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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 362

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
362 empfindsamer als ein Weib, zärtlicher als eine Mutter?" Die Kunde dieses Greuels verbreitete sich bald ins römische Lager; Titus schauderte, und nachdem er den Juden noch einmal, aber vergebens, Gnade angeboten hatte, beschloß er, diese Missethat mit den Trümmern Jerusalems zu bedecken. Er ließ die Stadt bestürmen und eroberte sie nach fünfmonatlicher Belagerung. Viele Juden hatten sich indes in das gewaltig feste Gebäude des Tempels geflüchtet. Titus wünschte sehn- lichst, diesen prachtvollen Tempel zu erhalten und verbot strenge, daß jemand sich daran vergreife. Aber, von höherem Antriebe geleitet, ergriff einer der Soldaten eine Fackel und warf sie in den Tempel; das Feuer griff um sich, und unge- achtet aller Bemtihungen, den Brand zu löschen, ging der Tempel in Flammen auf. Ein entsetzliches Blutbad ward in der Stadt angerichtet. Mehr als eine Million Juden sollen in diesem Kriege umgekommen sein, und so viele wurden, wie sie unserm Heilande gethan hatten, von den Römern ans Kreuz geheftet, daß es in der Gegend an Pfählen zu Kreuzen mangelte. Die Gefangenen (97000 an der Zahl) wurden entweder getötet, oder zum Kampfe mit wilden Tieren be- stimmt, oder in die Sklaverei verkauft. Solches Ende hatte Jerusalem im Jahre 70, und es er- schien so auffallend als ein Strafgericht des Herrn, daß Titus selbst gestand, er sei nur das Werkzeug der göttlichen Rache gewesen. Er hielt in Rom einen prächtigen Triumph über die Juden, und auf dem marmornen Triumphbogen, der da- mals errichtet wurde und zum Teil stehen geblieben ist, er- blickt man jetzt noch mehrere Abbildungen der erbeuteten jüdischen Tempelgeräte. Die Juden wurden, den Weissagungen gemäß, über die ganze Welt zerstreut und werden, wie ebenfalls die Propheten vorhersagten, ohne Opfer und Altar, ohne Tempel und Hohe- priester, erhalten als ein ewiges Denkmal der Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit Gottes, bis sie am Ende der Tage Jesum als ihren Messias erkennen und bekennen werden. 4. Kaiser Constantin der Große. Es giebt Begebenheiten in der Geschichte, die teils da- durch, daß sie den Charakter eines Zeitalters beurkunden, teils dadurch, daß andere wichtige Thatsachen an sie geknüpft sind, eine überaus hohe Bedeutung erlangen. Zu solchen Begebenheiten gehört auch die wundervolle Erscheinung, die sich dem Kaiser Constantin dem Großen gezeigt und seinen Übertritt zum Christentum und die Erhebung desselben zur

2. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 395

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
395 Als dächt' er vergangener Zeiten; Jetzt, da er dem Sänger ins Auge sah, Da ergreift ihn der Worte Be- deuten. Die Züge des Priesters erkennt er schnell Und verbirgt der Thränen stür-- zenden Quell In des Mantels purpurnen Faltem. Und alles blickte den Kaiser an Und erkannte den Grafen, der das gethan, Und verehrte das göttliche Walten. 17. Crsinoung der Buchdruckerkrmsi. Unter allen Erfindungen des Mittelalters ist die Buch- druckerknnst die wichtigste und zugleich die schönste Zierde des- deutschen Namens. Früher gab es nur geschriebene Bücher. Die Mönche vorzüglich beschäftigten sich mit dem Abschreiben, und es ist zum Erstaunen, wie weit es diese in der Schön- schreibekunst gebracht hatten. Die großen Anfangsbuchstaben wurden sehr schön in bunten Farben gemalt, auch wohl mit Gold ausgelegt, oft sogar mit kleinen, niedlichen Bildchen umgeben. Solche Abschriften kosteten außerordentlich viel Zeit und vielen Fleiß und waren deshalb auch sehr teuer. Eine einzige schöne Bibel kostete wohl dreihundert Thaler. Darum konnten auch nur reiche und vornehme Leute Büchen haben. Am größten war dieser Nachteil für Schulen, wo nicht jeder Schüler, wie jetzt, sein Buch hatte. Der Unter- richt konnte deshalb auch nur höchst mangelhaft sein, weil er sich fast einzig auf den mündlichen Vortrag be'chränken mußte. — Der Bnchdruckerkunst ging die Formschneidekunst, die schon im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts erfunden war, voraus und bereitete jene vor. Es wurden nämlich in hölzerne Täfelchen allerlei Bilder von Heiligen geschnitten,, mit Farbe bestrichen und dann auf Pergament oder Papier abgedruckt. Diese Holzschnitte waren anfangs sehr roh, die Figuren kaum kenntlich. Um den Heiligen, der abgebildet iein sollte, kennbar zu machen, wurde der Name desselben beigesetzt. Bald schnitt man nicht nur einzelne Wörter bei,, sondern auch ganze Bibelstellen, zuletzt schnitt man sogar ganze Seiten in Holz. Sollte nun ein geschriebenes Buch gedruckt werden, so mußten gerade so viel Holztafeln da sein, als das Buch Seiten hatte. Jede Seite wurde in die Holz-^

3. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 41

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
41 Landstraße hinwanderte und sich seiner düstern Stimmung ganz iiberließ. Da sah er das helle Feuer einer nahen Schmiede und hörte die eiligen Schläge des fleißigen Ar- Leiters. Das llang ihm so heiter und traulich entgegen, als käme es aus der Schmiede seiner Heimat. Er konnte sich nicht enthalten, hinzutreten und den rüstigen Arbeiter an- zureden. ..Ihr habt wohl viel zu thun, guter Meister?" fragte er mit zutraulicher Stimme. — „Mehr als zu viel!" war die Antwort; „denn ich werde von allen Seiten ge- drängt und kann nicht begreifen, was der Krieg mit all den Nägeln thut." — „Habt Ihr denn keine Gesellen?" fragte der Graf weiter. — „Man kann keine finden," rief der Emsige zwischen sein Gehämmer. Das war für den be- drängten Grasen genug, um sich sofort zur Hülfe anzubieten. „Es ist zwar nicht viel, was ich verstehe," sagte er, „aber ich verlange auch nur den nötigen Lebensunterhalt zum Lohne, und mein Eifer soll den Mangel an Geschicklichkeit ersetzen." Der Meister ließ ihn einen Versuch machen und war hinrei- chend damit zufrieden. Es währte nicht lange, so war der junge Gras wieder ganz in seiner früheren Übung. Er erwarb sich die Gewogenheit seines Meisters, bekam höheru Lohn und konnte von demselben etwas zurücklegen. Da er sich in seine Lage gefunden hatte, so verlebte er heitere Tage in der redlichen Familie. Das Glück wollte aber auch, daß ihm nach Ablauf der Kriegsunruhen alle seine Güter zurückerstattet wurden. Da erst offenbarte er dem Meister seinen Stand und Namen und versprach, ihm ein Andenken an die bei ihm verlebte Zeit zu überschicken. Noch mehr aber gedachte er, den wackeren Schmied seiner Heimat zu belohnen, dem er das köstliche Kleinod eines Handwerks zu verdanken hatte. Er sehnte sich nach dessen Wiedersehen. Wie staunte er, als er statt der früheren Hütte ein großes Haus mit einem bedeutenden Lager von Eisenwaren da stehen sah und daneben eine Schmiede, worin viele Gesellen, nicht bloß mit Verfertigung von Nä- geln, sondern auch mit verschiedenen andern Arbeiten beschäf- tigt waren!j Der alte Meister aber stand an der Hausthür und sah eben zu, wie ein Karren mit Eisenwaren beladen

4. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 610

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
— 610 — trat, und von da an war der münsterische Fürstbischof zugleich das geistliche Oberhaupt dieser Landesteile. Neben Christoph Bernhard, der 1678 starb, ist noch zu erwähnen der münstersche Minister Franz Friedrich Wilhelm von Fürstenberg. Dieser hat durch seine treff- lichen Maßnahmen zur Heilung der Wunden, die der 7j ähr ig e Krieg dem Volkswohlstände geschlagen hatte, und dadurch, daß er den verdienten Overberg nach Münster berief und im Vereine mit demselben eine vorzügliche Schulordnung entwarf, dem Fürstbistume Münster den Namen eines Muster- staates erworben. Overberg besuchte in Fürstenbergs Auf- träge in den Jahren 1783 und 1734 das Niederstift und konnte nur Günstiges über Land und Leute berichten. Dem Eifer der Geistlichen für den Volksschulunterricht zollte er ein besonderes Lob. Der Sturm, der zu Ende des 18. Jahrhunderts von Frankreich her über Deutschland dahinraste, sollte auch für das Fürstbistum Münster verhängnisvoll werden. Es wurde zwischen Preußen, Hannover und Oldenburg geteilt. Preußen erhielt das Oberstift, Hannover das Amt Meppen und Oldenburg die Ämter Vechta und Cloppenburg, fortan das oldenburgische Münster land genannt. Später kamen Damme und Neuenkirchen hinzu (S. 597 und 606). Mit dem Anfall der Ämter Vechta und Cloppenburg an Oldenburg, der 1803 erfolgte, verschwand auch das in Vechta ansässige Alexanderkapitel (S. 598). Bald darauf sollte die französische Herrschaft, nachdem das ganze Herzogtum Frankreich einverleibt war, das beim Volke überaus beliebte Franziskanerkloster in Vechta vernichten. Im Jahre 1811 wurde es durch ein Dekret Napoleons 1. aufgehoben. Daß es dem katholischen Volke nicht leicht wurde, sich mit allen diesen Neuerungen, die einen kirchenfeindlichen Charakter zur Schau trugen, rasch abzu- finden, läßt sich denken. Die Verdienste der Franziskaner um das Münsterland erkennt man noch zur Stunde dankbar an. Glücklicherweise hatten die Ämter Vechta und Cloppen- burg 1803 einen Fürsten erhalten, der es verstand, die neuen Unterthanen zu versöhnen und für sich einzunehmen. Was der Herzog Peter Friedrich Ludwig in seiner Proklamation vom 30. Juli 1803 versprochen hatte, die früheren münster- schen Unterthanen könnten sich seiner unermüdeten Sorgfalt für die Erhaltung ihres wahren Wohls, der möglichen Ab- stellung aller Mißbräuche, der Handhabung einer unparteiischen Gerechtigkeit, der Beförderung des Fortkommens und Wohl- standes, der Beibehaltung ihrer Gesetze und Gewohnheiten,

5. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 269

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
269 wunderbaren chinesischen Schriftzüge bewundern kann, welche Namen des Erbauers und des Landbezirks — gleich den Etiketten auf unseren Weinflaschen — nennen. Der Leser aber mag sich nur in acht nehmen, daß man ihm nicht in England oder Rußland zubereitete Schlehen- oder Eschenblätter für Thee aus Kanton verkaufe, denn oft genug hat keins der grünen Blättlein in den schön bemalten Theebüchsen weder China noch sonst ein Land Asiens zu sehen bekommen. 60. Die Blumen. Noch bedeckt zur Zeit, da der Winter bald dem Ende- seiner Herrschaft sich nahet, eine reine, glänzend weiße Decke Berge, Hügel, Thal und Wald, und ein bläulicher Duft ist darüber hingegossen, aus welchem uns stärkende Luft ent- gegenweht; aber es scheint nicht, als ob er, der Winter, schon lange her an das Herrschen gewohnt, sobald abzutre- ten gedenke von seinem Throne. Allerdings sucht er uns zu entschädigen, indem er an unsern Fenstern und überall, wo er kann, Blumen von Eis, und rasch, ja über Nacht, her- vorruft; allein so sehr wir auch darin die bildende Kraft der überall schassenden Natur, welche aber nur das Werkzeug Gottes ist, erkennen und bewundern und uns gern der Täuschung auf einige Zeit überlassen, so fühlen wir doch bald genug innige Sehnsucht nach den wahren Blumen, nach den Blumen des Frühlings und des Sommers. Und bald- verkünden es laue, linde Lüfte, daß die Sehnsucht gestillt werden soll. Auch kommt jetzt ein Friihlingsbote nach dem andern an, zuerst das Schneeglöckchen, sehr sinnig von den Deutschen so genannt. Noch vor Fastnacht blüht es, mitten im Schnee, um eine andere Zeit zu verkünden. Sieh! Schneeglöckchen entwinden sich schon weißschiinmernd der Erde, Die ihr so fröhlich euch zeigt, läutet den Frühling ihr ein? Ja, den Frühling läutet es ein, das liebliche Blümchen, und ist so angenehm und so teuer unserm Herzen als die Hoffnung, die es in diesem erregt. Und kaum haben dio andern unter der Winterdecke noch schlummernden Blumen

