Ablaß sollte, seiner anfänglichen Errichtung nach, nichts an-
ders scyn, als eine nach geschehener Neue und Buße eines
Sünders ihm crtheilte Vergebung seiner Ucbertretungen,
doch mit dem Vorbehalt eines künftigen bessern Lebens-
wandels, und nur für solche Sünden, von denen los zu
.sprechen der Papst sich allein Vorbehalten hatte. Bald aber
wurde der Ablaß auch auf alle übrigen Sünden, auf die
Aufhebung gcthaner Gelübde, auf die Befreiung von kirch-
lichen Gebräuchen ausgedehnt. Da mit dem Ablaß vieler
Unfug getrieben und vieles Geld nach Rom gezogen wor-
den war, so setzten sich doch die deutschen Fürsten zuweilen
dagegen, und die Papste mußten von Zeit zu Zeit einen
neuen Vorwand erfinden, um den Einspruch bei ihrem Ab-
laßhandel zu vermeiden. Mehrmals hatte schon der Tür-
ken krieg zum Vorwände dienen müssen, doch da das zu-
sammengebrachte Geld nie dazu angewandt wurde, sondern
stets in den Scckel des Papstes fiel, so war schon einmal
1501 dem Papst Alexander Vi. von den deutschen Für-
sten die Bedingung vorgeschrieben worden, daß er § der
Ablaßgelder in Deutschland lassen mußte. Dennoch
versuchte der verschwenderische Papst Leo X. aufs Neue
den Ablaßhandel in Gang zu bringen und nahm zum Vor-
wand den Ausbau der Peterskirche zu Rom. Damit seine
Geldschneiderei aber um so besser Fortgang haben möchte,
so ernannte er den Kurfürsten Al brecht von Mainz, der
auch zugleich Erzbischof von Magdeburg und Administra-
tor von Halberstadt war, zu seinem Oberbevollmachtig-
ten und ließ ihm einen Theil vom Gewinn. Kurfürst Alb-
recht, ein Bruder des Kurfürsten Joachim von Bran-
denburg, war ein verschwenderischer Herr, der seiner
Prachtlicbe wegen mit den Einkünften seiner drei reichen
Erzbisthümcr und Bisthümcr nicht auslangte, und dem
daher der neue Zuschuß durch den Ablaßkram ganz er-
wünscht kam. Er bestellte für die Lander Meißen und
Thüringen den Dominikanermönch Johann Tezel,
einen lasterhaften und frechen Menschen, der auf eine
marktschreierische Weise den Leuten die Ablaßzettel auf-
schwatzte und sie alle ohne Bedingung zur Buße und Bes-
serung, ja sogar für Sünden, die sie noch begehen wollten,
verkaufte. Dadurch machte er alles Gute, was gewissen-
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Vi Alexander Leo_X Leo Joachim_von_Bran- Johann_Tezel Johann
Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Rom Mainz Magdeburg Halberstadt
118
Wahrheit seiner Sache überzeugt, aber auch selbst seine
Gegner achteten seine Beherztheit und Freimüthigkeit. Er
erhielt freies Geleit zur Rückkehr; doch kaum war er fort
und auch Kurfürst Friedrich abgereist, als das Wormser
Edict bekannt gemacht wurde, welches Luthern und seine
Anhänger in die Acht erklärte, seine Lehren verbot und
alle seine Schriften zum Feuer verdammte. Nun glaubten
seine Widersacher den Sieg errungen zu haben, doch froh-
lockten sie zu früh, wie sie bald zu ihrem Schrecken erfah-
ren sollten. Der Kurfürst Friedrich war nicht mehr bei
Abfassung des Edictes zugegen gewesen, er hielt sich also
auch nicht daran gebunden; Herzog Georg dagegen ließ die
Verbreitung der neuen Lehre bei der schwersten Strafe ver-
bieten, verwiest viele Lausende des Landes, die sich zu
der neuen Lehre bekannten, ließ bei der Universität eine
strenge Untersuchung halten, verbot das Lehren der griechi-
schen und hebräischen Sprache daselbst und zeigte seine
Feindschaft gegen Luthers Lehren auf das Heftigste.
