Karl nimmt den Kaisertitel an.
65
Hoffnung, unterwarfen sich Karln und nahmen die Taufe; die andern
Häuptlinge folgten dem Beispiele und der Widerstand schien erloschen.
Aber 793 machte sich der Haß gegen Karln und die Franken blutig
Luft; diesesmal waren es besonders die Liten, welche aufstanden; der
Zehenten, den sie an die Kirche entrichten sollten, erbitterte sie, und nicht
weniger die Heerfolge, welche sie Karln gegen die Slaven leisten muß-
ten. Der Aufstand wurde jedoch unterdrückt, so oft er sich wiederholte;
10,000 sächsische Familien verpflanzte Karl in entfernte Gegenden und
ersetzte sie durch fränkische Bevölkerung, baute Burgen und versah dieselben
mit Besatzungen. Mit dem Zahre 804 war der Sachsenkrieg zu Ende;
einzelne Gewaltthaten kamen aber noch längere Zeit vor; auch blieben
viele Sachsen ihren Göttern im Herzen getreu und feierten ihnen auf
den Bergen nächtlicher Weile die alten Feste. Karl stiftete im Sachsen-
lande acht Bisthümer: Osnabrück, Minden, Verden, Bremen, Paderborn,
Münster, Halberstadt und Hildesheim, und in nicht langer Zeit wurden
die Sachsen eifrige Christen und blieben dabei ein kräftiger, ja herr-
licher deutscher Volksstamm.
Karl nimmt den Kaisertitel an (800).
Durch den Sieg über die Sachsen war der Sieg des Christenthums
in Europa entschieden; wären die Sachsen Heiden geblieben, so wäre
dieser mächtige Volksstamm in späterer Zeit (sie wurde trübe genug)
gewiß einmal losgebrochen und hätte seine Macht und mit derselben
das Heidenthum über Deutschland ausgebreitet; wo würde dann den
heidnischen Sachsen, Normannen, Slaven und Mohammedanern gegen-
über noch ein christliches Volk gewesen sein? Vor einer solchen Zukunft
schützte Karl die Christenheit. Sein Ruhm verbreitete sich über die Erde;
zu ihm kamen Gesandte des Chakans der Hunnen, des griechischen Kai-
sers, des Königs von Asturien, des Chalifen Harun al Radschid und
ehrten ihn durch Geschenke. Er war der mächtigste Fürst Europas, der
Beschirmer des Chriftenthums gegen Heiden und Mohammedaner, und
nun nahm er auch den ehrenvollsten Titel an, welchen es gab, nämlich
des römischen Kaisers. Karl war wie sein Vater Patricius von Rom und
hatte mit Papst Adrian I. (772—795) in enger Freundschaft gelebt;
dessen Nachfolger Leo Iii. wurde 799 bei einem Aufstande der Römer
schwer mißhandelt und hatte sich mit Mühe nach Spoleto gerettet. Da-
mals nämlich wie auch später war Rom der Schauplatz der heftigsten
Parteikämpfe, die am häufigsten bei einer Papftwahl zum Ausbruch
kamen; denn da die Bürgerschaft der Stadt und die Adeligen des Stadt-
gebiets den von dem römischen Klerus gewählten Papst in öffentlicher
Versammlung durch ihren Zuruf gewissermaßen zu bestätigen hatten,
Bumüller, Gesch. d. Mittelalters.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Harun Karl Leo_Iii Leo
Extrahierte Ortsnamen: Sachsenkrieg Minden Bremen Paderborn Halberstadt Hildesheim Sachsen Europa Sachsen Deutschland Sachsen Asturien Europas Rom Spoleto
Kreuzzug Konrads Hi und Ludwigs Vii. von Frankreich. 147
Bayern aber vertheidigle des verstorbenen Heinrichs Bruder Welf Vi.