6. Erdkunde - S. 46

1888 - Freiburg im Breisgau : Herder
46 sind (Fig. 4), die früher viel befahren wurden, nun aber an Be- deutung verloren haben, feitdem Eisenbahnen, wahre Wunder- werke der Baukunst, über die Alpen führen. Zur Zeit verttnden vier Bahnen die westlich und nördlich des Gebirges gelegenen Länder mit Italien (Mont Cenis-, Gotthard-, Brenner- und Semmeringbahn). 6. Mehr als jedes andere Gebirge bieten die Alpen eine große Mannigfaltigkeit der erhabensten Naturschönheiten und sind deshalb auch alljährlich das Reiseziel vieler Tausende. Es ist schwer zu sagen, was den Fremden in den Alpen, diesem „Tempel der Natur", am meisten ergreift. Sind es die lieblichen Thäler, in denen klare Alpenseen die fruchtbaren Gelände und die hochragenden Berge, von welchen sie umgeben sind, spiegeln? — Sind es die schroffen, zerrissenen Wände und Felszacken, welche sich, dem menschlichen Fuße unnahbar, jäh gen Himmel erheben? — Sind es die weit ausgedehnten, glitzernden Schneefelder oder die tosenden Wasserfälle, in denen die schäumenden Gletscherbäche zu Thal stürzen? — Ist es das unbeschreiblich schöne Glühen der Berggipfel bei Sonnenauf- und Untergang? — Ist es die ent- zückende Fernsicht, welche sich dem Wanderer von den luftigen Höhen aus weithin eröffnet? Staunend steht der fühlende Mensch vor all diesen Wundern der Alpenwelt, und tiefe Wehmut ergreift ihn, wenn er wieder von den liebgewordenen Bergen scheiden muß und allmählich die zackigen Gipfel derselben am Horizonte verschwinden sieht. Vi. Ihrer Längenausdehnung nach werden die Alpen in West-, Mittel- und Ostalpen eingeteilt. Einem alten Herkommen ge- mäß scheidet man diese Hauptteile wieder in einzelne Gruppen, deren Be- nennung teilweise noch von den altrömischen Schriftstellern herstammt. A. Die Westalpen. Sie erstrecken sich in nördlicher Richtung vom Mittelmeere bis zum Montblanc und werden in folgende drei Glieder eingeteilt,: 1. Die Meer- oder Seealpen. Sie ziehen vom Apennin ans in einem Bogen nördlich bis zum Monte Diso (3800 in). 2. Die Kottischen Alpen (so nach dem Könige Cottins, einem Zeitgenossen des Angnstns, benannt) bis zum Mont Cenis.

