— Viii —
Schulen Eingang gefunden haben, wird auf Zustimmung rechnen können die Einführung der Thüringer Sagen hingegen wird, zunächst wenigstens auf manchen Widerspruch stoßen; besonders wird auffallend erscheinen^ daß diese Sagen auch in den Schulen außerhalb Thüringens zur Verwendung vorgeschlagen werden. Indem ich auf die ausführlichere Darstellung dieses Gegenstandes in dem Xix. und Xx. Jahrbuche des Vereins für wissenschaftliche Pädagogik und auf die zugehörigen Erläuterungen verweise, kann ich mich an diefer Stelle auf Hervorhebung weniger Punkte beschränken.
Die nachfolgenden Präparationen geben den Beweis, eine wie reiche Ausbeute an Vorbegriffen für die deutsche Geschichte gerade die Thüringer Sagen liefern. Es ist das auch nicht wunderbar, verteilen sich doch dieselben auf sieben Jahrhunderte, so daß kulturhistorische Erscheinungen der verschiedensten Zeiträume berührt werden. Wie wertvoll muß es z. B. dem Lehrer sein, wenn er bei Besprechung des Mittelalters weiß, daß er auf konkreten Gedankenreihen, welche später nicht immer so leicht zu beschaffen und anzuklingen sind, fußen kann; wenn er weiß, daß dem Schüler das ausführliche Bild eines Burgbaues, die einen Klosterbau veranlassenden und begleitenden Umstände, Witter in ihrer Pracht, Raubritter, ihr Gewerbe ausübend, vorschweben; wenn er, um die „ungeheure Thatsache" der Kreuzzüge, die unbeschränkte Hingebung an den mittelalterlichen Glauben, zu veranschaulichen, ausgehen kann von dem Bilde eines idealen Kreuzfahrers, das sich eingelebt hat in die Seele des Kindes, an dem aber auch schon die Schattenseiten jener Züge hervortreten! Er verfällt nicht der Sünde des Verbalismus, wenn er von guter oder schlechter Regierung, von Beförderung des Handels, von Krieg und Frieden spricht. Und alle diese Vorbegriffe werden gewonnen an kleinen, leichtfaßlichen Geschichten, die aus der Fülle des thüringischen Sagenkreises nicht nur nach historischen, sondern auch nach ethischen und sozialen Gesichtspunkten ausgewählt worden sind. Dabei stehen wir, was von großem Vorteil ist, nicht einzelnen, zusammenhangslosen Geschichten, die das Kind in ermüdender Weise bald bahrn, bald borthin führen, gegenüber, fonbern der Schüler wirb eingeführt in eine durch mehrere Jahrhunberte hin-burch fortlaufend Stammessage, welcher wohl nur die langobarbische an die Seite gestellt werben kann; imb diese letztere kommt für unsere Zwecke, als zu fern liegenb, nicht in Betracht.
Schon barum barf man hinter bert folgenben Präparationen keinen „thüringischen Partikularismus" wittern, sintemal es ja gar keinen Staat„Thüringen" giebt.
Das Königreich Thüringen ging unter, zur Ausbilbung einer herzoglichen Gewalt kam es nicht (vgl. Waitz, Deutsche Berfafsungsgefchichte, S. 461); gerabe von Thüringen kann man behaupten, daß es länger ein allgemein beutfches Land blieb. Höchstens könnte man von einem lanbschaftlichen Patriotismus reben, der birgt aber für den Reichsgedanken keine Gefahren in sich. Im Gegenteil: der Norben wie der Süben unseres Vaterlanbes erinnert sich in jebem Jahre gerne von
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— 35 —
fehdelustigen Grafen und Fürsten Einhalt geboten. Während die an Flüssen wohnenden Ritter die vorüberfahrenden Schiffe zwangen, an sie hohe Zölle zu zahlen, blühte auf der Nord- und Ostsee die Seeräuberei und hinderte die Kauffahrteischiffahrt sehr. Da der Kaiser samt den Fürsten diesem Übelstande kein Ende machte, verbanden sich um 1241 die reichen Handelsstädte Lübeck, Hamburg und Bremen. Dies Bündnis heißt die Hansa, d. h. Handelsverbindung, denn es sollte vor allem den Handel schützen.
