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1. Theil 3 - S. 22

1880 - Stuttgart : Heitz
22 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. nämlich also: es sei denn, daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift, oder mit öffentlichen klaren und Hellen Gründen überwiesen würde, so kann und will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch gerathen ist, etwas wider das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen!" Darauf erwiderte der Vicar: „wenn er nicht widerrufen wolle, so würden der Kaiser und die Stände berathschlagen, was mit einem solchen Ketzer zu thun sei." — „So helfe mir Gott,antwortete Luther; „denn einen Widerruf kann ich nicht thun. Möchte nur der Kaiser, das edle junge Blut, sich nicht verführen lassen, vom Evangelium zu weichen und Menschensatzungen unterwürfig zu werden!" Mit diesen kräftigen Worten trat Luther ab; aber er hatte nicht vergebens geredet. Das freudig und muthig abgelegte Bekenntniß der Wahrheit hatte ihm viele Herzen, auch unter den Fürsten gewonnen. Der alte Erich, Herzog von Braunschweig, sonst ein großer Feind der Reformation, schickte ihm eine silberne Kanne Einbecker Bier und hieß ihm, sich damit zu erquicken. Luther fragte den Boten, welcher Fürst seiner so in Gnaden gedenke? und da er hörte, daß es Erich sei und daß er selbst vorher von dem Biere getrunken, so fürchtete er keine Vergiftung, sondern trank beherzt daraus und sprach: „Wie heute Herzog Erich meiner gedacht, also gedenke seiner unser Herr Christus in seinem letzten Kampfe." Erich vergaß die Worte nicht und erinnerte sich ihrer noch auf dem Sterbebette. Besonders aber hatte sich Friedrich der Weise über Luthers Freimüthigkeit gefreut, und er äußerte noch denselben Abend gegen Spalatin: „Recht schön hat Doctor Martin geredet vor dem Herrn Kaiser und allen Fürsten und Ständen des Reichs; er ist mir nur zu herzhaft gewest." Noch einen Versuch machte der Kurfürst von Trier, Luthern zum Widerruf zu bewegen, aber er antwortete ihm: „Ist meine Sache nicht aus Gott, so wird sie über zwei bis drei Jahre nicht währen; ist sie aber aus Gott, so wird man sie nicht können dämpfen." Nun erhielt er die Erlaubniß abzureisen, und verließ Worms am 26. April; denn Kaiser Karl hielt ihm das versprochene sichere Geleit, so sehr auch der päpstliche Gesandte ihm zuredete: einem Ketzer brauche man sein Wort nicht zu halten. Er antwortete dem'legaten mit Festigkeit:' „Ich habe keine Lust wie emst Sigismund zu errötheu!" (S. Th. 2, Seite 236.) Dagegen wurde Luther durch ein vom Kaiser am 26. Mai unterzeichnetes,

