1* Die alten Deutschen.
Ziel: Die alten Deutschen vor 2 000 Jahren.
I. Analyse.
Wenn wir uns vergegenwärtigen wollen, wie die alten Deutschen in so früher Zeit gewohnt und gelebt haben, so denken wir zurück an die ersten Zeiten der Israeliten*), an die Zeiten des Abraham, Isaak und Jakob, wie wir sie in der bibl. Geschichte kennen gelernt haben.
a) Was wißt ihr über die Wohnung der alten Israelit en?
Sie wohnten in Zelten Dieselben schlugen sie bald im Walde auf, bald auf freiem Felde, an einer Quelle, am Jordan, oder wo es ihnen sonst gefallen mochte. Zogen sie weiter, dann wurden die Zelte abgebrochen, um an einer andern Stelle wieder aufgerichtet zu werden. Die Israeliten waren Nomaden.
b) Was wißt ihr über die Lebensweise der Patriarchen?
Sie waren Hirten und hatten große Herden von Schafen und Rindern, Eseln und Kamelen. Wozu?
1. Sie tranken die Milch der Kühe oder bereiteten Butter daraus.
2. Die Herde gab ihnen Fleisch zur Nahrung.
3. Die Herde lieferte Felle und Wolle zur Kleidung.
Das Herdenvieh verursachte aber auch viele Mühen und Sorgen; denn dasselbe mußte geschützt werden vor den Angriffen der Raubtiere und mußte versorgt werden mit der nötigen Weide. Je größer die Herden wurden, desto größer wurde auch die Sorge um die Weideplätze. (Abraham und Lot.)
Die Leute jener Zeit waren zugleich auch Jäger. Sie griffen zu Köcher und Bogen und erlegten das Wild. (Ejau.)
Sie waren aber auch Ackerbauer. Sie bearbeiteten das Feld, pflanzten und fäten. Und wenn das Getreide reif war, dann schnitten sie es und banden Garben und draschen die Körner aus, aus denen sie Brot und Kuchen bereiteten.
*)_®s handelt sich in dieser Präparation darum, dem Kinde Einsicht in die ersten Kulturzustände unseres Volkes zu verschaffen. Wir knüpfen dabei an die Urzustände eines anderen Volkes an und zwar an diejenigen des Volkes Israel weil das Kind mit den Lebensverhäitnissen desselben durch den biblischen Geschichtsunterricht bereits bekannt gemacht worden ist.
1
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Abraham Isaak Isaak Jakob Abraham
— 7 —
2. Aonifazius.
Ziel: Wie die Deutschen Christen geworden sind.
I. Analyse.
1. Was wißt ihr schon von der Religion der alten Deuts ch ert?
Die alten Deutschen waren Heiden, denn sie verehrten viele Götter. Sie beteten zum Wodan, der ihnen den Sieg im Kampfe verlieh. Sie verehrten die Freia, die ihre Äcker segnete und Liebe und Freundschaft brachte in ihre Hütten. Sie opferten dem Donar, welcher hinter schwarzem Gewölke den Donner rollen und den Wetterstrahl leuchten läßt. Und Gegenstände ihrer Verehrung waren auch die Sonne, welche die Eisrinde des Winters sprengt und Gräser und Kräuter aus dem Erdboden hervorlockt, und der Mond, welcher die langen Winternächte hindurch leuchtet.
Von dem einen Gott im Himmel und seinem Sohne Christus wußten sie dagegen nichts.
2. Auf welche Weise mögen die alten Deutschen Christen geworden sein?
Jedenfalls auf dieselbe Weise, auf welche auch die Juden zu Anhängern des Christentums geworden sind, nämlich durch das belehrende Wort. Jesus und seine Jünger zogen im Lande umher, und wo sie das Volk vorfanden, — am See oder auf dem Markte, in der Wüste oder auf dem Berge — da belehrten sie dasselbe.
So mögen auch fromme Männer predigend in Deutschland umhergezogen sein.
3. Ob es wohl leicht war, solche Missionsreisen zu unternehmen?
Gewiß nicht; denn
1. haben wir aus dem Leben Jesu und seiner Apostel erfahren, wie die Verkünder einer neuen Lehre vielen Anfeindungen und Gefahren ausgesetzt sind. Wurde doch Jesus selbst in seiner Vaterstadt hinausgestoßen, und wir alle wissen, daß er schließlich am Kreuze sterben mußte.
