164 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
hole und symbolischen Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechi-
schen Denker erkannten es, daß die Religionen der Aegypter, Baby-
lonier u. s. w. die Bilder waren, in welchen sich die Gedanken der
Völker über die Entstehung der Welt und deren Erhaltung, über die Be-
stimmung des Menschen und sein Verhältniß zu den höheren Mächten
aussprachen. Diese Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung
durch die Priester, welche bei den alten Völkern einen abgeschlossenen
Stand ausmachten; deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Ge-
heimlehre sür sich haben, eine andere öffentliche aber verkünden, ohne
daß beide einander widersprochen hätten; die öffentliche stellte eben den
religiösen Begriff sinnlich dar in einer Mythe, einem Symbole, die
Geheimlehre aber deutete das Bild. Dem Griechen zog keine Priester-
schaft Schranken, ihm waren die Lehren derselben keine heiligen Ueber-
lieferungen, sondern eine Reihe uralter Vorstellungen darüber, wie
die Welt entstanden ist, besteht und vergeht; er nahm sich deßwegen
die Freiheit, über diese Räthsel selbst nachzudenken und den Versuch
ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde und hellenische Religionssysteme
anzustellen. Einige dieser Denker fanden ihre Ergebnisse im Einklänge
mit den religiösen Mythen oder deuteten diese so, daß sie mit ihren
Meinungen oder Lehren harmonierten, andere hingegen mußten die Re-
ligion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit ihr in Widerspruch ge-
rathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe: die griechische Phi-
losophie ruinirte die griechische Volksreligion, den alten Glauben.
Die älteste Philosophenschule war die jonische und ihr Begründer,
Thaleö ans Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das
Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdichtung
oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Landsmann
Anarimenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekydes dem Aether
und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demokrit (aus
Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem einfache Urkörper,
Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwandelbaren Ge-
setzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung und
Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt
Bestand, nichts einen andern Werth als einen augenblicklichen; sie
mußte sehr gefährlich werden, wenn sie irgendwo Eingang fand, denn
daß die Götter neben den Atomen keinen Platz haben, mußte jedem
einigermaßen denkenden Kopfe bald klar werden. Anaragoras aus
Klazomenä vervollkommnete diese Lehre, indem er die Atome mit be-
stimmten Eigenschaften begabte, sie aber von einer höchsten Vernunft
bewegen läßt, welche alles weiß und kann. Anaragoras hielt sich
größtentheilö in Athen auf und war ein Freund des Perikles. Das
Volk hörte aber, daß der Philosoph die Sonne eine feurige Masse
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Die Plebejer werden römische Vollbürger. Ausbau der Verfassung. 229
Auch die alten Senatoren blieben Ln der Stadt, um sich dem Tode zu
weihen und die erzürnten Götter mit ihrem Blute zu versöhnen. Sie
wurden von den Galliern geschlachtet, die Stadt selbst ausgeraubt und
verbrannt. Die Römer auf der Burg hielten aber aus; ein nächtlicher
Angriff der Gallier mißglückte und die Belagerung zog sich in die Länge.
Da unterhandelten die Römer mit den Galliern und zahlten ihnen 1000
Pfund Goldes, daß sie wegziehen sollten, und als die Römer sich über
das schwere Gewicht der Gallier beklagten, warf Brennus sein Schwert
auf die Wagschale und rief: „Schmach den Besiegten!" Von diesen Be-
gebenheiten kam die dunkle Kunde nach Griechenland, „eine hellenische
Stadt sei von den Barbaren eingenommen worden." Die Römer aber
erfanden schöne Sagen, um den erkauften Frieden zu bemänteln, und ließen
die Gallier durch den herbeieilenden Kamillus fast gänzlich aufgerieben
werden. Der Name der Gallier blieb ihnen lange furchtbar und der
Tag des Treffens an der Allia war in ihrem Kalender ein Unglückstag,
an welchem im Kriege und Frieden nichts unternommen werden durfte.
Die Stadt selbst wurde in Eile wieder aufgebaut, ohne Rücksicht auf
die Richtung der Kloaken und sah viel ärmlicher aus als vorher. Doch
die Römer ermannten sich bald wieder und unter der Anführung des
Kamillus schlugen sie mehrere Schaaren streifender Gallier, die in die
Nähe der Stadt kamen. Auch andere Städte und Völkerschaften mußten
sich wieder unter die Oberhoheit der Römer bequemen; diese stan-
den bald wieder so furchtbar da als früher, und durch die Niederlage an
der Allia gewitzigt, zeigten sie sich später nur um so vorsichtiger.
