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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
Albrechts Ii. Sohn, der junge L ad is l aus, der nach seines
Vaters Tode König von Böhmen geworden war, wurde auch von
einem Theile der Ungern zum König gewählt. Da er aber noch
unmündig und daher unter der Aussicht seines Vormundes, Frie-
drichs Iii., war, so verlangten sie, der Kaiser solle den jungen
König und die ungarische Krone ihnen herausgeben, und da er
das nicht wollte, so fielen sie mehrere Jahre hintereinander in
Oestreich ein und verwüsteten das Land. Der träge Kaiser ließ
das ruhig geschehen; er saß indessen in Wienerisch-Neustadt und
pflegte seine Blumen, als wenn ihn der Krieg gar nichts anginge.
Endlich halfen sich die Oestreicher selbst; sie boten den Landsturm
auf und jagten die Ungern über die Grenze; aber vor ihrem
Kaiser konnten sie keine Achtung haben.
Zuletzt brach ein förmlicher Aufruhr gegen ihn aus. Er
hatte nämlich seine Söldlinge entlassen; diese aber blieben, weil
er ihnen ihren Sold nicht gegeben hatte, beisammen und plün-
derten das Land aus. Das erregte natürlich allgenieines Murren.
Eyzin ger, einst Albrechts Liebling, der ihn aus gemeinem Stande
zum Baron erhoben hatte, stellte sich an die Spitze der Unzufrie-
denen. Aber Friedrich gab nicht nach; im Gegentheil ließ er den
jungen Ladislaus, dessen Auslieferung die Empörer verlangten,
in noch sicherern Gewahrsam bringen, und reiste, als wenn ihn
die Unruhen nichts angingen, nach Italien, wo er sich mit der
portugiesischen Prinzessin Eleonora vermählte und sich in Rom
krönen ließ. Als er zurückkam, wurde er in Wienerisch-Neustadt
von den Unzufriedenen belagert und nicht eher freigelassen, bis
er den jungen König herausgegeben hatte, den nun die Böhmens
Oestreicher und Ungern mit Frohlocken als ihren Herrn aufnah-
men. Ladislaus nahm nun seine Residenz in Wien, und ließ
Oestreich — denn dem Kaiser gehörte nur Oberöstreich — durch
den Grafen Ulrich von Cilley, Böhmen durch Georg von
Podiebrad, und Ungarn durch Johann Corvin Hunyad,
der damals (1452) noch lebte, als Statthalter regieren.
Aber die Ruhe dauerte nicht lange. Des Kaisers Bruder
Albrecht, der Verschwender genannt, ein unruhiger und habsüch-
tiger Mensch, hetzte die Wiener gegen den Kaiser auf. Dieser
versprach, sich mit ihm zu besprechen und deshalb nach Wien zu
kommen, schickte auch seine Frau Eleonore und seinen Sohn Maxi-
milian dahin ab. Kaum aber waren diese angekommen, so er-
regte der Pöbel einen Aufruhr. Friedrich, statt schnell den Sei-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung]]
Extrahierte Personennamen: Albrechts Albrechts Albrechts Albrechts Friedrich Friedrich Ladislaus Eleonora Ladislaus Ladislaus Oestreich Ulrich_von_Cilley Georg_von
Podiebrad Johann_Corvin_Hunyad Johann Albrecht Albrecht Eleonore Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oestreich Wienerisch-Neustadt Italien Rom Wien Ungarn Wien
Hussiten.
249
offene Fehde miteinander, die nnr dann von Zeit zu Zeit ans-
hörte, wenn Sigismund in Böhmen einfiel, wobei sie sich zu
feiner Vertreibnng immer zu vereinigen pflegten. Endlich starb
der wilde Ziska 1424 an der Pest.