b) Ausdehnung. Sehr bald schlossen sich andere Städte an; zur Zeit ihrer Blüte zählte sie sogar gegen 100 Städte von Holland bis nach Rußland. Sie schickten ein großes Heer und Kriegsschiffe gegen die Räuber aus, deren Burgen erobert und zerstört, deren Schiffe vernichtet wurden; die Land- und Seeräuber büßten ihre Untaten meistens am Galgen. Eine Flotte von 200 Schiffen beherrschte die Nord- und Ostsee. Der König von Schweden und der von Dänemark wurden von den Hanseaten besiegt; sie diktierten: „Kein König darf in Dänemark den Thron besteigen ohne Zustimmung der Hansa". Sie erlangten große Vorrechte in England, Schweden und Norwegen und errichteten daselbst Kontore, d. h. große Plätze oder Stadtteile, in denen sie Waffen- und Gerichtsrecht, freien Stapelhandel und Landeshoheit besaßen. Hier erbauten sie Kirchen, Kaufhallen, Speicher, Herbergen und Wohnhäuser, wie z. B. in Bergen, London, Antwerpen und Altnowgorod am Jlmensee. Lübeck war der Vorort; dahin kamen alljährlich die Abgeordneten und berieten über die Angelegenheiten der Hansa. Wenn eine Stadt ihre Pflichten nicht erfüllte, wurde sie ausgestoßen oder verhanst. Nach etwa 300 Jahren verlor die Hansa an Bedeutung und Macht, weshalb viele Städte austraten. Lübeck, Hamburg und Bremen heißen noch heute Hansestädte und haben ihre alten Freiheiten behalten.
Das Gerichlsmelen,
1. Ursprung der Femgerichte. Karl der Große hatte die Rechtspflege geordnet. Gau-, Send- und Pfalzgrafen verschafften dem Bedrückten Recht. Die leibeigenen Bauern wurden von ihren Herren gerichtet, die freien Bauern von den königlichen Richtern, den Freigrasen, denen Schöffen beistanden. Die Schöffen halfen das Urteil finden, aber sie mußten sich auch nach dem Umstande richten. Freilich gab es auch Vorstände, die wenig oder gar keine Umstände machten, sondern nach ihrem eigenen Gutdünken handelten. Aber diese Gerichte konnten später vielen Leuten nicht zu ihrem Rechte verhelfen. Deshalb bildete sich zu der Zeit, als Kaiser und Papst sich heftig bekriegten und das Faustrecht blühte, ein heimliches Gericht, das Femgericht, das besonders gegen Straßenraub, Landfriedensbruch und solche Verbrechen einschritt, die die öffentlichen Freigerichte nicht bestrafen konnten. Es verfemte, d. h. verbannte oder verfluchte die verurteilten Verbrecher.
2. Einrichtung der Femgerichte. In Westfalen, namentlich in Dortmund, war der Hauptsitz der Femgerichte, doch verbreiteten sie sich über ganz Deutschland. Der Kaiser blieb der höchste Richter; der Ort der Sitzung Hieß Freistuhl, der Vorsitzer des einzelnen Femgerichts (zuerst auch Bischöfe) hieß Stuhlherr oder Freigraf, die Beisitzer Freischöffeu. Der Angeklagte wurde durch einen Brief mit sieben Siegeln vorgeladen; diesen
3*
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Hamburg Bremen Holland Rußland Schweden Dänemark England Schweden Norwegen London Antwerpen Jlmensee Hamburg Bremen Westfalen Dortmund Deutschland
— 3 —
aber ward es seßhaft, und nur die Hufe wanderten noch reihum in den anbaufähigen Fluren oder Gewannen. Schließlich behielt auch jeder Hof seine feste Hufe. die etwa 30 Morgen oder 8 — 10 ha umfaßte und aus mehreren Streifen guten und schlechten, nahen und fernen Bodens bestand. So verwandelte sich mit der Zeit das ehemalige Nutzungsrecht am Boden in das volle Eigentumsrecht. Nur die Gemeindewiesen und Gemeindewälder blieben noch lange Gemeineigentum.
