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Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
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Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
19
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— 132 —
leichtbordigen Schiffen über das ganze Mittelmeer und vernichteten eine römische Flotte nach der anderen; sie landeten bald hier, bald dort und unternahmen die verwegensten Plünderungszüge. Dabei verübten sie furchtbare Grausamkeiten; die Römer, welche ihnen in die Hände fielen, schleppten sie mit auf ihre Schiffe, undr wenn sie dieselben nicht als Sklaven verkaufen konnteny so liefsen sie die Unglücklichen in Stücke hauen und ins Meer werfen. So trieben sie es lange Jahre. Endlich starb König Geiserich (477). Seine Nachfolger thaten es ihm in der Grausamkeit wohl noch zuvor, aber sie waren nicht imstande, das Reich in der von ihm begründeten Gröfse zu erhalten. Zu der Zeit, als die Deutschen zuerst ihre verheerenden Einfälle in das römische Reich unternahmen, war hier an Stelle des abgestorbenen Heidentums schon längst das Christentum getreten. Aber die Lehre Christi hatte verschiedene Deutungen erfahren, und namentlich wurde über die Person des göttlichen Stifters selbst aufs heftigste gestritten. Der Priester A r I u s hatte die Lehre aufgestellt, dafs der Sohn Gottes vom Yater erschaffen und demselben zwar ähnlich, aber keineswegs gleich sei, und diese Lehre hatte viele Anhänger gewonnen. Fast alle Deutschen, welche sich zum Christentum bekehrt hatten, waren Arianer, so die West- und Ostgoten, so auch die Vandalen. Zwischen Katholiken und Arianern aber wurden oftmals blutige Kämpfe ausgefochten. Die ariani-schen Vandalenkönige verfolgten die katholischen Römer, welche in ihrem Lande ansässig waren, auf unmenschliche Weise und schwächten dadurch ihre eigene Macht so sehr, dafs es nur eines geringen Anstofses bedurfte, um das ganze Vandalenreich über den Haufen zu stürzen.
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— 165 —
losigkeit zu züchtigen. Schon hatte der Kampf begonnen und drohte für die Römer einen ungünstigen Ausgang zu nehmen; da stürzten sich die geraubten Sabineridnen inmitten der Streitenden, flehten hier, sie nicht zu Waisen, dort, sie nicht zu Witwen zu machen, und veranlafsten auf diese Weise einen gütlichen Ausgleich. Die Sabiner wurden von den Römern in ihre Stadt aufgenommen und verschmolzen mit ihnen zu einem Volke. Romulus aber wurde bald darauf unter Blitz und Donner von der Erde hinweggenommen und unter die Götter versetzt.
5. Der Krieg mit den Albanern. Auf den Romulus folgte Nüma Pompilius, der das noch rohe Volk durch Einführung religiöser Gebräuche an mildere Sitten gewöhnte. Sein Nachfolger war Tüllus Hosti-lius, unter dessen Regierung die Römer in einen Krieg mit der Mutterstadt Alba longa verwickelt wurden. Als die beiden Heere in Schlachtordnung einander gegenüberstanden, trat Mettius Fufetius, der Anführer der Albaner, in die Mitte und schlug dem Tullus Hostilius vor, ihre Streitsache durch den Kampf von nur wenigen Kriegern entscheiden zu lassen. Der Vorschlag gefiel dem römischen Könige. Nun befanden sich aber zufällig in beiden Heeren Drillingsbrüder, bei den Römern die Horätier, bei den Albanern die Curiätier. Diese erboten sich zum Kampfe. Derselbe begann unter den Augen beider Heere, und nach langem, heftigem Ringen lagen endlich zwei Römer tot am Boden. Jubelnd sahen die Albaner ihrem Falle zu, und schon zitterten die Römer hoffnungslos für den Ausgadg. Da griff der letzte Horatier zu einer List. Er war noch unverletzt, während die drei Curiätier mehr oder weniger durch Wunden entkräftet waren. Scheinbar nahm er die Flucht,
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
legen Willen, zur Schlacht. An den Ufern des A ufi du s (*) bei dem
Flecken Canna wurde sie geliefert, die verderblichste für Rom in
seiner ganzen Geschichte. An diesem Tage sieten 45,000 Bürger, es
fielen 80 Senatoren, viele Consnlaren und Staatsbeamte und die
Blüthe der Ritterschaft. Aemilius Paulus nahm einen schönen
Tod, Terenti us Varrò die Flucht. Dennoch ging ihm der Senat-
um des Volkes Muth zu erhalten — dankend entgegen, dafür, daß
er am Heile des Vaterlandes nicht verzweifelt.