Dieser wurde 1140 bei Weinsberg geschlagen; in dieser Schlacht (wie er-
zählt wird) feuerten sich die Krieger des Hohenstaufen mit dem Schlacht-
rufe an: „hie Waiblingen!" dem die Welfischen mit „hie Welf!" ant-
worteten, woraus die italienische Zunge die Parteinamen Ghibellinen und
Guelfen machte; nach einer begründeter» und jetzt allgemein- angenom-
menen Meinung jedoch erbte der Name „Wibelingen" von den fränkischen
Kaisern (denen Waiblingen im württembergischen Remsthal als Eigen-
thum gehörte) auf die Hohenstaufen, die ihnen im Besitze und auf dem
Thron folgten. Bayern verlieh Konrad an seine Blutsverwandten, die
österreichischen Babenberger, Sachsen aber an Albrecht (zubenannt der
Bär) von Ballenstädt, Grafen der Nordmark, der sich zuerst Markgraf
von Brandenburg nannte. Der Krieg um die welfischen Herzogthümer
fiel zum Nachtheil der Welfen aus, welche jedoch ihren Ansprüchen nie
ganz entsagten. Konrad wurde dadurch von dem Römerzuge abgehalten,
später aber unternahm er einen noch viel weitern Zug, nämlich nach
Palästina.
Kreuzzug Konrads Iii. und Ludwigs Vii. von Frankreich.
Zm Jahre 1144 hatte der Sultan Alp Arslan Edessa erobern
lassen; zwei Jahre darauf bemächtigten sich die Christen der Stadt
wieder, worauf die Türken sie noch einmal angriffen, eroberten und
gänzlich zerstörten; 60,000 Christen wurden niedergemacht. An solchem
Unglücke waren die morgenländischen Christen größtentheils selbst schul-
dig; denn die meisten waren entartete, feige Menschen, voll Haß gegen
die neuen Ankömmlinge aus Europa, mit deren Hilfe ihnen doch allein
der Widerstand gegen die Türken möglich war. (Die Vermischung so
vieler Nationen: Armenier, Syrer, Italiener, Franzosen, Engländer,
Deutsche, Griechen u. s. w., die doch zu keinem Volke zusammenwuchsen,
scheint diesen schlimmen Charakter erzeugt zu haben. Die Nachkommen
der christlichen Eroberer Palästinas nannte man im Abendlande Pullanen.)
Die Kunde von dem Falle Edessas erschütterte das christliche Europa,
aber ohne den Feuereifer des hl. Bernhard von Klairvaur wäre wohl
kein allgemeiner Kreuzzug zu Stande gekommen. In Frankreich predigte
er mit unwiderstehlicher Beredtsamkeit, so daß König Ludwig Vii. und
mit ihm die vornehmsten französischen Herren das Kreuz nahmen. Doch
schien die Hilfe der Deutschen unentbehrlich, und daher ging Bernhard auch
nach Deutschland, um König Konrad zum Kreuzzuge zu bewegen. Dieser
hielt jedoch seine Anwesenheit in Deutschland für unumgänglich noth-
wendig und gab dem hl. Bernhard geradezu abschlägige oder wenigstens
ausweichende Antwort. Endlich am St. Johannistage 1146 hörte der
10*
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Extrahierte Personennamen: Konrads Ludwigs Heinrichs Heinrichs Welf_Vi Konrad Konrad Albrecht_( Albrecht Konrad Konrads Ludwigs Bernhard_von_Klairvaur Ludwig_Vii Ludwig Bernhard Konrad Bernhard
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Weinsberg Waiblingen Waiblingen Sachsen Nordmark Brandenburg Palästina Frankreich Europa Europa Frankreich Deutschland Deutschland
152 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden, behaupteten die Lombarden
das Uebergewicht. Der lombardische Adel wohnte in den Städten, frei-
willig oder gezwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aem-
ter. Besonders hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche
ihnen strittige Bischofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen
von seinen Hoheitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften
ihnen dieselben, so daß die Städte in der That Republiken waren. Un-
ter ihnen waren Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich
durch Handel, der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer
Ausdehnung entfaltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mai-
land die mächtigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bo-
logna, Verona, Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo,
Padua und andere waren reich und von einer zahlreichen und streit-
baren Bürgerschaft bewohnt. Waren diese Städte einig gewesen, so
hätten sie in jener Zeit, wo starke Mauern fast unüberwindlich mach-
ten, der ganzen Welt Trotz bieten können; allein sie haderten unaufhör-
lich mit einander. Pavia, als die alte longobardischc Königsstadt, wett-
eiferte mit dem stärkeren und reicheren Mailaud um den Vorrang, und
dieses behandelte die kleineren Städte, welche sich nicht unterordnen woll-
ten, mit grausamem Uebermuthe. Die Bürger von Lodi baten den Kai-
ser um Schutz gegen Mailand, und dieser schickte den Mailändern ein
Schreiben, in welchem er zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie
aber verspotteten das kaiserliche Siegel, beschimpften die Boten und zer-
störten das wehrlose Lodi. Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart
nicht Rache nehmen, weil sein Heer zu klein war, doch verheerte er ihr
Gebiet bis vor die Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und
strafte die Lombarden für die Tücke, mit der sie ihm überall Nachstel-
lungen bereiteten.
