Viertes Kap. Römische Geschichte.
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Alsdann wurden ihre Länder zu Provinzen gemacht, welches
schon früher das Loos aller gewonnenen Feindesländer gewesen,
welche zu behaupten man sich getraute. Solche Provinzen wurden nicht
nach den Grundsäzen der bürgerlichen, sondern nach jenen der herri-
schen Gewalt verwaltet; sie waren nicht Th eite, sondern Eigcn-
thum des römischen Staates, welcher nach Willkür über alle Hilfs-
quellen derselben an Geld und Menschen verfügte.
§.31. Fortsezung.
Damit aber diesen gesammelten Streitkräften es niemals an nüz-
lichcr Anwendung fehle, und dagegen den Feinden Roms zum Wider-
stande weder Muth noch Vermögen bleibe; dafür war durch andere
und nicht minder wirksame Marimen gesorgt.
Die römische Politik war niemals darüber verlegen, Ursachen der
Kriege ^u finden. Entweder waren es zwei streitende Völker, zwischen
welchen man als Vermittler, Schiedsrichter oder auch als Alliirter
des Schwächer» auftreten konnte; oder es gab Empörungen in einem
Reiche, es gab Familienzwist in königlichen Häusern, feindselige Par-
teien in Freistaaten. Der schwächere Theit bewarb sich oft selbst um
äußere Hilfe; oft mengte man sich ungebeten ein. Manchmal schlug
man abwechselnd auf beide Parteien los, oder verkaufte beiden seinen
Beistands*); allenthalben aber maßte man sich das Recht der Ein-
sicht und auch des Urtheils an. Wiederholte Anmaßungen schienen zu-
lezt ein Recht wirklich zu begründen; die Völker unterwarfen sich Rom,
wie Montesquieu sagt, ohne eigentlich zu wissen warum, und cs
schien genug, von ihm gehört zu haben, um demselben unterworfen
zu scyn. Wenn aber durchaus kein Vorwand zum Bruche, durchaus
kein Gegenstand einer Forderung da war; so gab der Uebermnth der
Gesandten Anlaß zu Beleidigungen und diese zum Kriege. Man schmie-
dete wohl auch Testamente, oder ließ von blödsinnigen Fürsten sich
Reiche wie Privaterbschaften vermachen. Endlich wurde man schamlos
genug, ohne allen Anlaß die Einziehung von Ländern zu dekretiren, wenn
deren Erwerbung nüzlich schien.
Damit kein Widerstand gegen solche Attentate und keine Rache der-
selben weder durch einzelne Mächte, noch durch Coalitionen möglich
werde, hatte man die Kunst der Theilung, der Hemmung und
der Vernichtung der Feindeskräfte zur höchsten Vollkommenheit ge-
(*) Man hatte, nach Montesquien's derbem Ausdrucke, nicht einmal
die Gerechtigkeit der Schelme, die selbst bei Verbrechen mit einer gewissen
Ehrlichkeit zu Werke gehen. S. Montesquieu sur les causes de le grandeur
et de la décadence des Romains. Cli. Vi.
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137
Viertes Kap. Römische Geschichte.
Prahlerei ist die Behauptung, daß nur 100 Römer geblieben. Per-
seus, welcher nach dem Augenzeugen Posidonius (*) tapfer ge-
stritten hatte, eilte, als die Schlacht verloren war, nach der Insel
Samothrace, deren Heiligkeit ihn nicht vor den Verfolgern schüzte.
Man nahm ihn gefangen, und schleppte ihn nach Rom, wo er den
Triumphzug des Siegers durch seine Trauergestalt schmückte, und,
nach fünfjährigen Leiden und unerhörter Mißhandlung, in den römi-
schen Gefängnissen starb. Durch alles Das war der Haß noch nicht
gesättigt. Dem unglücklichen Könige, welchem man Thron und Leben
geraubt, wurde auch die Ehre durch leidenschaftliche Schmähung ent-
rissen; und bis auf den heutigen Tag haben die meisten Schrift-
steller, auf Treu'und Glauben der römischen Zeugnisse, die Beschul-
digung der Grausamkeit, Untreue, des Geizes und selbst der Feigheit
gegen einen Fürsten wiederholt, den seine Unterthanen liebten, den
Rom fürchtete, und der für die schönste Sacke — die Freiheit der
Wett — gegen ihre übermüthige Unterdrückerin stritt, und starb.
