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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 164

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
164 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. hole und symbolischen Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechi- schen Denker erkannten es, daß die Religionen der Aegypter, Baby- lonier u. s. w. die Bilder waren, in welchen sich die Gedanken der Völker über die Entstehung der Welt und deren Erhaltung, über die Be- stimmung des Menschen und sein Verhältniß zu den höheren Mächten aussprachen. Diese Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung durch die Priester, welche bei den alten Völkern einen abgeschlossenen Stand ausmachten; deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Ge- heimlehre sür sich haben, eine andere öffentliche aber verkünden, ohne daß beide einander widersprochen hätten; die öffentliche stellte eben den religiösen Begriff sinnlich dar in einer Mythe, einem Symbole, die Geheimlehre aber deutete das Bild. Dem Griechen zog keine Priester- schaft Schranken, ihm waren die Lehren derselben keine heiligen Ueber- lieferungen, sondern eine Reihe uralter Vorstellungen darüber, wie die Welt entstanden ist, besteht und vergeht; er nahm sich deßwegen die Freiheit, über diese Räthsel selbst nachzudenken und den Versuch ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde und hellenische Religionssysteme anzustellen. Einige dieser Denker fanden ihre Ergebnisse im Einklänge mit den religiösen Mythen oder deuteten diese so, daß sie mit ihren Meinungen oder Lehren harmonierten, andere hingegen mußten die Re- ligion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit ihr in Widerspruch ge- rathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe: die griechische Phi- losophie ruinirte die griechische Volksreligion, den alten Glauben. Die älteste Philosophenschule war die jonische und ihr Begründer, Thaleö ans Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdichtung oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Landsmann Anarimenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekydes dem Aether und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demokrit (aus Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem einfache Urkörper, Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwandelbaren Ge- setzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung und Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt Bestand, nichts einen andern Werth als einen augenblicklichen; sie mußte sehr gefährlich werden, wenn sie irgendwo Eingang fand, denn daß die Götter neben den Atomen keinen Platz haben, mußte jedem einigermaßen denkenden Kopfe bald klar werden. Anaragoras aus Klazomenä vervollkommnete diese Lehre, indem er die Atome mit be- stimmten Eigenschaften begabte, sie aber von einer höchsten Vernunft bewegen läßt, welche alles weiß und kann. Anaragoras hielt sich größtentheilö in Athen auf und war ein Freund des Perikles. Das Volk hörte aber, daß der Philosoph die Sonne eine feurige Masse

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 152

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
152 Das heilige römische Reich deutscher Nation. aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden, behaupteten die Lombarden das Uebergewicht. Der lombardische Adel wohnte in den Städten, frei- willig oder gezwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aem- ter. Besonders hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche ihnen strittige Bischofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen von seinen Hoheitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften ihnen dieselben, so daß die Städte in der That Republiken waren. Un- ter ihnen waren Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich durch Handel, der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer Ausdehnung entfaltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mai- land die mächtigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bo- logna, Verona, Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo, Padua und andere waren reich und von einer zahlreichen und streit- baren Bürgerschaft bewohnt. Waren diese Städte einig gewesen, so hätten sie in jener Zeit, wo starke Mauern fast unüberwindlich mach- ten, der ganzen Welt Trotz bieten können; allein sie haderten unaufhör- lich mit einander. Pavia, als die alte longobardischc Königsstadt, wett- eiferte mit dem stärkeren und reicheren Mailaud um den Vorrang, und dieses behandelte die kleineren Städte, welche sich nicht unterordnen woll- ten, mit grausamem Uebermuthe. Die Bürger von Lodi baten den Kai- ser um Schutz gegen Mailand, und dieser schickte den Mailändern ein Schreiben, in welchem er zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie aber verspotteten das kaiserliche Siegel, beschimpften die Boten und zer- störten das wehrlose Lodi. Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart nicht Rache nehmen, weil sein Heer zu klein war, doch verheerte er ihr Gebiet bis vor die Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und strafte die Lombarden für die Tücke, mit der sie ihm überall Nachstel- lungen bereiteten. Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea- trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte dadurch seine Hausmacht beträchtlich (1156). 1157 zwang er den Her- zog Boleslaw von Polen zur Huldigung und erhob darauf den böhmi- schen Herzog Wladislaw Ii. für dessen treue Dienste zum König. Im Jahre 1158 endlich zog er gegen Mailand mit einem gewaltigen Heere und umlagerte die Stadt so lange, bis sie sich auf Gnade und Ungnade ergab. Hierauf wurde auf den ronkalischen Feldern bei Piacenza im November großer Reichstag gehalten, damit festgesetzt werde, was dem Kaiser in Italien zustehe. Gelehrte Juristen beriethen nun das römische Recht, und darin fanden sie begreiflich für den Kaiser als den Nach- folger der Cäsaren sehr vieles: alle Belehnungen sotten dem Kaiser ge- hören, die Städte sind ihm Heeresfolge schuldig und zu Naturallieferun- gen an die kaiserlichen Heere verpflichtet; dem Kaiser gehören als Ne-