6. Beschäftigung. Die Beschäftigung der Germanen hing ganz und gar vom Stande ab. Die meist fremdrassigen Leibeignen und Hörigen mußten fast alle Arbeiten verrichten. Man trieb mehr Viehzucht als Ackerbau. Pferde, Rinder, Schafe und Schweine waren der größte Reichtum der Germanen. Hafer und Gerste waren die gebräuchlichsten Getreidearten. Aus der Gerste bereitete man auch Bier und aus dem Hafer einen Brei, eine Art Hafergrütze. Meistens zerrieben Mägde (Sklavinnen) die Getreidekörner zwischen zwei Steinen, dem großen unbeweglichen Bodenstein und dem kleinen beweglichen Reib- oder Mühlstein. Man baute auch Hanf, Erbsen, Bohnen, Linsen, Rüben und Rettiche. Lauch und Salz waren ihre einzigen Gewürze. Salz gewann man, indem man Salzwasser über ein Kohlenfeuer goß. Salzquellen waren gleich den Rinderherden ein sehr-wertvoller Besitz, um den oft lange gestritten wurde. Von Obst kannte man nur saure Holzäpfel und Holzbirnen. Alle Geräte mußten die Leibeignen selbst anfertigen, da es weder Handwerker noch Fabriken gab.
Die Frauen halfen den Knechten und Mägden in der Besorgung der
Haus- und Feldarbeit. Außerdem stellten sie die Kleidung und die tönernen Gefäße her, bereiteten die Mahlzeiten, machten Butter und Käse, brauten Bier und sotten den berauschenden Met aus Honig und Wasser. Vor allem lag ihnen ob, nie das Herdfeuer verlöschen zu lassen; denn es kostete stets sehr viel Mühe, durch Reibung eines harten Holzstückes mit einem weichen Feuer zu entzünden. Die Mädchen halfen der Mutter im Hauswesen.
Die älteren und angesehenen Freien beaufsichtigten meist nur die Arbeit des Ackerbaues und der Viehzucht. Sehr gern gingen sie auf die Jagd. Diese war damals gefährlich, aber sie brachte auch reiche Beute: Bären, Auerochsen, Hirsche, Eber usw. Nur die Freien durften in den Krieg ziehen. Hatten sie nichts vor, so lagen sie träge auf der Bärenhaut und pflegten der Ruhe. Die Bärenhaut war über Moos und Laub ausgebreitet und diente als Bett. Ost kamen sie zusammen und vertrieben sich die Zeit beim fröhlichen Gelage und beim Würfelspiele. Da kam es leider vor, daß sie alles verspielten, denn sie setzten zuerst ihr Vieh, dann ihre
Knechte, ihre Kinder, ihre Frauen, sogar sich selbst und ihre Freiheit
aufs Spiel. War der letzte Würfel ungünstig gefallen, so hatte der Spieler seine Freiheit, sein kostbares Gut verloren. Er ward ein Sklave. Man schor ihm das lange Haupthaar ab, das Ehrenzeichen des freien Mannes, und verkaufte ihn gewöhnlich ins Ausland oder Elend.
7. Handel und Verkehr. Eine Teilung der Arbeit innerhalb des Nähr-standes gab es nur den Anfängen nach. Ein Teil der jungen Männer hütete das Jung- und Kleinvieh in den entlegenen Weiden, ein anderer das Melkvieh in der Nähe des Dorfes; ein dritter ackerte, säte und erntete, während ein vierter die rohen Zeltwagen. Ackergeräte. Werkzeuge. Waffen,
1*
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2 ó 9
seine erste Oper beim Karneval in Venedig auf-
sühren sah.
Nach sieben, im Auslande verlebten Jahren,
ward er 1764 als kurfürstlicher Kirchenkom-
positeur in Dresden angestellt.
In der Folge reifete Naumann, mit Erlaub-
nis des jetzigen Königs, noch zweimal nach Ita-
lien, wo in Rom, Neapel, Venedig, Padua rc.
seine Arbeiten mit ungetheiltem Beifall belohnt
wurden, — dort, wo man sonst von der Na-
tur gleichsam das Privilegium über musikalisches
Talent zu haben meinte; — wo man ieden frem-
den, besonders deutschen, Spieler und Sänger
über die Achsel ansah. —
Naumann erhielt nun bald die vortheilhafte-
sten Anträge, als Kapellmeister nach Berlin, Stock-
holm, Kopenhagen, Paris rc. Aber, er blieb
treu dem Vaterlande und dem Fürsten, der ihm
zuerst eine Stelle gegeben hatte. Doch gieng
er, mit Bewilligung des letzter», einige Mal
nach Stockholm und Kopenhagen, richtete die
dortigen Kapellen ein, komponirte mehrere Opern,
wofür er königlich belohnt wurde, und lieferte
auch sonst noch viel Kompositionen für ausländi-
sche Höfe. .
Eine seiner letzten und berühmtesten Arbeiten
ist die Tonsetzung des Klopstockischen Vater Un-
sers, welches in der Neustadter Kirche zu Dres-
den, 1799 zum erstenmal aufgeführet ward.