Auch Gentius fiel in Gefangenschaft. Jllyrien und Mace-
dón ien, nachdem man sie geplündert hatte, wurden darauf,
jenes in drei, dieses in vier sogenannte Freistaaten vertheilt und
ihnen auferlegt, die Hälfte dessen, was ehedem ihre Könige bezogen,
als jährlichen Tribut an Rom zu entrichten.
§. 36. Seine Folgen.
Aber auch andere Völker mußten die Folgen der Schlacht bei Pydna
empfinden. Die Rhodier wurden für ihr zweideutiges Betragen mit
dem Verluste aller Länder gestraft, welche sie früher durch Rom er-
halten, und den König En me n es mochte die empfindlichste Demüthi-
gung lehren, daß er nur ein Sklave sey. Ein härteres Loos traf Ep i-
ruö, als welches offenbar wider Rom gewesen. Auf Befehl des
Senates wurde das ganze Land — zur Strafe der Treulosigkeit, wie
man erklärte — zur Wüste gemacht. Fünf und siebenzig Städte und
Flecken wurden verbrannt, 150,000 Menschen als Sklaven verkauft.
Perseus Schicksal machte alle Könige zittern. Auf das Gebot des römi-
schen Gesandten Popilius Länas (die Zeit der Schonung war vor-
über) verließ der syrische Anti ochus das halb eroberte Aegypten; und
dieses leztere Reich wurde durch die von Rom angeordnete Trennung der
Nebenländer vom Hauptlande auf beständig geschwächt. Die Prinzen
von Aegypten und von Syrien kamen nach Rom, um von den Aussprü-
chen des Senats ihr Recht zu erhalten, oder auch um als Geiseln in
dessen Gewahrsam zu bleiben. Aberden Königen ward verboten, ohne
(*) S. Plutarch im Paul. Aemil.
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161
Viertes Kap. Römische Geschichte.
In derselben dauerte die Zwietracht der Partcieen fort, und
wurde heftiger, als je. Der patriotischen stand nicht nur eine
römische, sondern selbst eine numidische Partei entgegen. Nicht
ans Zuneigung hatten deren Glieder zu dieser Fahne geschworen, son-
dern theils aus Verblendung, theils bestochen und meistens blos ans
Feindschaft gegen die herrschende Partei. In gerechter Erbitterung,
aber vielleicht mit unklugem Eifer, verbannte diese lezte alle Anhänger
Masin issa's, und gab hiedurch Anlaß zum Kriege. Denn als der
König ihre Wiederherstellung forderte, so ergriff Karthago in gerech-
ter Empörung die Waffen. Aber der neunzigjährige Masinissa
scblug ihr Heer, und rieb es auf. Die römischen Gesandten, anstatt
zu vermitteln, sahen dem Kampfe zu, um je nach dessen Erfolg das
Weitere zu beschließen.
Kein günstigerer Zeitpunkt war möglich, die Nebenbuhlerin zu er-
drücken. Sie hatte den Vertrag gebrochen, und ihr Heer war dahin.
Also crklärterom den Krieg (3834. 149v. Ehr.). Auf diese Schreckens-
nachricht fiel Utika von Karthago ab, und unterwarf sich Rom. Schon
standen die Consuln mit großer Macht in Sicilien, und rüsteten sich zur
Ueberfahrt. Die geängstigten Karthager verwiesen die Anstifter des
Krieges gegen Masinissa und den Feldherrn Hasdrubal, welchen
Rom haßte: ja sie erklärten sich zulezt für Unterthanen der übermächti-
gen Feindin. Der Senat nahm, scheinbar wohlgefällig, die Unter-
werfung an, versprach die Erhaltung, wenn Karthago 300 seiner
edelsten Söhne als Geiseln senden, und weiter thun würde, wie die
Consuln befehlen. Die Geiseln kamen, und die Consuln gingen nach
Afrika. Jezt forderte man die Auslieferung der Schiffe, der Waffen,
des Kriegsgeräthes. Die Karthager gehorchten. Endlich erging der Be-
fehl, die Stadt niederzureissen und eine andere zu bauen, weit weg
vom Meere ohne Mauern.