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 42

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
42 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie. Weg von Karnak nach dem % Stunde entfernten Fellahdorfe Luror enthält zu beiden Seiten eine zahllose Menge von Sphynren (Symbol der Königsgewalt), Thierbildern, Säulen u. s. w. Das Dorf Luror ist ebenfalls auf eine Tempelrnine gebaut; seine 2000 Bewohner haben sich auf den Decken und Gallerien des Tempels eingeniftet, welche dennoch unbewohnt scheinen. Noch stehen 14 Säulen von 11 Fuß Durchmesser; vor dem Thore stehen zwei Statuen von rosenfarbenem Granit und ihnen gegenüber zwei Obelisken, 100 Fuß hoch, aber 30 Fuß im Sande steckend; das kieselharte Gestein ist ganz mit Hieroglyphen bedeckt und man muß über die Härte des Meißels staunen, der so festes Korn angriff, so wie über die Maschinen und die Arbeit, welche erfordert wur- den, solche ungeheure Massen aus den Steinbrüchen des östlichen Felsen- gebirges auszumeißeln, zu heben und an den Ort ihrer Bestimmung zu schaffen. Die Alten bewunderten ferner das Labyrinth, ein Gebäude mit 12 bedeckten Höfen, deren Thore einander gegenüber standen, 6 gegen Norden und 6 gegen Süden. Dasselbe zählte 1500 Gemächer über der Erde, und ebenso viele unter der Erde, in welche Herodot aber nicht ge- führt wurde, weil darin Begräbnisse waren. Wahrscheinlich war das Laby- rinth eine Darstellung des jährlichen Sonnenlaufes durch die 12 Zeichen des Thierkreises, und in eine obere und untere Hälfte getheilt, wie der Himmelsbogen sich auch in der einen Hälfte über der Erde wölbt, während die andere Hälfte unter der Erde ausgespannt ist. — Ein großes Unternehmen war auch der See Möris, 15 Meilen im Umfange, größtentheils durch Menschenhände gegraben; er war bestimmt bei der Ueberschwemmung des Nil das überflüssige Wasser aufzunehmen, welches später zur Bewässerung der Felder wieder abgelassen wurde, was eine bedeutende Kenntniß im Wasserbau bei den ägyptischen Priestern voraus- setzt. Das Alterthum schrieb diesen überhaupt Außerordentliches zu, nicht bloß in der Astronomie und Geometrie, Geschichtskunde und gesetz- geberischen Weisheit, sondern es glaubte dieselben im Besitze großer Ge- heimnisse der Natur, durch die sie zaubern könnten, und man erzählte eine Menge angeblich beglaubigter Beispiele. Dies erinnert sehr an die Chaldäer, und wenn man ferner weiß, daß die Priester eine ziemliche Anzahl Orakel in ihren Tempeln hatten, durch welche sie die Götter zu den Menschen reden lassen konnten und wirklich jedesmal so reden ließen, wie es der Priesterpolitik angemessen war, so müssen wir zugeben, daß die ägyptischen Priester ihr Volk in vielen Dingen geflissentlich in Unwissenheit erhielten. So war auch ihre öffentliche Schrift geheimniß- voll; es ist dies die Hieroglyphen- oder Bilderschrift. Gewöhnlich wird angenommen, daß die Bilderschrift der Anfang aller Schrift gewesen sei; möglich wäre es, erwiesen ist es nicht, jedenfalls war die ägyptische Bilderschrift nicht der Uebergang zur Buchstabenschrift, denn die Priester

4. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 103

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das byzantinische Reich. Die bilderstürmenden Kaiser. 103 an den Thoren Europas und Asiens. Der griechische Kaiser gebot aber auch über die ganze Kraft seines Reichs und war dabei nicht von dem guten Willen der großen Lehenträger abhängig, wie die meisten abendländischen Herrscher; das Reich besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staats- schatz, daher verfügte der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und konnte Heere und Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft wurde zum größten Theil aus Barbaren geworben, -namentlich aus Sla- ven, welche sich im Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber wa- ren dagegen meistens Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die er- erbte römische Kriegskunst noch von keinem andern Volke erreicht war. Die Vertheidigung des Reiches und Konstantinopels wurde besonders durch die Lage am Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deß- wegen auch ihr Hauptaugenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht glaubten, Konstantinopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei habe. Diese Hauptfestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der Welt; sie vermittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand mit dem russischen Novgorod so gut in Verbindung als mit Italien, Frankreich und Deutschland. Auch der alte Gewerbfleiß hatte sich in den Städten erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechi- schen Fabrikate so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen In- dianer in Amerika und Neger in Afrika die englischen. Handel und Industrie waren deßwegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die besten Zuflüsse gaben. Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717 Leo Iii. der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones be- mächtigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein ganzes Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sol- len, stürzte aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in Verwirrung. Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen haben; der Koran verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes und höherer Wesen, sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Mos- lemin überall gegen die Bilder, namentlich religiöse, wütheten. Zu Leo's Zeit ließ der Chalife Iezid (723) alle Bilder in den Kirchen der eroberten Provinzen zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Ge- danken brachte, den mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten Feind dadurch zu entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle heiligen Bilder weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte bald (730) ein noch viel strengerer, der Todesstrafe auf die Beibehal- tung von heiligen Bildern in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen und selbst in Privathäusern setzte. Dagegen erhob sich Widerstand von Seite des Volks und der Geistlichen, die Päpste Gregor Ii. und Iii. verwiesen dem Kaiser seine Gewaltthätigkeit sehr strenge, indem sie ihm die katholische

5. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 195

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Adel und das Ritterwesen. 195 Der Adel und das Ritterwesen. Die Zeit der Kreuzzüge ist das Heldenalter des Adels. Seitdem der Heerbann aufgehört hatte, weil die Zahl der gemeinen Freien mehr und mehr schwand, bildete sich ein eigener Stand aus, der mit dem Adel verwuchs, der Ritterstand. Diejenigen Freien nämlich, welche so viel Eigenthum besaßen oder so viel Gut zu Lehen trugen, daß sie den Heeresdienst zu Rosse thun konnten, wurden nun das eigentliche Kriegs- Volk; daher heißen sie auch in den Urkunden milit68, während sie sich selbst von ihrem Dienste zu Rosse „Ritter" nannten. Diese Krieger erhielten für ihre Kriegsdienste von den Königen, Herzogen und Gra- fen, dem hohen Adel, Sold, und wie oben bei dem Römerzuge beispiel- weise angegeben worden ist, Saumpferde, Pferdebeschläge, Felle und an- dere Kriegsbedürfnisse, oder auch, was viel erwünschter sein mußte, Le- hen, wodurch der Ritter, der manchmal als jüngerer Sohn außer Na- men und Rüstung nichts sein nannte, zu einem Gutsherrn wurde, dem zinsbare Bauern dienten. Der Sohn des Ritters erhielt durch seine Geburt das Lehenrecht, während andere freie Leute, Bauern und Bür- ger, dasselbe thatsächlich verloren, weil sie dem Könige oder einem Lan- desherrn nicht regelmäßig und auch nicht zu Rosse Kriegsdienste thaten. Nach der Weise des Mittelalters, wo sich der Gleiche dem Gleichen an- schloß und diese Verbindung genau regelte, bildete nun auch die Ritter- schaft eine Genossame, in welche die Berechtigten feierlich ausgenommen wurden, wenn sie nach den Gesetzen vorbereitet waren und gelobt hatten, die Verpflichtungen der Ritterschaft gewissenhaft zu erfüllen. Während der Kreuzzüge trafen sich die Ritter aller Nationen in Palästina, und die ausgebildetere Regel der französischen Ritterschaft wurde auch von den Deutschen angenommen, was bei der englischen, niederländischen und italienischen noch schneller geschah; so entstand eine europäische ritterliche Kameradschaft, und der Ritter fand überall Genossen, die sein ritter- liches Recht anerkannten und nöthigenfalls vertheidigten, so daß der kriegsgefangene Ritter sich ritterliches Gefängniß und ritterliche Be- handlung ausbitten durfte. Wer Ritter werden wollte, mußte Nach- weisen, daß er ehelicher Geburt und freien Geschlechtes sei, ritterlichen Waffendienst und ritterliche Sitte ordnungsmäßig erlernt habe. Zum Empfang des feierlichen Ritterschlags bereitete er sich vor durch Gebet, Fasten und den Genuß der heiligen Sakramente. Dann gelobte er, täg- lich die Messe zu hören, für den christlichen Glauben zu streiten, die Kirche und deren Diener gegen ihre Feinde zu vertheidigen, Wittwen, Waisen und Minderjährige bei ihrem Gute zu schützen, ungerechten Krieg zu meiden, für die Befreiung eines jeden Unschuldigen mit dem Schwerte einzutreten, Turniere nur zum Zwecke kriegerischer Uebung zu besuchen, 13*

