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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 203

1913 - Münster in Westf. : Aschendorff
Die Zeit von der Begrndung des neuen Deutschen Reiches bis zur Gegenwart. 203 600 Mark, er ist Vormundschaftsrichter, er hat das Grundbuch zu führen; mit zwei Laienrichtern (Schffen) richtet er der geringere Strafsachen. Beim Landgericht sind fr brgerliche Rechtsstreitigkeiten von grerer Bedeutung oder als Berufungsinstanz Kollegialgerichte, Zivilkammern (3 Richter) und fr Strafsachen Strafkammern (2 Richter, 3 Schffen; bei zweiter Instanz 3 Richter oder als Berufungssenat 5 Richter) sowie fr schwere Straftaten Schwurgerichte (3 Richter. 12 Geschworene) zustndig, fr Handelssachen zuweilen besondere Handelskammern. Die Senate bei dem Oberlandesgerichte werden aus je 5 Richtern gebildet, beim Reichs-gericht aus je 7 Richtern. Ist die ffentliche Rechtsordnung durch eine schwere Straftat verletzt, so vertritt der Staatsanwalt als Hter des Ge-fetzes die ffentliche Anklage. Beim Amtsgericht ist der Amtsanwalt (Laie) ffentlicher Anklger. Auer bei dem Amtsgericht mssen sich die Par-teien, Klger und Beklagter, durch Rechtsanwlte vertreten lassen (sog. Anwaltszwang). Die beiden Hauptgrundstze bei dem heutigen Proze-verfahren sind ffentlichkeit und Mndlichkeit (seit 1879). Innere Gefchichfe Deuffchlcinds und insbefondere Preuens. 132. Der log. Kulturkampf (1871 1887). Kaum war das Deutsche Reich gegrndet, da wurde der innere Frieden schwer gestrt durch einen kirchlich-politischen Kamps, den man gewhnlich nach einem Ausdruck des preuischen Abgeordneten Rudolf Virchow, eines hervor-ragenden Mediziners, als Kulturkampf" bezeichnet, weil er ein Ringen der modernen Kultur", des Geistes der Freiheit, gegen die der Gewissens-knechtung verdchtigte katholische Kirche schien. Wiederholt hatten kirchenfeindliche Kreise ihre Angriffe gegen ihre angeblich staatsgefhrlichen Ein-richtungen und Grundstze, gegen den Ultramontanismus", die Abhn-gigkeit deutscher Untertanen von einem auerdeutschen kirchlichen Ober-Haupte, gerichtet. Die preuische Regierung hatte ungeachtet dieser Ver-hetzungen die verfassungsmigen Rechte der katholischen Kirche gewahrt. Die Verkndigung des Dogmas von der lehramtlichen Unfehlbarkeit des Papstes durch das Vatikanische Konzil brachte weite Kreise von Ka- u>nehwar-tholiken und Nichtkatholiken in Aufregung, in der Stellung der preuischen ls.guii isvo. Regierung zur Kurie aber keine nderung hervor, bis diese es ablehnte, auf die neue, hauptschlich aus Katholiken bestehende politische Reichs-tagssraktiou des sog. Zentrums (21. Mrz 1871 gebildet) einen Druck zu den. Im Preuischen Abgeordnetenhause hatte sich schon Ende des Jahres 1870 eine gleiche Fraktion gebildet, mit dem Programm, einzutreten fr Aufrechterhaltung und organische Fortentwicklung ver-fassungsmigen Rechts im allgemeinen und insbesondere fr die Freiheit und Selbstndigkeit der Kirche und ihrer Institutionen". Fürst Bismarck erblickte in der neuen politischen Partei des Reichstags eine die Einheit des eben erst geschaffenen Reichs bedrohende Opposition, in der Kurte

