Viertes Kap. Römische Geschichte. 153
Manischen Undanks erfahren. Die Größe des Mannes, welcher sein
Vaterland ans dem gefährlichsten Kriege glorreich errettet, welcher
in Spanien die königliche Würde ausgeschtagen und in Rom die be-
ständige Diktatur verschmäht hatte, mußte wohl Neid erregen. Er-
würde vor die Volksversammlung gefordert, um einer entehrenden
Anklage zu stehen. Mit edlem Troze entzog er sich seinen verachtnngs-
werthenrichtern, und ging nach Linternnm, wo er in würdevoller
Abgeschiedenheit seine Tage schloß. Auch Lucius Scipio wurde
angeklagt und verurtheilt — ohne allen Grund, wie man später er-
kannte. Sein Vermögen wurde cingezogen, und der Sieger Asiens
hätte in den gemeinen Gefängnissen sterben müsien, wenn nicht die
Jntercession eines Tribuns solches verhindert hätte.
§. 55. Der Krieg des Perseus.
Eine neue Coalition schien jezt Rom zu bedrohen, und bereitete
ihm nur neue Triumphe. Bald nach der Schlacht bei Magnesia fand
Philippus in dem veränderten Tone der Römer Grund genug zur
Reue über Antiochus Verlassnng. Mit gebieterischem Troze forderte
ihn eine römische Gesandtschaft zur Verantwortung auf über die kleinen
Eroberungen, welche er während des syrischen Krieges unter Konni-
venz der Römer gemacht hatte. Des Königs schmerzliche Indignation
verrieth sein unwillkürlicher Ausruf: „es sey aller Tage Abend noch
nicht gekommen „, aber er erlebte den Zeitpunkt zur Ausführung der
Rache nicht.
Wir lesen, daß Demetrius, sein jüngerer Sohn, ein gutgesinn-
ter Prinz, durch den älteren, Perseus, bei dem Vater verleumdet
und auf dessen Befehl hingerichtet worden; später habe dann dieser
des Hingerichteten Unschuld entdeckt, und sey vor Gram gestorben.
Wenn wir jedoch bedenken, daß „gutgesinnt^ bei den römischen
Schriftstellern soviel hieß, als „römisch gesinnt„, und daß den
Feind Roms, Perseus, schwarz abzumalen ihr Interesse war; so
möchten wir Verdacht gegen die Treue jener Erzählung schöpfen,
und den Demetrius, der während seines Aufenthaltes in Rom
etwa verführt worden war, als ein dem rechtmäßigen Hasse Phi-
lipps gegen die Feinde seines Reiches, und. also nicht ohne Grund,
geschlachtetes Opfer betrachten. Perseus erbte diesen Haß, und sezte
des Vaters Plane, sich zum Kriege gegen Rom zu stärken, durch
siebenjähriges Bemühen, jedoch mit unvollständigem Erfolge, fort.
Er rief von jenseits der Donau ein t ent sch es Volk, die Bastarner
in seine Nähe, um sich ihres kräftigen Armes bei dem bevorstehen-
den Kampfe zu bedienen: warb allenthalben in griechischen Städten
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Extrahierte Personennamen: Lucius_Scipio Scipio Philippus Antiochus_Verlassnng
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Rom Linternnm Asiens Rom Rom Donau
204
Viertes Kap. Römische Geschichte.
laßte, wurde Ctodius für Rom noch schädlicher im Tode, als er im
Leben gewesen.
§. 60. Zweiter Bürg erkrieg.
Denn es beförderte dieses Ergebniß mittelbar den Bruch zwi-
schen Cäsar und Po mp ejus, welcher freilich, nach der Lage
der Sachen, fast unvermeidlich war.