2. ist uns bekannt, daß die alten Deutschen mit großer Liebe und Zähigkeit an ihrem heidnischen Glauben und Opferdienste festhielten. Da werden sie gewiß wenig Wohlwollen dem entgegenbringen, der die ihnen lieb gewordenen Götter nehmen und an deren Stelle den fremden Christengott setzen will.
3. wissen wir, daß die alten Deutschen wilde und kriegerische Leute waren, die schnell zu den Waffen griffen und in ihrem Jähzorn das Leben des Anderen gar wenig achteten.
Da gehörte gewiß großer Glaubenseifer und Mut dazu, hinein in die deutschen Wälder zu ziehen und die christliche Lehre zu verkünden.
Zusammenfassung. 1. Die Religion der alten Deutschen.
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Einleitung
Begriff und Aufgabe der Geschichte.
.(
Das Wort Geschichte kommt von „geschehen" und bedeutet ursprüng-
lich etwas Geschehenes, in der heutigen Schriftsprache aber die Erzäh-
lung von dem, was geschehen ist. Es kcmn demnach Geschichten sehr
verschiedener Art geben, insofern die Ereignisse auf der Welt sehr
mannigfaltige sind; hier begreifen wir unter Geschichte die allgemeine
Geschichte, wohl auch Weltgeschichte genannt; diese ist die Erzählung
von dense- M Begebenheiten, welche durch ihre Folgen für das Men-
schengeschlea-t merkwürdig wurden. Solche Begebenheiten sind theils
Naturereignisse, z. B. Wasserfluthen, Erdbeben, Ausbrüche der Vulkane
u. s. w., theils Thaten und Leiden der Völker und einzelner Menschen,
z. B. Kriege, Empörungen, Veränderungen der Staatseinrichtungen und
Gesetze, die mannigfaltigen Erfindungen, durch welche der Mensch die
Natur zu seinem Dienste zwingt, seinem Geiste einen höheren Aufschwung
gibt, sein Leben angenehmer und sicherer macht, oder aber auch sein
Geschlecht und dessen Werke zerstört. Wer aber vermöchte die Reihe
der Unglücksfälle aufzuzählen, welche das Menschengeschlecht betroffen
haben, die Fluthen, Erdbeben, Pestilenzen und Hungersahre; und wer
möchte sie im Gedächtniß behalten, die unendliche Reihe der Gewalt-
thaten, welche die Menschen an ihrem Geschlechte verübten, die Kriege
Schlachten und Aufstände, die Städte, die durch Feindeswuth in Flam-
men aufgingen, die verheerten Gefilde, die Millionen geknechteter Men-
schen? Zwar ist auch des Guten und Schönen die Fülle, aber des Ueblen
ist mehr im Andenken geblieben, gerade wie wir uns an einen Gewitter-
tag leichter zurückerinnern, als an einen sonnenhellen. — Wir aber
heben aus allen diesen Ereignissen und Thaten die wichtigsten her-
aus, und erzählen besonders von denjenigen Völkern und Menschen,
welche das meiste dazu beigetragen haben, daß wir auf dieser Stufe
stehen, von welcher wir setzt in die Vergangenheit und Zukunft blicken.
Und warum lesen wir die Geschichte? Ist wo ein Mensch, welcher
nicht vielmal der Seinigen gedenkt, ihrer Freuden und Leiden; der des
Bumüller, Gesch. d. Alterth. 1
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Erstes Buch.
Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie
durch Kyrns.
Die Urgeschichte.
Erstes Kapitel.
Die Erde als Wohnplaß des Menschengeschlechts.