Aber dadnrch wurde die Sache noch schlimmer. Denn Ziska
hatte durch fein kräftiges Wesen wenigstens dann und wann ent-
schieden auf die getrennten Parteien eingewirkt; aber nun hörte
jeder Zusammenhang auf. Selbst die Taboriten zerfielen in zwei
Parteien. Die eine, die den Namen Taboriten behielt, wählte,
da Hufsinecz schon vor Ziska gestorben war, den bisherigen Unter-
feldherrn des letzten:, Procop Holy, zum Anführer. Die An-
dern nannten sich die Waisen; „denn", sagten sie, „nach unserm
seligen Ziska ist keiner würdig, feine Stelle zu erhalten/' Sie
betrachteten sich also als verwaist und wählten mehrere Anführer,
unter denen Procop der Kleine der berühmteste ist. Jeder
einzelne Haufe schwärmte umher und fiel in die benachbarten
Länder ein, bald in Schlesien, bald in Mähren, Oestreich, Baiern
oder Sachsen, überall die schrecklichsten Unthaten ausübend. Zwar
hielt Kaiser Sigismund mehrere Reichstage, um sich mit den
Fürsten zu berathen, wie man wohl gemeinsam die wilden Böh-
men bezwingen könnte; aber wenn er auch dann und wann ein
Heer zusammenbrachte, so liefen die Soldaten bald wieder aus-
einander, sobald sich nur die Huffiten sehen ließen; groß war
die Furcht vor ihnen. Und ehe der Kaiser ein neues Heer zu-
sammenbrachte, machten sie neue Streifzüge in die Nachbarländer
und verbreiteten überall Schrecken und Verwüstung. Sie kamen
nach Dresden, ja bis ins Magdeburgifche, verbrannten in Sachsen
über 100 Städte und Schlösser und gegen 1400 Dörfer, und
führten die reiche Beute auf 3000 Wagen mit sich fort, von denen
einige mit 12—14 Pferden bespannt waren. Andere Haufen zogen
bis in die Vorstadt von Breslau und bis in Die Nähe von Berlin,
von wo sie aber mit blutigen Köpfen zurückgewiesen wurden.
Endlich nahmen sich der Kaiser und die deutschen Fürsten
vor, mit einem Schlage dem verderblichen Kriege ein Ende zu
machen. Im Jahre 1431 brachten sie ein großes Heer auf, und
damit es desto unüberwindlicher wäre, wurde auf Befehl des
Papstes durch einen dazu nach Deutschland abgeschickten Eardinal-
legaten Julia n das Kreuz gegen die Huffiten gepredigt; ja, der
Legat begleitete das Heer sogar in eigener Person. Man zog
von der Seite des Böhmerwaldes lauf der Straße, die von
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Sigismund Ziska Ziska Procop_Holy Ziska Oestreich Sigismund Julia
Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Baiern Sachsen Dresden Sachsen Breslau Berlin Deutschland
250 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
Regensburg nach Pilseil führt) nach Böhmen. Aber — kauni
hieß es: „die Hussiten kommen!" so liefen erst die Barern, dann
die Brandenburger und zuletzt auch die Uebrigen so eilig davon,
daß sie sogar ihr Gepäck im Stiche ließen. Mit großer Mühe
und durch vieles Bitten brachte zwar der Legat sie noch einmal
!unweit Tauß) zum Stehen; aber sobald Procop Holy auch hier
erschien, rannten Alle in wilder Flucht auseinander. Der Legat
selbst verlor dabei sein Meßgewand, den Cardinalshut und die
Kreuzesbulle, mußte froh sein, nicht selbst gefangen zu werden,
und viele Tausende wurden erschlagen.