2. Bilder aus der Sage und Geschichte Roms - S. 24

1908 -
24 — gingen zugrunde: wen das Schwert verschonte, der ward als Sklave verkauft. Eine Feuersbrunst, die siebzehn Tage wütete, venichtete die große Stadt mit allen ihren Prachtgebäuden, und über ihre Trümmer wurde der Pflug geführt (146). Ju Rom herrschte gewaltiger Jubel über den Untergang der Erbfeindin; auch dem jüngeren Scipio wurde der Ehrenname Afrikanus beigelegt. In demselben Jahre bemächtigten sich die Römer der großen Handelsstadt Kornith und ließen auch diese Nebenbuhlerin in Schutt und Asche legen. 133—121] Xiii. Die dei-en Gracchen. (133—121.) [Seitdem Patrizier und Plebejer sich verschmolzen hatten, war die Regierung des Staates in den Händen des Adels (Optimalen, Aristokraten), einer Anzahl von Familien, die zum kleineren Teile patrizischer, zum größeren Teile plebejischer Herkunft waren. Sie besetzten mit ihren Söhnen die kurulischen Ämter (s. o. Vii) und füllten infolgedessen den Senat. Diese Ämter wareu Ehrenämter ohne Gehalt, ja sie forderten zum Teil noch große Ausgaben, aber die Entschädigung dafür trat ein, wenn die Prätur oder das Konsulat vorüber war. Dann erhielt der Adlige als Proprätor oder Prokonsul die Verwaltung einer Provinz, und damit war ihm die Gelegenheit geboten, auf Kosten der Provinzialen ein großes Vermögen zu erwerben, das seiner Familie zugute kam. Die reichen Adelsfamilien errichteten in Rom prunkvolle Paläste und kauften sich in Italien Fürstentümer zusammen. Die kleineu freien Gutsbesitzer, welche durch die vielen Kriege verschuldet waren, konnten ihren Besitz nicht behaupten und mußten ihn den Adligen billig verkaufen. Sie zogen meistens in die Stadt Rom, wo sie bald in bedrängte Lage kamen. Die großen Güter der Adligen aber wurden durch Tausende von Sklaven bebaut, mit denen damals ein lebhafter Handel (Sklavenhandel) betrieben wurde. Diese Veränderungen hatten üble Folgen für den ganzen Staat. Die meisten Bürger waren besitzlos (Proletarier) und waren darauf angewiesen, durch die Gunst der Adligen allerhand Vorteile zu erhalten; sie sanken daher zu einer trägen und schmeichlerischen Masse herab. Andrerseits aber hatten sie in den Volksversammlungen die wichtigsten Angelegenheiten des Staates zu entscheiden und die kurulischen Ämter zu besetzen; hierin handelten sie nur dann nach dem Willen der Adligen, wenn sie Vorteile erhielten; sie wurden bestechlich und stellten das Wohl des Staates hinter dem eigenen Nutzen zurück. Und gerade fo handelte der Adel selbst; was ihm Nutzen brachte, und nicht, was das Staatswohl erforderte, wurde von ihm erstrebt. Noch immer gingen aus ihm einzelne hochgesinnte Männer hervor, die im Sinne der großen Ahnen handelten und im Dienste des Staates Großes leisteten, aber die meisten jungen Adligen waren verderbt, unsittlich und un-

3. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 99

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
U. Tie Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 99 Die „Erstürmung" der Bastille wird in Frankreich als Geburtstag der Republik gefeiert. In der That hat dieses Ereignis sie angebahnt, denn es hatte folgende Wirkungen: 1) Die Erhebung fand Nachahmung in den Provinzen; wilder Aufruhr durchtobte das ganze Land. Die Bauern zerstörten die Schlösser des Adels und vertrieben oder töteten ihre Herren. 2) Eine große Zahl von Edelleuten, darunter des Königs Bruder Karl, Graf von Artois, flüchtete („emigrierte") ins Ausland. 3) Necker wurde vom Könige zum dritten Male ins Ministerium gerufen, war aber nicht mehr Herr der Bewegung. 4) In der Nachtsitzung vom 4./5. August suchte die Nationalversammlung einen neuen, idealen Staat auszurichten mit vollständiger Gleichberechtigung aller Bürger und hob daher die Leibeigenschaft, alle Feudallasten, alle Vorrechte und alle Zehnten an die Kirche ohne jede Entschädigung auf. Im nächsten Jahre wurden auch der Adel und alle Titel und Wappen abgeschafft. 5) Auf Lafayettes Antrag erließ die Versammlung die Erklärung der allgenieinen Menschenrechte (darunter Freiheit und Gleichheit und das Recht zum Widerstand gegen Bedrückung), damit aus ihrer Grundlage die neue Verfassung ausgebaut werde. Da der König die Bestätigung verweigerte, veranlaßte Lafapette den durch den Brotmangel erregten, zu allen Gewaltthaten fähigen Pariser Pöbel, am 5. Oktober nach Versailles zu ziehen und sowohl den König, als die Nationalversammlung zur Übersiedelung nach Paris zu nötigen. Dadurch waren der König und die Volksvertreter „in der Hauptstadt der Revolution und unter der Aussicht des Volkes." Um die durch den Ausruhr und die Abschaffung der Lasten ins Ungeheure gestiegene Finanznot zu beseitigen, beschloß die Nationalversammlung die Einziehung aller Kirchengüter. Die Schulden suchte man durch Anweisungen (Assignaten) auf das so gewonnene Staatseigentum zu tilgen. Durch die Einziehung des .Kirchenguts wurden zugleich die Einkünfte der Geistlichen, die nunmehr Staatsbeamte wurden, geschmälert. Bei der Beratung der Verfassung gewannen die Radikalen, die von Rousseaus Lehren erfüllt waren, mehr und mehr an Einfluß. Es wurde das ganze Land in 83 Departements eingeteilt, die wieder in Distrikte und Kantone zerfielen. Sie erhielten die volle Selbstverwaltung, ja sogar Verfügung über die Nationalgarde und freie, der Bestätigung der Regierung nicht unterliegende, Wahl der Beamten. Damit war die Einheit des Staates, die feste Zusammensassung seiner Teile, beseitigt und Frankreich in eine Menge kleiner Republiken geteilt. Durch die Wahl der richterlichen Beamten war auch eine unparteiische Rechtspflege unmöglich: sie war den wechselnden politischen Parteien überliefert. — Für die Volksvertretung wurde nur eine Kammer festgesetzt und dem Könige bloß das „suspensive Veto" gewährt, wodurch er einen Volksbeschluß nicht unbedingt, sondern nur auf einige Jahre aufheben konnte; wenn drei Versammlungen nach

4. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 159

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
Ii. Ter deutsch - franz. Krieg And die Aufrichtung des Deutschen Reiches, 1870 —1871. 159 Vereins (1874) wesentlich bei sowie durch die allgemeinere Einführung der Telegraphiex) und des Fernsprechers. Einheitliches Recht. Mit der staatlichen Einigung des deutschen Vaterlandes erwachte auch der Wunsch nach einem einheitlichen Recht. An Stelle der verschiedenartigen Gesetze der einzelnen Länder und Provinzen ist für ganz Deutschland ein Deutsches Strafgesetzbuch bereits eingeführt, ein Bürgerliches Gesetzbuch ist wenigstens im Entwurf schon fertig gestellt. Einheitlich ist jetzt auch die Prozeßordnung und die Gerichtsverfassung (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht und als höchste Instanz das Reichsgericht zu Leipzig). Strafsachen werden entschieden bei den Amtsgerichten durch die Schöffengerichte, bei den Landgerichten durch die Strafkammern und die Schwurgerichte. Verwaltung. Um die Selbstverwaltung auch auf das platte Land auszudehnen, wurden in Preußen die Kreis- und Provinzialordnung gegeben. Neben den Landrat traten der Kreistag und dev Kreisausschuß; die einzelnen Kreise wurden wieder zu einem Provinziallandtage zusammengefaßt, in den jeder Kreis nach seiner Größe seine Abgeordneten entsendet. An die Spitze derselben trat der Landeshauptmann (der Landesdirektor) und ein Provinzialausschuß. — In ähnlicher Weise wurde dem Regierungspräsidenten ein Bezirksausschuß beigeordnet. Sorge für die Arbeiter. Bei dem gewaltigen Aufschwungs den die Industrie nahm, hatte sich die Zahl der Arbeiter besonders in den Fabriken außerordentlich vermehrt. Dabei ging der Handwerkerstand immer mehr zurück; die Handwerker wurden teilweise Lohnarbeiter, die fortwährend Lohnerhöhungen forderten und durch Vertragsbruch (Streiken) vielfach durchsetzten. Nach den Lehren der Sozialdemokratie verlangen die Arbeiter, der vierte Stand, gleichen Anteil am Gewinne und wollen den Staat vollständig in die Gewalt der Massen, bringen und von Grund aus nach den Lehren der Sozialdemokratie umgestalten, so daß jeder Besitz Eigentum des Staates sein solle. Religion, Ehe und Vaterlandsliebe werden als Stützen des Staates-verworfen. Um diesen, die ganze gesellschaftliche Ordnung gefährdenden, Bestrebungen den Boden zu entziehen, wandte Wilhelm I. trotz mehrfacher Mordversuche auf sein Leben seine Fürsorge auch den Arbeitern zu und suchte ihre berechtigten Klagen über ungesunde Arbeitsräume in den Fabriken, frühes Siechtum durch Ausbeutung der Arbeitskraft, bitterste Armut im Alter zu beseitigen. Daher wurden die Frauen- und Kinderarbeit eingeschränkt und Fabrikinspektoren zur Beaufsichtigung der Fabriken eingesetzt. Durch das „Arbeiter-Krankenverficherungs-gesetz" vom Jahre 1883 sind die Arbeiter gezwungen, sich zu ver- 1) Der elektrische Telegraph wurde 1833 zum ersten Male praktisch in Anwendung gebracht. 1866 wurde das erste transatlantische Kabel von Irland nach Neu-Fundlaud gelegt.