§. 88. Folgen derselben.
Dies war das Zenith von Hannibals Glück und Ruhm. Das
erste begann jezt zu sinken, der zweite nie. Zwar werfen ihm Viele
vor, daß er nach dem großen Siege nicht schnell, wie Maharbal
wollte, das Kapitol gcstürmet: und in der That ist es ein wichtige-
res Talent, Siege zu benüzen, als Schlachten zu gewinnen; aber
daß der Tag bei Canna ohne entscheidende Folgen blieb, lag wohl in
den Umständen und nicht in Hannibal's Schuld. Mit 26,000 Mann
war er von den Alpen hinabgestiegen, und hatte seitdem, außer der
gallischen Hilfe, keine bedeutende Verstärkung erhalten. Wie konnte
er nun, im dritten Feldzuge, nach so vielen Gefechten und vier groß-
ßen Schlachten, stark genug seyn, das zwar bluttriefende, aber noch
immer an Volk und Waffen reiche Rom anzugreifen; Rom, dessen
eigenthümlicher Charakter darin bestand, nach Unfällen am furchtbar-
sten zu seyn? Daher, um nicht die Frucht der Siege durch Verwegen-
heit zu vertieren, beschloß Hannibal, bevor er das Größte wagte,
durch Gewinnung der römischen Bundesgenossen sich zu verstärken,
und karthagische Hilfe zu erwarten. Auch fielen jezt die meisten
Völker des unteren Italiens ab von dem längst gehaßten Rom. Solches
that auch Campanie» mit seiner Hauptstadt Cap na. 2n diesem
schönen, von der Natur überreich begabten Lande (**), dessen schwel-
gerische Einwohner keine Kunst höher, als jene des Genusses schäz-
ten, nahm Hannibal die Winterquartiere. Unmäßigkeit und Wollüste
entnervten daselbst seine Krieger: nach geschmecktem Uebersiusse schie-
nen Entsagung und Mühseligkeit unerträglich.
Aber vergebens begehrte Hannibal Verstärkung von Karthago.
Hanno bcharrte bei seiner Anfeindung des barkinischen Hauses,
und da dieses auf den Krieg seine Größe baute; so erhob jener sich
(*) Gleich nach der trasimenischen Schlacht war Unteritalien derschan-
plaz des Krieges geworden.
(**) Omnium non modo Italia, scd toto orbe terrarum, pulcherrima
Campania« plaga est. Nihil mollius coclo, nihil uberius solo : ideo Liberi
Cererisque certame» dicitur. Florus.
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Extrahierte Personennamen: Aemilius_Paulus Hannibals Hannibal Hannibal Hannibal Hanno
Extrahierte Ortsnamen: Rom Hannibals Rom Rom Italiens Rom Karthago Unteritalien
Sein Privatleben. °'
Hühnern und Tauben, auch hielt man als Ziervögel Pfauen, Enten und Turteltauben. Die Aufsichtsbeamten mußten zu Weihnachten ein genaues Verzeichnis von dem ganzen Bestände an Vieh, Getreide, Wein, Honig, Eiern, Wolle n. s. w. einreichen, am Palmsonntag den Geldertrag abliefern und Rechnung ablegen. Wenn Karl feine Güter bereifte, was fehr oft geschah, fo war er ganz Landwirt und vergaß den König und Staatsmann; er nahm alles selbst in Augenschein, ordnete Verbesserungen an, prüfte die Bauanschläge und sah die Rechnungen nach, in welche alles bis aufs Kleinste, selbst jedes verkaufte Ei, eingetragen sein mußte.