2. Theil 3 - S. 28

1880 - Stuttgart : Heitz
28 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Wehrlosen, und der Markgraf von Ansbach ließ 85 Bauern die Augen ausstechen, weil sie einmal gesagt hatten, sie wollten ihn nicht mehr ansehen. Die Zahl der Gebliebenen aus beiden Seiten wurde auf 100—150,000 gerechnet. Beide Theile hatten in blinder' Wuth zerstört und verwüstet; in Franken allein waren über 200 Stätten verbrannter Dörfer. Mehrere Tausend Waisen irrten ohne Obdach umher. Die Ruhe war wieder hergestellt, aber es war die Ruhe des Kirchhofs, die nur von dem Jammer unzähliger Opfer unterbrochen wurde. Es währte lange, ehe aus der Asche verbrannter Dörfer neue Wohnungen emporstiegen. Etwas Aehnliches trug sich in demselben Jahre in Thüringen zu. Als Luther die Bilderstürmereien in Sachsen unterdrückt hatte, waren die Wildesten über die Grenze gegangen. Nur ein schwärmerischer Prediger, Thomas Münzer, einst ein Schüler Luthers, war in Thüringen geblieben und trieb nach wie vor sein Wesen; zuerst in Zwickau. Er predigte nicht nur gegen den Papst, sondern auch gegen Luther, weil dessen Lehre nicht weit genug ginge und nur die Kirche, nicht auch die weltliche Obrigkeit verbessern wolle. Es müßte Gemeinschaft der Güter eingeführt und die Gewalt der Fürsten abgeschafft werden. Dabei verlangte Münzer von seinen Anhängern, daß sie sich nicht nur der groben Laster enthielten, sondern auch safteten, in schlechten Kleidern gingen, immer ernsthast und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart wachsen ließen und von Gott Offenbarungen durch Träume erwarteten. Wenn dann keine sich zeigten, so müsse man derb auf Gott schelten; das sähe er gern, weil es ein Zeichen eines eifrigen Gemüths sei u. s. w. Daß aber Münzer nicht blos ein überspannter Thor, sondern auch ein Betrüger war, hat sich bald erwiesen. Es lief ihm bald eine Menge von Menschen nach; alle halten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen aus. Endlich wurde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dulden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Da er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus), und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Rei-

3. Theil 3 - S. 71

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 71 Huldreich Zwingli wurde 1484, also ein Jahr später als Luther, im Dorfe Wildhaus im Canton St. Gallen (zwischen Wallenstädt und Appenzell) in Helvetien geboren. Obgleich sein Vater, ein Amtmann, acht Söhne hatte, so sorgte er doch, daß sie gut unterrichtet wurden, und schickte den Huldreich nach Basel, späterhin nach Bern auf die Schule. Nachdem er in Wien und in Basel studirt hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier war ihm eine Bibel in die Hände gefallen und sie wirkte auf ihn eben so wie auf Luther. Er konnte nicht von ihr wegkommen; alles zog ihn unwiderstehlich an, und wie erstaunte er, als er fand, daß von vielen Lehrsätzen der römisch-katholischen Kirche kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er 1516 Prediger in dem berühmten Kloster und Wallfahrtsorte Maria Einsiedeln geworden war, trat er mit Unerschrockenheit zur Vertheidigung der Wahrheit auf. Er predigte, unterstützt von dem aufgeklärten A^te daselbst, dem zu Tausenden nach dem Gnadenorte strömenden Volke, daß die Wallfahrten und die andern äußern Leistungen keinen Werth hätten, wenn der innere Mensch sich nicht bessere. Wohl mochten die andern Geistlichen darüber den Kopf schütteln; aber er galt für einen so durchaus frommen Mann, daß keiner von ihnen seine Lehre anzutasten wagte. Nun berief man ihn nach Zürich, zwei Jahre später, als Luther die 95 Sätze angeschlagen hatte. Gleich in seiner ersten Predigt lehrte er das reine Evangelium, wie es uns die Apostel hinterlassen haben, frei von allen menschlichen Zusätzen, und so fuhr er fort zu lehren und bekämpfte muthig Aberglauben, Unglauben und Laster, wo er sie fand. Damals reiste in der Schweiz ein italienischer Franciscanermönch, Bernardin Samson, umher und predigte, wie Tezel in Norddeutschland, den Ablaß. Aber Zwingli eiferte gegen den schändlichen Mißbrauch so laut, daß Samson nicht in Zürich eingelassen wurde. Dies ermunterte den braven Zwingli weiter zu gehen und auch die andern Mißbräuche der römischen Kirche anzugreifen, und dadurch wurde ihm fein Werk erleichtert, daß der Rath von Zürich ihm Beifall gab und feine Verbesserungen unterstützte; ja schon 1520 wurde befohlen, daß in Zürich und dessen Gebiete das Wort Gottes ohne menschliche Zusätze gelehrt werden sollte, und nachdem dies zwei Jahre lang geschehen war, wurden auch die äußeren Gebräuche, die dem reinen Evangelium zuwider sind, die Messe, die Ohrenbeichte u. bergt, abgeschafft. Da nun Zwingli fortfuhr, für Ausbreitung der einfachen Lehre