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 57

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iv. v. Sybel. Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 57 leise, Verkennen der Bedürfnisse des realen Lebens neben Übertreibung des juristischen Formalismus, Nachlassen des geistigen Verkehrs zwischen Regierenden und Regierten, zwischen Beamten und Volk, in Preußen ebenso wie in den kleineren Staaten. Ein nicht immer nötiger Befehlshaberton galt für unerläßlich zur Aufrechthaltung der Autorität, und vollends die Sicherheitspolizei, angestachelt durch die politischen Sorgen der höchsten Stellen, bewegte sich in einem hofmeisternden, argwöhnischen und kleinlichen Treiben, welches die herrschende Mißstimmung nie zur Ruhe kommen ließ. Denn trotz alles Guten, welches wir eben berichtet haben, blieb der Zorn über die Ausnahmegesetze von 1832 im Wachsen und verbreitete sich durch alle Klassen der Bevölkerung. Zwar die äußere Ordnung wurde an keiner Stelle mehr gestört; die Zeitungen lagen in den Fesseln der Censur, und das neue badische Preßgesetz mußte nach Bundesbefehl durch den Großherzog zurückgenommen werden. In den Kammern verlor die liberale Partei wieder die Majorität und hielt sich in behutsamer Defensive, um nicht neue Gewaltschritte des Bundes hervorzurufen. Aber nur um so tiefer fraß sich der Groll in die Herzen ein. Viele Tausende, die 1830 bei den Aufläufen in Kassel und Dresden den Pöbelexceffen gewehrt oder 1832 ans dem Hambacher Feste harmlos gejubelt hatten, gelobten sich jetzt, wenn es wieder losginge, selbst mit kräftigem Handeln dabei zu fein. Neun Zehntel der deutschen Bürger erfüllten sich im Angesichte der Reaktion mit demokratischen Gedanken, die Gemäßigten mit Begeisterung für den parlamentarischen Staat, wo ein Beschluß der Volksvertretung die Minister aus dem Amte entfernt oder in dasselbe einsetzt, die Heißblütigen mit dem Ideale der Republik, wo der Wille des gesamten Volkes über Gesetzgebung und Exekutive in unbeschränkter Freiheit entscheidet. Noch hatte keine Erfahrung darüber belehrt, wie notwendig jedem großen Gemeinwesen ein mächtiges Organ der Stetigkeit in seiner Politik ist, ein Organ, für welches keine andere Staatsform gleiche Aussicht wie die Erbmouarchie darbietet. Auch darüber war man begreiflicher Weise damals noch nicht klar, daß die parlamentarische Regierung in England nur deshalb einen sichern und gedeihlichen Gang hatte behaupten können, weil sowohl die Volksvertretung als die Verwaltung von zwei fest organisierten und politisch geschulten Adelsgruppen geleitet wurde, die sich im Besitz der Ministerien ohne Störung der Geschäfte ablösten. Außer aller Beachtung blieb die für die Beurteilung eines demokratischen Staatswesens entscheidende That-