6. Geschichte des Mittelalters - S. 34

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
34 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. und Gartengewächse angebaut werden, und wurden auch in dieser Hin- sicht Lehrer des Volkes; die meisten von ihnen gründeten auch wahre Volksschulen für jene Zeiten, nämlich Klöster. Die Ätüster. Der Benediktinerorden. Fast alle Glaubensboten begaben sich in den einsamen Wald und bauten sich dort eine Hütte. Schon bei ihren Lebzeiten gesellten sich gleichgesinnte Männer zu ihnen; da zeigte sich nun eine Waldlichtung, man sah einen Gemüsegarten, auf hölzernen Hütten das Kreuz. Bald vereinigten sich die meisten dieser Männer zu einer gemeinsamen Lebens- ordnung. Eine solche Ordnung hatte Benedikt von Nursia 529 in Unteritalien gestiftet; es ist dieses der Benediktinerorden, dessen Regel sich kurz dahin zusammenziehen läßt: Bete und arbeite! Diese alten Klöster waren die einsamen Leuchten, von denen neubelebende Strahlen in die deutschen Wälder ausgingen, sie waren die Stützpunkte der christ- lichen Religion, die Bildungsstätten unserer Väter. Statt allgemein zu erzählen, wollen wir eines der berühmtesten Klöster, St. Gallen, be- schreiben, wobei vorausgesetzt wird, daß niemand sich vorstelle, das Kloster sei urplötzlich so gewesen, wie es hier geschildert wird. St. Gallen erhielt Grund und Boden durch die Wohlthätigkeit reicher Herren und als Mitgift von solchen, welche in das Kloster ein- traten. Es hatte Aecker, Wiesen und Waldungen, und zahlreiche Mönche bewohnten die Stiftsgebäude (iw 2- 895 zählte St. Gallen 42 Priester, 24 Diakonen, 15 Subdiakonen, 20 Laienbrüder). Alle hatten die gleiche Lebensweise und dieselbe Kleidung und mußten zu den bestimmten Stun- den bei Tag und Nacht zum Gebete im Chore erscheinen. Sonst waren ihrer Geschäfte gar mancherlei. Die einen bauten Garten und Feld, andere trieben Handwerke, und wieder andere widmeten sich der Wissen- schaft und Kunst. Aus Thierhäuten bereiteten sie sich das Pergament, milchweiß und fein wie Poftpapier, und darauf schrieben sie sehr zierlich die Schriften der alten Griechen und Römer und der Kirchenväter ab, oder sie verfaßten eigene Werke, oder sie übersetzten. Die Mönche arbeiteten dabei einander in die Hände; die einen machten Pergament und Tinte; andere schrieben ab in großen einzeln stehenden Buchstaben, andere verglichen die Abschrift, und wieder andere banden die Bücher in eichene, oft zolldicke Bretter, die mit Leder, Pergament, Elfenbein :c. überzogen wurden. Die Anfangsbuchstaben sind besonders sorgfältig ge- macht; sie sind groß, schön geblümt und ausgemalt, oft mit Goldfarbe, und noch jetzt, nach mehr als 1000 Zähren, seitdem der erste Mönch Feder und Pinsel weggelegt hat, sind Farbe und Glanz frisch wie von

