523
durch das Vertrauen der Königin gewonnen, und
bot seitdem Alles auf, durch seine Rathschlage, die
eine aufrichtige Vereinigung des Hofes mit den
Anhängern der Constitution und den gemäßigten
Freiheitsfreunden bezweckten, das unglückliche Ver- *
hangniß des Königshauses zu wenden. Als er da-
mit nicht durchdrang, und die Königin es nicht
über sich gewinnen konnte, die Herren und Damen.
des alten Hofadels durch Errichtung eines unad-
lichen Hofstaates für immer zu beleidigen, sondern
lediglich ihre Hoffnung auf das Ausland setzte, er-
kannte er die Unmöglichkeit, ihr Rettung zu schaff
fen, und beschloß, Paris zu verlassen. Beim Ab-
schiede weissagte er ihr sowohl ihr als sein eigenes
Schicksal, und erbat sich als einzigen Lohn seiner
Bemühungen, ihre Hand küssen zu dürfen. Sie
reichte sie ihm mit Thränen. Längst den Jakobi-
nern verdächtig, ward er auf den Grund mehrerer
in den Schränken des Königs gefundener Papiere
verhaftet; seine Derurtheilung war nicht zweifel-
haft, und umsonst setzte er ihr eine sehr beredte
Vertheidigungörede entgegen. So furchtbar wuchs
die Menge Derer, welche täglich von dem Blut-
gerichte ihr Urtheil empfingen, daß Hinrichtungen
selbst ausgezeichneter Menschen, wenn sie nicht et-
wa mit besondern Umständen begleitet waren, schon
aufhörten, bemerkt zu werden, daher auch in meh-
rern Jahrbüchern der Revolution Barnave'ö und
Manuel's Tod nicht angeführt ist. Und doch war
das Blutregiment noch immer nicht zu seinem höch-
sten Punkte gestiegen, und außerhalb Paris wurde
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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135
liänischen Feuer-geist fast bis zum Wahnsinn.
Man sah Männer und Weiber sinnlos schreiend
in den Straßen von Nom hin und wieder lau-
fen, und der Sradtprätor befahl sogleich alle
Tempel zu öffnen, damit jedermann hinein stür,
zen, und sein heißes Bedürfniß, die Füße der
Götterbilder zu umarmen und dankend vor den
Altären zu knien, ungehindert befriedigen könnte.
Der Senat aber nahm in diesen feierlichen Ta-
gen alle die Würde zusammen, die die besiegten
Nationen von den Schiedsrichtern der Erde er-
warten durften. Er sprach durchaus nur im To-
ne des leidenschaftlosen, uninteressirten Lenkers,
Richters und Wohlthaters der Völker. Syphax
erhielt väterliche Verweise und ward nach Alba
in Verwahrung gebracht; Masinissa ward als ein
treuer, besonnener Mann, der das Rechte erwählt
habe, gelobt, und mit römischen Ehrenkleidern
und Pferden beschenkt. Seine Gesandten wur-
den auf Kosten des Staats beherbergt und be-
wirthet, und bey ihrer Abreise gleichfalls be-
schenkt. Ihrem Herrn ließ man sagen, Scipio
habe in allem, was er Gutes über ihn verfügt,
lediglich den Willen des Senats und de6 römi-
schen Volks vollzogen. Die karthagischen Bot-
schafter wurden gar nicht in die Stadt gelassen,
sondern draußen in dem Tempel der Bellona mit
einer kurzen, kalten Amwort abgefertigt. In
der That Hane ihre Sendung, und der unter-
i
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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245
sen. Zugleich dachte man darauf, dem boshaften
Schlaukopf einen Feldherrn von entschiedener Tap,
ferkeit und Rechtschaffenheit entgegenzustellen, und
so wählte man den ■&. Cäoi lius Metellu 6
(109). Dieser griff mit Ernst und Nachdruck
— nicht sowohl den Feind, als zuerst die zügello,
sen römischen Truppen an; er reinigte das La,
ger von unnützem Gesindel, und führte strenge
Mannszucht ein. Dann ging er kühn auf den
Jugurtha los. Dieser schickte ihm Gesandtschaft
ten über Gesandtschaften entgegen, Metellus
nahm sie nicht an, sondern rückte immer weiter
vor, zerstreute den ersten Haufen Numidier, der
ihm aufstieß, und verheerte rings umher das
Land. Jugurtha bat um Frieden, der Römer
bewilligte ihn unter schweren Bedingungen, näm-
lich alle Waffen und Elephanten auszuliefern,
und 200,000 Pfund Silbers zu bezahlen. Der
König gehorchte schon, aber eine spatere Forde,
rung, sich persönlich vor dem Consul zu stel,
len, machte ihn stutzig. Er wählte lieber Krieg
als Sklaverei, und Metellus setzte feine Erobe,
rungen mit Glücke fort. Zugurtha floh immer
weiter zurück, erst zu den wilden Gatuliern
auf dem Gebirge Atlas, dann zu dem Schwie,
gervater, dem Könige Boechus von Mau kt,
tanien, einem Theile des heutigen Marokko.