Ware
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Naumann Naumann
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Dresden Ita- Rom Neapel Venedig Padua Berlin Kopenhagen Paris Stockholm Kopenhagen Neustadter_Kirche
Gebiet der Elbe.
121
Landbewohner die rein deutsche Sprache ans, aber die Städte Apenrade, Haders-
leben u. a. sind deutsch. Schleswig a. d. Schlei war eine Zeit lang Herzogssitz
(Schloß Gottorf) und hat nicht unbedeutenden Handel.
Lübeck, freie Handelsstadt mit den Vorstädten 39800 (§. an der schiffbaren Trade,
hat zwei Häfen, einen für kleinere Schiffe nahe der Stadt, und einen größeren bei
Travemünde, wo man die ankommenden Kanffahrer löscht und die Waaren anf leichtere
Prahmen (Schiffchen) packt, um sie nach der Stadt zu bringen. Schon in der Zeit
Heinrich des Löwen wuchs die Thätigkeit der Lübecker. Den Kaisern Friedrich Roth-
bart und Friedrich Ii. ans Hohenstansischem Geschlechte verdankten sie Reichsfreiheit;
und als im 13. Jahrh. das deutsche Neich durch innen: Zwist erschüttert wurde, und
überall die Städte sich gegen fürstliche und adelige Nachbarn stärken mußten, traten die
Lübecker und Hamburger in eine Hanse, d. h. Handelsgesellschaft. Bald vereinten sich
noch im gleichen Jahrh. mehrere Städte mit ihnen, und so entstand die große Hanse,
die mächtig genug ward, Heer- und Wasserstraßen zu sichern und die Nachbarn in
Furcht zu halten. Der ganze Handel anf der Ostsee kam ausschließlich in ihre Hand,
denn in Dänemark, Norwegen, Schweden und Rußland wußten sie große Rechte zu
erlangen; aber auch in der niederländischen Stadt Brügge errichteten sie eine große
Faktorei, und in London, wo ein eigenes Stadtquartier ihnen eingeräumt wurde. Zu-
weilen versuchten zwar die Könige, die Rechte der reichen Hanse zu schmälern, damit
ihre eignen Unterthanen einen Theil am Handelsgewinn erhielten; allein die Hanse
rüstete Flotten aus und erzwang durch See- und Landschlachten völlige Herstellung, ja
noch Vergrößerung ihrer früheren Rechte. Sie vermochte aber so bedeutende Kriege zu
führen, da 80 Städte von Holland bis Livland zu ihrem Bunde gehörten. Der großen
Ausdehnung wegen hatten sie den ganzen Bnnd in Viertel abgetheilt, an deren Spitze
Köln (westfälisches), Braunschweig (sächsisches), Lübeck (wendisches) und Danzig (preußisches
Quartier) standen. Lübeck aber war Hauptstadt, wohin die Gesandten aller Bundes-
städte zu wichtigen Versammlungen sich begaben. Die Bürgermeister Lübecks regierten
das Ganze und glänzten oft als Heerführer der Flotten und der Landmacht. Schon
1234 erfochten die Lübecker, von Alexander v. Soltwedel geführt, einen Seesieg
über die Dänen, und eroberten sogar 1249 Kopenhagen. Heber 100 Jahre später be-
kriegte man den Dänenkönig Waldemar Atterdag. Die Rathsherrn Eberhard v.
More und Go:schalk v. Attendorn liefen mit der hansischen Flotte aus, auf
welcher Bruno v. Warendorp das Kriegsvolk befehligte. Sie landeten in Nor-
wegen, dessen König Hakon Friede machen mußte; siegten dann über die Dänen, nah-
men Kopenhagen und nöthigten den Waldemar zum Frieden von Stralsund 1370.