4. Theil 3 - S. 77

1880 - Stuttgart : Heitz
Calvins Tod. 77 Wie unterschied sich aber die Lehre Luthers von der des Zwingli und des Calvin? Alle drei stimmten darin überein, daß kein menschliches Ansehen in Sachen der Religion, sondern allein die heilige Schrift entscheiden könne. Nur darin wichen sie ab, daß Luther sich an die Worte der Bibel buchstäblich hielt, Zwingli dagegen dieselben nach der Vernunft erklärte. Ferner ließ Luther viele äußere Gebräuche und Verzierungen der Gotteshäuser stehen; Zwingli dagegen schaffte alles Alte ab und duldete in den Kirchen keine Bilder, keine Altäre, kein Musik. Luther setzte fest, daß unter den Geistlichen einige die Vorgesetzten der andern feien, Zwingli verlangte eine völlige Gleichheit unter ihnen. Alle drei erkannten, daß die Obrigkeit in Sachen des Gottesdienstes eine Stimme habe, aber nicht in Gegenständen des Glaubens. Zwingli räumte ihr eine größere Gewalt ein als Luther und Calvin. Die Ansicht Luthers und Zwingli's vom Abendmahle ist schon erwähnt worden. Calvin ging von beiden darin ab, daß er meinte, Wein und Brot wären beim Abendmahle nicht bloße Zeichen des Blutes und Leibes Jesu, sondern die Gläubigen genössen den Leib und das Blut Jesu auf eine geistige Weise wirklich. — Auch hatte er eine eigene Ansicht von der sogenannten Gnadenwahl. „Der Mensch," sagte er, „kann vermöge der Erbsünde durchaus nichts Gutes wollen. Darum kann keiner selig werden als der, welchen Gott durch seine Gnade zu sich zieht. Dies findet aber nur bei einigen Menschen statt. Die guten Menschen sind von Gott zur Seligkeit, die bösen zur Ver-dammniß bestimmt, ohne daß wir wissen, warum er gerade diese oder jene auserwählt habe. Diese Gnade Gottes ist ganz frei und nimmt auf die Handlungen der Menschen gar keine Rücksicht." Die Kirche, welche nun Zwingli und Calvin durch ihre Lehre gründeten, wurde die reformirte genannt und fand vorzüglich in der Schweiz, in den Niederlanden, in Schottland, in einem Theile von Deutschland und auch in Frankreich Eingang, so grausam auch König Franz die Hugenotten, wie man hier die Reformisten nannte, verfolgte. *) *) Ueber den Ursprung des Namens curfiren verschiedene Ansichten. Die ersten Versammlungen der Calvinisten in Frankreich konnten nur des Nachts stattfinden und da dann dem Volksglauben zufolge der Geist des Königs Hugo nächtlich umging, sollen die nächtlichen Genossen nach ihm benannt worden sein. Wahrscheinlicher aber ist der Name auf die schweizerischen Eidgenossen „Eignots" zu beziehen, mit welchen die französischen Calvinisten ursprünglich zusammenhingen.