6. Karls Privatleben und Tod.
So groß Karl iu allen Verhülltnissen des öffentlichen Lebens war, fo liebenswürdig erscheint er irrt Privatleben. Wie er seiner Mutter stets die höchste Ehrfurcht erwies, so war er feiner Schwester Gisla ein liebevoller Bruder, feiner (Zweiten) Gemahlin Hildegard ein zärtlicher Gatte, feinen Kindern ein sorgsamer Vater. Seine Söhne ließ er nicht nur in den Waffen üben, sondern er war auch mit der größten Sorgfalt für ihre geistige Bildung bemüht. Eben so sorgte er dafür, daß feine Töchter, an denen er mit ganzer Seele hing, nicht nur in den weiblichen Künsten des Spinnens, Webens und Wirkens, sondern auch iu den Wissenschaften unterrichtet würden. Nie mochte er sie von feiner Seite lassen, und nicht bloß bei Tische mußten sie neben ihm fitzen, sondern sie begleiteten ihn auch auf feinen Reifen, gingen mit ihm auf die Jagd, und selbst auf feinen Kriegszügen trennte er sich nicht von ihnen.
In feiner Lebensweise war er außerordentlich einfach. Niemand konnte müßiger fein in Speise und Trank. An seiner gewöhnlichen Mittagstafel gab es nur 4 Gerichte, außer dem Braten, den er von den Jägern am Bratspieß herbeibringen ließ, und den er fehr gern atz. Gastmähler fanden nur selten und an besonders festlichen Tagen statt; dann fah er aber auch gern recht viele Leute bei sich. Wein trank er wenig, selten mehr als dreimal bei Tische, und nichts verabscheute er mehr, als Trunkenheit; dagegen wurde es ihm fehr schwer, an Fasttagen ohne alle Speise fertig zu werden, und er meinte, das Fasten schade ihm. Zur Unterhaltung ließ er sich bei Tafel etwas von den Thaten der alten Könige, auch wohl aus den Schriften des heiligen Augustin vorlesen; auch liebte er bei Tische Saitenfpiel und Gesang. Nach der Mahlzeit pflegte er 2—3 Stunden zu schlafen;
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karls Karls Karl Karl Gisla Hildegard
Sein Kampf gegen die Dänen. 291
Verborgenen die Mutigsten zu kleinen Heerhaufen, und als die Dänen sorglos geworden waren, weil sie nirgends Widerstand fanden, und meinten, der König sei tot oder aus dem Lande geflohen, schlich er sich als Sklave verkleidet in das feindliche Lager, um die Zahl der Feinde kennen zu lernen und ihre Stellung zu erforschen. Nachdem dies geschehen war, brach er mit einem Heerhaufen aus dem Sumpfwalds hervor, bezog eine Verschauzuug, die er an einem gut gelegenen Orte angelegt, pflanzte ans dem Walle das Königsbanner mit dem goldenen Drachenbilde auf, rief sein Volk unter Waffen und zog gegen die Dünen, über deren Lager ein Banner mit dem nordischen Raben wehte. Bei Edendune kam es zu eiuer blutigen Entscheidung? - und Vernichtungsschlacht. Vor dem dichtgeschlossenen Schlachtkeil der Angelsachsen erlagen die Dänen, flohen in ihre Strandseste, welche aber auch erstürmt wurde. Hierauf besiegte Alfred noch andere Dänenhaufen, welche er aus dem Lande jagte oder ihnen gestattete, im Lande sich anzusiedeln, wenn sie zuvor das Christentum angenommen hatten. Um aber sein Laud auch gegen weitere Zuzüge zu schützen, ließ Alfred Schiffe bauen, wehrte Ankommenden die Landung, verfolgte Fliehende und schüchterte durch dieses kraftvolle Verfahren die Dänen so sehr ein, daß sie von ihren Raubzügen abstanden, um Frankreich und Norddeutschland auszuplündern, wo ihnen die kraftlosen Karolinger geringen Widerstand leisteten, ja sich oft durch Tribut loskauften. So rettete der unverzagte Mut eines einzigen Mannes ein Volk vor dem Untergange; aber damit war der einsichtige König nicht zusrieden, er wollte sein Volk auch zu einem glücklichen machen, indem er nicht nur Gesetz und Recht herstellte, sondern auch Bildung verbreitete, weil sie allein die Grundlage der Wohlsahrt und Sittlichkeit sein kann.