Der Hast des Herzogs Georg und die bekannte Hin-
terlist des römischen Hofes ließ alles für die Sicherheit
Luthers fürchten, daher wurde er auf seiner Rückreise im
thüringer Walde, auf das Veranstalten Kurfürst Fried-
richs, plötzlich durch einige verkappte Reiter vom Wagen
gehoben und heimlich nach der Wartburg gebracht; dort
mußte er sich in weltlichen Kleidern, unter dem Namen des
Junker Georg, aufhalten, damit seine Widersacher jede
Spur von ihm verlören. Die Trauer aller Anhänger der
neuen Lehre über Luthers Verschwinden war sehr groß,
denn sie glaubten, daß er in die Hände seiner Feinde gefal-
len sey. Doch bald wurden sie durch seine Schriften über-
zeugt, daß er noch lebe, auch wurde sein Aufenthalt auf
der Wartburg dadurch sehr nützlich, daß er daselbst Ruhe
gewann, das neue Testament zu übersetzen, welches schon
im folgenden Jahre gedruckt wurde, und nun mehr in die
Hände des Volkes kam und die Hauptstütze der gereinigten
Lehre wurde.
Auch in Luthers Abwesenheit hatte die Reformation
in den kurfürstlichen Landen keinen Stillstand. Bis dahin
war noch wenig an den gottesdienstlichen Gebräuchen ge-
ändert worden, da Luther selbst nicht dafür war, daß
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Georg Georg Georg
120
wollten nicht nur eine neue Religion sondern auch ein
weltliches Reich Christi auf Erden einführen, die alte Obrig-
keit sollte vertilgt und eine neue vollkommen heilige einge-
führt werden. Sie verwarfen die Kindertaufe und behaup-
teten, daß jeder erwachsene Mensch noch einmal getauft
werden muffe. Darum erhielten sie den Namen Wieder-
täufer. Die muthige Widersetzlichkeit des Pastors Nico-
laus Hausmann und seiner Capläne und das kräftige
Einschreiten des Magistrats hemmten für einige Zeit die
Fortschritte dieses gefährlichen Unfugs. Nunmehr wandten
sich aber die Häupter der neuen Secte nach Wittenberg
und verlangten von den Theologen daselbst die Bestätigung
ihrer Lehre. Melanchthon wollte darüber nicht entschei-
den und bat den Kurfürsten, Luthern die Prüfung dieser
neuen Lehre aufzutragen. Der Kurfürst ließ ihm rathen,
alle Verbindung mit den Schwärmern abzubrechen, dann
aber Luthern durch S p a l a t i n von diesen Vorfällen Nach-
richt geben. Der rieth, die Schwärmer mit Milde zu be-
handeln, und sie verbanden sich mit der Karlstadtschen
Partei in Wittenberg und die Unruhen in dieser Stadt
nahmen so überhand, daß die auswärtigen Feinde der Kir-
chcnverbefferung leicht einen Vorwand hätten finden können,
sich in diese Händel gewaltsam einzumischen. Luther war
nun überzeugt, daß nur durch seine Gegenwart dem Un-
wcsen gesteuert werden könne, und so trat er ohne Beden-
ken die Reise nach Wittenberg an, obgleich er wegen
der kaiserlichen Acht sein Leben dabei wagte, den Kurfürsten
selbst in die größte Verlegenheit setzte, und Gefahr lief, von
den Schwärmern getödtet zu werden; doch wo es die Sache
der Religion galt, kannte Luther keine Furcht. Ohne
auf das Verbot des Kurfürsten zu achten, verließ er seinen
heimlichen Aufenthaltsort auf der Wartburg und langte
am 8ten März 1522 in Wittenberg an. Am folgen-
den Tage bestieg er die Kanzel und predigte 8 Tage himcr-
einander wider die während seiner Abwesenheit eingeriffenen
Unruhen. Seine Ermabnungen machten eine so große Wir-
kung auf das Volk, daß in kurzer Zeit die Ruhe völlig her-
gestellt war.