Unsere Erde ist eine Kugel von 5400 Meilen Umfang, und ihre
Oberfläche ist 9,282,000 Ouadratmeilen groß, von welcher das Wasser
6,900,000 Quadratmeilen, das Land also nicht ganz 2,400,000 Qua-
dratmeilen einnimmt. Diese ungeheure Kugel schwebt frei im großen
Welträume, wie wir in weiter Ferne Sonne, Mond und Sterne
schweben sehen. Gottes Allmachtshand Halt und tragt sie, gebietet
ihren Theilen, sich gegenseitig anzuziehen und aneinander zu schließen,
und Er führt die Erde ihre Bahn, so lange es ihre Bestimmung ist
unter den andern Sternen zu wandeln. Der Erdboden selbst erhebt sich
in mannigfaltiger Form bis zu 28,000 Fuß über den Spiegel des Meeres;
die größeren Höhen, Gebirge genannt, sind es hauptsächlich, welche das
Wasser einsaugen, das als Dunst in der Luft schwebt; es sickert in ihnen
hinunter und tritt als Quelle hervor; Schnee, Regen, Thau und Hagel
verstärken durch ihren Zufluß die Quellen, diese werden zu Bächen und
Flüssen, welche durch die tiefen Furchen der Gebirge dem Meere zurinnen,
das sie aufnimmt, wieder in Dunst verwandelt und als Wolken
entsendet, welche die Winde über die Erde hinwegtragen, damit Thiere
und Pflanzen erquickt werden. Unzählige Gewächse bekleiden den Erd-
boden, von dem Tange auf des Wassers Grund bis zu der Flechte, welche
sich an das Felsenhorn des Hochgebirges heftet, und in Luft, Wasser,
1«
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Das goldene Zeitalter der römischen Literatur. 319
Nation; wo aber eine religiöse Institution gefährlich schien, z. B. die
Druiden in Gallien und Britannien, da griff die römische Politik ener-
gisch ein. Eine merkwürdige Erscheinung ist es daneben, daß Griechen-
land und der griechische Orient auch unter der römischen Herrschaft
griechisch blieben. Dies erklärt sich indessen daraus, daß die Römer
ihre Kraft mehr auf den kräftigen Westen richteten, weil ihnen das
herabgekommene, sieche Griechenthum in Europa und Asien zu ungefähr-
lich erschien, als daß sie alle jene Mittel in Bewegung hätten setzen
wollen, welche sie für die völlige Unterwerfung der Länder des Westen
als nothwendig erachteten. Sodann waren die Griechen den Römern an
Bildung so überlegen, daß letztere schon zu den Zeiten der Republik bei
den politisch ohnmächtigen Griechen in die Schule gingen, und der Reiz
griechischer Kunst und Wissenschaft mußte um so mächtiger wirken, seitdem
mit der Republik das rege politische Leben aufhörte, welches die be-
gabten Römer bisher vollauf beschäftiget hatte.
Das goldene Zeitalter der römischen Literatur.
Unter allen Völkern des Alterthums sind Griechen und Römer
ihrer Gesammtanlage nach die nächsten Verwandten, wie auch erwiesener-
maßen der große pelasgische Volksstamm sich über Unter- und Mittel-
italien ausbreitete. Wie ähnlich ist nicht in vielfacher Hinsicht die poli-
tische Entwicklung dieser beiden klassischen Völker! Beider Geschichte
beginnt mit dem heroischen Königthume, mit dem eine Aristokratie der
Geschlechter die höchste Gewalt theilt; die Monarchie macht der Aristokratie
Platz und diese der Demokratie, welche, indem sie alles gleich macht,
der neuen Monarchie den Boden ebnet. Das griechische Leben verzehrt
sich aber schneller als das römische, denn es ist viel reger; bei schnei-
dender Schärfe des Verstandes ist der Grieche zu leidenschaftlich, für
alle Reize des Lebens zu empfänglich, als daß er einen Plan mit solcher
Ausdauer zu verfolgen vermöchte, wie der kältere Römer; dieser ist darum
auch der bessere Politiker. Das unter Alexander dem Großen vereinigte
Griechenland unterwarf Asien und durchdrang es mit seinem Wesen, aber
wie sich das freie Griechenland zersplitterte, so zerfiel auch Alexanders
Reich in Königreiche, die sich anfeindeten, und so mußte sich die griechische
Welt der strengeinheitlichen römischen unterwerfen. Der griechische
Genius hatte aber, während er auf dem Gebiete der Politik Wunderbares
schuf, nach anderen Richtungen noch Größeres hervorgebracht; er hatte
ein Reich der Wissenschaft und Kunst gegründet, und Griechenland
blieb noch deren Heimath, selbst nachdem seine politische Kraft aufge-
rieben war. Die Römer widerstanden auch der Einwirkung der griechi-
schen Kunst und Wissenschaft nicht lange; schon im zweiten punischen
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexanders Alexanders
Extrahierte Ortsnamen: Gallien Britannien Europa Asien Griechenland Asien Griechenland Griechenland
Das goldene Zeitalter der römischen Literatur.