5. Theil 3 - S. 21

1880 - Stuttgart : Heitz
Luther in Worms. 21 mit ihm strahlen, und viele der zunächst Stehenden munterten ihn auf, sich nicht zu fürchten vor denen, die nur den Leib tobten könnten. Der Vicar des Kurfürsten von Trier, der das Wort führte, fragte ihn, ob er die Bücher, die auf dem Tische lägen, als die feinigen erkenne, und ob er widerrufen wolle? — Die erste Frage bejahte er; aber wegen der zweiten bat er sich Bedenkzeit aus, die ihm der Kaiser auch gewährte. Erst als er den Saal hinter sich hatte, athmete er wieder frei. Das sah er nun doch ein, daß es keine Kleinigkeit sei, so vor Kaiser und Reich zu stehen und seine Meinung zu verfechten; so gewaltig hatte er es sich nicht gedacht. Aber bald gab ihm der Gedanke an den Beistand Gottes, für dessen Wort er hier zu reden habe, neue Kraft, und er freute sich, als er schon am folgenden Nachmittag um 4 Uhr wieder zur Versammlung abgerufen wurde. Nachdem er zwei ganzer Stunden draußen hatte warten müssen, umdrängt von unzähligen Neugierigen, öffneten sich für.ihn die Thüren und er trat ein. Schon brannten im Saale alle Kerzen und Fackeln. „Allergnädigster Kaiser, gnädigste Kurfürsten, Fürsten und Herren!" hob er an, „ich erscheine gehorsam auf dem Termine, so mir gestern Abend angesetzt ist, und bitte durch Gottes Barmherzigkeit, Ew. Maj. und Gnaden wollten diese gerechte und wahrhaftige Sache, wie ich hoffe, gnädigst hören; und so ich ans Unverstand vielleicht einem jeglichen seinen gebührlichen Titel nicht geben, oder mich sonst nicht nach Hofgebrauch in Geberden erzeigen sollte, mir es gnädigst zu gut halten, als der ich nicht zu Hose ge-gewest, sondern immer im Kloster gesteckt bin und von mir anders nicht zeugen kann, denn daß ich in dem, was von mir bishero mit einfältigem (aufrichtigem) Herzen gelehrt ober geschrieben worden, allein Gottes Ehre und der' Christgläubigen Nutz und Seligkeit angesehen und gesucht habe." Dann redete er von seinen Büchern und von den darin enthaltenen Lehrsätzen, alles in deutscher Sprache. Da erinnerte man ihn, der Kaiser verstehe davon nicht viel; er solle doch das mit lateinischen Worten wiederholen. Das that er auch, ob er gleich sehr schwitzte und ihm wegen des Getümmels sehr heiß war. Nachbem er lange überaus bescheiden gesprochen hatte, fiel ihm der Vicar in die Rede und verlangte eine runbe, richtige Antwort, ob er roib errufen wolle ober nicht. „Weil benn," antwortete Luther, „kaiserliche Majestät, kur- und fürstliche ©naben eine schlichte, einfältige, richtige Antwort begehren, so will ich eine geben, die web er Hörner noch Zähne haben soll,

6. Theil 3 - S. 27

1880 - Stuttgart : Heitz
Bauernkrieg. 27 fahne hinter ihm hergefahren. Sie setzten ihre Forderungen in 12 Artikeln auf, schickten sie nach Wittenberg und baten Melanch-thon und Luther um ihre Meinung. Luther erließ zuerst ein Schreiben an die Fürsten und Herren und ermahnte sie zur Nachgiebigkeit und Milde; denn einige Forderungen der Bauern wären gerecht und billig. Den Bauern riethen beide, sich sogleich zu unterwerfen. „Vergesset nicht," schrieben sie, „daß in der heiligen Schrift geschrieben stehet: die Rache ist mein; ich will vergelten." Das hatten die Ausrührer nicht erwartet, und beschlossen, sich nun selbst zu helfen. Indessen rückten nun auch die Truppen herbei und schlugen auf sie los. Dadurch entstand ein wüthender Krieg, in welchem scheußliche Grausamkeiten verübt wurden. Fast überall mußten die Bauern den Kürzern ziehen, dafür rächten sie sich an denen, die ihnen in die Hände fielen. In dem würtembergischen Städtchen Weinsberg fiel ein Graf von Helfenstein nebst 70 Mann Rittern und Knechten in ihre Hände, und da sie gerade erfahren hatten, daß der schwäbische Bund einige der gesangenen Bauern hatte hinrichten lassen, so verurtheilten sie den Grafen und dessen Leute zum Tode. Vergebens warf sich die Gräfin, eine Tochter Kaiser Maximilians, die, von Angst getrieben, ihr zweijähriges Kind auf dem Arme, herbeigeeilt war, auf die Kniee und stehete um sein Leben. Der rohe Hausen verhöhnte sie in ihrem Jammer und machte noch vor ihren Augen die Anstalten zu seinem Tode. Vergebens bot der Graf 30,000 Gulden für sein Leben; man antwortete ihm mit Hohnlachen. Während einige ihre Spieße vorhielten, jagten die andern ihn mit Peitschenhieben hinein, und ein Junge, der früher in seinen Diensten gestanden hatte, spielte ihm aus Hohn auf der Pfeife dazu vor. Der Gräfin rissen sie dann das schreiende Kind vom Arme, verwundeten es, mißhandelten sie selbst und führten sie endlich auf einem Mistwagen nach Heilbronn zurück. Eben so verfuhren aber auch die gegen sie ausgeschickten Truppen, die einmal 800 wehrlose Bauern niederhieben und jenen schändlichen Buben, der dem Grasen zum Tode vorgespielt hatte, am langsamen Feuer verbrannten. Aber je mehr Bauern den Tod fanden, desto reißender griff der Aufruhr um sich und breitete sich säst über das ganze südliche Deutschland aus, bis denn endlich die gemeinsame Macht der Fürsten die Bauern zur Unterwerfung zwang. Man verfuhr nun gegen die Irregeleiteten recht grausam. Der Kurfürst von Trier und der Bischof von Würzburg zogen mit dem Scharfrichter umher und hängten, köpften und viertheilten die

