Britischindien.
707
war wirklich furchtbar, aber sehr natürlich, da die Meuterer nicht nur
ihre Offiziere meuchlings erschoßen, sondern auch Gefangene kreuzigten
oder lebendig verbrannten und gegen europäische Weiber und Kinder
wie Kanibalen wütheten (so namentlich zu Delhi und am 26. Juni zu
Kawnpur, dessen Besatzung sich auf die Bedingung freien Abzugs er-
geben hatte). Diese Gräuel wurden vorzugsweise von den Mohamme-
danern verübt, und diese waren auch die eigentlichen Urheber der Re-
bellion; denn der Mohammedaner ist durch seine Religion zum Hasse
und Kampfe gegen Ungläubige verpflichtet, zur Herrschaft über dieselben
berufen, und der indische mußte seine Dienstbarkeit um so bitterer em-
pfinden, als er vor der Ankunft der Engländer fast über ganz Hindostan
herrschte. Aehnlich waren wohl die Gesinnungen der Braminenkaste;
der fremde christliche Herrscher war ihr niemals lieb, und in neuester
Zeit beeinträchtigte derselbe die Privilegien der Kaste, indem die Bra-
minen durch die englische Gesetzgebung der Strafe, selbst der körperlichen,
unterworfen wurden und die Verbrennung der Wittwen — eines der
Mittel, den Fanatismus des Volkes und mit demselben die Kastenherr-
schaft zu stützen — nur verstohlen geschehen konnte. Mohammedaner und
Braminen waren gleichmäßig über die christliche Wissenschaft ergrimmt,
die dem Europäer eine so augenscheinliche Ueberlegenheit über den Asiaten
verleiht, und wenn durch die Hunderte von englischen Misfionsstationen
jährlich auch nicht hundert Individuen der Braminenreligion und dem
Islam entrissen werden, so reichte ihre Wirksamkeit doch hin, zumal auch
einzelne Offiziere und Beamte dieselbe begünstigten, um Mohammedaner
und Braminen zu erbittern. Die Unterwürfigkeit derselben beruhte da-
her allein auf der Furcht vor der Unüberwindlichkeit der englischen Waffen;
aber diese schwand, als unaufhörlich Berichte über englische Niederlagen
in der Krim und vor Kars von einem Ende Asiens bis zum andern
verbreitet wurden. Da wagte es der persische Schah, den Engländern
zum Trotze, Herat wegzunehmen, der chinesische Statthalter Iih in
Kanton, die Erfüllung einzelner Artikel des Friedens zu Nanking zu
verweigern; den Sipahishauptleuten, den Braminen und Radschas aber
schien die Gelegenheit gekommen, die fremden christlichen Herrscher zu
vertreiben. Die englische Armee ist von den Russen vernichtet, sagte
man ihnen, und England ist nicht mehr im Stande eine neue aufzu-
bringen; in ganz Indien sind auf keinem Punkte 3000 englische Sol-
daten vereinigt, also muß es ein Leichtes sein, die ganze englische Streit-
macht vereinzelt zu überfallen und aufzureiben: dann mag es England
versuchen, von Europa aus Indien zum zweitenmal zu erobern. Der
Plan war gut angelegt, aber er gelang nur theilweise; der Ausbruch
erfolgte nicht gleichzeitig, weil auf einzelnen Punkten voreilig; die Sikhs
und Gorkas blieben England treu, die englischen Offiziere und Soldaten
45*
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom]]
Extrahierte Ortsnamen: Kars Asiens Herat Nanking England Indien England Europa Indien England
524
Die Zeit von 1815 bis 1857.
den 21. Dezember, in welchem der tapfere General Sale blieb. Die
Sikhs gingen zwar über den Setletsch zurück, erschienen jedoch schon im
Januar wieder ans dem andern Ufer und warfen am 21. ein englisches
Korps unter General Smith; ihre Reiterei zeigte sich der englischen über-
legen, besonders im Einzelgefechte, indem die gewandten Sikhs gewöhn-
lich den Zaum ihres Gegners durchhieben und ihn dadurch fast wehrlos
machten. Der furchtbaren Uebermacht des englischen Geschützes allein
verdankte der englische Oberfeldherr Gough und der Generalgouverneur
Lord Harbin ge, ein Veteran aus Wellingtons Schule, den Sieg in
den Vernichtungsschlachten bei Alliwal (28. Januar) und Sobraon
(10. Februar), worauf den 18. Februar zu Lahore ein Friede ge-
schlossen wurde, der jedoch von keiner langen Dauer war. Schon im
Jahre 1848 erhob sich im April das ganze Pendschab, die Engländer
hatten abermals blutige Kämpfe zu bestehen und konnten sich Multans
erst im folgenden Jahre durch eine sehr anstrengende Belagerung be-
mächtigen; schließlich aber vereinigten sie das ganze Pendschab mit ihrem
Gebiete und ließen nur Kaschmir und andere Gebirgsprovinzen einst-
weilen unter der Herrschaft von Vasallenfürsten aus der Familie Rund-
schid Singhs.
Die Einverleibung des Mahrattenstaates Satarah (1848), dessen
Radscha schon längst Vasall gewesen, wurde in Europa kaum bespro-
chen, obwohl sie ein Beweis mehr war, daß England ganz Vorderindien
seiner unmittelbaren Herrschaft zu unterwerfen eilte, nachdem es dieselbe
nach jeder Richtung an die natürlichen Gränzen der großen Halbinsel
ausgedehnt hatte.
Siebenzehntes Kapitel.
Die selbstmörderischen Kämpfe auf der pyrenäischen Halbinsel.
Nach solchen Erfolgen durften die Engländer wohl fragen, ob die
ganze Weltgeschichte ein Volk aufzuweisen habe, das den Vergleich mit
ihnen aushalte, ob je ein Volk von der Stärke des englischen ein solches
Reich gestiftet und die europäische Kultur in solche Fernen und in solchem
Umfange verbreitet habe? Das gelesenste deutsche Blatt gab damals
gleichsam eine Antwort darauf, indem es sagte, die Engländer thun
große Dinge, die Deutschen aber machen große Worte; England dürfe
man eigentlich nicht mehr als eine europäische Macht betrachten, son-
dern als eine eigene Welt. Dies mag richtig sein, aber daraus geht
zugleich hervor, daß England (mit Schottland und Irland) eine schmale
Grundlage für ein Weltreich ist, insofern das eigentliche Großbritannien
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Smith Gough Siebenzehntes
Extrahierte Ortsnamen: Lord_Harbin Kaschmir Mahrattenstaates_Satarah Europa England England England Schottland Irland