7. Geschichte des Mittelalters - S. 181

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der sogenannte vierte oder lateinische Kreuzzug. Der Doge Dándolo. 181 bischof Adolf von Köln und Herzog Johann von Brabant gingen zu Philipp über (1204), der sich nun noch einmal wählen ließ. Durch den Verrath Herzog Heinrichs von Limburg verlor Otto die Schlacht bei Wassenberg; doch unterstützten die Fürsten auch den König Philipp nicht und schienen Zusehen zu wollen, wie das hohenstaufische und wel- fische Haus sich gegenseitig zu Grunde richteten. Philipp wurde den 21. Juli 1208 durch einen Otto von Wittelsbach ermordet, den er vielleicht beleidigt hatte, vielleicht war dieser auch das Werkzeug einiger ver- schworener Großen. Vtto Iv. (1208-1212). Nun war Otto unbestritten König und verlobte sich Beatrix, eine Tochter seines Gegners. Hierauf machte er seinen Römerzug und wurde von dem Papste gekrönt, nachdem er die Rechte des päpstlichen Stuhles beschworen hatte. Aber er brach sein Wort fast augenblicklich. Ueber Neapel und Sicilien herrschte nämlich der Knabe Friedrich, Sohn Hein- richs Vi.; nach dem Tode seines Vaters wollten dessen deutsche Statt- halter das Königreich theilen, wie einst Alexanders des Großen Feld- herren, oder sich wenigstens tüchtige Stücke als Lehen Herausschneiden. Das duldete aber Papst Innocenz Iii. nicht, denn er war Oberlehens- herr von Neapel und Sicilien und wollte das Reich nicht zerstückeln, zu dessen Gründung seine Vorfahren so viel beigetragen hatten. Er nahm deßwegen den jungen Friedrich unter seinen mächtigen Schutz und er- hielt ihn bei seinem Erbe. Diesen päpstlichen Schützling nun griff Kaiser Otto Iv. an, obwohl er dem Papste gelobt hatte, es nicht zu thun; auch sonst verfuhr Otto nicht anders, als je ein Gegner des Papstes gethan hatte, und wollte noch weniger als Friedrich I. das Eigenthum der Kirche gewährleisten; nach mancher Warnung bannte der Papst den Kaiser (1210). Der sogenannte vierte oder lateinische Kreuzzug (1202—1204). Der Doge Dándolo. Während Philipps und Ottos Streit um den Thron Deutschland verwüstete, bewog der begeisterte Kreuzprediger Fulko von Neuilly auf einem Turniere zu Escy eine große Anzahl französischer Herren zu einem Kreuzzuge. Sie wollten sich in Venedig einschiffen und schloßen mit dieser Republik einen Vertrag wegen der Ueberfahrt und des Pro- viants ab; als sie aber bezahlen sollten, brachten sie die bedungene Summe nicht zur Hälfte auf. Diesen Umstand benutzten die Venetiauer, welche der 93jährige, fast erblindete, aber geistig ungeschwächte Doge Heinrich Dándolo leitete, um sich der Kreuzfahrer für ihre handels- politischen Interessen zu bedienen. Die französischen Ritter fanden den