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
dadurch seine Hausmacht beträchtlich (1156). 1157 zwang er den Her-
zog Boleslaw von Polen zur Huldigung und erhob darauf den böhmi-
schen Herzog Wladislaw Ii. für dessen treue Dienste zum König. Im
Jahre 1158 endlich zog er gegen Mailand mit einem gewaltigen Heere
und umlagerte die Stadt so lange, bis sie sich auf Gnade und Ungnade
ergab. Hierauf wurde auf den ronkalischen Feldern bei Piacenza im
November großer Reichstag gehalten, damit festgesetzt werde, was dem
Kaiser in Italien zustehe. Gelehrte Juristen beriethen nun das römische
Recht, und darin fanden sie begreiflich für den Kaiser als den Nach-
folger der Cäsaren sehr vieles: alle Belehnungen sotten dem Kaiser ge-
hören, die Städte sind ihm Heeresfolge schuldig und zu Naturallieferun-
gen an die kaiserlichen Heere verpflichtet; dem Kaiser gehören als Ne-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Bea- Friedrich Boleslaw_von_Polen Boleslaw
Das byzantinische Reich. Die bilderstürmenden Kaiser. 103
an den Thoren Europas und Asiens. Der griechische Kaiser gebot aber auch
über die ganze Kraft seines Reichs und war dabei nicht von dem guten
Willen der großen Lehenträger abhängig, wie die meisten abendländischen
Herrscher; das Reich besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staats-
schatz, daher verfügte der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und
konnte Heere und Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft
wurde zum größten Theil aus Barbaren geworben, -namentlich aus Sla-
ven, welche sich im Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber wa-
ren dagegen meistens Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die er-
erbte römische Kriegskunst noch von keinem andern Volke erreicht war.
Die Vertheidigung des Reiches und Konstantinopels wurde besonders
durch die Lage am Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deß-
wegen auch ihr Hauptaugenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht
glaubten, Konstantinopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei
habe. Diese Hauptfestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der
Welt; sie vermittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand
mit dem russischen Novgorod so gut in Verbindung als mit Italien,
Frankreich und Deutschland. Auch der alte Gewerbfleiß hatte sich in
den Städten erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechi-
schen Fabrikate so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen In-
dianer in Amerika und Neger in Afrika die englischen. Handel und
Industrie waren deßwegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die
besten Zuflüsse gaben.