Die Plebejer werden römische Vollbürger.
Ausbau der römischen Verfassung.
Kaum war der Gallierschrecken vorüber, so betraten die Tribunen
den Weg ihrer Vorgänger abermals und klopften an die Pforte, welche
die Plebejer von den Staatsämtern ausschlvß. Im Jahr 377 stellten
die Tribunen L. Sertius und K. Licinius Stolo den Vorschlag, daß die
Plebejer Konsuln werden könnten und daß nie mehr Militärtribunen ge-
wählt werden sollten. Die Patricier setzten dagegen alles mögliche in
Bewegung; sie ernannten den Kamillus zum Diktator, allein die Tri-
bunen blieben fest und die Plebs nicht weniger; nach lojährigem Wider-
stande räumten die Patricier die Schranke vor dem Konsulate weg und
L. Sertius wurde der erste plebejische Konsul.
Mit dem Konsulate war für die Plebejer die Hauptschlacht gewonnen,
obwohl sich die Patricier auf dem Rückzuge noch wacker schlugen und
jede Position vertheidigten. Schon bei der Einführung der Militär-
tribunen (443) hatten die Patricier für sich ein neues Amt gestiftet; lange
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152 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden, behaupteten die Lombarden
das Uebergewicht. Der lombardische Adel wohnte in den Städten, frei-
willig oder gezwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aem-
ter. Besonders hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche
ihnen strittige Bischofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen
von seinen Hoheitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften
ihnen dieselben, so daß die Städte in der That Republiken waren. Un-
ter ihnen waren Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich
durch Handel, der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer
Ausdehnung entfaltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mai-
land die mächtigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bo-
logna, Verona, Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo,
Padua und andere waren reich und von einer zahlreichen und streit-
baren Bürgerschaft bewohnt. Waren diese Städte einig gewesen, so
hätten sie in jener Zeit, wo starke Mauern fast unüberwindlich mach-
ten, der ganzen Welt Trotz bieten können; allein sie haderten unaufhör-
lich mit einander. Pavia, als die alte longobardischc Königsstadt, wett-
eiferte mit dem stärkeren und reicheren Mailaud um den Vorrang, und
dieses behandelte die kleineren Städte, welche sich nicht unterordnen woll-
ten, mit grausamem Uebermuthe. Die Bürger von Lodi baten den Kai-
ser um Schutz gegen Mailand, und dieser schickte den Mailändern ein
Schreiben, in welchem er zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie
aber verspotteten das kaiserliche Siegel, beschimpften die Boten und zer-
störten das wehrlose Lodi. Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart
nicht Rache nehmen, weil sein Heer zu klein war, doch verheerte er ihr
Gebiet bis vor die Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und
strafte die Lombarden für die Tücke, mit der sie ihm überall Nachstel-
lungen bereiteten.
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
dadurch seine Hausmacht beträchtlich (1156). 1157 zwang er den Her-
zog Boleslaw von Polen zur Huldigung und erhob darauf den böhmi-
schen Herzog Wladislaw Ii. für dessen treue Dienste zum König. Im
Jahre 1158 endlich zog er gegen Mailand mit einem gewaltigen Heere
und umlagerte die Stadt so lange, bis sie sich auf Gnade und Ungnade
ergab. Hierauf wurde auf den ronkalischen Feldern bei Piacenza im
November großer Reichstag gehalten, damit festgesetzt werde, was dem
Kaiser in Italien zustehe. Gelehrte Juristen beriethen nun das römische
Recht, und darin fanden sie begreiflich für den Kaiser als den Nach-
folger der Cäsaren sehr vieles: alle Belehnungen sotten dem Kaiser ge-
hören, die Städte sind ihm Heeresfolge schuldig und zu Naturallieferun-
gen an die kaiserlichen Heere verpflichtet; dem Kaiser gehören als Ne-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Bea- Friedrich Boleslaw_von_Polen Boleslaw
Kaiser Friedrich Ii-
167
schwäbischen Adels zu dem sechszehnjährigen Friedrich nach Sicilien und