Die Erneuerung des Bundes der drei Männer ( 3928. 55 v. Ehr.),
welche zu Lucca in Cäsar's Winterquartieren geschah, hatte keine
gute Früchte getragen. Pompejus und Crassus waren zwar
Cousuln geworden (auf gewaltthätige Weise, denn man scheute
sich nicht, ihren Mitbewerber Domitius Ahenobarbus und sei-
nen Beschüzer Cato mit Waffengewalt vom Forum zu verjagen),
und hatten die verlangten Provinzen, jener Spanien auf fünf Jahre
— und zwar mit der Erlanbniß in Rom zu bleiben und die Provinz
durch Legaten zu verwalten—, dieser aber Syrien erhalten: allein
gleich nachher hörte mit dem Tode des Crassus das Gleichgewicht
unter den Verbündeten auf. Dieser unersättliche Mann hatte mehr
ans Geld-, als ans Ehrgeiz einen muthwilligen Krieg gegen die
P arthc r — unter den Verwünschungen der Priester und der Tribu-
nen — begonnen. Nach anfangs gutem Erfolge wurde er in den
Steppen Mesopotamiens umzingelt, sah die hoffnungslose Lage
seines Heeres, den Tod des geliebten Sohnes, und starb mit Helden-
mutheb 3931. 52 v. Chr.). Cassius, mit den Trümmern des Heeres,
erreichte Antiochien; ohne seinen Arm war Syrien verloren.
Schon früher hatte der Tod der edlen Julia das wichtigste Band
zwischen Cäsar und Po mp ejus zerrissen. Doch wäre wohl auch die
Gatten - und Vatcrliebe unkräftig gegen die Herrschsucht gewesen. All-
mätig sonderten sich ans dem Gewirre der Faktionen, unter unaufhör-
lichen Intriguen und Tumulten, die beiden Hauptparteien der Op ti-
ma ten und Demokraten, jene unter Pomp ejus, diese unter
Cäsar's Ansehen vereinigt. Cäsar war stark durch seinen persönli-
chen Anhang, welchen ihm Liebe, Bestechung oder Verführung gewon-
nen. — Mit Pompejus hielten cs außer seinen persönlichen Freun-
den und den Aristokraten, so wie der Bruch entschieden war, auch die
wahrhaft guten Bürger, welche die Freiheit und die Verfassung liebten.
Denn er blieb die einzige Schuzwehr gegen Cäsar's Herrscherplan, und
von Ihm war —wenn er auch die erste Stelle behauptete — doch min-
der die Einreissung der Formen zu befürchten. Nur die Gefahr, durch
Cäsar gestürzt zu werden, trieb ihn zu entscheidenderen Schritten, und
cs scheint, daß von dem Augenblicke, da er diese Gefahr sich deutlich
dachte, ein leises Vorgefühl seines Schicksals die Entschlossenheit seiner
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Extrahierte Personennamen: Cäsar Domitius_Ahenobarbus Cato Julia Cäsar Cäsar Cäsar
Extrahierte Ortsnamen: Rom Lucca Spanien Rom Mesopotamiens
277
Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
21 2 Viertes Kap. Römische Geschichte.
Gnade für Freiheit —, sondern das eigentliche und bessere Römervolk,
seinen Unwillen ans die unzweideutigste Weise. Aber immer mehr nahm
Casar den Ton des Königs und täglich eine beleidigendere Harte an (*).
Er wollte das Diadem, und der Tag war bestimmt, an welchem der
Senat es ihm antragcn sollte. Dieser Tag wurde sein Todestag.
§. 63. M. Iunius Brutus.
Außer Denjenigen, welche den Namen des Königs mehr, als die
Herrschaft selbst scheuten, und den Vielen, welche Cäsar wegen einer
stolzen Begegnung oder einer zurückgcwiescnen Bitte oder ans Rache,
alter Parteiwuth oder aus anderen persönlichen Gründen haßten,
gab es auch Manche, die mit patriotischem Sinne nur darum seine
Feinde waren, weit sie in ihm den Unterdrücker der allgemeinen Frei-
beit und daher den Feind des Vaterlandes erblickten. Die meisten Der-
selben verschlossen solche Gesinnung in ihre Brust; Audere, da taute
Klage gefährlich war, legten sie wenigstens in den Schooß der Freund-
schaft nieder (**); bei den Heftigsten endlich reifte sie zur That.
