dem Thrangenusse verdanken. Ein Jeder weiß, wie
bei diesen Völkern Ausdünstung und Unreinlichkeit Hand in Hand gehen. Wie
der Stoff, so überall der Mensch. Der civilisirte Kaukasier verabscheut dio
das Licht des Tages meidenden Nager, Ratten und Mäuse, während die mon-
golische Rasse sie auf den Tisch brachte. So spielen bei den chinesischen
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141
Viertes Kap. Römische Geschichte.
legen Willen, zur Schlacht. An den Ufern des A ufi du s (*) bei dem
Flecken Canna wurde sie geliefert, die verderblichste für Rom in
seiner ganzen Geschichte. An diesem Tage sieten 45,000 Bürger, es
fielen 80 Senatoren, viele Consnlaren und Staatsbeamte und die
Blüthe der Ritterschaft. Aemilius Paulus nahm einen schönen
Tod, Terenti us Varrò die Flucht. Dennoch ging ihm der Senat-
um des Volkes Muth zu erhalten — dankend entgegen, dafür, daß
er am Heile des Vaterlandes nicht verzweifelt.
§. 88. Folgen derselben.
Dies war das Zenith von Hannibals Glück und Ruhm. Das
erste begann jezt zu sinken, der zweite nie. Zwar werfen ihm Viele
vor, daß er nach dem großen Siege nicht schnell, wie Maharbal
wollte, das Kapitol gcstürmet: und in der That ist es ein wichtige-
res Talent, Siege zu benüzen, als Schlachten zu gewinnen; aber
daß der Tag bei Canna ohne entscheidende Folgen blieb, lag wohl in
den Umständen und nicht in Hannibal's Schuld. Mit 26,000 Mann
war er von den Alpen hinabgestiegen, und hatte seitdem, außer der
gallischen Hilfe, keine bedeutende Verstärkung erhalten. Wie konnte
er nun, im dritten Feldzuge, nach so vielen Gefechten und vier groß-
ßen Schlachten, stark genug seyn, das zwar bluttriefende, aber noch
immer an Volk und Waffen reiche Rom anzugreifen; Rom, dessen
eigenthümlicher Charakter darin bestand, nach Unfällen am furchtbar-
sten zu seyn? Daher, um nicht die Frucht der Siege durch Verwegen-
heit zu vertieren, beschloß Hannibal, bevor er das Größte wagte,
durch Gewinnung der römischen Bundesgenossen sich zu verstärken,
und karthagische Hilfe zu erwarten. Auch fielen jezt die meisten
Völker des unteren Italiens ab von dem längst gehaßten Rom. Solches
that auch Campanie» mit seiner Hauptstadt Cap na. 2n diesem
schönen, von der Natur überreich begabten Lande (**), dessen schwel-
gerische Einwohner keine Kunst höher, als jene des Genusses schäz-
ten, nahm Hannibal die Winterquartiere. Unmäßigkeit und Wollüste
entnervten daselbst seine Krieger: nach geschmecktem Uebersiusse schie-
nen Entsagung und Mühseligkeit unerträglich.
Aber vergebens begehrte Hannibal Verstärkung von Karthago.
Hanno bcharrte bei seiner Anfeindung des barkinischen Hauses,
und da dieses auf den Krieg seine Größe baute; so erhob jener sich
(*) Gleich nach der trasimenischen Schlacht war Unteritalien derschan-
plaz des Krieges geworden.
(**) Omnium non modo Italia, scd toto orbe terrarum, pulcherrima
Campania« plaga est. Nihil mollius coclo, nihil uberius solo : ideo Liberi
Cererisque certame» dicitur. Florus.
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Extrahierte Personennamen: Aemilius_Paulus Hannibals Hannibal Hannibal Hannibal Hanno
Extrahierte Ortsnamen: Rom Hannibals Rom Rom Italiens Rom Karthago Unteritalien
76
Die Karolinger. Pipin.