forderten ihn auf nach Deutschland zu kommen und die königliche Krone
auf sein Haupt zu setzen. Friedrich fragte den Papst um Rath, und
dieser willigte ein, daß er ziehe, nachdem Friedrich feierlich gelobt hatte,
sobald er die Kaiserkrone trage, Neapel an seinen, erstgebornen Sohn
als ein eigenes Königreich zu übergeben. Durch Graubünden, wo der
Bischof von Chur für ihn war, kam er an den Bodensee (1212), wo
ihn die Stadt Konstanz aufnahm, obwohl Otto schon in Ueberlingen, am
jenseitigen Seeufer, angekommen war. Otto wich immer weiter zurück,
Friedrich rückte vor und wurde von dem Volke mit Jubel empfangen;
denn er war ein herrlicher Jüngling, mittleren Wuchses, blondhaarig
wie alle Hohenstaufen und verstand es vortrefflich mit den Gemeinen
wie mit den Vornehmen umzngehen. Letztere gewann er besonders auch
dadurch, daß er von dem Reichsgute und dem hohenftaufischen Fami-
lienbefitze reichlich unter seine Anhänger austheilte, wie er denn über-
haupt mit dem Reichsgute, mit Privilegien u. s. w. mehr als freigebig
schaltete. Sein Gegner Otto benahm sich um so unkluger, indem er
1214 mit einem schönen Heere gegen den mit Friedrich Ii. verbünde-
ten Franzosenkönig in's Feld rückte zu Gunsten seines englischen Vetters;
allein den 27. Juli 1214 wurde er bei Bouvines im Hennegau voll-
ständig geschlagen und verlor den letzten Schimmer von Ansehen. Fried-
rich ließ ihn ruhig in seinen Erblanden sitzen, wo er 1218 starb. Er
selbst wurde 1215 in Aachen als deutscher König gekrönt; er wiederholte
hier feierlich sein Versprechen wegen der Trennung seines ererbten sici-
lischen Reiches und gelobte ebenso feierlich einen Kreuzzug. Er blieb
bis 1220 in Deutschland und erließ den geistlichen Fürsten noch vollends,
was die Kaiser bisher bei der Belehnung und dem Absterben eines geist-
lichen Fürsten zu beziehen hatten. Dabei zeigte es sich bereits, daß er nicht
halten werde, was er wegen Sicilien versprochen hatte; denn insge-
heim warb er für seinen Sohn Heinrich um die deutsche Königskrone, da
diesem doch nur die sicilische bestimmt war. Friedrich setzte es auch wirk-
lich durch, daß Heinrich König von Deutschland wurde, während er selbst
sein südliches Königreich für sich behielt; denn dieses liebte er vorzüg-
lich, und seine ganze Politik von 1220 an beweist, daß er Deutschland
als Nebenland betrachtete, Italien aber als Hauptland. Der Papst
Honorius Iii. (Innocenz Iii. war 1216 gestorben) gab sich alle Mühe,
Friedrichen in Güte zu dem versprochenen Kreuzzuge zu bewegen; wirk-
lich versprach dieser das eine- um das anderemal, und jedesmal feier-
licher — namentlich bei seiner Krönung zum Kaiser im November 1220,
ebenso 1225, wo er sich selbst dem Banne verfallen erklärte, wenn er
binnen zwei Jahren den Kreuzzug nicht unternehmen würde —, in
nächster Zeit nach Palästina zu segeln, fand aber immer Gelegenheit,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii- Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Otto Otto Friedrich Friedrich Otto Friedrich_Ii Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_König_von_Deutschland Heinrich Honorius_Iii Honorius Innocenz_Iii Innocenz
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Deutschland Neapel Chur Ueberlingen Hennegau Aachen Deutschland Deutschland Italien Palästina
Das byzantinische Reich. Die bilderstürmenden Kaiser. 103
an den Thoren Europas und Asiens. Der griechische Kaiser gebot aber auch
über die ganze Kraft seines Reichs und war dabei nicht von dem guten
Willen der großen Lehenträger abhängig, wie die meisten abendländischen
Herrscher; das Reich besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staats-
schatz, daher verfügte der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und
konnte Heere und Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft
wurde zum größten Theil aus Barbaren geworben, -namentlich aus Sla-
ven, welche sich im Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber wa-
ren dagegen meistens Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die er-
erbte römische Kriegskunst noch von keinem andern Volke erreicht war.