8. Geschichte des Mittelalters - S. 222

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
222 Das heilige römische Reich deutscher Nation. bereitet hat. Dem Nibelungenliede steht das etwas spätere Epos Gudrun zur Seite, aus uralten Volksliedern entstanden, dem Sagen- kreis der Nordsee mit ihren Wickingern angehörig. Eines der schönsten Denkmäler der Sprache und Poesie des 12. Jahrhunderts ist das von einem Geistlichen verfaßte Annolied (feiert den hl. Anno oder Hanno, Erzbischof von Köln). Die Bürger. Hansen. Zünfte. Für die Städte hatten die Kreuzzüge unendlich wichtige Folgen; denn sie brachten das Morgenland und Abendland nicht etwa bloß in feindselige Berührung, sondern auch zugleich in den lebendigsten Handelsverkehr, der jedesmal wieder angeknüpft wurde, sobald Waffenstillstand eintrat; ohnehin waren die verschiedenen mohammedanischen Reiche im Morgen- lande selten gleichzeitig mit den Christen im Kriege. Die italienischen Seestädte hatten davon den größten Gewinn, namentlich Venedig, Ge- nua und Pisa, denn diese kauften unmittelbar in der Levante ein und versorgten ganz Europa mit den Erzeugnissen des Morgenlandes. Das waren einmal die verschiedenen Gewürze, unter welchen Pfeffer und Safran die Hauptrolle spielten, sodann Arzneien, Zucker, Gold, Silber, Perlen und Edelsteine. Das Morgenland lieferte aber auch Kunstpro- dukte und zwar die gleichen, durch welche sich Asten noch jetzt auszeichnet: Waffen, als: Schwerter, Dolche und Panzer; Geschmeide und Schmuck jeder Art, Teppiche, Baumwollentücher mit trefflicher Färbung, Seide, feines, schönfarbiges Leder, wie Saffian und Korduan u. s. w. Die Europäer gaben dagegen kostbare Pelzwerke, Glas, in dessen Verfertigung sich Venedig auszeichnete, verschiedene Metallarbeiten und vor allem Lein- wand. Mit den Italienern verkehrten zunächst die süddeutschen Städte Augsburg, Ulm, Lindau, Konstanz, Regensburg, Wien u. s. w. und versorgten die norddeutschen, welche in England, Polen, Rußland und den skandinavischen Neichen den Absatz ihrer Maaren bewerkstelligten. Da dieser Handel ausschließlich in den Händen der Städte war und sie von keiner Seite her eine Konkurrenz hatten, so mußte er sehr einträg- lich sein. Zu diesem Zwecke bildeten die Kaufleute, die Großhändler, geschlossene Verbindungen, welche im allgemeinen Hansen genannt wur- den; dieser Name verblieb dem Bunde der norddeutschen Handelsstädte. Aller Gewerbfleiß hatte sich in die Städte eingebürgert, welche in ihrer Umgebung, auf dem Lande, den sichersten Markt fanden, während die Kaufleute das Geschäft des Verkaufs in die Ferne besorgten; so kamen z. B. aus England Wolle und Felle in norddeutsche Hansestädte und kehrten als Tuch und Leder wieder dorthin zurück. Auch die Handwerker

9. Geschichte des Mittelalters - S. 168

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
168 Das heilige römische Reich deutscher Nation. Krieg gegen die lombardischen Städte (1155). Weit schwerer als die republikanisierenden Römer waren die freien Städte der Lombardei zu bezwingen, über die Friedrich als Nachfolger Karls des Großen die Oberherrschaft ansprach. Diese waren seit Hein- rich Iii. gewohnt sich selbst zu regieren, weil keiner der nachfolgenden Kaiser im Stande gewesen war, eine feste Herrschaft über sie geltend zu machen, und um die kaiserlichen Titel kümmerten sich die Städte wenig. Sie waren reich durch Gewerbe und Handel, namentlich machten die Lombarden fast alle Geldgeschäfte; hierin hatten sie nur die Juden zu Nebenbuhlern; da diese aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden, behaupteten die Lombarden das Uebergewicht. Der lombardische Adel wohnte in den Städten, freiwillig oder ge- zwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aemter. Besonders hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche ihnen strittige Bi- schofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen von seinen Ho- heitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften ihnen dieselben, so daß die Städte in der That Republiken waren. Unter ihnen waren Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich durch Handel, der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer Ausdehnung ent- faltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mailand die mäch- tigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bologna, Verona, Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo, Padua und andere waren reich und von einer zahlreichen und streitbaren Bürgerschaft be- wohnt. Wären diese Städte einig gewesen, so hätten sie in jener Zeit, wo starke Mauern fast unüberwindlich machten, der ganzen Welt Trotz bieten können; allein sie haderten unaufhörlich mit einander. Pavia, als die alte longobardische Königsstadt, wetteiferte mit dem stärkeren und reicheren Mailand um den Vorrang, und dieses behandelte die kleineren Städte, welche sich nicht unterordnen wollten, mit grausamem Ueber- muthe. Die Bürger von Lodi baten den Kaiser um Schutz gegen Mai- land, und dieser schickte den Mailändern ein Schreiben, in welchem er zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie aber verspotteten das kai- serliche Siegel, beschimpften die Boten und zerstörten das wehrlose Lodi. Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart nicht Rache nehmen, weil sein Heer zu klein war, doch verheerte er Mailands Gebiet bis vor die Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und strafte die Lombarden für ihre Tücke, mit der sie ihm überall Nachstellungen bereiteten. Friedrich erwirbt Burgund (1156). Er züchtigt Polen (1157). Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea- trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 347