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717
Leo Iii. der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones be-
mächtigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein
ganzes Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sol-
len, stürzte aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in
Verwirrung. Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen
haben; der Koran verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes
und höherer Wesen, sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Mos-
lemin überall gegen die Bilder, namentlich religiöse, wütheten. Zu
Leo's Zeit ließ der Chalife Iezid (723) alle Bilder in den Kirchen der
eroberten Provinzen zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Ge-
danken brachte, den mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten
Feind dadurch zu entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle
heiligen Bilder weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte
bald (730) ein noch viel strengerer, der Todesstrafe auf die Beibehal-
tung von heiligen Bildern in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen und selbst
in Privathäusern setzte. Dagegen erhob sich Widerstand von Seite des
Volks und der Geistlichen, die Päpste Gregor Ii. und Iii. verwiesen dem
Kaiser seine Gewaltthätigkeit sehr strenge, indem sie ihm die katholische
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Extrahierte Personennamen: Leo_Iii Leo Gregor_Ii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asiens Konstantinopels Konstantinopel Europa Asien Italien Frankreich Deutschland Amerika Afrika Konstantinopel Gottes
104 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Lehre von der Verehrung der heiligen Bilder vorhielten; aber Leo ant-
wortete, er sei Kaiser und Priester, und fuhr fort, seinen Willen mit
Gewalt durchzusetzen. Sein Sohn und Nachfolger, Konstantin Iii.,
Kopronymus (741 — 775), verfuhr noch wilder und ließ durch eine
Synode willfähriger griechischer Bischöfe die Verehrung heiliger Bilder
verurtheilen (eine rechtmäßige, durch Papst Adrian Ii. nach Nikäa be-
rufene Synode bestätigte aber 787 aufs neue die kirchliche überlieferte
Anschauung), doch damit beschwichtigte er die Widersetzlichkeit gegen die
Bilderstürmerei (Ikonoklasie, Jkonomachie) keineswegs. In Nom em-
pörte sich das Volk und verweigerte dem Kaiser förmlich den Gehor-
sam, so daß diese Stadt mit ihrem Gebiete thatsächlich einen unabhän-
gigen Staat bildete; die Städte des Erarchats lehnten sich gleichfalls
auf und wurden (752) eine leichte Eroberung der Longobarden, und
dem griechischen Kaiser blieben lediglich seine Besitzungen in Unteritalien,
welche er nur mit Mühe gegen die sicilianischen Araber vertheidigte. Unter
Konstantin Iv., Porphyrogenetus (der im Purpur geborene, wie die
Griechen einen dem regierenden Kaiser geborenen Prinzen nannten),
für den seine ränkevolle Mutter Irene herrschte, wurde 787 der Bilder-
stürmerei Einhalt gethan, doch Irene wurde selbst 803 gestürzt, als sie
gerade mit Karln dem Großen wegen eines Bündnisses der beiden Kai-
serreiche unterhandelte. Ihr Nachfolger, Nikephorus (803—811),
wurde 806 von dem Chalifen Harun al Radschid zu einem schimpflichen
Frieden genöthigt und 811 von den Bulgaren in einer Schlacht besiegt
und getödtet. Dieses türkische, mit Slaven stark gemischte Volk war um
680 vor den Awaren über die Donau geflüchtet und hatte sich zwischen
diesem Strom und dem Hämus mit Bewilligung des griechischen Kaisers
angesiedelt. Die Bulgaren geriethen jedoch bald mit ihm in Streitig-
keiten, die langwierige und erbitterte Kriege zur Folge hatten; mehr als
einmal erschienen sie vor Konstantinopel und dehnten ihre Herrschaft vor-
übergehend bis Mittelgriechenland aus, während sie nach der Vernich-
tung der Awaren durch Karln den Großen jenseits der Donau bis Ober-
pannonien vordrangen, welche Eroberung sie wieder durch die Ungarn
verloren. Von des Nikephorus Nachfolger, Leo V., dem Armenier,
wurden sie blutig zurückgeworfen; dieser Bilderstürmer wurde 813 in
der Kirche ermordet; aber auch sein Nachfolger, Michael Iii., der Stamm-
ler (820—829), sowie Theophilus (829 — 842) waren Bilderstürmer,
zugleich aber auch Soldatenkaiser, welche Bulgaren und Arabern Achtung
geboten. Unter Michael Iii. (842 — 867) wurde 842 der Bilderstreit
durch eine Synode beigelegt, aber indem dadurch ein Grund der Ent-
fremdung der morgen- und abendländischen Christenheit beseitigt wurde,
veranlaßte Michael Iii., sonst ein Wüstling und Verspötter religiöser
Dinge, einen Riß von oben bis unten. Der allvermögende Günstling
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Kaiser Friedrich Ii.
169
Leopold von Oesterreich und ein ganzes Heer Ritter aus dem östlichen
Deutschland (1217) nach Palästina schifften; er blieb in Italien, wäh-
rend ein Kreuzheer von mehr als 100,000 Mann unter unsäglichen An-
strengungen am 3. November 1219 Damiette eroberte, dessen Bewohner
sich erst ergaben, als der Hunger zwei Drittheile weggerafft hatte. Nun
bot der Sultan Jerusalem für Damiette an, erhielt aber abschlägige
Antwort; dafür eroberte er Damiette wieder, indem er das Kreuzheer
durch die Nilüberschwemmung vertrieb, welche er in das christliche Lager
leitete. So hatten die Christen abermals eine große Schlappe erlitten,
an welcher Friedrich Ii. durch seine Theilnahmlosigkeit Mitschuld trug.