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 150

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
150 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. richtig damit, es lasse sich dem nicht widersprechen, es sei gar nicht auszukommen in Haus und Hof ohne das Einmaleins; gerade ebenso ist es im Staatswesen mit dem Erbrechte beschaffen, welches ich hier zu verteidigen übernommen habe. Da läßt sich freilich auseinandersetzen, vor welchen Übeln das Erbrecht uns bewahrt, wie es bewahrt vor den mannigfachen und schwer empfundenen Übeln der Wahlberechtigung, wie es bewahrt vor den Übeln des Zwischenreichs zc. Aber am Ende kehrt es doch immer auf das allereinfachste zurück, und wir müssen zugestehen, daß gerade da das Erbrecht sich am unliebenswürdigsten beweist, wo es am meisten staatsmännisch auftritt, indem es nämlich in seiner vollkommenen Ausbildung auf höchst ungalante Weise alle Frauen ausschließt von dem Throne, solange noch einer vom Mannesstamme vorhanden ist, indem es alle Jüngeren ausschließt, alle jüngeren Prinzen, solange noch ein älterer da ist, indem es endlich keinem Prinzen einen Teil am Genusse der Herrschaft vergönnt, bis die Reihe an ihn gekommen ist, überhaupt aber jedem Erbberechtigten nur das Ganze des Staates übrig läßt, indem es ihn jedes Anrechts an einen Staatsteil beraubt. Und dennoch hat dieses System der Erbherrschaft neben so vielen Herbigkeiten auch seine zarte und in das innere Wefen der Menschheit dringende Seite. Nachdem es vor allen Dingen den Staat sichergestellt hat, denn der Staat muß in alle Wege die Hauptsache bleiben, führt es in das Staatswesen die Wärme der Familie ein, indem es die Herrschaft an ein regierendes Haupt knüpft. Ich weiß gar wohl, meine Herren, daß ich hiermit, wenn ich das Lob der Erbherrschaft rede, eine Saite anschlage, die in den Augen vieler von Ihnen längst zersprungen ist. Das aber hindert mich auf keine Weise. Erlauben Sie, daß ich eine schlichte Thatsache schlicht erzähle, die sich zu Ende des Jahres 1812 in Mitteldeutschland begab. Damals war der erste Strahl der Hoffnung nach Deutschland gedrungen, daß wir wohl des fremden Regiments erledigt werden möchten. Da fanden sich in Mitteldeutschland Volksversammlungen vornehmlich von Landleuten und Bauern zusammen. Man beredete sich, wie es zunächst werden solle. Darin waren alle einig, die Fremden müßten vertrieben werden, aber sollte man den alten Fürsten wieder aufnehmen, das war die Frage. Es begab sich, daß auch in einem Lande, ich will es lieber nicht nennen, wo der alte Fürst keineswegs gelobt und sonderlich geliebt war, — man wußte ihm manches, was nicht zum Frieden diente, nachzureden, — in der Schänke eines Dorses diese Sache verhandelt ward. Viel war hin-

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 154

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
154 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. dürfe das Opfer seines Daseins nicht für eine ungewisse deutsche Zukunft bringen. Diese Männer vergessen dabei freilich etwas Großes, sie vergessen, daß die Grundlage, auf welche der große Kurfürst und Friedrich Ii. bauten, daß diese Grundlage, namentlich die der absoluten Herrschaft, für immer verschwunden ist; sie vergessen, daß damals, als Preußen so tief gesunken war, Deutschland mit ihm sank; sie vergessen, daß damals, als Preußen wieder erstand und herrlich erstand, Deutschland mit ihm erstand, und daß beide Größen nicht ohne einander wieder erstanden wären. Ich will meine Meinung unbekümmert sagen, wie übel sie auch von verschiedenen Seiten aufgenommen werde. Ihr dämpft das Feuer der Anarchie in Deutschland nicht, Ihr dämpft dieses zerstörende Feuer weder in den kleinen Staaten, noch in den mittlern, noch in den großen endlich und in den größten der rein deutschen Staaten, als nur aus einem Wege, nur ans dein Wege, daß Ihr eine kraftvolle Einheit einsetzet und durch diese Einheit die Bahn für die deutsche Volkskraft eröffnet, die zur Macht führt. Die Bahn der Macht ist die einzige, die den gärenden Freiheitstrieb befriedigen und sättigen wird, der sich bisher selbst nicht erkannt hat. Denn es ist nicht bloß die Freiheit, die er meint, es ist zur größeren Hälfte die Macht, die ihm bisher versagte, nach der es ihn gelüstet. Deutschland muß als solches endlich in die Reihe der politischen Großmächte des Weltteils eintreten. Das kann nur durch Preußen geschehen, und weder Preußen kann ohne Deutschland, noch Deutschland ohne Preußen genesen. Und so komme ich doch am Ende wieder auf das, was ich das Einmaleins nannte, zurück. Deun das ist denn doch wohl ein ganz Einfaches, daß eine Macht wie Preußen nicht auf die Probe berufen werden kann. Man kann einen Teil feines Wesens allenfalls hingeben an ein anderes, man kann allenfalls mithelfen zur Herrschaft, man kann das politische Pfuscherwerk einer Trias oder eines Turnus mit aufputzen helfen; allein sein ganzes Wesen, das giebt man nicht für drei, sechs oder zwöls Jahre hin, sein ganzes Wesen giebt man nur hin, uni in ein höheres Wesen für alle Dauer überzugehen. Meine Herren, ich verdamme niemandes Abstimmung, allein, was mich persönlich angeht, ich würde glauben, gebrochen zu haben mit allem, was mir vaterländisch teuer und heilig ist, gebrochen zu haben mit meinem Vaterlande, wertn ich anders meine Stimme abgäbe als für die Einheit Deutschlands, für die erbliche Krone meines Vaterlandes. — So bin ich gesonnen und werde so gesonnen bleiben und bis an mein Ende den Glauben festhalten,