321
Folgenreicher war der griechische Einfluß auf die Entwicklung der
römischen Poesie, welche in der Zeit des Augustus ihren höchsten Auf-
schwung nahm. Ursprünglich war dieselbe religiös und, so viel wir aus
einzelnen Resten schließen dürfen, mit dem Götterkulte auf die Römer
von den Latinern und Sabinern vererbt, so daß die alte Sprache dieser
Lieder, Gebete und Litaneien in den letzten Zeiten der Republik bereits
nicht mehr verstanden wurde; man behielt dieselben dessenungeachtet bei
und änderte oder ersetzte sie in keiner Weise. Neben der religiösen
Poesie lebte die epische in selbständigem Wachsthume; denn es war alt-
römische Gewohnheit, daß Jünglinge bei dem Gastmahle die Thaten der
Väter besangen, was einen bedeutenden alten Liederschatz voraussetzt.
Doch entwickelte sich kein römisches Volksepos, weil die Thaten der Römer
nicht mehr in das Heroenalter fallen, in welchem schlechte und edle
Leidenschaft den Krieg entzündet und dessen Wechsel bedingt, wie z. B.
im trojanischen, wo Kraft und Muth eines einzelnen Mannes ein Tref-
fen entscheiden konnte; die Zeit der Römer ist bereits die einer entwickelteren
Kriegskunst und einer berechnenden Politik. Unter Augustus schuf P.
Virgilius Maro seine kunstvolle Aeneis und folgte dabei dem griechischen
Muster, Homer, in einer Weise, wie es in unserer Zeit nicht erlaubt
wäre; nichtsdestoweniger zeigt Virgil einen so trefflichen Geschmack und
bietet eine solche Fülle eigener Schönheit, daß wir es begreifen, wie er
der Liebling der Römerwelt werden konnte. National wurde aber sein
Epos nie in der Art, daß er dadurch (wie Homer bei den Griechen oder
Schiller bei den Deutschen) die Entwicklung der Gemüther zu edler Sitte
und rühmlichem Streben gefördert hätte; er blieb für die Römer eine vor-
treffliche Lektüre. Auch ist Virgil schon ein cäsarischer Römer; Aeneas, „der
Gründer des römischen Volkes", ist der Ahnherr Cäsars, der Rom zum
zweitenmale gegründet haben sollte; des Aeneas Sendung nach Italien
ist eine göttliche, wie er selber der Sohn einer Göttin ist, und so soll
auch Cäsars Beruf als ein göttlicher erscheinen, wie er durch die Ab-
kunft von Aeneas göttlichen Stammes ist. Vollendeter in jeder Weise
sind Virgils Gesänge von dem Landbau (in dieser Gattung nennt er
sich selbst den Nachfolger Hesiods); wir vernehmen aus denselben einen
Nachklang aus dem freien altitalischen Volksleben, wo noch der Bürger
und nicht ausschließlich der Sklave das Feld bebaute. Seine Hirtenge-
dichte sind von unnachahmlicher Kunst, sie machen aber nicht den Ein-
druck wie die Gesänge vom Landbau, weil ihre Hirten weit mehr mas-
kierte Hofleute als Hirten oder gar Römer alten Schlages sind. Die
griechische Schule zeigt sich besonders bei den drei erotischen Dichtern
Katullus, Tibullus und Propertius, von denen der erste noch am meisten
Römer ist und als Cäsars Zeitgenosse gegen ihn Partei nimmt; sie alle
hätten unter altrömischen Censoren die bürgerliche Degradation erlitten.
Du Müll er, Gesch. d. Alterth. 21
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Extrahierte Personennamen: Augustus Muth Augustus P.
Virgilius_Maro Schiller Cäsars Cäsars Cäsars Alterth
Die Erfüllung der Zeit.