Endlich heirathete der verwittwete Kaiser Jolantha, die Tochter der
Maria Jolantha, Erbtochter des Königs Amalrich Ii., und des Johann
von Brienne, welcher sich Regent von Jerusalem nannte, und dadurch
erhielt Friedrich Anspruch auf Jerusalem als Mitgift seiner Gemahlin.
Er schiffte sich am 8. September 1227 ein, aber schon nach drei Tagen
kehrte er zurück; er entschuldigte diese Umkehr durch Krankheit und ver-
sprach bald nachzukommen; denn es waren wohl 40,000 Kreuzfahrer
wirklich abgegangen. Nun zögerte Papst Gregor Ix. (Honorius Iii.
war 1227 gestorben) nicht länger und sprach über Friedrich, weil
er sein Gelübde gebrochen, denn die Krankheit sei eine Lüge, und zu
dieser Behauptung berechtigte den Papst Friedrichs Ii. Benehmen ge-
gen Honorius Iii. mehr als hinlänglich, den Bann aus. Friedrich
antwortete hierauf in einer Sprache, die bewies, wie erbittert er
längst gegen den päpstlichen Stuhl war und was dieser von ihm zu
fürchten hatte; er bezeichnete nämlich den Papst geradezu als einen
Feind der Fürsten,, als einen übermüthigen, von Herrschsucht trunke-
nen Mann; zugleich benutzte er die mit dem Papste verfeindete Fa-
milie der Frangipani und erregte durch sie einen Aufstand in Rom,
welcher den Papst nöthigte, die Stadt zu verlassen (Ost^n 1228).
Im August 1228 schiffte sich Friedrich als Gebannter nach Palästina
ein, obwohl nach kirchlichem Gebote kein Gebannter die heiligen Stätten
betreten sollte; deßwegen verhängte der Papst über Palästina das In-
terdikt, d. h. er verbot alle kirchlichen Handlungen für die Dauer der
Anwesenheit des gebannten Kaisers. Dieser wußte aber die orientali-
schen Wirren trefflich zu nutzen; der Sultan Kamel lag im Kriege mit
Nasr David; theils aus Furcht, Friedrich möchte diesen unterstützen,
theils von der Persönlichkeit des Kaisers gewonnen, der als Saracenen-
freund auch im Morgenlande bekannt war, schloß er mit ihm Frieden
auf zehn Jahre und einen Vertrag, durch welchen Jerusalem, Bethle-
hem und Nazareth mit ihren Gebieten dem Kaiser abgetreten wurden,
ebenso der ganze Küstenstrich von Joppe bis Sidon. Friedrich setzte
sich die königliche Krone in der Kirche des heiligen Grabes selbst auf
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Leopold_von_Oesterreich Leopold Friedrich_Ii Friedrich Jolantha Maria_Jolantha Maria Johann
von_Brienne Johann Friedrich_Anspruch Friedrich Gregor_Ix Gregor Honorius_Iii Honorius Friedrich Friedrich Friedrichs Honorius_Iii Honorius Friedrich Friedrich August Friedrich Friedrich Palästina David David Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Palästina Italien Jerusalem Jerusalem Jerusalem Friedrichs Rom Palästina Jerusalem Nazareth Joppe
170 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
das Haupt, da den Gebannten in der interdicierten Kirche kein Bischof
krönen durfte. Mit den Tempelrittern war er in der feindseligsten
Spannung; diese sollen selbst dem Sultan angezeigt haben, wenn der
Kaiser mit kleinem Gefolge an den Jordan reiten werde, der Sultan
aber habe den Fabricius gespielt; eben so gerieth Friedrich mit dem Pa-
triarchen von Jerusalem in Streit; die Genuesen haßten ihn, weil er
ihre Nebenbuhler, die Pisaner, begünstigte, und für ihn war niemand
als die Ritter des Deutschordens und sein kleines Heer. Dies war
der Kreuzzug Friedrichs; die heiligen Stätten waren wieder christlich, und
dennoch ließen wenige dies als Verdienst des Kaisers gelten, denn er
stieß durch seinen Vertrag mit Kamel gegen den Geist der Zeit an.