Nun sahen endlich die Fürsten eilt, daß mit Gewalt gegen
die Hussiten nichts zu machen wäre, und daß man den Weg der
Güte einschlagen müßte. Zugleich waren auch die Prager, die
gemüßigte Partei, des Krieges sehr überdrüssig und sehnten sich
nach Ruhe, und darum wurde nach vielem Hin- und Herschicken
und Streiten (1433) ein Vergleich abgeschlossen, den man die
Präger Compactaten nennt, und in welchem den Hussiten
freie Religionsübnng versprochen wurde. Hier zeigte sich nun
aber, daß es dem großen Haufen mehr ums Rauben und Plün-
dern, als um die Religion zu thun war; denn die Taboriten und
Waisen erklärten, sie würden stich nimmermehr mit dem Kaiser
vergleichen. Unter diesen Umständen kam es zwischen den Pra-
gern und ihnen zum Kriege. In einer entscheidenden Schlacht
bei Böhmisch-Brod (einige Meilen östlich von Prag, zwischen
dieser Stadt und Kollin, 1434) wurden die Taboriten von den
Pragern — die man auch Kelchner nannte, weil sie vornehm-
lich aus der Bewilligung des Kelches im Abendmahle bestanden
— aufs Haupt geschlagen, und konnten sich seitdem nicht wieder
erholen. Viele Tausende waren den Siegern in die Hände ge-
fallen, und diese wußten nicht, was sie mit ihnen anfangen sollten.
Schon wollte man sie als gefährliche und unnütze Leute nieder-
machen; da meinten Andere, es wären auch manche Unschuldige
dabei, die nur gezwungeu an dem , Kriege Antheil genommen
hätten. Um diese nun von den wilden Gesellen zu unterscheiden,
wählte man folgende List: ein Herold mußte bekannt machen, es
stände Jedem frei, nach Hause zu gehen; doch wären die Kelch-
ner bereit, Die, welche bleiben und ihnen bei Ausplünderung der
taboritischen Städte helfen wollten, bei sich aufzunehmen. Die
Bessergesinnten zogen nun sogleich ab; die Räuber und Blut-
sauger dagegen, denen es nur ums Plündern zu thun war, blie-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Böhmisch-Brod Prag
74
Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich.
stochen, ein böses Vorzeichen, und als es am 14. October 1806
zur Schlacht von Jena und Auerstädt kam, erlitten die
Preußen eine unerhörte Niederlage, wobei der Herzog von Braun-
schweig tödtlich verwundet wurde. Das Heer wurde säst gänzlich
zerstreut, die einzeln fliehenden Heerhaufen von den Franzosen
unablässig verfolgt und endlich gefangen genommen. Das Trau-
rigste war aber die Feigheit und Verrätherei, mit welcher die
meisten preußischen Commandanten ohne Gegenwehr, oder nur
nach einer sehr unbedeutenden, die ihnen anvertrauten Festungen
den Franzosen öffneten. Wie ein verheerender Strom über-
schwemmten diese die preußischen Provinzen; Napoleon hielt höh-
nend seinen Einzug in Berlin. Auch das Kurfürstenthum Hessen
hatte er ohne Kriegserklärung als gute Prise weggenommen. Am
schmählichsten war aber, daß er sich selbst dazu herabließ, die
preußischen Polen gegen ihren Landesherrn aufzuwiegeln. Die
Polen hatten lange ungern dem Könige von Preußen gehorcht,
und in der Hoffnung ihre Selbstständigkeit wieder zu erlangen,
machten sie sich gleich von der bisherigen sehr milden Herrschaft
los und huldigten dem „großen Napoleon". Ein kleiner Ueberrest
des preußischen Heeres hatte sich mit dem Könige nach West- und
Ost-Preußen gerettet. Hier sammelte sich auch ein russisches
Hülfsheer unter Benningsens Anführung. Bei Preußisch-
Eylau, einem 5 Meilen von Königsberg entfernten Städtchen,
trafen die Franzosen mit den Russen und Preußen am 7. und 8.