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 28

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
28 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. gelegenheiten ihrer Sphäre in schöner Freiheit, die niedern nnbelästigt durch die Bureaukratie, der König ungehindert durch ein herrschgieriges Parlament. Ein freier König regiere ein freies Volk. Also nirgends Revolution und Freiheit überall. Nur für eine Kleinigkeit blieb kein Raum, für die Freiheit der Bürger und der Bauern. Und ebenso fraglich war es, wie bei dem freien Walten all jener Mediat-Obrigkeiten die Macht der Krone und die Einheit des Staats bestehen könnte. Dem Fürsten Metternich, dessen ganzes System auf der Un- mündigkeit des Volkes und der Zersplitterung des deutschen Bodens beruhte, waren die feudalen Lehren auf das höchste willkommen. Wie oft hat er dem König vorstellen lassen, daß Preußen nach der Verschiedenheit seiner Bestandteile kein Einheitsstaat werden könne. Pro-vinzialstände seien trefflich, Reichsstände gefährlich. In gleichem Sinne empfahl er auch Herstellung der Binnenzölle anstatt des neuen Grenzzollsystems. Der konservativen Gesinnung der preußischen Beamten traute er nicht über den Weg; um so gewisser sah er in den Grundsätzen der altständischen Partei das zuverlässige Bollwerk gegen die sociale Revolution. Was ließ sich vom österreichischen Standpunkte Dringlicheres zur Empfehlung dieser Grundsätze sagen, als daß durch Befolgung derselben Preußen sehr bald zur Höhe der österreichischen Zustände emporsteigen würde? Der König, von den verschiedensten Seiten bestürmt, schwankte längere Zeit. Endlich, am 11. Juli 1821, kam die Entscheidung. Eine von Hardenberg im modernen Sinn entworfene Kommunalord-nnng wurde abgelehnt, die Einrichtung der Provinzialstände beschlossen, die Berufung der Reichsstände vertagt. Die nähere Gestaltung des ständischen Wesens überließ der König seitdem seinem geistreichen Sohne, dem den altständischen Anschauungen zugeneigten Kronprinzen. Es dauerte daun noch bis 1823, ehe das Gesetz über die Provinzialstände fertig war, und als sie endlich an das Licht traten, hatte die feudale Partei zwar den Triumph, daß die Ritterschaft in allen Landtagen das entscheidende Übergewicht besaß, die hohe Beamtenschaft aber hatte dafür gesorgt, daß der Wirkungskreis des ganzen Instituts so harmlos, so enge, so bescheiden wie möglich gezogen war, mit strengem Verbot der Bekanntmachung ihrer Verhandlungen, so daß ihre Thätigkeit der eigenen Provinz verborgen blieb. Diese Schöpfung that der Machtfülle der Krone und der Straffheit der Staatsverwaltung wahrlich keinen Eintrag.
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