Nämlich 1) der Kaiser erlaubte es, daß die Moslemin in der Moschee
Omars ihren Gottesdienst halten durften (auch dem Moslemin ist Jeru-
salem ein heiliger Ort); für die strengen Christen aber war die Dul-
dung des Islams in Jerusalem ein Gräuel. 2) Der Kaiser hatte mit
dem Sultan Friede geschlossen, daher verbot er es dem Patriarchen
streng, mit französischem Gelde Söldner zu werben, wie dieser bereits
angefangen hatte; ebensowenig durften die Tempelritter, deren Ordens-
regel ihnen jeden Waffenstillstand mit den Ungläubigen verbot, die
Feindseligkeiten erneuern und deßgleichen kriegslustige Pilger, deren ge-
nug herbeikamen. Darum erschien der Friede des Kaisers unritterlich,
unehrenhaft, selbst unchristlich, obwohl die Christen.mehr gewonnen hat-
ten, als früher mit den furchtbarsten Anstrengungen und mit Aufopfe-
rung von unzähligen Kriegern.
Auch der Papst wollte den kaiserlichen Frieden nicht billigen; da der
Herzog von Spoleto im Namen Friedrichs Ii. den Kirchenstaat angriff,
war auf des Papstes Befehl Johann von Brienne, Friedrichs Schwie-
gervater, der selbst Titularkönig von Jerusalem und darum mit jenem
gänzlich zerfallen war, in Neapel eingefallen und hatte theils durch
Waffen, theils durch Versprechungen viele Städte gewonnen. Friedrich
eroberte aber nach seiner Ankunft das Verlorene schnell wieder, und
da er dem Papste Friedensanträge machte und wiederum das Beste ver-
sprach, schloßen beide den Frieden in San Germano 0230).
Friedrich in Deutschland (1235).
Des Kaisers Erstgeborner, Heinrich, welchen er den Deutschen als
König zurückgelassen hatte, war völlig entartet. Er lebte mit rohen
Jagdgesellen, mit Gauklern und Musikanten und hatte keinen Sinn für
Staatsgeschäfte; ein solcher König war vielen Herren der rechte und sie
wußten ihn zu benutzen. Zuerst brauchten sie ihn gegen die Städte;
die fränkischen Kaiser hatten diese begünstigt, und obwohl Friedrich I.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrichs Johann_von_Brienne Johann Friedrichs_Schwie- Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_I.
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Jerusalem Spoleto Friedrichs Jerusalem Neapel Deutschland
Erneuerter Streit mit dem Papfte.
175
Navarra und der Herzog von Bretagne einen Kreuzzug unternahmen
und den Frieden brachen, welchen Friedrich auf zehn Jahre abgeschlossen
hatte, wurden die Christen bei Gaza völlig geschlagen und Daud, Fürst
von Karak, eroberte Jerusalem , zerstörte dessen Festungswerke und ver-
jagte die Christen, welche er nicht niederhauen ließ. Die drei Ritter-
orden selbst, welche das heilige Grab beschützen sollten, haßten einander
und die Tempelritter bekriegten sogar die Deutschherren, welche Fried-
richen anhingen. Endlich verbanden sich alle Christen mit dem Sultan
von Damaskus gegen den ägyptischen, der Syrien erobern wollte. Die-
ser zog nun eine Horde chowaresmischer Türken an sich, welche aus ihrer
bokharischen Heimath vor den Mongolen entwichen waren. Diese zer-
störten in Jerusalem, was noch zu zerstören war, schändeten die heiligen
Stätten und vertilgten in der Schlacht von Gaza, den 18. Okt. 1244,
das christliche Heer. Von 312 Tempelrittern retteten sich 18, von 324
Johannitern 16, von 400 Deutschherren 4. Einzig die Festung Ptole-
mais blieb den Christen vom Königreiche Jerusalem; vergebens for-
derte 1245 das Koncil von Lyon die ganze Christenheit zu einem
Kreuzzuge auf.