So weit hatte der wackere Metellus die
Sachen gebracht, als sein Consulatjahr zu Ende
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den der Prätor L. Antritts über diezllyrier
hielt, ward der vom Perseus betrogene König
Gentins mit Gemahlin, Bruder und Kindern
und vielen vornehmen Illyriern aufgeführt. Er
ging gefesselt, wie Perseus, vor dem Triumph,
wagen des Siegers her, und sah gleichfalls seine
ehemaligen Schätze und Kostbarkeiten, jetzt eine
Beute jeiner Feinde, vor sich hertragen. Zn ei,
nem dritten Triumphe endlich prangte der Admi,
ral C. Oetavius mir den erbeuteten Schnäbeln
feindlicher Schiffe. Der König Gentiu s ward
mit seiner Familie nach Spolrtum geführt,
und starb daselbst in der Gefangenschaft.
Die ungeheuren Geldsummen, mit denen
durch die Siege in Makedonien und Asien der
römische Schatz bereichert wurde, machten es dem
Senate möglich, dem Volke eine gänzliche Frei,
heit von Abgaben zu bewilligen, welche von die,
scr Zeit an 12z Jahre fortgedauert hat. Mit
diesem Reichthume griff auch die Sittenverderb,
niß der Römer schnell um sich; Geld ward nun
die Losung, und der schändlichste Geiz unterdrückte
jeden Keim wahrer Tugend. So wie das römi-
sche Volk das erste und reichste auf der ganzen
Erde seyn wollte, so strebte jeder einzelne der
vornehmeren Bürger desselben, der erste und
reichste in Rom zu seyn. So viele Feldherren,
Consuin, Prätoren, Unterbefehlehaber, Statt,
Halter und Gesandte also das römische Volk er-
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Extrahierte Personennamen: C._Oetavius
Extrahierte Ortsnamen: Makedonien Asien Rom Consuin
eine Gleichgültigkeit gegen alle Begriffe des inne-
ren Rechts und Unrechts, die den so verfeinere
ten Menschen gewissermaßen dein Zustande des
Wilden wieder nähert.
So hatte Zugurt ha, ein unächter Enkel
des Mastnissa, die vornehmen Römer kennen ge-
lernt, theils in Rom selbst, theils im Lager vor
Numantta, wo er unter Scipto seine Kriegs-
schule gemacht hatte. Dieser junge Fürst ver,
band mit dem glühenden Temperament des Afri-
kaners die Grausamkeit und Tücke der Raub,
thiere seines Vaterlandes. Indessen, so schlecht
er selber war, so dachte er doch von den Römern
nicht besser, und eben auf die Kenntniß ihres
Eigennutzes gründete er ein erstaunenswürbiges
Gebäude eigener Ungerechtigkeiten.
Nach dem Willen des letztverstorbenen Kö-
nigs Mi ei psa von Numidien, der ihn adoptirt
hatte, sollte das Reich zwischen ihm und Micipsa 6
beiden achten Söhnen, Adherbal und Hiemp-
sa l, getheilt seyn. Allein die Eifersucht trennte
die jungen Feuerköpfe bald, und Zugurtha, der
herrschsüchtigste von allen, dachte zuerst darauf,
ssch frei zu machen. Hiempsal fiel gleich im er-
sten Jahre (118) durch Meuchelmord. Adher,
bal floh nach Rom, und bat um Hülfe. Man
erstaunt über den verwegnen Mörder, man be-
schließt ein hartes Verfahren gegen ihr«, allein
allmälig spricht man milder, da geheime Gesandte
Hi. [16]
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Extrahierte Personennamen: Scipto
Extrahierte Ortsnamen: Rom Numidien Micipsa Adherbal Rom
Altar der Peterskirchè nkedeàietè, um nach sei-
ner frommen Weise sein Gebet zu verrichten,
trat plötzlich der Papst zu ihm, und fetzte ihm
«ine kostbare Krone auf, worauf das Chor der
Musiker sogleich mit Einstimmung des ganzen
Volks in den Gesang ausbrach: Càvolo Augufio
a deo coronato, magno et pacifico imperatori
Romanorum, vita et Victoria! Der Papst
fügte hierauf nach alter Weise die sogenannte
Adoration *) hinzu, und allenthalben wurde der
neue römische Kaiser mit dem Ausrufe Im-
perator und Augustus begrüßt.