Während die Reformation durch diese Unruhen bedroht
wurde, gewann sie auf der andern Seire dadurch, daß die
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon
Extrahierte Ortsnamen: Christi Nico- Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg
166
Die staatswirthschaftliche Thätigkeit Augusts ist für
die damalige Zeit beinahe unerhört zu nennen, und hatte die
erfreulichsten Wirkungen für seine Lande, die wohl zu sei-
ner Zeit die wohlhabendsten und bestregierten unter allen
deutschen waren. Die Rechnungen seiner Aemter revidirte
er entweder selbst oder sein Sohn Christian, daher ließen
sich die Beaufsichtigten keine Veruntreuungen oder Pflicht-
versäumnisse zu Schulden kommen. Durch seine vortreff-
liche Wirthschaft vermehrten sich seine Einkünfte in der Art,
daß er nicht nur einen Schatz von mehrern Millionen sam-
melte, sondern sehr große Summen seinen Unterthanen ge-
gen ab lösliche und unablösliche Zinsen geben konnte,
um sie aus den Händen der Wucherer zu retten. Die
Summen, die er auf diese Weise ausgethan, belaufen sich
gleichfalls auf Millionen. Dann hat er große Güterankäufe
gemacht und dadurch das Staatsgebiet erweitert. Den
Standen schoß er eine Million Gulden vor, dem Kaiser
Rudolf gleichfalls eine ansehnliche Summe auf die Pfand-
schaft seiner lausitzer Städte. Endlich hatte er uner-
meßliche Summen auf große Bauwerke verwendet, als von
Augustusburg, Annaburg, Moritzburg, dem Lust-
schlosse auf dem Königfteine, der Befestigung von König-
stein und Dresden, des Zeughauses, des Jäger-
Hofes, der Kanzlei-und Münzgebäude, des Schlos-
ses zu F r e i b e r g. Auf Wissenschaften und Künste ver-
wandte er gleichfalls nicht geringe Summen. So gab er
allein 30,000 Gulden für Stipendien und freie Stellen im
Convict auf der Universität zu Wittenberg. Er ver-
mehrte die Professoren und erhöhte ihre Besoldungen, die
Dresdner Bibliothek hat er gestiftet, auch die Kunstkam-
mer, eine Münzsammlung und andere Sammlungen ver-
danken ihm ihr Entstehen.
Bei so vielem Löblichen, was von diesem, um sein
Land so verdienten, Fürsten gemeldet werden kann, darf aber
auch eine Schwäche, deren er sich schuldig gemacht, nicht
verschwiegen werden. Dieses ist seine Einmischung in die
kryptocalvinistischen Streitigkeiten, und die harte
Verfolgung, die er über die kryptocalvinistischen
Geistlichen verhängte. Der ehrwürdige Melanchthon
hatte gegen seinen Willen zu einem Streite Veranlassung
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Extrahierte Personennamen: Augusts Christian Rudolf Rudolf Melanchthon
140
Nach derselben sollten die meißnischen und thüringi-
schen Länder ncbft den B leb erster nischen Herrschaften
und Sag an stets ungethcilt auf den erstgebornen Prinzen
vererben, die jüngeren Söhne aber mit baaren Einkünften
und einigen kleinen Gebieten abgefunden werden, doch kei-
nen Antheil an der Negierung haben. Albrecht hintcrließ
aus seiner Ehe mit Sidonia, der Tochter des Königs
Georg von Böhmen, drei Söhne, Georg, der sein
Nachfolger wurde, Heinrich, der die Erbstatthalterschaft
in Friesland erhielt, sie aber schon 1503 an Georg
übergab, von dem sie i. I. 1515 für immer an Oestreich
abgetreten wurde, Friedrich, der die Hochmeisterwürde
des deutschen Ritterordens in Preußen begleitete und 1510
zu Nochlitz starb.