Februar 1807 zu einer sehr blutigen Schlacht zusammen. Drei-
hundert Feuerschlünde schleuderten an diesem grauenvollen Tage
12 Stunden lang Tod und Verderben. Beide Theile fochten bis
zur Erschöpfung und zogen sich dann, ohne etwas entschieden zu
haben, beiderseits zurück. Nachdem aber die Franzosen neue
Kräfte gesammelt hatten, und die wichtige Festung Danzig ihnen
in die Hände gefallen war, rückten sie wieder vor und lieferten
bei Fried land in Ost-Preußen am 14. Juni 1807 den Russen
eine Schlacht, welche den ganzen Krieg entschied. Die Russen
wurden geschlagen, die drei Monarchen: Alexander, Friedrich Wil-
helm und Napoleon, kamen in Tilsit zusammen und schlossen
hier am 7. und 9. Juli 1807 einen Frieden. Alexander verlor
darin nichts, aber der König von Preußen mußte beinahe die
Hälfte seiner Länder abtreten und eine schwere Kriegscontribution
versprechen, die seine Kräfte ganz überstieg. Bis sie abgezahlt
sei, behielten die Franzosen die Oderfestungen Stettin, Küstrin
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Königsberg Alexander Alexander Friedrich_Wil- Friedrich Napoleon Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jena Berlin Hessen Danzig Ost-Preußen Tilsit Stettin
Andreas Hofer. Josephine.
81
rief er selbst: „Gebt Feuer!"*) In Innsbruck in der Francis-
canerkirche, unfern vom Grab Maximilians I., ruht seine Asche
und über ihr steht ein schönes Marmordenkmal.
Im Frieden von Wien verlor Oestreich an 2000 Quadrat-
meilen. Jetzt gaben alle Gutgesinnten die Hoffnung auf, von
der Tyrannei Frankreichs errettet zu werden. Mit Oestreich war
die letzte Stütze gefallen; denn Preußen erlag fast unter den
Lasten, die Napoleon ihm unaufhörlich auflegte, mußte sich ge-
horsam in seine Launen fügen, und von dem entfernten Rußland
war keine Hülfe zu erwarten.
Zwei Männer, die im Jahre 1809 redlich Alles daran setzten,
Deutschland von dem Unterdrücker zu befreien, verdienen hier
noch genannt zu werden. Ein preußischer-Husarenmajor, von
Schill, der sich schon 1806 ausgezeichnet hatte, führte seine an
ihm hängenden Soldaten unversehens von Berlin fort, um zu
den Oestreichern überzugehen. Da er aber von den Sachsen nicht
durchgelassen wurde, wendete er sich nach Nord-Deutschland,
wurde alsbald von allen Seiten von Franzosen, Westphälingern,
Holländern und Dänen verfolgt, in Stralsund überfallen und
dort niedergehauen. Glücklicher war der Herzog Wilhelm
von Brannschweig, ein Sohn des bei Auerstädt gefallenen.
Er hatte ein Freicorps, die schwarze Schaar, für die Oestreicher
errichtet, sich tapfer mit den Franzosen, die er glühend haßte,
herumgeschlagen, und schlug sich nun, da er in den Waffen-
stillstand nicht mit eingeschlossen wurde, durch ganz Deutschland
durch, entkam auch bis an die Niederweser, wo er sich einschiffte,
um nach England zu gehen.
Gleich nach seiner Rückkehr nach Paris nahm Napoleon die
Trennung seiner Ehe mit seiner trefflichen Frau Josephine
vor. Sie hatte ihn von manchem Unrechte, welches er begehen
*) Als Hofer am 15. August 1809 in Innsbruck war, und sich vor seinem
Quartier, dem Goldenen Adler, viele Tausend Tiroler versammelt hatten, hielt
er folgende naive Anrede:
„Grüeß enck Gott, meine lieb'n S'brucker! Weil ös mi zum Oberkomme-
danten g'wöllt hobt, so bin i holt do; es sein ober a viel Andere do, dö koani
S'brucker sein. Alle dö unter meine Waffenbrüder sein wöll'n, dö müesten für
Gott, Koaser und Voterland als toapfre, rödte und brafe T'roler streiten, dö
meine Waffenbrüder wern wöll'n. Dö ober dös nit thüen wöll'n, dö soll'n
haim gien, i roth encks, und dö mit mir gien, dö soll'n mi nit vcrlass'n; i wer
enck a nit verlass'n, so wohr i Andere Hofer hoaß. G'sogt hob i encks, g'söchen
hob's mi, b'fied enck Gott!"