7. Theil 3 - S. 5

1880 - Stuttgart : Heitz
Martin Luther als Augustinermönch. 5 von Eiern, Butter, Brot u. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüth befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die aller-heftigsten Vorwürfe, und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteiete er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot und einen magern Hering zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht nnbezengt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Muth einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Der wies ihn aber vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube eine Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck auf sein gequältes Gemüth, einen Eindruck, den nichts wieder verwischen konnte. Eben so sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echtchristliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder sein," sagte er einst, „und hast doch keine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk und Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann und wann hatte er aber doch wieder recht trübe Stunden. So schloß er sich einmal mehrere Tage lang in seine Zelle ein, aß und trank nicht und versank ganz in tiefe Melancholie, so daß er nichts von dem merkte, was um ihn her vorging. Die Mönche dachten endlich, wie er gar nicht mehr zum Vorschein kam, es sei ihm ein Unglück begegnet, schlugen die Thüre ein, fanden ihn ohnmächtig am Boden liegen und brachten ihn nur durch Töne der Musik wieder zur Besinnung. Im Jahre 1502 hatte der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise, in seiner Residenz Wittenberg eine Universität gestiftet. Hierzu fehlte noch ein tüchtiger Lehrer der Theologie und Philosophie, und er gab Stanpitzen den Auftrag, ihm jemanden dazu vorzuschlagen. Da fiel diesem gleich Luther ein. Aber als er dem schwermüthigen Mönche den Vorschlag machte, wollte dieser