Der Leichnam Warendorps, der bei der Eroberung Kopenhagens gefallen war, ward zu
Lübeck in der Marienkirche beerdigt. Im nächsten Jahrhundert gab es Krieg mit Eng-
land, wo 1452 der Hanseat Paul Beneke aus Danzig sich als Seeheld Ruhm er-
warb. So blühete der Bund vom 13. — i 6. Jahrhundert. Erst als die Fürstengewalt
überall in Enropa größer wurde, stehende Heere aufkamen, städtische Mauern dem Feuer
des vervollkommneten Geschützes nicht mehr widerstehen konnten und der Welthandel
nfolge der Umschiffnng Afrikas und der Entdeckung Amerikas andere Bahnen nahm,
verfiel allmählich die Macht der Hanse. Die Staaten, deren Handel ehmals ganz in
der Gewalt der Hanse gewesen, warfen dies Joch ab. Die meisten Städte des Bundes
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Friedrich_Roth- Friedrich Friedrich_Ii Friedrich Alexander_v Alexander Waldemar_Atterdag Eberhard_v Bruno_v Hakon_Friede Paul_Beneke
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Dänemark Norwegen Schweden London Holland Livland Braunschweig Danzig Kopenhagen Attendorn Nor- Kopenhagen Stralsund Marienkirche Danzig Enropa Afrikas Amerikas
518
Asien — Russische Länder.
in Ostsibirien noch zu erwähnen: Jakutsk an der Lena mit 5000 E., nur der Kälte
halber, die man dort aufzeichnet, bemerkenswerth, und Krasnojarsk mit 11000 E.
am Jenissöi, weil neben schönem Wiesengrün dort noch etwas Korn und Tabak gebaut
wird, — Die Juseln Karafto und die größere Zahl der Kurilen (wichtige Fischerei-
stationen) werden gleichfalls von Ruhland beansprucht.
b. Westsibirien. Es hat auch seinen Bergwerksdistrikt, nicht den uralischen,
der jetzt zum europäischen Rußland gerechnet wird, sondern den altaischen in den
Quellgebieten des Ob und Jrtisch. Auch dort mehren sich die Hütteuwerke, und von
den Bauern im Altai wird immer mehr Thalland urbar gemacht. Orte von Belang
in Westsibirieu sind: Tomsk an der sibirischen Verkehrsstraße, 24000 E., und Haupt-
sitz der Goldwäscher; Tobolsk mit 20000 E. als die frühere Hauptstadt von West-
sibirien-, der Tobol ist ein Nebenfluß des Jrtisch; Tjnmen, 13000 E., Handelsplatz
am Anfang des sibirischen Trakts; weit nordwärts am Ob der besonders harte Ver-
bannungöort Beresow, wo nuter andern der bekannte Fürst Menschikoff. der unter
Peter dem Großen vom Bäckerjungen zur höchsten Würde aufgestiegen war, im Exil in
einer hölzernen Hütte starb. In Beresow hält man keine anderen Hansthiere als
Hnnde und Renthiere; die von Ostjaken und Samojeden eingebrachten Pelze und
Mammuthknochen werden von hier nach Tobolsk geschickt. Barnaul am oberu Ob,
wichtige Bergstadt mit 13000 E.
2) Die Ce ntralasiatischen Provinzen mit 27/iu Mill. Bewohner
auf 49700 Q. M. umfassen die Länder der Kirgisen, die früher theils
von Orenbnrg, theils von Westsibirien aus verwaltet wurden, nun aber 4
selbständige Provinzen (Akmollinsk, Semipalatinsk, Turgai, Ur-
alsk) bilden, denen Theile von Westsibirien zugelegt wurden, und das
Generalgouvernement Turkistän. Was zunächst die Steppen-
flächen vom Alaknl bis an die Nordseite des Kaspisees betrifft, so ziehen
dort Kasaks oder Kirgis-Kaisaken umher mit ihren Jurten (Filz-
Hütten), Schafherden und Rossen. Meist gehören sie zur türkisch-tatarischen
Rasse, mit Ausnahme der schwarzen oder Kara-Kirgisen (Buruten),die
auf den Vorbergen des Thianschän Hausen und aus der Mongolei stammen.
Ihr Glaube ist muhammedanisch, außer daß einige Tausend im Westen am
untern Ural das griechisch-christliche Bekenntnis angenommen haben. Ihre
Nahrung ist Hammel- und Pferdefleisch, geronnene Milch und Käs, wobei
sie als Getränk den Kumys (gegohrene Stutenmilch) und Thee lieben. In
ihren weiten Revieren — über 30000 Q. M. — haben sie in 3 Ordas
(Horden oder Stämme) sich zertheilt. Die sogenannte kleine Horde, an
Köpfen die zahlreichste, hat den Westen inne und steht nebst der mittleren,
der reichsten und mächtigsten, schon lange unter russischer Oberhoheit. Die
große Horde, ostl. des Balkaschsees, steht zum Theil noch in sehr lockerem
Unterthanen-Verhältnis zu Rußland und ihr Gebiet bildet die Prov. Semi-
retschensk des Gen.-Gouv. Turkistän. Dieses, durch kaiserlichen Ukas
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Asien - Russische Länder.