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Aust.
6
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Andreas_Hofer Josephine Maximilians_I. Oestreich Napoleon Schill Wilhelm
von_Brannschweig Wilhelm Napoleon Josephine August
Extrahierte Ortsnamen: Francis- Wien Frankreichs Deutschland Berlin Sachsen Nord-Deutschland Stralsund Deutschland Niederweser England Paris
157
eigenmächtige That bestrafen würde. Darum trafen sie schnell
Vorkehrungen. Sie besetzten das Schloß mit ständischen Trup-
pen, ernannten dreißig Directoren, welche die Regierung führen
sollten, nahmen alle Beamte in Eid. und Pflicht, und die Ein-
künfte in Beschlag, und jagten die Jesuiten aus dem Lande.
Dann schrieben sie an den Kaiser, und suchten ihr Verfahren
bestmöglichst zu entschuldigen, aber zugleich warben sie Truppen,
und forderten die Schlesier, Mährer, Lausitzer, Oestreicher und
Ungarn auf, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Der
Kaiser erschrak, und da er damals kränklich, und überhaupt
furchtsam war, so wollte er lieber mit den Böhmen unterhan-
deln, statt Gewalt brauchen. Aber dagegen setzte sich sein
Vetter Ferdinand. „Gott selbst," sagte dieser, „hat die Böhmen
mit Blindheit geschlagen, daß sie durch diese erschreckliche That
zeigten, daß ihr Betragen nicht aus Gott, sondern aus dem
Teufel sey. Demnach halte ich dafür, daß nichts übrig bleibe,
als zu den Waffen zu greifen."
2. Der unglückliche Pfalzgraf Friedrich V. Noch
kein Jahr nach jener That auf dem Schlosse in Prag, starb
Kaiser Matthias, und fand im Grabe die Ruhe, die er auf dem
Throne nicht gefunden hatte. Er starb zu rechter Zeit, um noch
größern Nebeln zu entgehen. Denn der Krieg hatte wirklich
schon begonnen, und Graf Thurn fiel in Mahren und Oestreich
ein; allenthalben nahm ihn das Volk mit Freuden auf, und
erhob sich gegen den Kaiser; ja Thurn drang bis Wien vor,
wo sich Ferdinand befand, und belagerte es. Wirklich war Fer-
dinand in der mißlichsten Lage. Ueberall offne Empörung oder
heimliches Mißvergnügen. Schon pfiffen die Kugeln der Böh-
men durch sein Schloß, und, um seine Verlegenheit vollkommen
zu machen, erschienen vor ihm 16 Abgeordnete der östreichischen
Stände, und verlangten mit drohenden Worten seine schriftliche
Einwilligung zu ihrer Bewaffnung und zu einem Bündnisse mit
den Böhmen. Ja Einer derselben soll gar so weit gegangen
seyn, ihn beim Knopfe seines Wammses zu fassen, und zu rufen:
„Wirst du bald unterschreiben, Ferdinand?" — Da schmetterten
plötzlich Trompeten auf dem Schloßhofe. Es waren 500 Reiter
von D^rmpierre, welche eingezogen waren, um Ferdinands Be-
fehle %\x vernehmen. Der Trompetenschall wirkte auf die Ab-
J
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Friedrich_V. Friedrich_V. Matthias Graf Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ferdinands
158
geordneten wunderbar. Sie beurlaubten sich in größter Schnel-
ligkeit und kamen nicht wieder, und Ferdinand war erlöst; denn
auch Thurn zog sich bald darauf von Wien zurück. Auch Fer-
dinand ist ein Beweis, daß man in keiner, auch noch so großen
Verlegenheit verzagen muß, wenn man nur eine gute Sache
hat; und die hatte er, weil er nach seiner besten Ueberzeugung
handelte. Einer seiner treuen Diener, der eine Geschichte jener
Zeit geschrieben hat, sagt von ihm: „Unangesehen aller der Gefah-
ren, hat der hochlöblich Herr niemals verzagt, ist beständig in
Religion und Zuversicht gegen Gott verblieben; der hat ihn in
seinen Schutz genommen, und ihm wider aller Menschen Ver-
nunft über dieses rothe Meer geholfen." Bald darauf wurde er
zum deutschen Kaiser gewählt, und hieß nun Ferdinand Ii.