Als die Karthager dieses vernahmen, ergriff sie die äußerste Ver-
zweiflung. Einmüthig beschlossenste, ihre theuere Stadt zu retten, oder
zu sterben. Niemals sonst wurde auf so glänzende Weise gezeigt, was
ein auf's Aeußerste gebrachtes Volk vermöge. Was man dem Wunsche
des Friedens geopfert, Schiffe, Kriegsgeräth und Waffen, das schuf
die ersinderische Wuth von Neuem. Das Gcbälke der Wohnungen
wurde zu Schiffen verarbeitet, alles Metall in Häusern und Palästen,
Tempeln und Gräbern zu Waffen. Weiber gaben ihre Geschmeide zu
Pfeilen hin, ihr Haupthaar zu Bogenscnnen; Kinder, Sklaven, Ver-
brecher wurden bewaffnet, die Verwiesenen zurückberufen, und statt
jener wehrlosen Stadt fanden die erstaunten Römer ein tobendes
Kriegslager. -
11
11
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Extrahierte Ortsnamen: Masin Karthago Karthago Rom Sicilien Karthago Afrika
277
Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
223
Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand.
tur konnte nicht anders, als einseitig werden, einzig bestimmt
durch den Ton der herrschenden Stadt, welchem Latium, Italien und
endlich eine Wett besiegter Länder gehorchten.
2) Rom war eine Stadt des Krieges. Auf diesen war die
Größe, ja baö Daseyn derselben gebaut; alle Gcseze, alle Staats-
eim ichtungen, auch die Sitten und Gebräuche gingen auf militäri-
sche Größe, der Gipfel des Ruhms war der Triumph. Die Künste
des Friedens mögen aber nicht gedeihen unter dem Geräusche der Waf-
fen, und es flieht ans Feldlagern die schönere Gesittung.
3) Auch schien dieselbe den Häuptern des Staates kaum der Pflege
werth, sogar gefährlich. Wie sehr hat nicht der ältere Cato noch
gegen griechische Künste geeifert!— Also nichts von Anstalten zur
Beförderung der Kultur, von Benüzung und Erhöhung eines thätigen
Wetteifers, von öffentlichen Spielen im Sinne der griechischen
Spiele (s. unten Kap. Iii.): Tapferkeit, politische Tugend und
Römerstolz — weiter brauchte man nichts.
4) Selbst die Religion der Römer (Kap.ii.) diente einzig und
allein dem Staate. Man mag allerdings im Gegensaze der griechi-
schen poetischen Religion, jene der Römer eine kalt prosaische
nennen. Nicht Dichter, nicht einmal Priester, Staatsmänner
hatten sie entworfen, sie in Glanbenssäzen und Gebräuchen systema-
tisch geordnet, und durchaus zur politischen Maschine gemacht. Daher
ließ sie das Herz kalt, gab der Imagination keine Flügel und keine
Begeisterung der Kunst.
5) Weiter geschah in Rom durch die Macht der Umstände derueber-
gang von der Rohheit zur Verfeinerung allzuschnell, und zwar
gerade in der Zeit, als durch den reissenden Lauf der Eroberungen
ungeheuere Schäze und mit ihnen alle Leidenschaften und Laster in die
vom Glücke berauschte Stadt zogen. An die Stelle der alten Simpli-
cität kam jezt urplözlich, nicht etwa der feinere attische Lebensgenuß,
sondern asiatische Schwelgerei; nicht das Edle, Erhebende der
Kunst, sondern das Lururiöse derselben wurde gesucht; es trat
die Civilisation im Geleite der Corruption, ja der tiefsten Verworfen-
heit ein. Auch die Griechen waren in Verderbniß gesunken; aber erst,
nachdem sie eine schöne Kulturperiode verlebt hatten; und es blieben
die Spuren und Wirkungen derselben noch in den spätesten Zeiten
zurück.