515
tals und Unternehmungsgeistes, um eine großartige moderne Industrie
hier aufblühen zu machen.
Auf eine Abgrenzung Asiens von Europa wird in der russischen
Staatsgeographie keine Rücksicht genommen; deshalb reichen besonders die
europäischen Gouvernements Orenburg und Perm (mit den wichtigen
Bergstädten Nischni-Tagilskoi, 28000 E., Jeka terinb nr g, 24000 E.,
und Wer ch o t nr j e) nach Westsibirien herüber. Wir rechnen zum russischen
Asien solgende Länder:
1) Sibirien. Dies ungeheure Anhängsel des Kaiserreichs umfaßt
beinahe 222000 Q. M., also über ein Viertel von Asien. Aber es ist der
Norden Asiens, wo nur die vom Eismeere entfernteren Gegenden eigentlich
Wohnplätze für Menschen darbieten. In der allgemeinen Bodenübersicht
des Erdtheils ist schon erwähnt worden, wie in der Nähe des Polarkreises
das tief gefrorne, nur im Sommer aufthaueude und dann sumpfige Land
sich weit ausstreckt. Entfernter vom Polarkreis geht diese Tundra in große,
mit moosigen Einöden wechselnde Nadelwälder über, worauf im Süden un-
übersehbare Steppen, Grenzgebirge der Mongolei und da-urische Bergzüge
folgen. Die aus den Grenzgebirgen entspringenden Ströme sühren zwar
gewaltige Massen Wasser durch das Land, aber zum Eismeere, und ver-
mögen deshalb um so weniger wohlthätig zu wirken; nur an Fischen sind
sie reich, wie die Wälder an Pelzwild. Allerdings verkehren auf dem Ob
und seinen Nebenflüssen Dampfschiffe mit regelmäßiger Communikation
zwischen Tomsk und Tjnmen; aber sie befördern meist nur Waaren,
selten Passagiere. Der Dampffchiffahrtsverkehr auf dem Jenissei von
Jniffeisk abwärts bis zu den Brechowskischen Inseln an seiner
Mündung hat nur den Zweck, diesen entfernten Jnfeln Getreide, Salz und
andere Waaren zuzuführen und dafür mit Fischen beladen zurückzukehren.
Die Angara ist wegen der Katarakte und Stromschnellen nicht beschiffbar.
Die Schiffahrt auf dem Baikalsee wird durch einige Dampfschiffe be-
sorgt, und die auf der Lena ist gleichfalls unbedeutend; denn in dem Lande
umher ist die Bevölkerung äußerst dünn und an guten Wegen fehlt es.
Nur der Amur, der nach Osten fließt, und sein Nebenfluß Songari
haben als Handelswege Bedeutung; es unterhalten darauf etwa 30 Dampfer
einen besonders für den Bergbau Transbaikaliens und Ostsibiriens wichtigen
Verkehr. — Die Eingebornen Sibiriens sind mit geringen Ausnahmen, von
Europa bis zur Behringstraße, kleine von Jagd, Fischerei und Rennthieren
lebende Völkerschaften, besonders Samojeden, Ostjaken, Jakuten, Tungnsen,
Korjäken, Kamtfchadalen und Tfchuktschen, welche letzteren, beiläufig gesagt,
in ihrer Sprache den Eskimos ähneln. Solche Völkerschaften, die nicht den
Boden bauen, bedürfen zu ihrem Unterhalt ausgedehnte Reviere, auf kaltem,
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Personennamen: Jeka
Extrahierte Ortsnamen: Europa Orenburg Perm Nischni-Tagilskoi Westsibirien Sibirien Asien Asiens Mongolei Tomsk Lena Sibiriens Europa
T
Skan dinavien — Dänemark.
947
a) Königreich Dänemark.
Größe (ohne die Nebenländer): 694 Q.-M. Bevölkerung: 1,785000. Volködichtig-
keit: 2572 auf 1 Q.-M.
Neuere Geschichte. Die Bewohner. Statistisches.