Wir sind auf eine der imposantesten Gestatten der alten Welt ge-
kommen, auf einen Mann, der wahrhaft groß und edel und doch Ver-
brecher war. M. Inn ins Brutus hatte den Tyrannenhaß als ein
an seinen Namen geknüpftes, aus der Wiegenzeit der Republik her-
rührendes Erbe von seinen Vätern erhalten. Aber was bei dem Rächer
Lucretiens wilder Fanatismus, zum Theil auch engherziges Stan-
desinteresse gewesen, das war bei dem jüngeren Brutus reine, hoch-
aufstrebende Flamme der Vaterlands - und Freiheitsliebe. Die Lehren,
das Beispiel seines Oheims Cato gaben ihr noch eine höhere Weihe,
und das Studium der Philosophie nährte und verstärkte sie durch die
Kraft und Hoheit stoischer Grnndsäze. In diesem leidenschaftlichen Pa-
triotismus liegt der Schlüssel aller Handlungen des jüngeren Brutus,
die Individualität seines Charakters; und darum sagen wir Nichts von
den Vorzügen seines Geistes, seiner umfassenden Kcnntniß in gelehrten
und in Staatssachen, von seiner würdevollen Beredsamkeit, welches
Alles Andere mit ihm gemein haben mochten. Aber unberührt darf nicht
bleiben die zarte Empfindsamkeit seiner Seele, jene Milde und Weich-
herzigkcit, welche an einem Zöglinge Cato's Befremden erregte, und
den hohen Charakter zugleich liebenswürdig machte.
Brutus Vater war von Po mp ejus getödtct worden; dennoch
folgte der Sohn diesem in die pharsalische Schlacht, weil Pom-
(*) 2» diesen llmftänden, und da seine Herrschaft nur auf Gewalt beruhte,
war es Unklugheit, die Leibwache abzudanken. Doch rechnete Cchar auf die
ganze Armee und auf die armen Bürger.
(**) Man sehe vor Allein die Briefe des edlen Cicero.
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
feit ertrug, und daß, wie viele Reden und Thaten zeigen, der Ruhm
der Weisheit ihm so schön, als jener des Krieges schien.
Viel ist, und in sehr verschiedenem Geiste, über Brutus That dokla-
mirt worden. Wer sie beurtheilen will, muß von den Verhältnissen
und Begriffen unserer Zeit sich wegversezen in die Zeit des Bru-
tus. Er muß sich lebendig verstellen, wie demselben der Verlust der
fünfhundertjährigen ruhmvollen Freiheit Roms erscheinen mochte; er
muß sich erheben, wenn er kann, zu jener — längst entflohenen —
leidenschaftlichen, heroischen Liebe der Freiheit, um welche ein Eato
und vor ihm Viele freudig starben; er muß sich endlich von jenen
Ideen durchdringeu, welchen gemäß damals ein Harmodius, Ti-
moleon und Brutus der Aeltere für groß gatten. Abgesehen von
der gründlicheren Erkenntniß unserer Tage in Natur- und Staatsrecht,
btos nach den allgemeinen Gründen der Moral, wornach die That
nach ihren Motiven und der moralischen Kraft, die sie erheischt,
gewürdigt werden muß, wird Brutus uns groß erscheinen, weit er
nicht nur uneigennüzig und ohne persönliche Leidenschaft (selbst An-
tonius, sein Feind, erkannte solches), sondern gegen sein höchstes Jn-
ter-sse und gegen seine zärtlichste Neigung handelte.
Daß Cäsar's Mord— wie die Meisten sagen — für Rom das größte
Unglück, die Ursache einer neuen Reihe von Bürgerkriegen und dann
gerade der schrecklichsten Despotie gewesen — kann das Urtheil der Ver-
werfung gegen Brutus nicht begründen. Er glaubte aufrichtig und innig,
daß kein höheres Glück, als die Freiheit sey; er glaubte (wohl
irrig, aber ein politischer Irrthum ist kein Verbrechen), daß die
Freiheit noch bestehen könne in seinem geliebten, wenn auch verderb-
ten Rom, und fühlte, daß — in solcher Voraussezung — jeder Bürger
das Recht habe, sein kostbarstes Besizthum gegen den Räuber desselben
zu vcrtheidigcn; er fühlte, daß die Wahrscheinlichkeit einer guten
Verwaltung das offenbare Verbrechen der umgestürzten Verfassung
nicht aufhebe.