Nur die Böhmen wollten ihn schlechterdings nicht als ihren
König erkennen, setzten ihn förmlich ab, und ihnen traten auch
die Schlesier, Mährer und Lausitzer, selbst die evangelischen
Oestreicher bei. Dagegen wählten sie den 23jährigen Kurfürsten
von der Pfalz, Friedrich V., zu ihrem Könige. Zwar war
er reformirt; aber sein Oheim war Moritz von Oranien, und
sein Schwiegervater König Jakob I. von England, und diese
Verbindung empfahl ihn den Wahlfürsten besonders. Anfangs
besann er sich; die große Gefahr, in die er sich begeben sollte,
schwebte seinem Geiste vor, und manche Freunde warnten ihn.
Aber da trat seine Frau, Elisabeth herein, welche der Eitelkeit,
Königin zu heißen, nicht widerstehen konnte. „Wie?" rief sie,
„du konntest dich vermessen, die Hand einer Königstochter an-
zunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man dir frei-
willig entgegenbringt? Ich will lieber Brot essen an deiner
königlichen Tafel, als an deinem kurfürstlichen Tische schwelgen."
Solche Eitelkeit hat schon manche Frau unglücklich gemacht.
Wird Elisabeth sie auch zu bereuen haben? — Auch sein Hof-
prediger Scultetus redete zu seinem Gewissen: er solle doch nicht
durch seine Weigerung mehr als eine Million evangelischer Glau-
bensgenossen aufopfern. Er nahm die Krone an, und reiste nach
Prag, wo er mit großem Pompe gekrönt wurde. Hoch schlug
der eiteln Elisabeth das stolze Herz vor Freude.
Indessen zog sich über dem neuen Könige und seinen Böh-
men ein schweres Gewitter zusammen. Ferdinand hatte seinen
' \
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Ferdinand_Ii Ferdinand Friedrich_V. Friedrich_V. Moritz_von_Oranien Jakob_I._von_England Scultetus Ferdinand
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Jugendfreund, den kräftigen Maximilian von Baiern, für sich
gewonnen, und die Liga verfprach Beistand. Auch der König
von Spanien, damals Philipp Iii., schickte Geld, was er
doch selbst so nöthig brauchte, und selbst der Kurfürst von Sach-
sen, Johann Georg I., ein höchst schwacher, kleindenkender
Mann, trat auf des Kaisers Seite, weil es ihn ärgerte, daß
die Böhmen einen Reformirten zum Könige gewählt hätten.
O, der unchristlichen Unduldsamkeit! — Nun setzte sich das ligi-
stische Heer in Bewegung. Zuerst wurden die östreichischen
Stande mit Gewalt dem Kaiser unterworfen; dann siel Maxi-
milian in Böhmen ein, trieb die ständischen Truppen wie eine
scheue Heerde vor sich her, und rückte immer naher auf Prag
los. Wäre nur Friedrich der Mann danach gewesen, so hatte
er wohl sich gegen den Kaiser und Maximilian halten können.
Die Hussiten hatten sich ja so lange gegen Siegmund glücklich
gewehrt. Aber ex war ein schwacher, träger und leichtsinniger
Mann, und verstand es nicht, die Herzen der Böhmen mit
Liebe und Vertrauen zu sich zu erfüllen, und so war er schon
halb geschlagen, ehe noch die Feinde anrückten. Nicht weit von
Prag liegt eine Anhöhe, die der weiße Berg genannt wird.