Die Vertheidigung des Reiches und Konstantinopels wurde besonders
durch die Lage am Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deß-
wegen auch ihr Hauptaugenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht
glaubten, Konstantinopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei
habe. Diese Hauptfestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der
Welt; sie vermittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand
mit dem russischen Novgorod so gut in Verbindung als mit Italien,
Frankreich und Deutschland. Auch der alte Gewerbfleiß hatte sich in
den Städten erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechi-
schen Fabrikate so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen In-
dianer in Amerika und Neger in Afrika die englischen. Handel und
Industrie waren deßwegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die
besten Zuflüsse gaben.
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717
Leo Iii. der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones be-
mächtigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein
ganzes Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sol-
len, stürzte aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in
Verwirrung. Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen
haben; der Koran verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes
und höherer Wesen, sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Mos-
lemin überall gegen die Bilder, namentlich religiöse, wütheten. Zu
Leo's Zeit ließ der Chalife Iezid (723) alle Bilder in den Kirchen der
eroberten Provinzen zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Ge-
danken brachte, den mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten
Feind dadurch zu entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle
heiligen Bilder weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte
bald (730) ein noch viel strengerer, der Todesstrafe auf die Beibehal-
tung von heiligen Bildern in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen und selbst
in Privathäusern setzte. Dagegen erhob sich Widerstand von Seite des
Volks und der Geistlichen, die Päpste Gregor Ii. und Iii. verwiesen dem
Kaiser seine Gewaltthätigkeit sehr strenge, indem sie ihm die katholische
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Extrahierte Personennamen: Leo_Iii Leo Gregor_Ii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asiens Konstantinopels Konstantinopel Europa Asien Italien Frankreich Deutschland Amerika Afrika Konstantinopel Gottes
Dritter Kreuzzug.
159
sichern schien; er schloß mit dem Normannen Wilhelm Friede und dies
führte so weit, daß er für seinen Sohn Heinrich die Hand der Konstan-
tia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, erwarb; 1186 den 27. Juni
fand in Mailand die verhängnißvolle Hochzeit statt. Diese Heirath er-
schreckte den Papst nicht wenig, denn sie enthüllte die Gesinnungen Fried-
richs gegen den päpstlichen Stuhl sehr deutlich: er wollte denselben in
die Mitte nehmen und zur Ergebung an den Kaiser zwingen. Auch in
Deutschland bekümmerte sich letzterer um den venetianischen Frieden nicht
im mindesten; seine Macht war aber so groß, sein Ansehen bei dem
Volke so allvermögend, daß die deutschen Bischöfe den Papst (Lucius Hi.)
selber baten, er möge es ja mit dem Kaiser nur auf dem Wege der
Güte versuchen. So hoch stand Friedrich, seit Heinrich der Löwe ge-
stürzt war.
Vierzehntes Kapitel.
Dritter Kreuzzug.
Friedrich I., Philipp August von Frankreich, Richard von England nehmen das
Kreuz.
Es war Friedrichen nicht gegönnt, seine alten Tage in Deutschland
zu verleben und sein Werk, Erhebung der Kaisermacht über jede Schranke,
weiter zu fördern; durch ganz Europa scholl die Schreckensbotschaft:
Jerusalem ist in die Hände der Türken gefallen. Der türkische Eroberer
von Edessa, Nureddin, stürzte durch seinen Feldherrn, den Kurden Sala-
din, 1168 das fatimidische Chalifat in Aegypten, konnte es aber nicht
verhindern, daß Saladin sich unabhängig machte und eine eigene Dy-
nastie gründete (Ejubiden, nach Saladins Vater Ejub genannt). Dieser
bekriegte das Königreich Jerusalem anfangs mit schlechtem Erfolge, denn
1177 wurde er bei Ramla, unweit Askalon, von König Balduin Iv.
gänzlich geschlagen, dagegen gelang ihm die Eroberung der syrischen
Emirate und eines Theils von Arabien, während die Christen in Palä-
stina und Antiochien einander durch Verrätherei und Gehässigkeit ver-
folgten. Der Fürst Raynald von Antiochia, ein Vasall des Königs von
Jerusalem, brach den mit Saladin geschlossenen Waffenstillstand, indem
er eine Karawane Mekkapilger überfiel, worauf Saladin rasch in Pa-
lästina einrückte. Am 4. Juli 1187 schlug er die Christen vollständig
in der Schlacht von Hittin, unweit Liberias, der König selbst, Veit
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Friedrich_I. Friedrich_I. Philipp_August_von_Frankreich Philipp August Richard_von_England Ramla König_Balduin
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Sicilien Mailand Deutschland Deutschland Europa Jerusalem Edessa Jerusalem Palä- Antiochia Jerusalem Liberias
Pipin gegen die Longobarden. Rom und der Papst.