8. Theil 3 - S. 11

1880 - Stuttgart : Heitz
Luther. Anfang der Reformation. 11 Luther spricht selbst: „Da ich zum ersten Mal den Ablaß angriff und alle Welt die Augen aufsperrte und sich's ließ dünken, es wäre zu hoch angehoben, kamen zu mir mein Prior und Subprior, aus dem Zetergeschrei bewegt, und furchten sich sehr, baten mich, ich sollte den Orden nicht in Schande führen; denn die anderen Orden hüpften schon für Freuden, sonderlich die Prediger (Dominicaner), daß sie nicht allein in Schande steckten, die Augustiner müßten nun auch brennen und Schandträger sein. Da antwortete ich: Liebe Väter, ist's nicht in Gottes Namen angefangen, so ist es bald gefallen; ist es aber in seinem Namen angefangen, so lasset denselben machen. Da schwiegen sie, und geht noch so bisher; wird, so Gott will, auch noch daß gehen bis ans Ende. Amen!" — Wie schön gesagt! — Aber er handelte auch edel, ohne allen Haß gegen seine Feinde selbst. So hatte Tezel die Sätze Luthers öffentlich verbrennen lassen. Die Wittenberger Studenten, die ihren Lehrer Luther so verehrten, daß sie sich für ihn hätten todtschlagen lassen, kauften Tezels Schriften gegen Luther auf und verbrannten sie in einem großen Freudenfeuer öffentlich. Darüber war Luther sehr ungehalten und schrieb darüber an einen Freund: „Traust du mir denn zu, daß ich so sehr allen menschlichen Verstand verloren und mich dermaßen habe vergehen können, daß ich, der ich ein Geistlicher bin, an einem Ort, der nicht mein ist, einem in solchen Ehren sitzenden Manne dergleichen Schimpf anthun sollte?" Aber das alles half nichts. Die eifrigen Diener des Papstes schimpften weidlich auf ihn, weil sie dadurch dem Papste sich ge-sällig zu machen hofften, besonders die Dominicaner. Da war einer dieser saubern Leute Prierio, Prior der Dominicaner und Magister des päpstlichen Palastes in Rom, der unter anderm schrieb: „Wenn du, mein lieber Luther, von unserm Herrn dem Papste ein fettes Bisthum bekämest, würdest du wohl gelindere Saiten aufziehen und den Ablaß, welchen du jetzt so schwarz machst, selbst erheben." Darüber ärgerte sich Luther mit Recht sehr. „Wenn ich nach einem Bisthum strebte," antwortete er, „redete ich gewiß das nicht, welches dir so wehe in deinen Ohren thut; denn meinst du, ich wisse nicht, wie man in Rom zu Bisthümeru und Prälaturen gelangt?" — Endlich schrieb Luther selbst an den Papst, Leo X., und gab sich alle Mühe, ihm zu beweisen, wie er selbst von seinen Schmeichlern betrogen werde. Man muß sich recht freuen, wenn man sieht, wie der brave Luther seine Sache ganz und gar Gott anheimstellte und über den Ausgang durchaus

9. Theil 3 - S. 17

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl V. Luther im päpstlichen Bann. 17 sich in alle Zeiten schicken. In Gesellschaft ist er lustig, scherzhaft, lebhaft und immer heiter, immer muntern und fröhlichen Gesichts, ob ihm die Widersacher noch so sehr drohen, daß man schwerlich denken kann, daß der Mann ohne Gott solche wichtige Dinge vornehme!" 85. Karl V., 1519—56. Alles dies geschah noch zu Lebzeiten des Kaisers Maximilian I. Aber 1519 starb er. Wen sollten die Deutschen nun zum Kaiser wählen? — Anfangs schwankten sie; denn zwei mächtige Fürsten bewarben sich um die hohe Ehre. Der eine war Maximilians Enkel, Karl I., seit 1516 König von Spanien,*) und der andere Franz I. von Frankreich, seit 1515. Schon hatten die Kurfürsten Lust, keinen von beiden, sondern lieber den ehrwürdigen Friedrich den Weisen zu wählen; dieser aber schlug die Ehre aus. „Wir brauchen einen mächtigen Kaiser," sprach er; „ich kenne aber keinen, der darin dem König von Spanien gleichkäme." Und so wurde denn dieser mächtige Herr, damals erst 19 Jahre alt, zum deutschen Kaiser gewählt. Als solchen nannte man ihn Karl V. Dieser Kaiser hatte gegen den Kurfürsten von Sachsen eine besondere Ehrfurcht und Dankbarkeit, und das war für Luther nachmals von großem Nutzen. Doctor Eck war nach Rom gereist und hatte da Lutheru so arg geschildert, daß endlich der Papst eine Bannbulle gegen Luther ausfertigte, die Eck, voll Freuden, mit derselben seinen Feind ganz zu Boden zu schmettern, mit nach Deutschland nahm und überall eilfertig bekannt machte! Es wurde darin befohlen, Luthers Schriften überall zu verbrennen, ihn selbst aber, wenn er nicht binnen 60 Tagen widerrufe, mit allen seinen Anhängern nach Rom zu schicken. Luther selbst verachtete den Bann, weil er wußte, daß er unter Gottes Schutz stehe. „Ich weiß," sprach er, „daß der, welcher im Himmel sitzt und von Ewigkeit her alle Dinge leitet, auch den Ansang, Fortgang und Ausgang dieser Sache vorausgesehen hat. Diesen Ausgang erwarte ich, und wie auch das Loos falle mich wird es nicht bewegen. Kein Baumblatt fällt ohne den Willen unsers Vaters auf die Erde; um wie viel weniger werden wir fallen, außer wenn er uns will fallen lassen." Im südlichen Deutschland, *) Er ist in dem Abschnitt „Hernandez Cortez" mehrmals genannt worden. Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 2