Wir, die wir die Folgen von Brutus That irr den Blättern der
Geschichte lesen, wir mögen sie wohl unselig nennen <*). Danrals
nicht also. Wer kann die Zukunft erschauen? — Für edle Gemüther ist
schwer, an das allgemeine Verderbniß, für starke Seelen schwer, an die
Rettungslosigkeit zu glauben. Nur die Erfahrung von Jahrtausenden
konnte überzeugend lehren, daß eine große Rcprlblik nicht mög-
lich sey. — Dieser verschiedene Standpunkt macht es begreiflich, daß
damals die edelsten Männer Roms — vor Allen Cicero — nicht nur
(*) Und selbst wir nnissen sagen, daß auf Cäsar so gut, wie auf Au-
gustus, ein Tiberiu« folgen konnte. '
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Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
19
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— 148 —
Chlotar: „Ich bitte dich, schenke mir des Knaben Leben. Ich will thun, was du begehrst, nur lafs ihn leben.“ Aber voll Zornes ergriff Chlotar auch den jüngeren Bruder und that ihm wie dem älteren. Nachdem sie dann auch die Diener der beiden Königskinder hatten morden lassen, ritten sie von dannen. Nicht lange nachher erhub sich unter den Brüdern selbst ein grimmiger Streit, der unendlich viele Leiden über das Land der Franken brachte. Chlotar, welcher von den vier Brüdern zuletzt allein noch übrig blieb und das ganze Reich wieder in seiner Hand vereinigte, zerfiel mit seinem ältesten Sohne Chramnus, der dann gegen seinen eigenen Vater mit Heeresmacht zu Felde zog; Chramnus wurde geschlagen und mit seiner ganzen Familie dem Feuertode übergeben. Ein Jahr nach dem Tode seines Sohnes starb Chlotar (561). Seine nc^ch übrigen vier Söhne teilten das Reich abermals unter einander, und von neuem brachen wütende Kämpfe aus in der königlichen Familie, durch welche das Elend des Reiches bis aufs äufserste getrieben und in Chlodwigs Ge-schlechte selbst alle sittliche und leibliche Kraft zerstört ward.
3. Die Majordome oder Hausmeier.
1. Das so kräftig begründete Reich zerfiel immer mehr durch die Schwäche der Könige, welche sich allen Ausschweifungen hingaben und mit dem Blute ihrer Verwandten sich befleckten, während die Majordome oder Hausmeier, ursprünglich die Verwalter der königlichen Güter, die Regierung führten. Als daher das entartete Geschlecht der Könige in trostlose Jämmerlichkeit versank, ging allmählich ihre ganze Macht in
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- 152 —
ihnen zu ihrem Oberanführer im Kriege gegen die Perser ernennen und setzte die Rüstungen ins Werk. Da traf ihn plötzlich der mörderische Dolch des Befehlshabers seiner Leibwache. Er starb und hinterliefs die große Aufgabe seinem jugendlichen Sohne Alexander.
9. Alexander der Große.
(336—323 v. Chr.)
1. Dem Könige Philipp hatte nichts mehr am Herzen gelegen als die Erziehung seines Sohnes Alexander. Schon als Knabe verriet derselbe eine feurige Regsamkeit und zeigte schon frühe denselben Scharfsinn und dieselbe stolze Selbständigkeit wie sein Vater. Sein Er zieher war der weise Aristoteles, der größte Gelehrte seiner Zeit. Kein Unterrichtsgegenstand fesselte den Knaben mehr als die Lektüre der Homerischen Dichtungen. Achilles, der todesmutige Kämpfer vor Troja, war das Ideal, dem gleichzukommen er sich vorgenommen. Vor allem suchte er es diesem in körperlicher Gewandtheit und rascher Behendigkeit gleichzuthun. Einst fragten ihn seine Ereunde, ob er nicht wohl an den olympischen Spielen teilnehmen mochte. „0 ja,“ entgegnete er, „wenn Könige mit mir um die Wette laufen.“ Seinem Vater wurde ein edles Streitrofs zum Kaufe angeboten. Vergebens versuchten die besten Reiter das feurige Tier zu besteigen. Schon wies der König das Pferd zurück, da erbat sich Alexander die Erlaubnis, wenigstens noch einen Versuch machen zu dürfen. Er hatte bemerkt, dafs sich das Tier vor dem Schatten des Reiters fürchtete, und führte es gegen die Sonne. Dann liefs er seinen Purpurmantel fallen, schwang sich auf den Rücken des Pferdes und lenkte es mit sicherer Hand; blitzschnell
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander_der_Große Alexander Philipp Philipp Alexander Alexander Achilles Alexander Alexander
— 165 —
losigkeit zu züchtigen. Schon hatte der Kampf begonnen und drohte für die Römer einen ungünstigen Ausgang zu nehmen; da stürzten sich die geraubten Sabineridnen inmitten der Streitenden, flehten hier, sie nicht zu Waisen, dort, sie nicht zu Witwen zu machen, und veranlafsten auf diese Weise einen gütlichen Ausgleich. Die Sabiner wurden von den Römern in ihre Stadt aufgenommen und verschmolzen mit ihnen zu einem Volke. Romulus aber wurde bald darauf unter Blitz und Donner von der Erde hinweggenommen und unter die Götter versetzt.