6) Endlich verloren die Römer bald nach Einführung der Kultur
ihre Freiheit, nachdem sie zuvor Schrecknisse der wüthendsten Bür-
gerkriege erfahren. Wie hätten in solchem Lande die Musen und Gra-
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291
Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
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332
hinauf. Das Pferd flog in wildem Galoppe mit ihm davon, und sein Vater
fürchtete für sein Leben. Als er aber umlenkte und das unbändige Roß sicher
tummelte, da erstaunten Alle, und Philipp rief voll Freuden: „Mein Sohn,
suche dir ein anderes Königreich: Makedonien ist zu klein für dich!" —
Alexander war kaum zwanzig Jahre alt, als sein Vater starb. Zuerst
unterwarf er sich Griechenland und zeigte sich überall als einen Kenner und
Beschützer der Künste unv Wissenschaften. In Korinth besuchte er auch den
weisen Diogenes. Der glaubte, wie Sokrates, daß der Mensch desto
glücklicher sei, je weniger er bedürfe — und wohnte darum nicht in einem
Hause, sondern in einem Fasse. Der König Alexander, der von ihm gehört
hatte, ging zu ihm. Er lag gerade in seiner Tonne, um sich an der Sonne zu
wärmen. Der König dachte, er würde doch aufstehen und ihm entgegenkom-
men. Aber Diogenes blieb liegen, als wenn die Ankunft des Königs gar
nichts Besonderes sei. Alexander redete lang mit ihm und fand seine Ant-
worten so treffend und geistreich, daß er freundlich zu ihm sagte: „Kann ich
dir eine Gunst erweisen?" — „Ja!" antwortete Diogenes, „tritt mir ein
wenig aus der Sonne!" Da erkannte der König, daß er einen Mann gefun-
den hatte, welcher weder Geld, noch schöne Kleider, noch sonstige Herrlichkeiten
begehrte, sondern mit Wenigem zufrieden war, und er sagte zu den Umstehen-
den: „Wahrlich, wenn ich nicht Alexander wäre, somöchteich
wohl Diogenes sein!"
Mit glühendem Eifer begann Alexander nun die Eroberung des persi-
schen Reiches. Von Europa setzte er nach Asien über den Hellespont. Hier
traf er mit den Persern am Flüßchen Granikus zusammen. Seine Feldherren
wiederriethen es, im Angesichte des Feindes über den Fluß zu gehen; aber
Alexander antwortete: „Der Hellespont würde sich ja schämen, wenn wir die-
ses Flüßchen fürchteten." Mit diesen Worten stürzte sich der kühne Jüngling
in den Fluß; seine Macedonier folgten, und glücklich wurde das jenseitige
User erreicht. Sogleich begann auch der Kamps, und fast hätte Alexander hier
sein Leben verloren; denn zwei persische Führer sprengten auf ihn los, hieben
ihm aus den Kopf, daß der Helm zersprang, und schon hob der eine den Arm
empor, um ihm den Kopf zu spalten. Da, in dem gefährlichen Augenblicke,
sprengte Alexanders Feldherr, Klitus, herbei und schlug mit einem Streiche
dem Perser den rechten Arm herunter, daß Schwert und Arm zugleich herab-
fielen. Alexanders Leben war gerettet.
Die Eroberung Kleinasiens war die Frucht dieses Sieges. Im Süd-
osten dieser Halbinsel lag die Stadt Tarsus, welche von dem Cydnus durch-
flossen wird. Hier kam Alexander bei großer Hitze, mit Staub und Schweiß
bedeckt, an. Das klare Wasser des Fluffes lud ihn zum Bade ein. Aber kaum
war er einige Minuten darin, so überfiel ihn ein heftiges Fieber; leichenblaß
und zitternd an allen Gliedern, mußte er aus dem Bade getragen werden.