2. Pipin.
Das Geschlecht der Könige aus merowingischem Stamme dauerte bis auf Childerich Iii.; aber es hatte nur den Schern, daß er der letzte war. In Wirklichkeit hatten die letzten Könige nichts mehr als diesen Namen. Denn sowohl alle Schätze, als alle Macht waren in der Hand des Major Domns oder Hausmeiers. Dem Könige stand zuletzt nichts mehr 311, als daß er, zufrieden mit dem königlichen Namen, mit wallendem Haar und lauggewachseuem Barte aus seinem Stuhle saß und sich anstellte, als ob er König wäre. Er hörte die Gesandten an, woher sie kamen, und erteilte ihnen, wenn sie schieden, die Antworten, welche ihm der Hausmeier vorgesagt hatte. Was ihm so besohlen war, redete der König, nie that er etwas aus eigener Macht. Außer dem königlichen Namen und einem geringen Einkommen, welches ihm der Hansmeier nach seinem eigenen Ermessen zuteilte, besaß er nichts, als ein Landgut von mäßigem Ertrage. Auf diesem Landgute hatte er eilt Haus mit) einige Sklaven, die ihn bedienten. Wohin er sich begab, fuhr er auf einem Wagen, der mit Ochsen bespannt war, und die Ochsen trieb er nach ländlicher Sitte mit einem Ochsenstachel an-. So kam er in seinen Palast, so auch in die große Volksversammlung, welche nach alter Sitte jährlich am 1. Mai gehalten ward. Dann führte er den Vorsitz vor dem ganzen Volke, begrüßte es und wurde wieder begrüßt, und wenn die Verhandlungen beendigt waren, fuhr er auch so wieder nach Hause und wohnte dort, bis wiederum der Mai herankam. Tie Verwaltung des Reiches nud alles, was nach außen und nach innen zu thun war, besorgte der Hansmeier.
Als Childerich König war, führte dies Hansmeieramt Pipin, der es schon von seinen Vorfahren als Erbrecht überkommen hatte. Dieser schickte zwei Bischöse nach Rom zum Papste Zacharias und ließ fragen, ob derjenige König sein müßte, welcher müßiger Ruhe hingegeben, nur dem Namen nach König wäre, oder ob derjenige, auf dessen Schultern die Last der Regierung ruhte, auch den Namen König tragen müsse. Daraus antwortete der Papst, demjenigen käme auch der Name des Königs zu, welcher die Zügel der Regierung in Händen hätte. Daraus ließ Pipin dem Könige Childerich seine langen Haare abschneiden und brachte ihn und feine Frau ins Kloster; der hl. Bonifacius, Erzbischos von Mainz, salbte Pipin zum Könige. — Diese Handlung Pipins war äußerst wichtig, weil dadurch das that-
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Extrahierte Personennamen: Otto_I. Berengar Martin Berengar Adelheid Otto Otto Otto Ludolf Heinrich_von_Bayern Heinrich Konrad_von_Franken Konrad Berengar Otto Adelheid Otto Ludolf Konrad Konrad Ludolf Wittwer Editha
Extrahierte Ortsnamen: Felfeuburg_Canossa Italien Deutschland Italien Italien Pavia Deutschland England
116 Otto Ii. Zug nach Italien. Otto Iii.
nach Paris zurück und nötigte ihn, seinen Eroberungsgelüsten Zu entsagen.
^ Weniger glücklich war Otto Ii. in Italien. Er zog im tjcchre 980 mit einem Heere über die Alpen, um nicht nur in Nom bte von dem herrschsüchtigen Patrizier Creseeutius gestörte -rouung herzustellen, sonbern auch seine Ansprüche aus Apulien ^0 Calabrien, bte er als Heiratsgut seiner Gemahlin ansah, mtt Waffengewalt zur Geltung Zu bringen. Die Griechen riefen gegen thn die Saracenen aus Sicilien zu Hilse, und in der Schlacht bei ^asantello, in der Nähe von Tarent, erlitt er am 15. Juli 982, durch eine verstellte Flucht der Araber getauscht, etne vollständige Niederlage. Von den Saracenen verfolgt, stürzte er stch^ in das Meer, um aus einem heransegelnden ^ahizeng schütz zu suchen. Das Schiss war jedoch ein griechisches, und der Kaiser sah sich in Gasahr, als Gefangener nach Kon-stantinopel gebracht zu werden. Er rettete sich jedoch durch eine glückliche List: er bewog den Schisssherrn bei Rosano anzulegen, mdem er vorgab, daß er dort Geld und Kostbarkeiten zu sich nehmen wolle, und als das Schiss der Küste nahe gekommen, stürzte er sich abermals in bte Wogen urtb erreichte glücklich das rettende Gestade. Mitten unter Vorkehrungen zu einem zweiten Feldzuge starb er zu Rom am 7. Dezember 983. Die Nachricht von seinem Tode traf in Dentschlanb ein, als eben zu Aachen dte Salbung seines gleichnamigen dreijährigen Sohnes, den die Fürsten bereits zu seinem Nachfolger erwählt hatten, vollzogen worden war.