Alfred wurde den Angelsachsen das, was Karl der Große den Franken gewesen war. Wie dieser war er unermüdlich thätig, benutzte seine Zeit Zweckmäßig, indem er jeden Tag in drei Teile schied von je acht stunden, und jeden Teil mit einer bestimmten Beschäftigung füllte. Weil es an Uhren fehlte, so bediente er sich der Kerzen, von denen jede acht Stunden brannte und ihm dadurch den Verlaus der Stunden anzeigte. Um die Kerzen gegen Zugluft zu schützen, trug er sie in einer Hornlaterne, die er selbst aus Reisen bei sich führte. Acht Stunden widmete er den Studien und der Schriftstellerei, acht den Regieruugsgeschästen und acht der Erholung. An seinem Hofe sammelte er gelehrte Männer, die ihn in allen Wissenschaften unterrichteten, Bücher durch Abschreiben sammelten und selbst in angelsächsischer Sprache Ge-
19 *
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Extrahierte Personennamen: Alfred Alfred_Schiffe Alfred Karl_der_Große Karl
358
Das Altertum. Die Rmer.
fanden sie auf e i n e r Heerstrae nicht hinlnglichen Raum fr ihre unzhligen Karren, in derselben anliegenden Landschaft fr Menschen und Vieh nicht ausreichende Nahrung. Die Teutonen und keltischen Ambronen wollten der die Niedern Seealpen oder an der ligurischen Kste vorbei in Italien einbrechen; die Kimbern wandten sich stlich, um durch die tirolischen Psse des Brenner, der Eisack und Etsch in die Po-Ebene einzufallen.
Unterdessen hatten sich die Verhltnisse bei den Rmern gendert. Die demokratische Partei hatte es durchgesetzt, da ihr Mann, Gajus Marius, trotz des Gesetzes, wonach es nicht gestattet war, das Konsulat mehr als einmal zu bekleiden, im Jahre 104 sein zweites Konsulat antrat und nun fnf Jahre hintereinander jedesmal zum Konsul gewhlt wurde. Derselbe hatte sich sofort in die provincia Narbonensis begeben, die Herrschaft bei den gallischen und ligurischen Stmmen aufs neue befestigt und das Heer durch die Einteilung der Legion in 10 Kohorten zu je 600 Mann und die Einfhrung des Pilums fr alle Legionen vllig umgestaltet. Die zerrttete Mannszucht wurde wiederhergestellt, das Heer durch die Aufnahme der Be-sitzlosen (capite censi) zum Sldnerheer verndert, durch Mrsche und Felddienstbungen geschult, Mut und Zuversicht gehoben. Die Anlage eines Rhonekanals nach dem Meere, der fossa Mariana, beschftigte die Soldaten und sicherte die Verproviantierung. An dem Einflu der Jjere in die Rhone bezog er ein befestigtes Lager, welches die Teutonen unter hhnender Heraus-forderung zum Waffengang vergeblich bestrmten. So gewhnte Marius seine Truppen an den Anblick und die Fechtweise der gefrchteten Feinde. Dann zog er ihnen langsam nach und vernichtete sie in der zweitgigen Schlacht bei Aqua Sexti (Aix-en-Provence) 102.