323
es auch anders bei der republikanischen Verfassung und der öffentlichen
Rechtspflege sein's Aber gerade von diesem durch und durch römischen
Zweige besitzen wir verhältnißmäßig wenig. Die Geschichtschreiber geben
uns allerdings die Reden berühmter Feldherren, der Volkstribunen und
Staatsmänner, aber diese sind nur Proben der rednerischen Ausbildung
des Geschichtsschreibers selbst. Nur von Cicero, allerdings dem größten
Redner der Römer, der aber seine griechische Bildung nicht verleugnen
kann, sind Originale auf uns gekommen, während doch von Hortensius,
Antonius und namentlich von Cäsar, der auch als Redner glänzte, viele
in den Händen ihrer Zeitgenossen und noch zu Quintilians Zeit allge-
mein bekannt waren. Nicht besser ist es uns mit den Werken der rö-
mischen Geschichtschreiber ergangen; Cäsars Kommentare sind uns er-
halten, ebenso des Sallustius, seines Zeitgenossen, Geschichte der katili-
narischen Verschwörung und des jugurthinischen Krieges, dagegen ist
seine römische Geschichte verloren; erhalten sind uns ferner die Lebens-
bilder berühmter Feldherren von Kornelius Nepos, der aber nur in
dem Leben des Attikus auf römischem Schauplatze wandelt, das einzige
Beispiel, daß sich ein Römer ausländischer Größen mit Vorliebe an-
nahm. Am beklagenswerthesten ist der Verlust so vieler Dekaden des
Geschichtswerkes von Tit. Livius aus Patavium, von welchem übrigens
in unserer Zeit einzelne Bruchstücke wiederum aufgefunden wurden;
zwar ist er ganz Römer und verhüllt und verschweigt manches, was
den Ruhm seiner Nation schmälern könnte, auch beweist das, was der
Grieche Polybius uns über die römische Geschichte mittheilt, daß Livius
die Quellen nicht immer mit Sorgfalt aufsuchte — nichtsdestoweniger
müssen wir seiner Gelehrsamkeit und seinem Fleiße alle Anerkennung
zollen und seine meisterhaften Gemälde römischer Männer und Thaten
bewundern; Augustus nannte ihn einen Pompejaner.
Zweites Kapitel.
Die Erfüllung der Zeit.
Koma aeterna! Rom ist ewig! war zu Augustus Zeit ein römischer
Glaubenssatz, und unter seinen nächsten Nachfolgern hätte ein lauter
Zweifel den Tod gebracht. Zn der Thal, welches Volk war denn noch
da, welches die römische Weltmonarchie mit Erfolg anzugreifen vermochte?
Karthago war jetzt eine römische Stadt und wenigstens 400 andere
umsäumten die Küste Nordafrikaö und den Rand des großen Sand-
meeres; was wollten die Negerhorden gegen das römische Afrika unter-
nehmen? Dem römischen Asien drohte früher die Macht der Parther;
21 *
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Cicero Antonius Cäsar Cäsars Kornelius_Nepos Augustus Augustus
Nachblüte der römisch-griechischen Literatur. 359
und die Beklemmung schwand, welche seit dem Tode des Augustus den
freien Alhem hemmte, erwachte auch die römische Literatur zu einem
neuen Leben und verbreitete sich über ein viel weiteres Feld, als dies
vor und unter Augustus der Fall gewesen war. Sie wurde universeller,
einmal weil Politik die Römer immer weniger beschäftigte, sodann weil
sich römisches und griechisches Wesen immer mehr durchdrungen hatten.
Die Anzahl der Schriftsteller ist sehr groß, doch arbeiteten die wenigsten
selbständig, sondern die meisten befaßten sich mit Auszügen und Sammel-
werken von sehr ungleichem Werthe. Unter den Geschichtschreibern ragt
Korn. Tacitus hervor, der Schwiegersohn des Agrikola, welchem er ein
unvergängliches Denkmal mit seiner Lebensbeschreibung setzte. Von
seinen Hauptwerken, den Annalen und Historien, ist ein großer Theil
für uns verloren, sonst besäßen wir ein vollständiges Gemälde der ganzen
Schreckenszeit von Tiberius bis Vespasian. Mit düsterem hoffnungs-
losem Ernste, aber freiem Blicke, schreitet Tacitus durch diese Zeit der
Verwesung und Zerstörung; er erklärt, warum sich die Römer die Herr-
schaft des Augustus und die Despotie des Tiberius gefallen lassen muß-
ten; daß das römische Volk zu verdorben war, um die republikanische
Verfassung noch länger aufrecht erhalten zu können, dies beschönigt er
aber keineswegs mit den Ausdrücken: „Entwicklung, Potenzierung, noth-
wendige Entwicklung" u. dgl.; ebenso wenig anerkennt er einen Beruf
des Julius Cäsar oder des Oktavianus, der sie berechtigte, die erschüt-
terte Republik umzustürzen und auf ihren Trümmern eine Militär-
monarchie zu erbauen; die Schlechtigkeit und Schwäche des einen Theils
ist bei ihm keine Entschuldigung für den Angriff des anderen, beide
sind ihm Zerstörer der Republik, des schönen und würdigen römischen
Lebens. Er täuscht sich auch darüber nicht, daß es mit der römi-
schen Herrlichkeit zur Neige gehe; noch eine Periode wie die von
Tiberius bis auf Vespasian, und die Despotie mußte den Nest des
römischen Charakters verzehren, die blutigen Schlachten der neben-
buhlerischen Heere die streitbare Mannschaft des Reiches aufreiben, der
Wohlstand der Provinzen durch die inneren Kriege und das damit ver-
bundene Raubsystem vernichtet werden und dadurch das Staatsein-
kommen versiegen, so daß es den lauernden Barbaren voraussichtlich
gelingen mußte, ganze Provinzen von dem römischen Reiche abzureißen.