Herzog Georg hatte die Kampflust seines berühmten
Vaters nicht geerbt, dagegen befaß er eine große Neigung
zur Gelehrsamkeit, die allerdings zwar löblich war, doch,
als ec sich in die Neligionsangelegenheiten mischte, dem Lande
eben nicht zum Vortheil gereichte. Die ersten Jahre seiner
Regierung beschäftigte er sich mit den Unruhen und Kriegen
in Friesland, als er aber einsah, daß ihm die Behaup-
tung dieses Landes nur Verlust bringe, so gab er es an
Oestre ich für 200,000 Gulden zurück. Freilich hatten
sein Vetter und ec , Zeit und Menschen ungerechnet, wohl
fünfmal soviel dafür aufgeopfert, doch würde er, bei länge-
rem Beharren auf seinem Rechte darauf, unfehlbar noch
mehr verloren haben. In die Angelegenheiten der Kirchen-
verbesserung war er tief verwickelt und einer der heftigsten
Gegner davon. Ec erkannte die Gebrechen der Kirche sehr
wohl und verlangte die Abstellung derselben, allein auf den
verkehrten Rath des Erasmus verlangte er, daß nur
allein durch den Papst und eine von ihm zusammenberufene
Kirchenversammlung dem eingeriffenen Verderben gesteuert
werden könne. Da er sich durch den arglistigen Eck über-
reden ließ, daß Luther den Hussitischen Ketzereien zu-
gethan sey , so faßte er einen Haß gegen ihn und verfolgte
die Anhänger desselben auf das Heftigste. Er verbot den
Verkauf von Luthers Schriften und ließ den Buchhändler
Herrgott in Leipzig, der dieses Verbot überschritten,
hinrichten, 800 Menschen als Anhänger der Re forma-
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Georg_von_Böhmen Georg Heinrich Heinrich Georg Friedrich Friedrich Georg
11t
von Luther noch gar nicht beabsichtigt war, nun unauf-
haltsame Fortschritte machte und durch ihrer Gegner Un-
klugheit selbst beschleunigt wurde.
Dr. Martin Luther hatte, als er seine 95 Sätze
anschlug, nur noch allein die Absicht, der schamlosen Ab-
laßkramerei ein Ende zu machen und glaubte fest, daß weder
der Papst noch der Kurfürst von Mainz um den schänd-
lichen Unfug wüßten, der damit getrieben wurde. Er schrieb
deshalb an den Kurfürsten von Mainz und bat ihn dem
Aergerniß Schranken zu setzen. Aber der Kurfürst, der
selbst von dem Ablaß großen Gewinn zog, antwortete nicht,
auch fand sich keiner, der mit Luther überfeine 95 Satze
hatte streiten wollen. Sie waren indeffen gegen seinen
Willen gedruckt und überall verbreitet worden, hatten ein
großes Aufsehen erregt und vielen Beifall gefunden. End-
lich ließ im December 1517 Johann Tezcl 105, und
bald darauf noch 50 Gegensätze von Dr. Wimpina ab-
fassen, worin Luthers Behauptungen so heftig und wider-
sinnig bestritten waren, daß ihre Richtigkeit nur noch mehr
einleuchtete. Auch verbrannte Tezcl Luthers Sätze
öffentlich als ketzerisch, und ließ durch den Dominikaner
Prieras in Rom eine Schrift gegen Luther abfassen,
die aber so widersinnig ausficl, daß der Papst selbst ihr
seinen Beifall versagte. Darauf schrieben noch einige
Deutsche, als der Dominikaner Hogstraten zu Köln
und Dr. Johann Eck zu Ingolstadt gegen Luther,
aber Beide mit so wenigem Geschick, daß sie, anstatt ihm
zu schaden, ihm vielmehr nützten, sich selbst aber lächerlich
und verächtlich machten; dagegen erhielt Luther nicht nur
einen allgemeinen Beifall der Studirenden in Witten-
berg und der Brüder seines Ordens, sondern auch viele
Gelehrte und Mächtige vom Adel, als Hutten, Sickin-
gen und Schaumburg billigten seine Meinung und boten
ihm ihren Schutz an. Der Hofprediger des Kurfürsten
Friedrich, Georg Burckhard, genannt Spalatinus,
wurde sein Freund und Fürsprecher, und der hochgelehrte,
weise Melanchton sein Gehülfe bei dem großen Werke.
