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1. Bilder aus der Sage und Geschichte Roms - S. 78

1908 -
— 78 — Sein Äußeres schildert Einhard folgendermaßen: Von Körper war Karl voll und stark, von Wuchs erhaben, denn er war siebenmal so lang als sein Fuß. Sein Kops war rund, die Augen sehr groß und lebhaft, die Nase ein wenig mehr als mittelmäßig, das Haar glänzend weiß, die Miene heiter und fröhlich, die ganze Gestalt, mochte sie sitzen oder stehen, voll hoher Würde. Obwohl der Nacken ein wenig gebückt und kurz war und der Leib etwas zu weit hervorragte, so deckte doch das schöne Verhältnis der übrigen Glieder diese Fehler. Der Gang war fest, die gerade Haltung des Körpers männlich, die Stimme hell, wiewohl der Kraft des Körpers nicht ganz entsprechend. Seine gute Gesundheit war nur in den letzten vier Lebensjahren öfters von Fiebern heimgesucht; seine Vergnügungen waren Reiten, Jagen und Schwimmen, worin er es allen anderen zuvortat. Xviii. Ter Zerfall des Frankenreiches. Das gewaltige Reich, das Karl der Große gegründet hatte, konnte nach seinem Tode nicht lange zusammengehalten werden. Schon unter seinem schwachen Sohne Ludwig, der wegen seiner großen Nachgiebigkeit gegen die Kirche den Beiuamen „der Fromme" erhalten hat, kam es zu heftigen inneren Kämpfen, und noch nicht dreißig Jahre nach dem Tode des großen Reichsgründers teilten sich feine drei Enkel, die Brüder Lothar, Ludwig und 843 Karl, in das Frankenreich (843). Lothar, der schon die Kaiserkrone trug, erhielt selbstverständlich Italien, dazu Burgund (d. i. Südostfrankreich) und die anstrasifchen Gebiete zwischen Maas und Rhein, die später den Namen Lothringen erhielten. Karl übernahm Westfranken, das frühere Neustrien, das heutige Frankreich. Ludwig erhielt die Länder östlich vom Rhein und nördlich von den Alpen, also Alemannien, Baiern, Frankenland am Main, Thüringen und Sachsen; jenseits des Rheins fielen ihm die Bistümer Mainz, Worms und Speier zu, dafür überließ er Lothar die friesische Küste bis zur Elbe. Diese Ländermasse wurde damals Ostfranken genannt, erst viel später erhielt sie den Namen Deutschland; Ludwig aber führt in der Gefchichte den Namen „der Deutsche". So ist dervertrag von Verdun, in welchem die Teilung des Frankenreiches erfolgte, der Ausgangspunkt sowohl der französischen, als der deutschen Geschichte; feit dem Jahre 843 gibt es ein Deutsches Reich.