63
andern liebte, die sich nur äußerst selten und niemals alle zu einem
Waffcnbunde gegen fremde Völker vereinigten, unzähligemal aber mit
fremden Angreifern gegen einen deutschen Stamm Hand in Hand gingen.
Das Christenthum verbrüderte die früher Feindseligen nicht allein durch
sein allgemeines Gebot der Nächstenliebe, es stellte sie zugleich als einen
lebendigen Bund den Heiden und Mohammedanern gegenüber, denn der
mohammedanische und heidnische Haß traf ohne Ausnahme jeden einzelnen
christlichen Mann und Stamm und führte diese eben dadurch zusammen.
Die Kirchenverfassung vollendete und befestigte, was der christliche Geist
anregte. Die deutschen Bischöfe in ihrem Metropolitanverbande, mit
ihren Synoden, Verordnungen und Verboten u. s. w., die alle Stämme
umfaßten und allen galten, einigten die christlichen Deutschen zu einem
lebendigen Ganzen; dies war nun allerdings vorerst kein politisches,
sondern ein kirchliches; aber konnten die Stämme in früherer Schroff-
heit einander gegenüber bleiben, seitdem sie eines Glaubens waren, einem
kirchlichen Gesetze folgten, ihre Bischöfe zu einem christlichen Deutschland
vereinigt sahen? Zudem war die Stellung der Bischöfe auch in poli-
tischer Beziehung eine hohe, weil dieselben als Inhaber der Bischofssitze
über Land und Leute geboten und an den Landtagen eine so gewichtige
Stimme führten als irgend ein Herr von hohem Adel, überdies an Bil-
dung und Staatsklugheit meistens überlegen waren. Durch die kirchliche
Hierarchie war demnach auch eine Anzahl der einflußreichsten Herren
Deutschlands zu einem Zusammenwirken in politischen Angelegenheiten
hingeführt, und dieses Zusammenwirken richtete sich auf Einigung, nicht
auf Trennung. Wir finden dies auch im Verlaufe der Geschichte be-
stätiget; die größten Staatsmänner unter dem alten Kaiser waren Bi-
schöfe und Aebte, die deutschen Bischöfe waren die Strebepfeiler des
deutschen Reiches und dieses zerfiel erst dann vollständig, als ihnen ihre
frühere Stellung im Reichsverbande entrissen wurde.
Pipin gegen die Longobarden (754 und 755).
Die Erhebung Pipins auf den königlichen Thron, sowie der große
Einfluß des h. Bonifacius auf ihn hatte auch für Italien und den h.
Stuhl die wichtigsten Folgen. Die Könige der Longobarden trachteten
zwar beständig nach der Oberherrschaft über ganz Italien, erreichten
aber ihr Ziel hauptsächlich deßwegen nie vollständig, weil sie zuviel mit
inneren Streitigkeiten beschäftigt waren. Erst König Aistulf (750—756)
entriß den Griechen das Erarchat mit der Pentapolis und forderte Rom
zur Unterwerfung auf.
Nom und -er Papst.
Diese Stadt und ihr Gebiet (Ducatus Romae) befand sich damals
in einer sehr eigenthümlichen Lage. Dem Namen nach war der oft-
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Deutschlands Italien Italien Rom
116 Das heilige römische Reick deutscher Nation.
den an die morgenländischen Patriarchen die abendländische Kirche ver-
derblicher Gebräuche und Jrrthümer. Er feierte auch wirklich den Triumph,
daß sich die Bulgaren der morgenländischen Kirche zuwandten und sich
dem Patriarchalsprengel von Konstantinopel zutheilen ließen; aber als
Bardas durch den Kaiser und dieser durch eine Verschwörung (867)
den Untergang fand, wodurch Basilius I., der Makedonier, auf den
Thron kam, ließ dieser den Photius in ein Kloster sperren und den
Ignatius wieder einsetzen. Allein auch dieser weigerte sich, Bulgarien
aus dem Metropolitanverbande mit Konstantinopel wieder zu entlassen,
und nach seinem Tode erhielt Photius abermals die Patriarchenwürde,
versammelte abermals eine Synode, verfuhr dabei wie bei seiner ersten,
ließ die Akten der allgemeinen Synode zu Kvustantinopel, welche Adrian Ii.