Die Krankheit verschlimmerte sich bald so, daß die Aerzte ihn aufgaben, und
keiner mehr Etwas verordnen wollte. Und doch war Alexanders Genesung eben
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Diogenes Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexanders Alexanders Alexanders Alexanders Alexander Alexander Alexanders Alexanders
Extrahierte Ortsnamen: Makedonien Griechenland Korinth Europa Asien Kleinasiens
— 337 —
— —
noch die Hälfte; von den 40 Elephanten war nur noch ein einziger vorhan-
den! Doch das Alles konnte seinen Muth nicht beugen und seinen Haß gegen
die Römer nicht mindern.
Die Römer schickten jetzt eiligst ein Heer nach O ber-Jtalien unter
Anführung des ältern Scipio. Dieser traf mit Hannibal am Ticinus,
einem Nebenflüsse des Po, zusammen, wurde völlig geschlagen und kam kaum
mit dem Leben davon. Nun ging Hannibal über ven Po und schlug noch in
demselben Jahre das römische Heer an der Tre b ui. Mit dem Frühlinge des
folgenden Jahres drang er in das mittlere Italien. Hier war der Arno
aus seinen Ufern getreten und hatte die Gegend überschwemmt; das hielt
Hannibal nicht auf. Drei Tage und drei Nachte mußten die Soldaten im
Wasser waten; die Lastthiere blieben im Schlamme stecken; Hannibal selbst
verlor durch eine Augenentzündung, die er nicht abwarten konnte, ein Auge.
Kaum war er ans dem Trocknen., so rückte ein großes Heer gegen ihn an.
Aber Hannibal schlug das römische Heer so, daß 15,000 Römer ihren Tod
fanden und 6000 in Gefangenschaft geriethe». Das Blutbad war so entsetz-
lich, daß noch jetzt die Ebene davon das Blutfeld heißt.
’ -N s ' , *- /. Z< { ■' ' ^ -■ ’ v
14. Julius-Cäsar.
(60—44 v. Chr.)
Er war der größte aller römischen Feldherren. Seinen Vater verlor er
früh: aber seine vortreffliche Mutter Aurclia gab ihm eine gute Erziehung.
Er hatte einen schwächlichen Körper, ein blasses, hageres Gesicht, und oft litt
er an Kopfschmerzen; aber durch strenge Mäßigkeit im Essen und Trinken er-
hielt er sich gesund, und durch allerlei körperliche Uebungen, durch Laufen,
Schwimmen, Fechten, Reiten, stärkte er sich so, daß er späterhin alle An-
strengungen und Beschwerden des Krieges ertragen konnte.
Nie war er müßig; täglich las, schrieb oder übersetzte er Etwas. Wenn
er ein Buch gelesen hatte, so wiederholte er den Inhalt desselben. Von seiner
Mutter lernte er besonders die Freundlichkeit im Umgänge, wodurch er sich
nachher so beliebt zu machen wußte.