Luther widerlegte seine Gegner ohne große Mühe, und
dann gab er eine Erklärung seiner 95 Sätze heraus, die er
an den Papst und an den Bischof von Brandenburg
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Extrahierte Personennamen: Luther Martin_Luther Johann_Tezcl Johann Wimpina Prieras Johann Friedrich Friedrich Georg_Burckhard Melanchton
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Mainz Luthers Rom Ingolstadt Witten- Schaumburg
119
durch plötzliche übereilte Neuerungen die Gemächer verwirrt
würden. Nunmehr erfolgten viele rasche Schritte. Meh-
rere Mönche des Augustiner Ordens zu Wittenberg
verließen denselben, andere drangen auf die Abschaffung der
Privat- und Seelenmessen und auf die Austheilung des
Abendmahls in beiderlei Gestalt. Auf einem Convent der
40 Augustiner Klöster in Meißen und Thüringen
im December 1521 wurden die mit dem Evangelium un-
vereinbaren Klostergelübde und Ordensregeln und das All-
mofcnfammeln abgefchafft. Der Kurfürst gebot Mäßigung
und Schonung und wollte erst durch Predigten das Volk
und durch Schriften die Gelehrten-auf die nöthigen Ver-
änderungen vorbereiten lasten, allein einige Eiferer in Wit-
tenberg, besonders der Augustiner Didymus und
der vr. Bodenstein oder Karl stad t glaubten nicht schnell
genug zu Werke gehen zu können, und wollten die römi-
schen Kirchengebräuche mit einem Male ausrolten. Sie
wiegelten das Volk durch Predigten auf, schafften eine
Menge gottesdienstlicher Gebräuche ab, ertheilten das Abend-
mahl unter beiderlei Gestalt und zertrümmerten dann in
den Kirchen die Bilder, Bildsäulen und Altäre und gaben
überhaupt dem öffentlichen Gottesdienst eine ganz neue Ge-
stalt. Sie verfuhren dabei so ungestüm, daß nicht nur
die Anhänger der römischen Kirche heftig darüber erbit-
tert, sondern auch Kurfürst Friedrich und alle ge-
mäßigten Anhänger Luthers darüber unwillig wurden.
Nur .mit großer Mühe wurde durch vr. Beyers und
einiger kurfürstlichen Näthe Vermittelung im Januar 1522
ein Vergleich zu Stande gebracht, worin mehrere Neue-
rungen anerkannt wurden, damit nur den Unruhen Einhalt
geschähe. Noch bei weitem gefährlichere Ereigniffe trugen
sich aber zu gleicher Zeit in Zwickau zu, woselbst einige
Schwärmer die Kirchenverbesserung auf ihre Weise durch-
setzen wollten. Die Häupter dieser Schwärmer waren der
Tuchmacher Nicolaus Storch und der Wcltgeistliche
Thomas Münzer; der erstere ernannte 12 Apostel und
72 Jünger, gab sich für einen göttlichen Gesandten und
seine Lehre für göttliche Eingebung aus. Die Anhänger
dieser Neuerer bestanden größtentheils aus dem Pöbel, doch
traten ihnen auch manche angesehene Männer bei. Sie
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Extrahierte Personennamen: Bodenstein Karl Karl Friedrich Friedrich Beyers Nicolaus_Storch Thomas_Münzer Apostel
121
römische Geistlichkeit in Sachsen anfing, sich von den
Vorschriften der römischen Kirche frei machen und
besonders die Ehelosigkeit aufzugcben. Ein Priester zukem-
berg, Bartholomäus Bernhardt, war der erste der
im Jahr 1521 sich vcrheirathete und bald eine große Menge
Nachfolger fand. Dadurch erhielt Luther immer mehr
Anhänger aus der Geistlichkeit, die nun auch um ihres
eigenen Vortheils Willen Luthers Lehre immer weiter
verbreiteten. Zu gleicher Zeit verfaßte Melanchthon eine
Schrift mit dem Namen loci cornrnunes, worin die
Hauptartikel der christlichen Lehre mit solcher Klarheit und
Kürze vorgetragen waren, daß sie der neuen Lehre eine große
Menge Anhänger verschaffte und alle Freunde der Kirchcn-
verbesserung in ihren Meinungen bestärkte.