(869) gehalten hatte, für ungiltig erklären und setzte derselben die Be-
schlüsse seiner Synode entgegen (880). Papst Johann Viii. verurtheilte
sie und ercommunicierte den Photius, der, abermals abgesetzt (durch Kaiser
Leo Vi.), 891 starb, der eigentliche Urheber des griechischen Schisma.
Dasselbe wurde zwar nach des Photius Sturz für den Augenblick ge-
hoben, aber der Patriarch Michael Cerularius, dem Photius in jeder
Hinsicht ähnlich, schleuderte 1054 in einem Rundschreiben die gleichen
Vorwürfe gegen die abendländische Kirche, wofür er von dem Papste
ercommuniciert wurde; damit war die Trennung ausgesprochen, die seit-
dem nur vorübergehend und niemals gründlich gehoben wurde.
Die makedonische Dynastie (867—1054).
Die makedonische Dynastie, welche mit Basilius I. 867 auf den
Thron gelangte, dauerte bis 1056 und hat den Ruhm, dem Reiche
mehrere vortreffliche Krieger gegeben zu haben. So kämpfte Nikephorus
Phokas (963—969), ein Usurpator, mit Glück gegeu die Araber; Jo-
hannes Tsimiszes (969—976), der ihn stürzte, unterwarf die Bulgaren,
die unter ihrem König Simeon (ch 888) das halbe Reich verwüstet
hatten, und schlug die Russen bei Silistria; Basilius Ii. (976—1025)
bezwang durch einen furchtbaren Krieg, in welchem er 15,000 gefangene
Bulgaren blenden ließ und ihrem Anführer oder König Samuel zu-
rückschickte, 1018 die aufgeftandenen Bulgaren abermals und nöthigte
auch die Kroaten und Serben zur Huldigung; Konstantin Ix. Mono-
machus (1034—1054), unter welchem das Schisma dauernd wurde,
schlug einen Angriff des russischen Großfürsten Iaroslaw auf Konstanti-
nopel zurück (1043) und behauptete gegen die Petschenegen, welche bald
darauf von den Kumanen überwältigt wurden, wenigstens den größten
Theil der Nordgränze. Der Kampf gegen die Mohammedaner ruhte
zwar selten, war aber bei weitem nicht mehr so gefährlich wie unter
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Basilius_I. Adrian_Ii Johann_Viii Johann Leo_Vi Leo Michael_Cerularius hannes_Tsimiszes Samuel Konstantin_Ix
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Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Krieg gegen die lombardischen Städte (1155).
Weit schwerer als die republikanisierenden Römer waren die freien
Städte der Lombardei zu bezwingen, über die Friedrich als Nachfolger
Karls des Großen die Oberherrschaft ansprach. Diese waren seit Hein-
rich Iii. gewohnt sich selbst zu regieren, weil keiner der nachfolgenden
Kaiser im Stande gewesen war, eine feste Herrschaft über sie geltend
zu machen, und um die kaiserlichen Titel kümmerten sich die Städte
wenig. Sie waren reich durch Gewerbe und Handel, namentlich machten
die Lombarden fast alle Geldgeschäfte; hierin hatten sie nur die Juden
zu Nebenbuhlern; da diese aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden,
behaupteten die Lombarden das Uebergewicht.
Der lombardische Adel wohnte in den Städten, freiwillig oder ge-
zwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aemter. Besonders
hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche ihnen strittige Bi-
schofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen von seinen Ho-
heitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften ihnen dieselben,
so daß die Städte in der That Republiken waren. Unter ihnen waren
Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich durch Handel,
der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer Ausdehnung ent-
faltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mailand die mäch-
tigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bologna, Verona,
Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo, Padua und andere
waren reich und von einer zahlreichen und streitbaren Bürgerschaft be-
wohnt. Wären diese Städte einig gewesen, so hätten sie in jener Zeit,
wo starke Mauern fast unüberwindlich machten, der ganzen Welt Trotz
bieten können; allein sie haderten unaufhörlich mit einander. Pavia,
als die alte longobardische Königsstadt, wetteiferte mit dem stärkeren und
reicheren Mailand um den Vorrang, und dieses behandelte die kleineren
Städte, welche sich nicht unterordnen wollten, mit grausamem Ueber-
muthe. Die Bürger von Lodi baten den Kaiser um Schutz gegen Mai-
land, und dieser schickte den Mailändern ein Schreiben, in welchem er
zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie aber verspotteten das kai-
serliche Siegel, beschimpften die Boten und zerstörten das wehrlose Lodi.
Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart nicht Rache nehmen, weil
sein Heer zu klein war, doch verheerte er Mailands Gebiet bis vor die
Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und strafte die Lombarden
für ihre Tücke, mit der sie ihm überall Nachstellungen bereiteten.
Friedrich erwirbt Burgund (1156). Er züchtigt Polen (1157).
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Karls Friedrich Friedrich Friedrich_Bea- Friedrich
Kaiser Friedrich Ii.
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ders auch dadurch, daß er von dem Krön- oder Reichsgute und dem
hohenstaufischen Familienbesitze reichlich unter seine Anhänger austheilte,
wie er denn überhaupt mit dem Reichsgute, mit Privilegien u. s. w.
mehr als freigebig schaltete.
Sein Gegner Otto benahm sich um so unkluger, indem er 1214 mit
einem schönen Heere gegen den mit Friedrich Ii. verbündeten Franzosen-
könig in's Feld rückte zu Gunsten seines englischen Vetters; allein den
27. Juli 1214 wurde er bei Bouvines im Hennegau vollständig ge-
schlagen und verlor den letzten Schimmer von Ansehen. Friedrich ließ
ihn darum ruhig in seinen Erblanden sitzen, wo er 1218 starb.
Friedrich mehr Italiener als Deutscher.
Friedrich selbst wurde 1215 in Aachen als deutscher König gekrönt,
wiederholte hier feierlich sein Versprechen wegen der Trennung seines
ererbten sicilischen Reiches und gelobte ebenso feierlich einen Kreuzzug.
Er blieb bis 1220 in Deutschland und erließ den geistlichen Fürsten
noch vollends, was die Kaiser bisher bei der Belehnung und dem Ab-
sterben eines geistlichen Fürsten zu beziehen hatten. Dabei zeigte es sich
bereits, daß er nicht halten werde, was er wegen Sicilien versprochen
hatte; denn insgeheim warb er für seinen Sohn Heinrich um die
deutsche Königskrone, da diesem doch nur die sicilische bestimmt war.
Friedrich setzte es auch wirklich durch, daß Heinrich König von Deutsch-
land wurde, während er selbst sein südliches Königreich für sich behielt;
denn dieses liebte er vorzüglich, und seine ganze Politik von 1220 an
beweist, daß er Deutschland als Nebenland betrachtete, Italien aber als
Hauptland, die Herrschaft über ganz Italien zu erringen, war das Ziel,
das er mit dem Aufgebote aller Kraft zu erreichen suchte. Der Papst
Honorius til. (Innocenz Iii. war 1216 gestorben) gab sich alle Mühe,
Friedrich in Güte zu dem versprochenen Kreuzzuge zu bewegen; wirklich
versprach dieser das eine- um das anderemal, und jedesmal feierlicher
— namentlich bei seiner Krönung zum Kaiser im November 1220, ebenso
1225, wo er sich selbst dem Banne verfallen erklärte, wenn er binnen
zwei Jahren den Kreuzzug nicht unternehmen würde —, in nächster
Zeit nach Palästina zu segeln, fand aber immer Gelegenheit, die Nicht-
erfüllung zu entschuldigen.
Es war ihm auch mehr darum zu thun, die Königsmacht in Sici-
lien und Neapel zu befestigen, als Jerusalem aus den Händen der Un-
gläubigen zu befreien. Er ging da denselben Weg, den die französischen
Könige einschlugen; er zog die königlichen Güter an sich, statt sie als
Lehen auszutheilen, schenkte auch nicht eine Hufe Landes an Klöster und
Stifte, setzte trotzige oder verdächtige Adelige gefangen und baute in den
großen Städten Burgen, von welchen aus er Unruhen, die in den
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Otto Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_König_von_Deutsch- Heinrich Honorius_til Honorius Innocenz_Iii Innocenz Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Hennegau Aachen Deutschland Deutschland Italien Italien Palästina Neapel