10. Theil 3 - S. 20

1880 - Stuttgart : Heitz
20 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. ihn in Worms zu Pulver verbrennen werde. Aber muthig antwortete er: „Wenn gleich meine Feinde ein Feuer machen, das zwischen Wittenberg und Worms hinreicht, so will ich doch im Namen des Herrn erscheinen, Christum bekennen und denselben walten lassen. In der Nähe von Worms kam ihm ein Bote von S palatin, seinem Freunde und des Kurfürsten Geheimschreiber und Hofprediger, entgegen: er solle doch ja nicht nach Worms kommen und sich nicht in solche Gefahr begeben. Er ließ ihm aber antworten: „Und wenn auch so viele Teufel zu Worms wären als Ziegel auf den Dächern, doch wollt' ich hinein!" So zog er am 16. April 1521 in Worms ein. Vor seinem Wagen ritt der kaiserliche Herold einher; eine Menge von Reitern und Wagen, die ihn eingeholt hatten, folgte seinem Wagen, und mehr als 2000 Menschen drängten ihm nach bis an sein Quartier. Schon am folgenden Morgen erschien der Reichsmarschall bei ihm und citirte ihn, Nachmittags auf der Reichsversammlung zu erscheinen. Zur bestimmten Zeit holte er ihn selbst ab. Was gab es da für einen Zusammenlauf! Auf der Straße standen die Menschen Kopf an Kopf; ja viele stiegen auf die Dächer, und alle Fenster waren dicht besetzt. Aber dies Mal warteten die Leute vergebens; denn weil durch das Gedränge nicht durchzukommen war, mußte Luther durch einige Hinterhäuser und Gärten geführt werden. An der Thür des großen Saales standen mehrere Ritter. Einer davon, der berühmte Georg Fruudsberg, klopfte ihm treuherzig auf die Schulter und sprach: „Münchlein! Münchlein! du gehst jetzt einen Gang, einen solchen (Wider-) Stand zu thun, dergleichen ich und mancher Oberster auch in der allerernstesten Schlacht nicht gethan haben. Bist du auf rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so fahre in Gottes Namen fort und sei nur getrost, Gott wird dich nicht verlassen!" Diese Worte stärkten Luthers Gemüth nicht wenig; denn etwas beklommen war ihm doch ums Herz, als er, der schüchterne Mönch, nun auftreten sollte vor dem Kaiser und den Fürsten, seine Meinung zu vertheidigen. Jetzt flogen die Saalthüren auf und Luther schritt hinein. Da saß auf dem Throne Kaiser Karl V., ein stattlicher Herr von 21 Jahren, in wahrhaft kaiserlicher Pracht, und in zwei langen Reihen vor ihm saßen die Fürsten, Herzöge und Grafen des deutschen Reiches. Alle schauten Luther starr an, und mehr als 5000 Menschen, die in dem Saale und vor den Fenstern standen, alle sahen nur auf ihn allein. Aber aus den Augen fast aller sah er Bewunderung oder Zufriedenheit
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