Da stellten sich die Böhmen auf, und wurden rasch von dem
ungeduldigen Maximilian angegriffen. Nach einer Stunde blu-
tiger Arbeit war die Schlacht entschieden. Vier - bis fünftau-
send Böhmen lagen auf dem Schlachtfelde todt oder verwundet,
an 1000 waren im Flusse ertrunken, und die Geretteten stürzten
in wilder Flucht auf die Thore von Prag zu. Und Friedrich?
— Der hatte gerade bei der Tafel gesessen, als die Schlacht
ansing. Da das Schießen heftiger wurde, zeigte er sich zu
Pferde, und ritt auf den Wall, von wo er aber schon mit
Schrecken die verwirrte Flucht der Seinigen wahrnahm. Die
Prager baten ihn flehentlich, sie doch jetzt nicht zu verlassen; sie
hätten noch Leute genug, die Stadt zu vertheidigen. Aber der
schwache Pfalzgraf hatte dafür keine Ohren. Wie betäubt setzte
er sich am andern Morgen mit Frau und Kindern in den Wa-
gen, nahm den Grafen Thurn mit, und fuhr nach Breslau.
,,Jch weiß nun, wer ich bin," sagte er, als er in den Wagen
steigen wollte. ,,Es giebt Lugenden, welche wir nur im Un-
glück l^'nen können, und nur in Widerwärtigkeiten erfahren wir
j »
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_von_Baiern Maximilian Philipp_Iii Philipp Johann_Georg_I. Johann Friedrich Friedrich Maximilian Maximilian Siegmund Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich
161
Böhmen, wo er sich auch mit gewohnter Tapferkeit mit den
Kaiserlichen herumschlug. Aber nach der Schlacht am weißen
Berge mußte er fort, und nun zog er mehrere Jahre umher,
und plünderte besonders die reichen geistlichen Lander aus. Bald
war er hier, bald dort, und schlugen ihn auch einmal die Kai-
serlichen, so entließ er seine Leute, und trat mit ihnen plötzlich
an einer andern Stelle wieder auf. So trieb er sich 6 Jahre
herum, ohne selbst einen Pfennig mehr zu haben, als was der
Krieg ihm verschaffte. Endlich entwich er mit seiner Schaar
nach Ungarn, um sich mit dem unruhigen Großfürsten von Sie-
benbürgen, Bethlen Gabor, zu verbinden. Aber dieser hatte
Geld verlangt, und keine hungrigen Soldaten, und vertrug sich
daher lieber mit dem Kaiser. Der tapfere Mansfeld konnte nun
sehen, wie er zurecht käme. Er verkaufte sein Heergerath, ent-
ließ mit gerührtem Herzen seine alten Kriegskameraden, und
wollte nach Venedig, und von da nach Holland reisen. Aber
ehe er noch Venedig erreichte, wurde er unterwegs in Bosnien
krank, und er, der so viel im Leben herumgeworfen war, und
jetzt mit neuen Entwürfen einem neuen Schauplatze zueilte, fand
hier seinen Tod ganz unerwartet. Als ihm der Arzt eröffnete,
daß er nur noch einige Stunden zu leben habe, ließ er sich seine
Soldatenkleidung anziehen, den Degen umgürten, und erwartete
so stehend, gestützt auf die Schultern zweier Ofsiciere, den Tod.
So starb dieser eiserne Mann im 46sten Jahre seines Lebens.
Ein ähnlicher Mann war Christian von Braunschweig.