Karl soll, nach Eginhards Bericht, nachher
geäußert^haben, wenn er das gewußt hätte, so
wäre er an diesem Tage lieber nicht in die Kir-
che gegangen. Vielleicht war also die Handlung
des Papstes eine vorgreifende Anmaßung in Ab-
sicht der Form und der Zeit, denn daß die Sa-
che selbst ganz unverabredet gewesen seyn sollte-
ist kaum glaublich. Genug, Karl der Große
war nun römischer Kaiser, weltlicher Oberherr
im Abendlande, so wie der Papst das geistliche
Haupt desselben zu seyn begehrte. Seitdem ist
der uneigentliche Titel eines römischen Kaisers,
und der erste Rang unter allen europäischen
*) D. i. er berührte mir ver einen Hand' seine Lippen,
mir der andern dir Hq,nd des Gekrönten, und neitzlr
sich zegen ihn. »
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Càvolo_Augufio Augustus Karl Eginhards Karl_der_Große Karl
277
Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
291
Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
19
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435
ward auch von andern frommen Aebten nach-
geahmt, Und der Tag aller Seelen zuletzt
vom Papste förmlich zu einem Fest erhoben, als
welches er noch jetzt im Kalender unter dem 2.
Nov. verzeichnet ist.
6.
Kardinäle und Legaten.
(Sec. n.)
Der einzige Ort in der damaligen Christen-
heit, wo die Religion nur Maske der Politik
war, und wo vielleicht über den felsenfesten
Glauben der Völker im Stillen gelacht wurde,
war der Stuhl des heiligen Petrus zu Rom.
Vey ihm sehen wir ein rein politisches Verfah-
ren, wie denn auch fein Zweck ein rein politischer
war. Der Papst würde aller der so gehässig er-
scheinenden Bemühungen, die christlichen Staa-
ten so habsüchtig zu besteuern, überhoben gewe-
sen seyn, wenn er nicht zur Behauptung seines
Ansehens gegen die weltlichen besonders italiänischen
.Fürsten großer Mittel bedurft hätte. Daß aber
seine politischen Verhältnisse als weltlichemacht ihn
nöthigten, feine anfänglich hohe Würde, als geist-
licher Regierer der gefammten Christenheit, durch
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sandten. So lieb dies dem Könige zu jeder an-
dern Zeit gewesen seyn würde, so ungelegen muß-
te es ihm jetzt kommen, da er ganz und gar in
seines Gegners Gewalt war. Er hatte aber
auch nicht geglaubt, daß die Lütticher so rasch zu
Werke gehen würden, ja er hatte eine zweite
Gesandschaft der erster» nachgeschickt, um sie zu
erinnern, daß sie mit den Feindseligkeiten noch
eine Weile inne halten möchten; es war aber
schon zu spät gewesen. Jetzt erhielt nun Karl in
Peronne die unerwartete Nachricht, und man
kann denken, wie ihm dabey zu Muthe gewor-
den seyn möge. Er rasere vor Wurh, und be-
fahl, den König in seiner Citadelle fest einzu-
schließen. Dieser gerieth in Todesangst. Karl
jchlief in drey Nächten nicht, und berathschlagte
bald mit sich selbst, bald mit seinen Nöthen, was
er mit dem treulosen Gaste machen solle. Man
hörte ihn des Nachts mit heftigen Schritten tn
seinem Zimmer auf-, und abgehen. Die meisten
seiner Vertrauten riechen zu gelinden Maaßre-
gein, und es ist wahrscheinlich, daß der schlaue
Ludwig Mittel gefunden habe, einige derselben
zu bestechen. Endlich ward beschlossen, eine Rei-
he ziemlich harter'bedingungen aufzusetzen, un-
ter welchen allein der König seine Befreiung er-
halten könne. Ec sollte versprechen, alle in dem
letzten Frieden gegebene, aber nicht gehaltene Ver-
heißungen zu erfüllen, weder gegen Karl, noch
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl
jchlief Karl Ludwig Ludwig Karl Karl