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Frankreich unter dem Konsulate. 347 beit vor dem Gesetze war darin fcstgehalten, dem Staate wurden jedoch Rechte über die Familienordnung eingeräumt, die er früher nicht an- sprechen durfte. Des ersten Konsuls Abneigung gegen die Revolution zeigte st'ch am auffallendsten in der Stiftung eines neuen Adels, des Ordens der Ehrenlegion. Dieser Orden war aber für bürgerliches Verdienst so gut bestimmt wie für militärisches, auch gewährte er seinem Inhaber keinerlei Vorrecht. Die Ehrenlegion sollte vorerst aus 15 Kohorten be- stehen; jeder Kohorte wurden 200,000 Fr. als Dotation aus National- gütern angewiesen. Die Abstufung ging vom Großoffizier, Komman- danten, Offizier zum Legionär herab. Einzelne Republikaner sollen über die Ehrenlegion gemurrt haben, aber ganz gewiß ist dies, daß die re- publikanischen Franzosen sich durch das Legionskreuz noch beglückter fühl- ten, als ihre realistischen Väter durch das Ludwigskreuz. Gegen Bonapartes gegenrepublikanische Maßregeln, besonders gegen die tiefer gehenden als Kreuze und Bänder, zeigte sich dennoch im Senate und Tribunate eine indirekte aber systematische Opposition. Diese beseitigte Bonaparte durch „Elimination", indem er 20 Tribunen und 60 Senatoren strich und sie durch den Senat aus den „Notabili- täten" ergänzen ließ. Nach dem Frieden von Amiens beantragte ein Tribun dem ersten Konsul eine ausgezeichnete Nationalerkenntlichkeit darzubringen, und ein Senatsbeschluß verfügte, daß Bonaparte auf weitere 10 Jahre Konsul sein solle. Die beiden andern Konsuln änderten den Senatsbeschluß aber dahin ab: das französische Volk ist zu befragen: soll Napoleon Bonaparte Konsul auf Lebenszeit sein? Am 2. August (1802) machte der Senat die Volksabstimmung bekannt; von 3,577,885 stimmberech- tigten Bürgern hatten 3,368,259 für den Antrag gestimmt. In Folge dieser Wahl erließ der Senat folgende Beschlüsse: 1. Das französische Volk ernennt und der Senat ruft aus als lebenslänglichen Konsul der Franzosen Napoleon Bonaparte. 2. Ein Standbild der Friedensgöttin, in der einen Hand den Sie- geslorbeer, in der andern den Senatsbeschluß, wird der Nachwelt die Dankbarkeit des Volkes bezeugen. 3. Der Senat wird dem Konsul den Ausdruck des Vertrauens, der Liebe und der Bewunderung des französischen Volkes überbringen. Dieses republikanische Schauspiel erhielt durch Bonaparte einen sehr eigenmächtigen Zusatz; durch ein sogenanntes organisches Senats- konsult bekam die Republik eine neue Verfaffung. Die Stellen der Kon- suln wurden als lebenslänglich erklärt; der gesetzgebende Körper konnte von der Regierung berufen und vertagt, durch den Senat aber auf- gelöst werdeu. Das Tribunat wurde auf 50 Mitglieder herabgesetzt
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