Die Könige dieses Zeitraums, ununterbrochen aus dem oldenburgischen Hause,
hießen abwechselnd Friedrich und Christian. Da schon der erste Oldenburger 1448
bei seiner Wahl dem adeligen Reichsratb große Rechte hatte zugestehen müssen, so
vollendete sich unter den nächsten Königen die Aristokratie, die Regierung war be-
schränkt, und der Bauernstand gerieth gänzlich in Leibeigenschaft. Doch zugleich
mit dem steigenden Uebel bereitete sich auch die Heilung vor. Die Reformationsideen
aus Sachsen fanden großen Anhang und wurden rasch von den Königen unterstützt.
Damit verlor der Klerus Güter und Macht, und der hohe Adel, der anfangs dabei ge-
wann (denn er nahm zur Steuerfreiheit noch Freiheit vom Zehnten, ja so-
gar von Zoll und Accife), sah sich einer bedeutenden Stütze beraubt. Ueberdies
sank die Macht der Hansa, die bis dahin den nordischen Handel allein geführt hatte,
worauf in den dänischen Städten Gewerb und Verkehr sich hob. Die Könige, dies be-
nutzend und zugleich ihr stehendes Heer verstärkend, konnten auf dem Reichstage
von 1660 die Adelsmacht erschüttern. Die Zugeständnisse, die bei der Königswahl ge-
macht waren, wurden für nichtig, und das Reich für ein Erbreich erklärt. Nunmehr
stieg das Ansehn der Könige, die die untern Stände in Schutz nahmen, dem Adel aber
Glanz und immer noch bedeutende Vorrechte ließen, bis zur Unumschränktheit. Der
Despotismus, auf eine milde und ziemlich gerechte Weise gehandhabt, war dem Volke
nöthig, wenn innere Ruhe und Ordnung gesichert, mehr Wohlstand möglich gemacht,
wissenschaftliche Studien und Aufklärung gefördert werden sollten. Dies geschah im
18. Jahrhundert, vorzüglich durch die trefflichen Minister Hartwig von Bernstorf
1750—1770, und seinen Vetter Andreas von Bernstorf, der nach 1772 als
Freund des Kronprinzen und nachmaligen Königs Friedrich Vi. an die Spitze der Ge-
schäfte kam und bis an seinen Tod 1797 darin blieb. Beide (gebürtig aus Hannover)
begünstigten den, schon durch die Reformation und durch die Verbindung mit Holstein
stark gewordenen Einfluß deutscher Ansichten und Literatur; beide sahen auf Gerechtig-
keit und Humanität und räumten im Staate und bürgerlichen Leben manches Hindernis
der Verbesserung aus dem Wege (so wurde z. B. Aufhebung des Sklavenhandels und
der Leibeigenschaft bewirkt). Dadurch wuchs nun das Selbstgefühl des Bürger- und
Bauernstandes so, daß sie, den Vorrechten des Adels sich gewachsen glaubend, eine Gleich-
stellnng der Rechte, wie auch, nach dem Muster Schwedens, zur Sicherung für die Zu-
kunft eine Beschränkung der königlichen Gewalt dnrch Landstände begehrten. Ehe dies
jedoch geschah — aber auch nachher noch — hatte das dänische Reich Verlust auf Verlust zu
erleiden. In die großen Kriege zwischen Napoleon und andern Mächten verwickelt,
verlor es erst seine Flotte 1807 durch die Engländer, sein Seehandel erlag, und zuletzt
(1814), als es nach dem Rückzug Napoleons aus Rußland wiederum den Franzosen
ein Hilfskorps stellte, mußte es auch noch Norwegen an Schweden abtreten. Gegen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Christian Hartwig_von_Bernstorf Andreas_von_Bernstorf Friedrich_Vi Friedrich Napoleon Napoleons
102 Heinrich Viii., König von England.
und Lorenz Anderson, nicht nur in ihren Predigten gegen den König aus, sondern zettelten auch eine Verschwörung gegen denselben an, die aber entdeckt wurde, woraus sie als Hochverräter vom Gerichte zum Tode verurteilt wurden. Doch gelang es ihnen, durch Geld ihr Leben Zu erhalten; Anderson aber verlor
seine Kanzlerstelle und seinen Einfluß aus immer.
In demselben Jahre (1540), in welchem Gustav Wasa diese Erhebung der protestantischen Geistlichkeit niederschlug, wurde aus dem Reichstage zu Westeräs die lutherische Kirchenordnung förmlich eingeführt. — Zugleich strebte der König nach der Erblichkeit des Thrones in seiner männlichen Nachkommenschaft und
suchte, ehe er diesen Wuusch erreichte, sein Volk von den drückenden Handelsverhältmssen mit den Hanseaten, namentlich mit Lübeck zu befreien, und dadurch den schwedischen Handel und Gewerbfteiß zu heben. Er entzog den Hanseaten ihre bisher
genossenen Privilegien und legte im Jahre 1539 einen Zoll auf ihre Waren. Dafür trat er uuu mit England und den Niederlanden in ein Handelsbündnis, und beförderte Zugleich den Handelsverkehr mit Frankreich und Rußland. Gustav Wasa starb am 29. September 1560 in feinem 71. Lebensjahre.