Erneuerter Streit mit dem Papste.
Denn zwischen den beiden Häuptern der Christenheit, dem Papste und
dem Kaiser, war neuerdings ein Kampf auf Tod und Leben entbrannt. Der
Papst durfte die Lombarden nicht fallen lassen, und Friedrich nahm seine
Vermittlung nicht an; ebenso wenig hielt er die Verträge, welche er mit
Papst Innocenz Iii. in Betreff der sicilischen Kirche geschlossen hatte, und
übte die Vorrechte, welche einst den Normannenfürsten unter anderen
Umständen eingeräumt worden. Am Palmsonntag 1239 sprach Gregor Ix.
über den Kaiser den Bann aus, weil derselbe die sicilische Kirche ver-
folge, die beschwornen Verträge nicht halte und überhaupt nicht wie ein
christlicher Fürst lebe. Friedrich erwiderte in offenen Briefen durch hef-
tige Schmähungen, wiederholte seine Behauptung, daß der Papst ein
Feind der Fürsten sei, aber die Antworten des Papstes schnitten viel
tiefer ein. Friedrich sei dem Glauben entfremdet, war die allgemeine
und wohlbegründete Ueberzeugung; man erzählte sich Aeußerungen von
ihm, die einen unchristlichen Sinn verriethen, und sein mohammedanisches
Hosieben, seine offene Freundschaft mit den Saracenen schienen mehr als
hinreichend die Anschuldigungen des Papstes zu rechtfertigen; auch be-
kannte der Kaiser laut, wenn alle Fürsten dächten wie er, so würde er
sie von der Plage des Papstthums bald befreit haben. So mußte der
Kampf ein unversöhnlicher werden, und weil die Christenheit für den
Papst war, mußten die Hohenstaufen untergehen.
Friedrich appellierte von dem Papste an ein Koncil; aber als der
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Daud Karak Friedrich Friedrich Innocenz_Iii Innocenz Gregor_Ix Gregor Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Dritter Kreuzzug.
159
sichern schien; er schloß mit dem Normannen Wilhelm Friede und dies
führte so weit, daß er für seinen Sohn Heinrich die Hand der Konstan-
tia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, erwarb; 1186 den 27. Juni
fand in Mailand die verhängnißvolle Hochzeit statt. Diese Heirath er-
schreckte den Papst nicht wenig, denn sie enthüllte die Gesinnungen Fried-
richs gegen den päpstlichen Stuhl sehr deutlich: er wollte denselben in
die Mitte nehmen und zur Ergebung an den Kaiser zwingen. Auch in
Deutschland bekümmerte sich letzterer um den venetianischen Frieden nicht
im mindesten; seine Macht war aber so groß, sein Ansehen bei dem
Volke so allvermögend, daß die deutschen Bischöfe den Papst (Lucius Hi.)
selber baten, er möge es ja mit dem Kaiser nur auf dem Wege der
Güte versuchen. So hoch stand Friedrich, seit Heinrich der Löwe ge-
stürzt war.
Vierzehntes Kapitel.
Dritter Kreuzzug.
Friedrich I., Philipp August von Frankreich, Richard von England nehmen das
Kreuz.
Es war Friedrichen nicht gegönnt, seine alten Tage in Deutschland
zu verleben und sein Werk, Erhebung der Kaisermacht über jede Schranke,
weiter zu fördern; durch ganz Europa scholl die Schreckensbotschaft:
Jerusalem ist in die Hände der Türken gefallen. Der türkische Eroberer
von Edessa, Nureddin, stürzte durch seinen Feldherrn, den Kurden Sala-
din, 1168 das fatimidische Chalifat in Aegypten, konnte es aber nicht
verhindern, daß Saladin sich unabhängig machte und eine eigene Dy-
nastie gründete (Ejubiden, nach Saladins Vater Ejub genannt). Dieser
bekriegte das Königreich Jerusalem anfangs mit schlechtem Erfolge, denn
1177 wurde er bei Ramla, unweit Askalon, von König Balduin Iv.