Unter solchen Umständen konnte es dem Dr. Luther
wenig schaden, daß der König Heinrich Viii. von Eng-
land und der berühmte Gelehrte Erasmus gegen ihn
schrieben; er fertigte beide zum Erstaunen der Welt mit
vieler Derbheit ab und zeigte, daß bei ihm kein Ansehen
der Person galt. Auch des Haffes und der strengen Ver-
fügungen des Herzogs Georg von Sachsen gegen seine
Lehre achtete er wenig, denn er hatte ja die Freude zu sehen,
daß seine Lehren sich immer weiter verbreiteten und die
Zahl ihrer Anhänger täglich wuchs. Auch ereigneten sich
manches Günstige für sein Werk, wie der schnelle Tod des
Papstes Leo X., der ohne die letzte Oelung gestorben war,
welches selbst den eifrigsten Anhängern der römischen
Kirche großen Anstoß gab; dann die Wahl des Papstes
Hadrian Iv., der selbst die Verderbtheit der römischen
Geistlichkeit eingestehen mußte; endlich der Krieg Karls V.
mit Frankreich, wodurch jeder Plan zur Unterdrückung
der Reformation vereitelt wurde. Nunmehr dachte auch
Luther an die Aenderung der kirchlichen Gebräuche und
der Liturgie. Der Schwachen wegen ging er mit vieler
Schonung zu Werke und behielt noch viele alte Gebete und
Gesänge, selbst die Erhebung der Hostie und des Kelches
bei; aber die eigentliche Messe schaffte er ab. Er selbst
legte die Mönchskutte ab und kleidete sich in den schwarzen
Pri'efterrock, der nach und nach die Amtskleidung der Lu-
therischen Geistlichen wurde. Luther ließ bei allen
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Extrahierte Personennamen: Bartholomäus_Bernhardt Melanchthon Heinrich_Viii Heinrich Georg_von_Sachsen Leo_X. Leo_X. Karls_V.
131
sorge während seiner ganzen Negierung war die Beschir-
mung und Beförderung der Kirchenverbesserung. Gegen
die auswärtigen Widersacher hatte er sie mit Muth und
Beharrlichkeit vertheidigt, in seinen Landen bat er Alles,
was in seinen Kräften stand, gethan, um die verbesserte
Kirche in Aufnahme zu bringen. Er ließ die Schulen in
einen besseren Stand setzen, den Lehrern und-Predigern eine
ausreichende Besoldung zustießen und strebte darnach, alle
Forderungen zu erfüllen, die von Luther und Melanch-
ton und andern großen Kirchenlehrern zum Wohl und Ge-
deihen der Kirche an ihn gemacht wurden. Auch im Ue-
brigen ließ er sich die Wohlfahrt des Landes angelegen
sein, sorgte für die Verbesserung der Rechtspflege, errichtete
zu Wittenberg ein Hofgericht für die Kurlande, hielt
auch strenge Polizei, und ließ das Münzwescn in Ordnung
bringen. Mit seinem Vetter, dem Herzoge Georg, hatte er
mancherlei Irrungen wegen gemeinsamer Lehne, der Münze,
Bergwerke, Straßen und Geleite, die 1531 durch einen
Vergleich zu Grimma, der Grimmaische Machtspruch
genannt, durch welchen auch Schneeberg ganz an den
Kurfürsten kam, geschlichtet wurden.
Fünfundzwanzigstes Capitel.
Die Begebenheiten in Kursachsen während der
Negierung des Kurfürsten Johann Friedrich
des Großmüthigen.