5. Der Krieg mit den Albanern. Auf den Romulus folgte Nüma Pompilius, der das noch rohe Volk durch Einführung religiöser Gebräuche an mildere Sitten gewöhnte. Sein Nachfolger war Tüllus Hosti-lius, unter dessen Regierung die Römer in einen Krieg mit der Mutterstadt Alba longa verwickelt wurden. Als die beiden Heere in Schlachtordnung einander gegenüberstanden, trat Mettius Fufetius, der Anführer der Albaner, in die Mitte und schlug dem Tullus Hostilius vor, ihre Streitsache durch den Kampf von nur wenigen Kriegern entscheiden zu lassen. Der Vorschlag gefiel dem römischen Könige. Nun befanden sich aber zufällig in beiden Heeren Drillingsbrüder, bei den Römern die Horätier, bei den Albanern die Curiätier. Diese erboten sich zum Kampfe. Derselbe begann unter den Augen beider Heere, und nach langem, heftigem Ringen lagen endlich zwei Römer tot am Boden. Jubelnd sahen die Albaner ihrem Falle zu, und schon zitterten die Römer hoffnungslos für den Ausgadg. Da griff der letzte Horatier zu einer List. Er war noch unverletzt, während die drei Curiätier mehr oder weniger durch Wunden entkräftet waren. Scheinbar nahm er die Flucht,
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noch Teilnehmer der Verschwörung sei; aus Rache nennt er die besten Freunde des Hippias. Sie werden sämtlich hingerichtet. Eine Freundin der Verschworenen, Leäna mit Namen, wird ebenfalls auf die Folter gespannt; aus Furcht, das Geheimnis zu verraten, beifst sie sich die Zunge aus und speit sie dem Tyrannen ins Gesicht. So war es dem Hippias allerdings gelungen, die Verschwörung zu unterdrücken, aber da er seitdem mit der äufsersten Strenge und Grausamkeit regierte, so führte er eben dadurch selbst seinen Sturz herbei. Verbannte Athener gewannen die Priester in Delphi, dafs sie es den Spartanern zur Pflicht machten, Athen von der Tyrannenherrschaft zu befreien. Da schickten die Spartaner ihren König Kleömenes nach Athen und belagerten die Stadt. Zufällig fielen den Belagerern die Kinder des Hippias in die Hände, welche dieser heimlich in Sicherheit bringen lassen wollte; um sie zu retten, schlofs der Vater mit den Spartanern einen Ver-trag, nach welchem er die Stadt unbehelligt verlassen durfte. Er begab sich zum Perserkönige Darius. Athen aber hatte seine Freiheit wiedererlangt (510). Um für die Zukunft jede Möglichkeit zur Erneuerung einer Alleinherrschaft zu beseitigen, wurde durch den Archonten Klisthsnes das sogenannte Scherbengericht eingeführt. Danach hatten die Bürger das Recht, alljährlich einmal auf eine Scherbe den Namen desjenigen zu schreiben, welcher nach ihrer Ansicht der allgemeinen Freiheit gefährlich schien. Wer mehr als sechstausend Stimmen gegen sich hatte, mufste die Stadt verlassen; dadurch verlor er weder seine Ehre noch sein Vermögen; auch konnte er nach einer bestimmten Zeit wieder zurückgerufen werden.
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Extrahierte Personennamen: Darius Darius Klisthsnes