Einst machte Cäsar eine Reise nach Kleinasien, um dort sich in der
Redekunst noch weiter zu bilden. Unterwegs wurde er von Seeräubern über-
fallen, welche 20 Talente (beinahe 25,000 Thaler) Lösegeld von ihm forder-
ten. „Was!" rief Cäsar, „für einen solchen Mann, wie ich bin, verlangt ihr
nicht mehr? 50 Talente sollt ihr haben." Hierauf schickte er seine Begleiter
aus, das Geld zusammenzubringen. Während dessen benahm er sich nicht, wie
ein Gefangener, sondern wie ein Herr der Seeräuber. Wenn er schlafen wollte,
befahl er ihnen, still zu sein. Zuweilen las er ihnen seine Gedichte und Reden
vor, und wenn sie diese nicht lobten, so drohte er: „Dafür sollt ihr mir bü-
ßen; komme ich los, so laste ich euch Alle an's Kreuz heften!" Die Räuber
schrieben diese Freimüthigkeit seiner muntern Laune zu und hatten ihre Freude
Juefftr, Viertes Lesebuch. Ii. 22
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TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Bald nachher drang Abderrhaman, der Anführer der Araber in Spanien, auch über die Pyrenäen vor und warf im Süden des Frankenreiches alles vor sich nieder. Da rüstete Karl ein starkes Heer und rückte entschlossenen Mutes gegen die fremden Räuber vor, welche sich damals bereits in der Gegend zwischen T ours und Poitiers befanden. Hier entspann sich ein gewaltiger Kampf, der sieben Tage dauerte. Die Araber waren den Franken überlegen durch ihre Reiterei und durch die Schnelligkeit ihrer Bogenschützen; die fränkischen Krieger dagegen hatten festere Körper und kräftigere Glieder und waren daher weitaus im Vorteil, wenn es zum Handgemenge kam. Am siebenten Tage endlich fiel Abderrhaman selbst im Kampfe, worauf die Araber solche Mutlosigkeit ergriff, dafs sie mit Hinterlassung ihres ganzen Lagers davonflohen (732). Karls Ruhm aber erscholl nach diesem Siege weit über die Grenzen seines Landes, hinaus, und der Name des Helden, der die Macht der Araber wie ein Hammer zerschlagen hatte, wurde überall mit Bewunderung genannt. Noch eine Reihe von Jahren wirkte er zum Segen des Frankenlandes und war so angesehen unter dem Volke, dafs er bei seinem Tode (741) das ganze Reich unter seine beiden Söhne Pippin und Karlmann teilen konnte.
3. Karlmann wurde schon nach wenigen Jahren des Herrscheramtes überdrüssig und ging in ein Kloster; Pippin aber waltete seines Amtes mit solcher Kraft* dafs er im Reiche als der eigentliche König galt und niemand um Childerich, der damals auf dem Königsthrone safs, sich kümmerte. Darum entsandte Pippin zwei Bischöfe nach Rom und liefs den Papst Zacharias fragen, ob derjenige König sein müsse, der lässiger Ruhe
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Abderrhaman Karls Pippin Karlmann Karlmann Karlmann Pippin Childerich Pippin Zacharias
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4. Einzelne Züge aus dem Leben Karls des Grofsen.
1. Einstmals landete ein Schiff der Angelsachsen aus England an der fränkischen Küste, und es befanden sich darin vier Männer, welche das Aussehen von Kaufleuten hatten. Da gingen die Bewohner des Küstenlandes zu ihnen hin und fragten, welcherlei Waren sie hätten. Die Angelsachsen erwiderten: „Weisheit.“ Einige lachten darüber, anderen schien es wunderlich, und zuletzt gelangte die Rede an den König Karl. Dieser liefs die Männer zu sich kommen und fafste sogleich zu einem derselben, namens A1 c u i n, solche Zuneigung, dafs er ihn für immer an seinem Hofe behielt. Einst war Karl bekümmert darüber, dafs die Wissenschaften in seinem Lande nicht so gut gediehen, wie er es selbst wohl wünschte. „Ach,“ rief er aus, „hätte ich doch nur zwölf so gelehrte Männer, wie Hieronymus und Augustinus gewesen!“ Alcuin, der sich selbst nicht mit diesen Männern zu vergleichen wagte, erzürnte über solche Worte, und als niemand von den Anwesenden in der Gegenwart des gefürchteten Kaisers etwas dagegen zu sagen wagte, so sprach er: „Der Schöpfer des Himmels und der Erde hat nur zwei ihresgleichen gehabt, und du willst ihrer zwölf besitzen?“
2. Karl liebte es, die Knaben und Jünglinge, welche seine Hofschule besuchten, bisweilen mit ihren Arbeiten zu sich zu bescheiden und dieselben selbst zu prüfen. Einst zeigte es sich, dafs die Schüler aus mittlerem und niederem Stande vortreffliche Beweise ihres Fleifses vorlegen konnten, während die Arbeiten der Söhne aus vornehmen Familien voll von Unwissenheit waren. Da schied Karl die Schüler von einander, stellte die
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl Karl Hieronymus Karl Karl Karl Karl