Die Macht der Parther unterschätzte Tacitus nicht, fürchtete jedoch von
ihnen keine ernstliche Gefahr für das römische Reich, desto drohender
aber erschienen ihm die zahllosen Stämme der Germanen. Die Ueber-
legenheit der römischen Kultur gegenüber den halbwilden Germanen
gab ihm nicht wie seinen Landsleuten das Gefühl der Sicherheit; er
wußte zu gut, daß auch ein Barbar politische Plane entwerfen und
ausführen kann. Vor was ihm am meisten bangte, das war die Ver-
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Tiberius Augustus Tiberius Julius_Cäsar Cäsar Tiberius
Die Erfüllung der Zeit.
329
erlegt, daß sie alle Völker unterjocht und vernichtet hatten (gerade diese
Unterjochung und Vernichtung galt als die schönste Vätertugend); davon
aber, daß mit der Vernichtung des alten Nömerthums eine neue Zeit
für die Menschheit beginne, besaßen sie auch keine Ahnung; Rom war
ihnen ewig, Rom das Menschengeschlecht, Rom die Welt. So wenig
aber als die Ehre und die Tugend der Väter unter dem Cäsarenthume
Platz fanden, so wenig blieb den Nachkommen die Religion ihrer Väter,
auch die römischen Götter mußten neuen Göttern weichen. Mit der
Welt eroberten die Römer auch die Götter der Welt; wie sie von Veji
die Juno nach Nom gebracht hatten, so holten sie aus Asien die Kybele,
aus Aegypten den Serapis und die Isis, aus Griechenland den Diony-
sos, aus dem Morgenlande den Mithras. Die vejentische Inno gehörte
wenigstens in den Kreis der römischen Götter, die fremden Gottheiten
dagegen blieben den römischen fremd und verlangten fremde Kulte;
dadurch wurden die fremden „superstitiones“, gegen welche der alte
Senat so manches scharfe Dekret geschleudert hatte, in Rom einheimisch
und diese zersprengten vollends die römische Religion und die römische
Sitte, wenn die Gewöhnung an die fremden Lüste von ihr noch etwas
übrig gelassen hatte. In den Geheimdiensten der Isis, des Dionysos u. s. w.
mochte der Aberglaube eine Zufluchtstätte finden, der gebildete Römer sah
in diesen neuen Religionen aber nur eine Wiederholung des alten politischen
Spieles, und zwar eine schlechte, denn die griechische Philosophie, seine
Bekanntschaft mit den verschiedenen Religionen des Morgen- und Abend-
landes nicht minder, bewiesen ihm zu klar, daß die Religionen der
Völker nur Mythen seien, in welche Völker, Priester und Staatsmänner
ihre Meinungen und Ahnungen von dem Dasein höherer Mächte, ihre
Furcht und Hoffnung für Gegenwart und Zukunft gefaßt hatten, durch
welche sie die Einrichtungen des Staates, der Familie, das gesammte
Leben mit einer heiligen Schutzmauer gegen die Gewalt der wechselnden
Leidenschaften hatten umgeben wollen. Die römische Religion war zer-
brochen, was sollten die fremden Religionen dem Römerthume nützen,
der pontisch-ägyptische Serapis, die ägyptische Isis, der persische Mi-
thras, nachdem der kapitolinische Jupiter, die Stammväter Mars und
Quirinus Roms Schicksal nicht gehindert hatten? Auch die Juden, die
in allen römischen Landen und Ortschaften zerstreut lebten, machten eifrig
Proselyten; der ächte Römer aber verachtete den schmutzigen, feindseligen
Juden in der Fremde, und das Treiben der Pharisäer mit ihren un-
endlichen Ceremonieen und ihrer Schaustellung wohlfeiler Frömmigkeit,
der Sadducäer mit ihrer kalten Leerheit, das blutige Wüthen dieser
Parteien gegeneinander, sobald sie nicht durch die Furcht vor einem
Mächtigen zurückgeschreckt wurden, die Gräuel in dem Königshause des
Herodes, waren dem Römer in der Regel so widerlich, "daß er es nicht
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Asien Griechenland Rom Roms
362
Das Reich der Cäsaren.