Gleich seinem Vater und Oheim war auch Johann
Friedrich ein eifriger Beschützer und Pfleger der Refor-
mation, für deren Erhaltung er selbst seine und seines Hau-
ses Wohlfahrt opferte. Zwar mangelte ihm die Wcisheir
und der kühne Muth, um sich unter so gefährlichen Um-
ständen, die zu seiner Zeit eintraten, als der Vorkämpfer
für die gereinigte Lehre behaupten zu können, und durch
manche Mißgriffe brachte er seine Glaubenspartei in eine
höchst bedenkliche Lage; doch mangelte ihm der gute Wille
nicht, und durch seine unerschütterliche Anhänglichkeit an die
9*
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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Extrahierte Personennamen: Muth Georg Johann_Friedrich Johann Friedrich Johann
Friedrich Johann Friedrich
Vierter Zeitraum. — § 42. Das Kaiserreich bis zur Reichsteilung. 123
mit dem Drängen des für seinen Soldatengott (Mithra) eifernden Galerius Antrieb für Diokletian zur Verfolgung. Die Kirchen werden zerstört, die heiligen Schriften verbrannt, die Güter eingezogen. Märtyrertum! Das Christentum geht unbesiegt aus den Verfolgungen hervor. Duldung schon durch Diokletians unmittelbare Nachfolger. Gleichstellung der christlichen mit der heidnischen Religion durch Konstantin, dessen Mutter Helena bereits Christin ist (Konstantin, als Kaiser auch "heidnischer Oberpriester, wohl nie getauft. Sage von der Taufe vor seinem Tode). Das von ihm 325 berufene Concil zu Nicäa entscheidet gegen Arius’ Lehre zu gunsten der athanasianischen, daß der Gottessohn Christus mit Gottvater gleiches Wesens sei. Julian, der tüchtige Neffe Konstantins, macht noch einmal den Versuch, die alte Götterwelt (philosophisch umgedeutet) wiederzuerwecken und den Heiden die Liebesthätigkeit der Christen einzupflanzen. Ausschließung der Christen von Lehr- und Staatsämtern. Spott und Federkampf gegen sie. Christen werden zum Wiederaufbau zerstörter heidnischer Tempel gezwungen. Sein Tod durch den Pfeil eines Christen auf einem Zuge gegen die Neuperser bezeichnet den Sieg des Christentums (seine letzten Worte: „tandem vicisti, Galilaee!“). Der Arianismus erhält sich besonders bei den Germanen. Byzantinische Hofkirche. Der Bischof von Rom gewinnt an Bedeutung und wird in der Mitte des 5. Jahrh, das Haupt der katholischen Kirche. Unter den Nachfolgern Julians beginnen bereits Heiden Verfolgungen, Zerstörung von Tempeln (das „Serapeum“ in Alexandrien) und Götterbildern, Verfolgung von Philosophen (Hypatia in Alexandrien). Die Kirche eine Schranke kaiserlicher Willkür unter Theodosius (Bischof Ambrosius von Mailand verwehrt dem Kaiser den Eintritt in die Kirche vor Ablegung der Buße wegen einer Greuelthat in Thessalonich). Das Heidentum flüchtet von den Städten in die Gaue („pagani“).
Iv. Die Nachfolger Konstantins. Die Söhne und Neffen Konstantins, die sich nach dessen Bestimmung in die Augustus- und Cäsarenwürde teilen sollten, fallen durch Verwandtenmord bis auf dessen zweiten Sohn Constantius, der Alleinherrscher wird, und dessen Neffen Julian. Letzterer! Cäsar in Gallien, wird 361 nach tapferen Thaten gegen Allemannen und Franken (357 Schlacht bei Straßburg) aus Mißtrauen vom Kaiser abberufen, aber von seinem Heere zum Augustus erhoben (361—363). Ein Philosoph auf dem Thron! Uber sein Verhalten Wmtzecäwt-indmäen und seinen Tod s. o. für Internationale Schulbuchs orsuiung Braunschweig
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325
36i—363
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Extrahierte Personennamen: Konstantin Helena Konstantin Nicäa Gottessohn_Christus Julian Hypatia Theodosius_(Bischof_Ambrosius Julian Cäsar Augustus