gänzlich geschlagen, dagegen gelang ihm die Eroberung der syrischen
Emirate und eines Theils von Arabien, während die Christen in Palä-
stina und Antiochien einander durch Verrätherei und Gehässigkeit ver-
folgten. Der Fürst Raynald von Antiochia, ein Vasall des Königs von
Jerusalem, brach den mit Saladin geschlossenen Waffenstillstand, indem
er eine Karawane Mekkapilger überfiel, worauf Saladin rasch in Pa-
lästina einrückte. Am 4. Juli 1187 schlug er die Christen vollständig
in der Schlacht von Hittin, unweit Liberias, der König selbst, Veit
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Friedrich_I. Friedrich_I. Philipp_August_von_Frankreich Philipp August Richard_von_England Ramla König_Balduin
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Sicilien Mailand Deutschland Deutschland Europa Jerusalem Edessa Jerusalem Palä- Antiochia Jerusalem Liberias
194 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
beachtet würden, sondern Fürsten und Völker riefen seine Vermittlung
oder seinen Schutz an, und machten ihn dadurch zum höchsten Tribunal,
zum Friedensrichter der Christenheit. Neben ihm stand der Kaiser, dem
mit der Krone das Schutzrecht über die Kirche übertragen wurde; ihn
anerkannte die Christenheit als ihren ersten Fürsten, von ihm erwartete
sie, daß er die Bösen strafe, die Gewaltthätigen Niederschlage, die Em-
pörer gegen das christliche Gesetz zum Gehorsam zwinge und das Panner
der Christenheit emporhalte gegen die Feinde ihres Namens. Der ge-
fährlichste dieser Feinde war der Islam, denn Todfeindschaft gegen das
Christenthum war und ist sein erstes Gebot; mit dem Schwerte hatte er
es in Asien und Afrika vertilgt und bedrohte es von Osten und Westen
in Europa; da erhob sich das christliche Europa wie ein Mann und be-
stand einen Kampf, der hinsichtlich seiner Dauer und Streiterzahl seines
Gleichen noch nie hatte. Doch triumphierte das Kreuz nicht vollständig
über den Halbmond; der Entscheidungskampf wurde vielmehr den Nach-
kommen als ein Erbtheil hinterlassen. Durch Papst und Kaiser eine
feste Ordnung der christlichen Staaten zu begründen gelang auch nicht;
denn die beiden Mächtigen entzweiten sich, der Kaiser unterlag mit sei-
nen Ansprüchen, seine Nachfolger erbten wohl seinen Namen, aber we-
nig von seiner Macht, und das Papstthum mußte so gewaltige Anstren-
gungen machen, daß es obwohl siegreich doch geschwächt aus dem großen
Kampfe hervorging und die Stellung nicht mehr behaupten konnte, welche
ihm seine großartige Wirksamkeit bei dem Aufbau des germanisch-christ-
lichen Staatenspstems angewiesen hatte. Doch trug Europas Ringen
nach höherer Einigung seines Völkerlebens, sein Heldenkampf mit dem
Islam reichen Lohn; erreichte es auch das angestrebte Ziel nicht, so
brachte die Entfaltung aller besseren Kräfte so manches andere Treffliche,
das man früher nicht geahnt hatte. Ein allgemeiner Aufschwung hob
Nationen und einzelne Stände, ein vorher nicht gekannter Verkehr ver-
breitete besonders in den Städten Reichthum und Bildung, die Isolie-
rung der Nationen hörte auf, Wissenschaft und Kunst bauten gemein-
schaftliche Herde, so daß eine europäische Kunst und Literatur auf-
blühte. Es war in jener Zeit ein reiches und bewegtes Leben, und
wir sehen überall in allen Kreisen eine Kraftfülle schaffen und walten,
die uns ganz wunderbar erscheint. Damit ist nicht gesagt, daß damals
alles schön und gut gewesen sei; die Leidenschaften trieben damals ihr
Spiel wie zu jeder Zeit und um so verderblicher, weil jenes Zeitalter
so kräftige, Willensstärke und thatenlustige Menschen hegte; ein heißer
Sommer ist ein fruchtbarer, aber auch gewitterreicher, und je höher ein
Baum ist, um so weiter wirft er seinen Schatten.
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Afrika Europa Europa Europas