Whrenddessen hatten die Kimbern Helvetien und Rtien umgangen und drangen aus Tirol in das oberitalische Etschthal vor. Das Heer unter Q. Lutatius Catulus, welches dort stand, lief schon bei dem Anblicke der Feinde davon. So mute Marius, jetzt zum fnftenmal Konsul, abermals helfen; den 30. Juli 101 erfocht er in einer sehr gefhrlichen Schlacht einen groen Sieg in der Raudischen Ebene bei Vercell und rieb auch die Kimbern auf. Er wurde als der dritte Grnder Roms gepriesen und feierte einen glnzenden Triumph, bei welchem die Rmer besonders die furcht-bare Gre des Teutonenherzogs Teutobod bewunderten, von dem sie erzhlten, er habe der sechs nebeneinandergestellte Pferde wegspringen knnen. Die Rmer hatten zum erstenmal erfahren, welche Völker jenseits der Alpen wohnten, und da mit Karthago noch nicht jeder furchtbare Feind ver-nichtet sei.
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Extrahierte Personennamen: Gajus_Marius Marius Mariana Marius Marius Lutatius_Catulus Marius Marius
392
Das Altertum. Die Rmer.
dem Rate seiner Freunde Cilnius Mcenas, Vipsanius Agrippa und Messala Corvinus den groen Einflu auf seine Entschlsse gestattet habe, so ist richtig, da er ein kalter Verstandesmensch war, aber diese Klugheit gab Rom den Frieden. Der Senat war scheinbar noch der Trger der Regierungs-gewalt, so da man von einer Zweiherrschaft (Dyarchie) redet, aber der Wille des Fürsten, des princeps, lenkt ihn und das Volk. Seit Diocletian (285) gilt der Kaiser als die Verkrperung des Staatsbegriffs; das Principat war zur absoluten Monarchie geworden.
Dritte Periode.
Das rmische Weltreich unter den Csaren (31 v. Chr. bis 476 n. Chr.).
A. Innere Verhltnisse des rmischen Weltreiches.
I. Ilmfang dos rmischen Meiches.
Unter Augustus hatte das rmische Gebiet, der orbis Romanns, das imperium Romanum, wenn auch noch nicht seine grte Ausdehnung, so doch seine feste Gestaltung erreicht. Zu ihm gehrten alle Inseln des Mittel-meeres und die dasselbe umschlieenden Lnder, in Europa die drei sdlichen Halbinseln und Gallien, ca. Mill. qkm. Zur Sicherung Italiens hatte schon Csar Helvetien unterworfen; Augustus sicherte die Nordgrenze von dem Genfersee bis an das Adriatifche Meer durch Eroberung der Lnder bis an die Donau (Vindelicien, Pannonien) und machte auch das untere Donaugebiet, Msien, zur Provinz. So wurde Europas groes Querthal vom Schwarz-wald bis zum Schwarzen Meere, das Donauthal, die Grundlage der rmischen Angriffs- und Verteidigungskriege gegen die nordischen Völker, und darum wurde es mit rmischen Lagern, Kastellen und festen Stdten bedeckt. Die gleiche Bedeutung erhielt der Rhein von Mainz bis zur Waalmndung gegen die Germanen. Die meisten Städte an diesen Strmen stehen auf rmischem Unterbau. Vorderasien war bis zum Euphrat römisch, ebenso Syrien, Phnikien, Palstina. Von Afrika standen unter rmischer Herr-schast gypten, die Kyrenaika, Karthago, Numidien, Mauretanien. Die Seelenzahl des ganzen Reiches berechnet man auf 120 Millionen. Der Census ergab im Jahre 726 nach Erbauung der Stadt (= 28 v. Chr.) 4 063 000 waffenfhige Brger, also etwa 17 Millionen brgerliche Einwohner; mehr als doppelt so viel betrug die Zahl der Unterthanen; die brige Masse lebte in der Sklaverei. Gebieter dieses Riesenreiches war der Csar, die Haupt-
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446
Das Altertum. Die Rmer.
befreit war, hielten die vier Herrscher in Rom (303) einen glnzenden Triumph.