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 31

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Landschaftsbilder aus dein Böhmerivalde. 31 ein Lichtfaden, dann ein flatternd Band und endlich ein breiter Silbergürtel um die Wölbung dunkler Wal- desbusen geschlungen — dann, bevor sie neuerdings schwarze Tannen- und Föhrenwurzelu netzt, quillt sie auf Augenblicke in ein lichtes Tal hervor, das wie ein zart- lich Auge aufgeschlagen ist in dem ringsum trauernden Waldesdunkel. — Das Tal trägt dem wandernden Wasser gastliche Felder entgegen und grüne Wiesen und auf einer derselben wie auf einem Sammetkissen einen kleinen Ort mit dem schönen Namen Friedberg. — Von da nach kurzem Glänze schießt das Wellensilber wieder in die Schatten erst des Jesuiterwaldes, dann des Kien- berges und wird endlich durch die Schlucht der Teufels- mauer verschlungen. Der Punkt, von dem aus man fast so weit, als hier beschrieben ist, den Lauf dieser Waldestochter übersehen kann, ist eine zerfallene Ritterburg, von dem Tale ans wie ein luftblauer Würfel anzusehen, der am obersten Rande eines breiten Waldbandes schwebt. Friedbergs Fenster sehen gegen Südwesten auf die Ruine, und defsen Bewohner nennen sie den Thomasgipfel oder Tho- mastürm oder schlechthin St. Thoma und sagen, es fei ein uraltes Herrenschloß, auf dem einst grausame Ritter wohnten, weshalb es jetzt verzaubert sei und in tausend Jahren nicht zusammenfallen könne, ob auch Wetter und Sonnenschein daran arbeite. Oft saß ich in vergangenen Tagen in dem alten Mauerwerke, eiu liebgewonnenes Buch lesend oder bloß den lieben aufkeimenden Jugendgefühlen horchend, durch die ausgebröckelten Fenster zum blauen Himmel schauend oder die goldenen Tierchen betrachtend, die neben mir in den Halmen liefen, oder statt all dessen bloß müßig und sanft den stummen Sonnenschein empfindend, der sich auf Mauern und Steine legte--oft und gern Verweilte- ich dort, felbst als ich das Schicksal derer noch nicht kannte^ die zuletzt diese wehmütige Ttätte bewohnten.

3. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 30

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
30 Landschaftsbilder aus dem Böhmerwalde. alten ausgebleichten Stämme liegen sieht, in traurigem weißleuchtendem Verhack die dunkeln Wasser säumend. Rechts treibt die Seewand einen mächtigen Granitgiebel empor, Vlockenstein geheißen; links schweift sie sich in ein sanftes Dach herum, von hohem Tannenwald bestan- den und mit einem grünen Tuche des feinsten Mooses überhüllt. Da in diesem Becken buchstäblich nie ein Wind weht, so ruht das Wasser unbeweglich, und der Wald und die grauen Felsen und der Himmel schauen ans seiner Tiese heraus wie aus einem Ungeheuern schwarzen Glasspiegel. Uber ihm steht ein Fleckchen der tiefen, eintönigen Him- melsbläue. Man kann hier tagelang weilen und sinnen, und kein Lant stört die durch das Gemüt sinkenden Ge- danken als etwa der Fall einer Tannenfrucht oder der kurze Schrei eines Geiers. Oft entstieg mir ein und derselbe Gedanke, wenn ich an diesen Gestaden saß: — als sei es ein unheimlich Naturauge, das mich hier ansehe - tiefschwarz — über- ragt von der Stirn und Braue der Felsen, gesäumt von der Wimper dunkler Tannen - drin das Wasser regungs- los wie eine versteinerte Träne. Rings um diesen See, vorzüglich gegen Bayern ab, liegen schwere Wälder, manche nie besuchte einsame Tal- krümme samt ihren Bächlein zwischen den breiten Rücken führend, manche Felsenwand schiebend mit den tausend an der Sonne glänzenden Flittern, und manche Wald- wiese dem Tagesglanze einen schimmernden Versamm- lungssaal des mannigfachsten Wildes unterbreitend. Dieses ist der eine der zwei oben bemerkten Punkte. Lasset uns nun auch zu dem andern übergehen! Er ist auch ein Wasser, aber ein freundliches, nämlich das leuchtende Band der Moldau, wie es sich darstellt von einem Höhenpuukte desselben Waldzuges angesehen, aber etwa zehn Wegestunden weiter gegen Sonnenaufgang. Durch die duftblauen Waldrücken noch glänzender, liegt es geklemmt in den Talwindungen, weithin sichtbar, erst

4. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 35

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Schwarzwald-Hochland. einzelnen unendlich mannigfach, in seiner Einfachheit schön und groß. Gewiß fesselt es wunderbar reizvoll Blick und Empfindung, wenn es im Mai- oder Julibeginn im ersten Schmuck seiner tausendfältigen Frühlingsbliiten daliegt. Eine Frische, ein Duft und eine Freudigkeit des Werdens breitet sich dann über Nähe und Ferne, die bis in die Glieder und die Seele des Wanderers mit hineinfließen, sie ganz durchflutend, von aller Erdenschwere und trüben Gedanken entlastend. Aber wer es vermag, komme den- noch um das Ende des Juli, im August! Das Hochland ist eine Schöne^ die wohl im Frühling als geschmückte Braut dasteht, doch ihr Hochzeitsgewand legt sie erst im Hochsommer an. Sie weiß, daß die Sonne zu dieser Zeit am bereitwilligsten ist, bei ihrer festlichen Pracht behilflich zu sein; wenn drunten in der Rheinebene, in den Tälern Wiese und Flur unter dörrendem Himmel traurig ver- sengt und vergilbt liegen, da entfaltet das Hochland sich sein prangendes Feierkleid um die Schultern, dann blüht die Heide auf, in wundersamem Zauber wie eiu da und dort anslntendes „purpurnes Meer" Homers sich zu den Hügeln hinauf und von den Hängen herabwellend; weit- hin leuchtend, einem roten Walde gleich, stehen breite Halden ganz von den mannshohen Blüten des Weiden- rösleins zu einem Dickicht überdeckt; umher wallt von kaum niederer Höhe ein sonnenhafter Mantel windflim- mernden Waldhafergrases. Doch die Natur hat ihren Frühlingsgeschmack für grüne Kleidung mit gelbem, blauem, weißeni Schmuckbesatz geändert, sie will jetzt überall Rot sehen. In die großen Gewandmassen der Heide- und Weidenrosen stickt sie die glühenden Kelche des Fingerhutes ein; rot wie ringsum ausgestreute Granitsteine flammen würzige Erdbeeren unzählig an den sonnenheißen Wurzelstöcken abgefällter Bäume, und wie ein roter Teppich überziehen oft zwerghafte Preißel- beerwälder den Boden der einsamen Höhen, schimmern korallengleich über dein graueu oder weißen Felsgestein.

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 39

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 39 Burschen jetzt als Bundesgesang das mächtige Lied von Arndt anstimmten : Wem soll der erste Dank erschallen? Dem Gott, der groß und wunderbar Aus langer Schande Nacht uns allen In Flammen aufgegangen war. Der unsrer Feinde Trotz zerblitzet. Der unsre Kraft uns schön erneut Und auf bett Sternen waltend sitzet Von Ewigkeit zu Ewigkeit! Zum Feldzeichen ihres Bundes und der deutschen Einheit, die er symbolisch darstellen sollte, nahmen die Burschen auf Jahns Vorschlag ein schwarz-rot-goldenes Banner an. Es waren wahrscheinlich die Uniformfarben der Lützower Freischar, die auch eine goldgestickte schwarzrote Fahne geführt hatte. Einzelne Burschenschafter stellten freilich die führte Behauptung auf: daß sich in diesem Banner die schwarzgelben Farben des alten Reichs, verschönt durch das Rot der Freiheit oder auch des Krieges, erneuerten, denn Rot war einst die Kriegsfarbe der Kaiserlichen gewesen; die Eifrigsten aber wollten von solchen historischen Erinnerungen nichts hören und meinten knrzab: aus der Knechtschaft Nacht durch blutigen Kampf zum goldenen Tage der Freiheit. So ist aus den Träumen der Studenten jene Trikolore entstanden, die durch ein halbes Jahrhundert die Fahne der nationalen Sehnsucht blieb, die so viel Hoffnungen und so viel Thränen, so viel edle Gedanken und so viel Sünden über Deutschland bringen sollte, bis sie endlich, gleich dem schwarz-blau-roten Banner der italienischen Earbonari, im Toben der Parteikämpfe entwürdigt und gleich jenem durch die Farben des nationalen Staates verdrängt wurde. Die Absicht der Burschenschaft, alle Studenten in einer Verbindung zu vereinigen, entsprang einem überspannten Idealismus, da der schönste Reiz solcher Jugendvereine doch in der Innigkeit der persönlichen Freundschaft liegt. Der unzähmbare persönliche Stolz der Deutschen wollte sich so leicht nicht über einen Kamm scheren lassen. Aristokratischen Naturen war schon das allgemeine Duzen, das die Burschenschaft anbefahl, widerwärtig; nicht blos die rohen Wüstlinge der alten Schule, sondern auch viele harmlos lebenslustige junge Männer langweilten sich bei dem altklugen, ernsthaften Tone des Burschenhauses, wo man nur durch pathetische Beredsamkeit, und allenfalls noch durch eine gute Klinge, sich Ansehen erwerben konnte; freie, eigenartige Köpfe, wie der junge Karl Jmmermann in Halle,

6. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 88

1854 - Münster : Aschendorff
- 88 — Er fasset die Falte des Mantels, Den drückt sie erschreckt an die Brust, Und sorgsam verhüllt sie die Spende, Als war' sie sich Arges bewußt. Hoch über dem Haupte der Gattin Erschien des Gekreuzigten Bild, Vom strahlenden Kranze um- geben. Da sprach er zur Gattin, so mild: Da schaut er die lieblichsten Rosen, Da haucht er den lieblichsten Duft, Es füllen auf Sarons Gefilden Nicht schön're balsamisch die Luft. Wie Purpur so roth und wie Märzschnee, Nie hat er so holde erblickt. Obwohl schon die Monde ge- schwunden. Wo Rosen im Garten man pflückt. „Zeug ruhig, o Schwester, im Frieden!" Stieg sinnend die Wartburg hinauf; Doch nahm er der Rosen sich eine. Die wahrt er als Heiligthum auf. Die Rose noch trug er ambusen, Als fern auf der See er verblich. Viel hat er geschenkt und ge- spendet. Nie trennt' von der Rose er sich. Da färbt sich, wie Rosen, die Wange Der lieben, holdseligen Frau; Beruhigen will er sie kosend. Da staunet und stutzt er, denn schau: Bei epheuumranketer Eiche, Dort, wo das Gesicht er ge- seh'n. Ließ Ludwig die Säule hinsetzen. Mit strahlendem Kreuze verseh'n. 98. Was ein Bild vermag. (Eine wirkliche Begebenheit.) Eines Tages wurde ich (so erzählte ein junger Geistlicher) zu einem Kranken gerufen. Ich trat in eine armselige Ein- lieger-Hütte, deren Inneres jedoch die sorgfältigste Reinlichkeit und Ordnungsliebe bekundete. Ein Mann in den fünfziger Jah- ren erwartete mich im Lehnstuhl sitzend. Sowohl sein Anzug als seine Gesichtsbildung verriethen, daß er früherhin besseren Verhältnissen angehört hatte, als worin ich ihn jetzt traf. Thrä- nen glänzten in seinen Augen, als er bei meinem Hereintreten in mir denjenigen erkannte, der den im heiligsten Sakramente verborgenen Heiland zu ihm trug. Sein blasses, abgemagertes Gesicht, der beengte Athem, verbunden mit einem hohlen, an- gestrengten Husten, deuteten unzweifelhaft an, daß der Kranke an der Schwindsucht leide; doch hatte diese noch nicht den höchsten Grad erreicht. Das ganze Benehmen des Mannes

7. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 79

1854 - Münster : Aschendorff
79 Emil. Ueber tausend Jahre werden deine Schafe alt, Va- ter? Das kommt mir wunderbar vor. Die Schafe, hat unser Lehrer gesagt, werden höchstens nur vierzehn Jahre alt. Vater. Aber es ist doch so, wie ich gesagt habe, liebes Kind. «Und schön sind meine Schafe, so schön und glänzend und golden, daß die Schafe in — in — wie heißt das Land, wo die besten Schafe sind? Emil. In Spanien! in Spanien' Sieh, Vater, ich hab's gemerkt' Vater. — daß die Schafe in Spanien gar nicht mit ihnen können verglichen werden; denn die ganze Heerde hat goldene Pelze. Die Kinder sahen einander verwundert an, brachen aber plötzlich in ein lautes Gelächter aus und riefen: „Nein, solche gibt cs nicht. Schafe mit goldenen Fellen! Wie könnten die schwachen Thiere eine solche Last tragen? Vater, du willst nur sehen, ob wir es glauben." Vater. Es ist mein Ernst, Kinder. Die Felle schimmern wirklich, wie Gold, so hell und leuchtend, und ihr habt euch schon oft darüber gefreut. Emil. Vater, sind sie den ganzen Tag auf der Weide? Hört man sie nicht schreien? Vater. Sie sind zwar den ganzen Tag auf der Weide, aber man sieht sie nicht; auch hat sie Niemand schreien gehört. Lida. Wenn aber der böse Wolf kommt, dann schreien sie doch und laufen davon? Vater. Auf diese Weide kann niemals ein Wolf kommen; und dann haben sie auch einen Hirten, der über sie wacht. Anton. Einen Hirten? Kann denn der auf so viele Schafe Acht geben? Wie sieht er denn aus? Vater. Der trägt ein schönes, helles, weißes Kleid, das wie Silber glänzt und niemals schwarz wird. Denn ob er gleich weit länger, als tausend Jahre, die Heerde bewacht hat, so ist er doch noch nie eingeschlafen und hat sein Kleid nie ausgezogen. Er bleibt stets hell und «runter, und sein Kleid immer rein. Emil. Nein, daraus kann ich nicht klug werden; das muß ein närrischer Mann sein.

8. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 149

1854 - Münster : Aschendorff
149 auf der Erde zerrinnen. „Das bin ich," sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Neue gruben darin in den Wunden weiter. Die lodernde Phantasie zeigte ihm schleichende Nachtwandler auf den Dächern, und die Windmühle hob dro- hend ihre Arme zum Zerschlagen auf, und eine im Todtenhause zurückgebliebene Larve nahm allmählig seine Züge an. Mitten in dem Kampfe floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Thurme hernieder, wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanf- ter bewegt. Er schaute um den Horizont herum und über die weite Erde, und er dachie an seine Jugendfreunde, die nun glück- licher und besser, als er, Väter glücklicher Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: „O, ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht mit trocknen Augen verschlummern, wenn ich gewollt hätte.' Ach, ich könnte glücklich sein, ihr theuern Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte! Im fieberhaften Erinnern an seine Jugendzeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Todtenhause auf; endlich wurde sie durch Aberglauben, der in der Neujahrsnacht Geister und Zukunft erblickt, zu einem lebendigen Jünglinge, der sich einen Dorn auszieht, und seine vorige blühende Gestalt wurde ihm bitter vorgegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Thränen strömten versie- gend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinn- los: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder, denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt. Er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrun- gen waren kein Traum gewesen; aber er dankte Gott, daß er, noch jung, in den schmutzigen Gängen des Lasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die in's reine Land der Ernten leitet. Kehre mit ihm , junger Leser, um, wenn du auf seinem Irrwege stehst! Dieser schreckliche Traum wird künftig dein Richter werden. Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugend!" — so würde sie nicht wieder kommen.

9. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 120

1854 - Münster : Aschendorff
120 bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit auf sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon standen ganze Reihen von Ballen und Kisten auf und neben einander am Lande. Noch immer wurden mehrere herausgewälzt und Fässer voll Zucker und Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen Mann, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann heiße, dem das Meer alle diese Waaren an das Land bringe. „Kannitverstan", war die Antwort. Da dachte er: „Aha, schaut's da heraus? Kein Wunder, wem das Meer solche Reichthümer an das Land schwemmt, der hat gut solche Häuser in die Welt zu stellen, und solcherlei Tulipanen an die Fenster in vergoldeten Scher- den." Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht trau- rige Betrachtung an, was er für ein armer Tropf sei unter so vielen reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: „Wenn ich's doch auch einmal so bekäme, wie dieser Herr Kan- nitverstan," kam er um eine Ecke und erblickte einen groß- ßen Leichenzug. Vier schwarzvermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarzüberhangenen Leichenwagen langsam und trau- rig, als ob sie wüßten, daß sie einen Todten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und Verwandten des Verstorbenen folgte nach, verhüllt in schwarze Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt ergriff unsern Fremdling ein wehmüthiges Gefühl, das an kei- nem guten Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, und er blieb mit dem Hut in den Händen andächtig stehen, bis Alles vorüber war. Doch machte er sich an den Letzten im Zug, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner Baum- wolle gewinnen könne, wenn der Centner um 10 Gulden auf- schlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Erküse. „Das muß auch wohl ein guter Freund von euch gewesen sein", sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß ihr so betrübt und nachdenklich mitgeht?" „Kannitverstan", war die Antwort. Da fielen unserm guten Tuttlinger ein paar große Thränen aus den Augen, und es ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht um das Herz. „Armer Kannitverstan", rief er aus, „was hast du nun von allem deinem Reichthum? Was

10. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 261

1854 - Münster : Aschendorff
261 zenwelt auch gewaltige Riesen mit großen dicken Köpfen und starken Armen, die brausen und sausen, sobald der Wind mit ihnen kämpft. Die großen Eichen und Tannen, die mächtigen Buchen und Palmen, sie sind die stolzen Niesen, die selbst nach dem Himmel ihre Arme strecken und die Wolken mit ihren Händen haschen möchten. Alles nehmen sie für sich. Es scheint das schöne warme Sonnenlicht. „Es gehört uns!" so rufen sie und fangen jeden Strahl mit ihrem breiten Laube auf. Unter ihnen bleibt es finster, nur wenig Fünkchen Sonnen- schein fallen zwischen den Blättern hindurch zum Waldesboden. Die Regentropfen rauschen aus den dunkeln Wolken nieder. „Her mit euch!" brausen stolz die Bäume und saugen mit tau- send Blättern und Zweigen und mit eben so vielen Wurzeln das Wasser ein. Nur wenig Perlen des erquickenden Him- melstrankes rinnen zu den andern Pflänzchen, die zwischen den Bäumen bescheiden am Boden stehen. Doch der Hochmuth und die Habsucht werden gestraft. Es zuckt aus schwarzer Wetter- wolke der Blitzstrahl. Die Krone des Stammes sinkt zerschmet- tert. Es braust der Sturm daher und bricht den trotzigen Stamm, und zum Winter kommt der Holzhauer mit scharfer Art und blanker Säge und fällt die stolzen Bäume. Wie Rie- sen stürzen sie und zerschlagen im Fallen krachend sich die Aeste. Ihre Leichen fährt man fort zur Schneidemühle. Unten am Waldesboden lebt ein winziges Geschlecht, be- scheiden und harmlos: das Moos. Seine Pflänzchen sind die Zwerge der Pflanzenwelt. Die größten davon sind nicht größer als ein Finger, und die meisten sind viel kleiner, ja viele sind nicht größer als ein Nadelknopf. Wie zierlich überziehen sie in mannigfachem Rasen den Grund des Waldes! Hier wöl- den sich dichte Polster von dunkelgrüner Farbe und tragen lange goldene Fäden und Köpfchen mit goldenen Kronen darauf, — es ist das goldene Frauenhaar, — daneben stehen andere in hellem, glänzendem Gewand, die ihre Früchte bescheiden hän- gen wie kleine Glocken. Es ist ein Sternmoos. Dort wölben gelblichgrüne Pflänzchen mit vielen Aesten weiche Ruheküssen und bilden kleine, zartgeschmückte Bogengänge, während in freudig frischer Farbe, zart zertheilt, sich andere Arten auf dem dunkeln Grunde des Waldes schlängeln. Mehr als hundert
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