2. England, a. Heinrich Viii. (1509—1547).
In keinem Lande hat die Reformation einen so wenig ehrenhaften Ursprung, als in England, wo sie sich an der sündlichen Leidenschaft eines Wollüstlings . entzündete und an dessen blutdürstiger Tyrannei weiter entwickelte. Was in Deutschland mehr aus dem Gemüte und der Spekulation hervorging, geschah in England ein paar schöner Augen willen; und der Bestand dieser neuen Schöpsuug — an der man übrigens bis auf den heutigen Tag die Sache einer „rohen sinnlichen Fanft" erkennen kann — hing von dem liebenswürdigen Lächeln einer schönen Engländerin ab.
Heinrich Viii., der seinem Vater Heinrich Vii. gefolgt, lebte mit Katharina von Aragonien bereits in I7jährigcr Ehe, aus welcher drei Söhne und zwei Töchter entsprossen waren (wovon aber nur eine Tochter, Maria, am Leben blieb), als sündhafte Begierde ihn zum Ehebrüche und zur sogenannten Reformation der Kirche führte. Katharina — eine Tante des damaligen Kaisers Karl V. — war schon die Gemahlin seines älteren Bruders Arthur gewesen; und als dieser bald nach der Hochzeit
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Viii Heinrich Lorenz_Anderson Anderson Gustav_Wasa Gustav Gustav_Wasa Gustav Heinrich_Viii Heinrich Heinrich_Viii Heinrich Heinrich_Vii Heinrich Katharina_von_Aragonien Maria Maria Katharina_— Karl_V._— Karl_V. Arthur
Extrahierte Ortsnamen: England England Frankreich England England Deutschland England
165
— Sehr lebhaft ist der Handel mit den germanischen Nachbar-
ländern. Ausfuhrartikel sind: Fische, Roheisen, Eisen- und Stahl-
waren, Kupfer, Holz und Holzwaren, Butter und Käse.
V. a. Skandinavien ist unter allen europäischen Ländern am
schwächsten bevölkert. Auf der großen Fläche von 776000 girrn
leben über 6^/2 Millionen Menschen, nur wenig mehr als in
dem kleinen Belgien. Auf 1 girrn treffen 8 Bewohner.
b. Der größte Teil der Bevölkerung ist germanischer Ab-
kunft. Im Norden leben einige Tausend Finnen und Lappen,
welche der mongolischen Rasse angehören.
o. Die lutherische Konfession ist im ganzen Lande
alleinherrschend.
ä. Der öffentliche Unterricht wird sorgsam gepflegt.
Die Kinder von Bewohnern zerstreut liegender Gehöfte werden durch
eigens angestellte Wanderlehrer unterrichtet. Für höhere Bildung
bestehen zahlreiche Mittelschulen und drei Universitäten.
Die Skandinavier sind von großer, starker Gestalt und
werden als religiös, gastfreundlich, treuherzig und vaterlands-
liebend geschildert.
6. Die skandinavische Halbinsel umfaßt die zwei voneinander
ganz unabhängigen konstitutionellen Königreiche Schweden und
Norwegen, welche nur durch Personalunion verbunden sind,
d. h. einen gemeinsamen Herrscher haben.
Schweden.
Der nördliche Teil Schwedens — Norrland — ist wenig
bebaut und sehr schwach bevölkert. — In Swealand, dem mitt-
lern Teile, liegt die Haupt-und Residenzstadt Stockholm prächtig
am Abfluß des Mälarsees (216 000 Einwohner). Erster Handels-
platz der Halbinsel. — Upsala (20000 Einwohner), Universität
mit berühmter Bibliothek. — Nördlich davon liegen die großen
Eisenbergwerke von Danemora und die Kupfergruben von Fa-
lun. — In Gotland, dem südlichen Teile Schwedens, ist die
lebhafte Handelsstadt Göteborg (deutsch Gotenburg) mit 91000
Einwohnern. — Malmö (45000 Einwohner) und Ystad sind
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