Von jugendlichem Uebermuthe und von glühendem Hasse gegen
die katholische Geistlichkeit getrieben, verließ dieser gemüthliche
Mensch seine ruhige Heimath, warb ein Heer, und zog damit
auf Mansfeld's Art in Deutschland umher. Am liebsten plün-
derte er die Kirchen und Weinkeller der geistlichen Fürsten aus,
und auf die Münzen, die er von dem geplünderten Silber prä-
gen ließ, wurde die Umschrift gesetzt: Gottes Freund, der
Pfaffen Feind. Wahrend der flüchtige Pfalzgraf landerlos um-
herirrte, verfochten Christian und Mansfeld seine Sache, als
wenn sie die ihrige wäre. Christian hatte, als er in Holland
gewesen war, die vertriebene Pfalzgräsin Elisabeth kennen ge-
lernt, und, gerührt von ihrem Unglücke, ihr das Versprechen
gegeben, für Gott und sie Alles zu wagen. Er hatte sich von
Weltgeschichte für Töchter. Hi. 11
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Extrahierte Personennamen: Gabor Christian_von_Braunschweig Christian Christian Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Venedig Holland Bosnien Deutschland Gottes Mansfeld Holland
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großes Heer aufzubringen, ohne daß es dem Kaiser das Ge-
ringste kosten sollte.
Dieser Mann war Al brecht von Wallenstein oder ei-
gentlich Waldstein, gerade 100 Jahre spater als Luther gebo-
ren (also wenn?), aus einer alten böhmischen Familie. In
Goldberg in Schlesien war er auf Schulen gewesen, und hatte
da dem Rector viele Noth gemacht. Auch auf der Universität
Altorf (nahe bei Nürnberg) hatte er so viele Unruhen angefan-
gen, daß man ihn einsperren und endlich fortweisen mußte.
Dann ging er'an den Hof eines kleinen Fürsten, des Markgra-
fen von Burgau, als Page. Da saß er einst an einem hohen
offenen Fenster, schlief ein, und stürzte herab, doch ohne großen
Schaden zu nehmen. Diese glückliche Erhaltung brachte ihn
auf den Gedanken, daß er wohl noch zu etwas Hohem be-
stimmt sey. Er ging nun auf Reisen, besuchte Holland, Eng-
land, Frankreich, Italien, und hier blieb er auf einige Zeit in
Padua, wo er sich besonders mit Stcrndeuterei (Astrologie) be-
schäftigte. Denn damals glaubte man noch, aus dem Stand
der Gestirne künftige Schicksale Vorhersagen zu können. Ein
schlauer Sterndeuter, der seinen Ehrgeiz merkte, machte ihm
weiß, daß er noch zu sehr hohen Ehren gelangen würde, was
freilich auch nachher zufällig eintraf. Dann ging er unter die
Soldaten, und heirathete eine alte reiche Wittwe, die nach vier
Jahren starb, und ihn dadurch zum Erben eines Ungeheuern
Vermögens machte. Nun übertraf er alle Ofsiciere an Auf-
wand. In seinem Quartier war immer offene Tafel, und wenn
überall sonst Mangel war, so war bei seinem Regimente immer
Ueberfluß. In der Schlacht am weißen Berge focht er als Oberst
mit. Jetzt machte er dem Kaiser den erwähnten Vorschlag.
Ferdinands Räthe meinten, man könnte ihn ja mit 20,000 M.
den Versuch machen lasten. „Nein!" rief Wallenstein, „das
kann ich nicht! die getraue ich mir nicht zu unterhalten; wohl
aber 50,000 Mann." Die Räthe sahen ihn spöttisch an, und
glaubten, er sey nicht recht klug. „Ihr wundert euch!" fuhr
er fort. „Seht, mit 50,000 kann ich überall Gesetze vorschrei-
den, und die ganzen Lebensmittel einer Provinz stehen mir zu
Gebotet So ist es nicht mit 20,000, die manchmal bitten müs-
sen,-^vo jene befehlen." Das sahen die Räthe ein; und der
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Extrahierte Personennamen: Waldstein Ferdinands
Extrahierte Ortsnamen: Goldberg Schlesien Nürnberg Burgau Holland Frankreich Italien Padua Ferdinands