, Während Otto Iii. (983—1002) unter der Leitung dreier hochgebildeter grauen: seiner Mutter Th eophania, seiner Großmutter Adelheid und seiner Base, der Äbtissin Mathilde in Quedlinburg, sowie des gelehrten Abtes Gerbert von Rheims zu einem vielversprechenden, für alles Große und Herrliche glühenden ^üngling von idealer Geistesrichtnng und tiesster Frömmigkeit heranwuchs, leitete der thatkräftige Erzbischof Willigis von Mainz die Staatsverwaltung mit Umsicht und Geschick. Die Bemühungen Heinrich des Zänkers, die Krone für sich zu gewinnen, scheiterten M der Einigkeit der übrigen Großen, welche einmütig erklärten, daß sie, ihrem Eide getreu, Ottos Iii. Rechte schützen würden.
Kaum harte Otto in seinem ib. Jahre selbst die Zügel der Regierung ergriffen, als er nach Rom eilte, um die Kaiserkrone zu empfangen. Hier hatte Erescenrins von neuem das Übergewicht erlangt, das er unter dem Titel eines Eonsnls mit -dyrannenlaunen geltend machte. Von beit erbitterten Römern
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Sein Privatleben. °'
Hühnern und Tauben, auch hielt man als Ziervögel Pfauen, Enten und Turteltauben. Die Aufsichtsbeamten mußten zu Weihnachten ein genaues Verzeichnis von dem ganzen Bestände an Vieh, Getreide, Wein, Honig, Eiern, Wolle n. s. w. einreichen, am Palmsonntag den Geldertrag abliefern und Rechnung ablegen. Wenn Karl feine Güter bereifte, was fehr oft geschah, fo war er ganz Landwirt und vergaß den König und Staatsmann; er nahm alles selbst in Augenschein, ordnete Verbesserungen an, prüfte die Bauanschläge und sah die Rechnungen nach, in welche alles bis aufs Kleinste, selbst jedes verkaufte Ei, eingetragen sein mußte.
6. Karls Privatleben und Tod.
So groß Karl iu allen Verhülltnissen des öffentlichen Lebens war, fo liebenswürdig erscheint er irrt Privatleben. Wie er seiner Mutter stets die höchste Ehrfurcht erwies, so war er feiner Schwester Gisla ein liebevoller Bruder, feiner (Zweiten) Gemahlin Hildegard ein zärtlicher Gatte, feinen Kindern ein sorgsamer Vater. Seine Söhne ließ er nicht nur in den Waffen üben, sondern er war auch mit der größten Sorgfalt für ihre geistige Bildung bemüht. Eben so sorgte er dafür, daß feine Töchter, an denen er mit ganzer Seele hing, nicht nur in den weiblichen Künsten des Spinnens, Webens und Wirkens, sondern auch iu den Wissenschaften unterrichtet würden. Nie mochte er sie von feiner Seite lassen, und nicht bloß bei Tische mußten sie neben ihm fitzen, sondern sie begleiteten ihn auch auf feinen Reifen, gingen mit ihm auf die Jagd, und selbst auf feinen Kriegszügen trennte er sich nicht von ihnen.
In feiner Lebensweise war er außerordentlich einfach. Niemand konnte müßiger fein in Speise und Trank. An seiner gewöhnlichen Mittagstafel gab es nur 4 Gerichte, außer dem Braten, den er von den Jägern am Bratspieß herbeibringen ließ, und den er fehr gern atz. Gastmähler fanden nur selten und an besonders festlichen Tagen statt; dann fah er aber auch gern recht viele Leute bei sich. Wein trank er wenig, selten mehr als dreimal bei Tische, und nichts verabscheute er mehr, als Trunkenheit; dagegen wurde es ihm fehr schwer, an Fasttagen ohne alle Speise fertig zu werden, und er meinte, das Fasten schade ihm. Zur Unterhaltung ließ er sich bei Tafel etwas von den Thaten der alten Könige, auch wohl aus den Schriften des heiligen Augustin vorlesen; auch liebte er bei Tische Saitenfpiel und Gesang. Nach der Mahlzeit pflegte er 2—3 Stunden zu schlafen;
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