Gegen die Christen, die zwar das Gebet fr den Kaiser verrichteten, die Anbetung aber verabscheuten, begann der Despot auf Anstiften des Galerius im I. 303 eine planmige, furchtbare Verfolgung, bei welcher die Glubigen erst mit Gtereinziehung, Amtsentsetzung, Zerstrung der Kirchen und heiligen Bcher, dann mit Kerker, Folter, grausamer Hinrichtung bestraft wurden, so da Diocletian sich rhmte, den Christennamen ausgerottet zu haben. Nur Constantius beschtzte die Christen mglichst in seinen Ln-dern vor der Wut ihrer Verfolger.
Schon 286 soll eine ganze christliche Legion, die sogen, thebische (Ss. The-baeorum), felix", auf Befehl Maximians zusammengehauen worden sein, weil sie bei Agaunum (= St. Maurice) in Wallis sich geweigert habe, gegen ihre Brder, die Bagauden, zu fechten. Die diese Legion betreffenden Akten entbehren des geschichtlichen Wertes. Dafr entschdigen reichlich die zuverlssigen brigen Mrtyrerakten der Zeit. Von hervorragenden Blutzeugen seien nur der Tribun Sebastianus, die dreizehn-jhrige Jungfrau Agnes und der Papst Marcellinus genannt. Von dem Cmeterinm (Friedhof) ad catacnmbas an der Appischen Strae, wo sich die Ruhesttte des hl. Se-bastianus befand, haben die ausgedehnten unterirdischen Grberanlagen der Christen in der Umgebung Roms ihren Namen Katakomben erhalten. Die Begrbnissttten genossen als Eigentum von staatlich anerkannten Vereinen den Schutz der Gesetze. Nur Decius und Diocletian belegten die Grundstcke, unter denen sich die christlichen Grab-statten befanden, mit Beschlag; die Christen selbst verschtteten zum Teil die Eingnge zu denselben. Goten und Vandalen drangen in die Rume ein (410457). Spter vernachlssigten und verunehrten die Christen diese selbst, so da man die Reliquien von dort erhob. Vom 11.16. Jahrhundert waren sie ganz vergessen, wurden erst 1578 wieder entdeckt und teilweise damals von Antonio Bosio, vornehmlich aber in unserm Jahrhundert durch den Jesuiten Marchi und I. B. de Rossi (f 1894) durchforscht. Die aufgefundenen Gemlde, Skulpturen, Inschriften und kleinen Altertmer find ebenso wertvolle Schtze fr die Geschichte der Kultur und Kunst, als unschtzbare Zeugnisse fr die Wahrheit der kirchlichen Lehre.
Die Verfolgungen reinigten die Kirche von den unlautem Elementen und strkten den Glaubensmut der Getreuen. Das Blut der Mrtyrer ward" wie der leider selbst spter in Irrtum verfallene Kirchenschriststeller Tertullianus (f c. 240) sagt - zum Samen des Christentums." Vielleicht trug der sichtbare Mierfolg zu dem Entschlsse Diocletians bei, den Purpur abzulegen. Am 1. Mai 305 entsagte er zu Nikomedia der Regierung und ntigte den Maximian, das gleiche zu thun. Zu Salona in Dalmatien, wo er sich einen prchtigen Palast mit schnen Gartenanlagen erbaut hatte, starb er 313.
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