u. s. w. und wird dadurch zu einer Hauptquelle für die Geschichte der
alten Kultur. Auch der Philosophie wendet er manchmal seinen Blick
zu; die römische Religion ist bei ihm von ihr zerstört. Das All und
Eine ist sein Göttliches und die mythischen Götter würde er für sehr
unglücklich halten, wenn sie durch ihre Unsterblichkeit verurtheilt wären,
die Last des Daseins zu ertragen, während der Mensch sie abschütteln
kann. Eben so düster wird er, wenn er Gelegenheit nimmt einen Blick
in die römische Vergangenheit zu werfen; er zählt z. B. eine Menge
Salben auf und bemerkt, daß zur Zeit der Triumvirn ein versteckter
Proskribierter durch Salbenduft seinen Schlupfwinkel verrathen habe;
solche Leute hätten solche Henker verdient, meint nun Plinius, der seinen
römischen Gram durch gelehrte Arbeit nicht zum Schweigen bringen kann.
Eigenthümlich stehen diesen Römern die Griechen gegenüber, die
unterdessen auch römische Bürger geworden sind, und zum Theil hohe
Würden begleitet haben. Während der Römer sein Schicksal nur mit
Mühe trägt und die Erinnerung an die republikanische Zeit seinen Schmerz
schärft, erzählt der gelehrte Plutarch (aus Chäronea, durch Hadrians
Freundschaft Statthalter von Griechenland) mit dem Behagen des Schrift-
stellers, dem seine Arbeit gelingt und der durch die Ereignisse, die er
beschreibt, nicht berührt ist, die Lebensgeschichte großer Männer. Er
stellt je einen Griechen und einen Römer zusammen, z. B. Alexander
den Großen und Pompejus Magnus, ihm ist also das Römerthum ebenso
sehr entschwunden als das alte Griechenthum, beide gehören der Ge-
schichte an und die Gegenwart mag sich an deren Großthaten erbauen
und zu guten Gesinnungen ermuntern. Aechte Römer ärgerten sich
über das Unterfangen der Griechen, ihre Nation und die römische
mit gleichem Maßstabe zu messen, als ob Griechenland nicht zuerst
den Makedoniern und dann mit diesen den Römern unterlegen wäre,
während kein auswärtiger Feind je gegen Rom etwas vermochte. Und
diesen Griechen sollten sie nun gleichgestellt oder gar untergeordnet wer-
den! Zwei andere Griechen, Dio Kassius, der es bis zum Konsulate
brachte, und der Alexandriner Appian behandeln die römische Geschichte,
der eine in ihrem ganzen Umfange, der andere die Bürgerkriege, durch
welche die Republik zu Grunde ging; sie sind beide unterrichtete Männer,
aber man sieht es ihnen wohl an, daß sie keine eigentlichen Römer sind,
denn sie zeigen beide nur das Interesse des Schriftstellers an seinem
Gegenstände, nicht das eines Römers, der an dem Erfolge so sehr be-
theiligt ist. Ein anderer Grieche, Arrhian, welcher als Staatsmann
und Feldherr diente, schrieb über das Kriegswesen und die Feldzüge
Alexanders des Großen und gilt als einer der besten militärischen
Schriftsteller des Alterthums. Er war ein Schüler des edlen Stoikers
Epiktet und schildert seinen Meister ähnlich wie einst Xenophon den So-
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Pompejus_Magnus Magnus Alexanders
Extrahierte Ortsnamen: Chäronea Hadrians Griechenland Griechenland Rom