7. Mancherlei für Jung und Alt - S. 253

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
253 mundeten beteiligte; oder sei es auf jenem einsamen Spazierritte vor Augsburg, wo er in einem Hohlwege einen plötzlich schwer erkrankten Bettler antraf, vom Pferde stieg, dem Kranken einen Labetrunk reichte, sein kaiserliches Oberwams anszog, um den vor Kälte Zitternden damit zu bedecken, und dann eiligst zur Stadt zurückritt, um einen Priester zu holen, der dem Sterbenden die letzten Tröstungen der Religion bringen sollte. Schon Maximilians äußere Erscheinung war fesselnd und wohl- thuend: seine edle Gestalt, sein fester sicherer Gang, der Adel und die Würde in all seinen Bewegungen, der Ausdruck unverkümmerten Wohl- wollens aus seinem Antlitze, die unversiegbare Heiterkeit seines reinen Gemütes und seine herzgewinnende Rede, die manchen feindlich Gesinnten oft bei der ersten Begegnung versöhnte. Als er einmal beim Empfange seiner Gemahlin Maria von Burgund in Gent seinen Einzug hielt, „auf hohem braunen Roß, alle überragend, in glänzender silberner Rüstung, unbedeckten Hauptes, seine reichen blonden Locken in einen Kranz von Perlen und Edelsteinen gefaßt", da schrieb ein Anwesender: „Welch eine prächtige Erscheinung! Maximilian ist so jugendlich frisch, so männlich kräftig, so strahlend vor Glück, daß ich nicht weiß, was ich mehr be- wundern soll, ob seine blühende Jugend, oder seine Kraft, oder sein Glück. Man muß ihn gern haben, den glänzenden Mann." Man muß ihn ebenso gern haben, wenn man ihn im einfachen grauen Jagdrock, den Stulphut auf dem Kopf, mit Stegeisen, Armbrust und Jägerhorn versehen, die höchsten Gebirge und Felsschluchten Tirols durchwandern sah, oder ihn ein trauliches Gespräch mit einem vorübergehenden Bauer anknüpfen hörte, oder wenn er bei geselligen Vergnügungen, etwa in Frankfurt oder Ulm, in launiger Rede mit den Bürgern oder Bürgers- töchtern scherzte und es den Patricierfrauen nicht verübelte, daß sie, die von seiner baldigen Abreise gehört, ihm Stiefel und Sporen versteckten, damit er noch einen Tag länger bleibe und auch den morgigen Tanz mit der Königin des Festes eröffne. Maximilian war in seinem ganzen Wesen und Thun das gerade Widerspiel seines trägen und unschlüssigen Vaters. Während Friedrich am liebsten stets in den breiten Geleisen des privilegierten Herkommens fortging und aus Scheu vor Verantwortlichkeit jede durchgreifende Maß- regel vermied, fühlte Maximilian den lebendigen Trieb in sich, „für eine neue jugendliche Zeit Kraft und Leben einzusetzen, alle geistig Hochstreben- den zu ermuntern und zu fördern, alles gute und bewährte Alte zu ehren, zu erhalten und neu zu befestigen, dagegen alles wirklich Veraltete zu entfernen. Seine Wißbegierde war unbegrenzt, und er lernte ebenso leicht Geschütze gießen und bohren und Harnische anfertigen, als er das Studium der Geschichte, Mathematik und Sprachkunde betrieb. Wie als

8. Mancherlei für Jung und Alt - S. 90

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
90 Doch in dem Werk zeigt sich der Väter Glauben, Ihr Hoffen, Lieben, Streben, Kämpfen, Ringen; Ein Gut, das ihnen niemand konnte rauben. So ruft ihr Geist im Stein den späten Söhnen: „Nicht zögert, freudig alles darzubringen, Wenn's gilt dem Ruhm des wahrhaft göttlich Schönen." Joh. Bapt. Diel. Die Demut. Demut, wer kennt, achtet, liebt sie nicht? Wir, die wir vom christ- lichen Geiste uns genährt haben, finden sie ganz natürlich, groß, edel, schön; und wenn auch tausendmal der Hochmut an unserer Seele nagt, so suchen wir ihn doch mit dem Schleier der Demut zu verhüllen. Ist doch selbst die bescheidene Höflichkeit der modernen gebildeten Welt nur eine Konvention, welche uns die Tugend ersetzen soll, falsche Demut, wie La Rochefoucault sagt, ein Tribut, den das Leben dieser Tugend zollt. So beherrscht sie zur Stunde noch die öffentliche Meinung. Fragen wir dagegen der besten einen aus der heidnischen Welt: Was ist Demut? Er hat keine Antwort, keine Vorstellung von einer Tugend, die dem Christen so geläufig ist, nicht einmal das Wort dafür. Es ist die Demut die schönste und liebenswürdigste, aber ebenso die schwerste aller Tugenden. Erst mit ihm ist sie auf Erden in ihrem ganzen Glanze erschienen, der, aller Größe sich entäußernd, Knecht aller geworden ist, um allen zu dienen, der allein darum sprechen konnte: Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Sie ist die Frucht der wahren Erkenntnis seiner selbst, die erst das Christentum dem Menschen gebracht, seiner Niedrigkeit und Ohnmacht aus sich, seiner Größe und Hoheit durch Gottes freie Gnade. Sie ist die Wirkung der erhabenen Stellung, zu welcher das Christentum den Menschen erhoben, des erweiterten Gesichtskreises, in den er durch die Erkenntnis der ganzen Größe Gottes getreten. Der selbstzufriedene Stolz verkleinert die Idee von Gott und seiner Schöpfung, in der Demut dagegen ist Wahrheit. Und in der Demut liegt unsere Kraft. Es ist ein geheimnisvoller Trieb, ein unwiderstehliches Streben in des Menschen Brust, was die Phantasie des Jünglings erregt, des Mannes Thatkraft spornt; aber die Wirklichkeit, das Gefühl der eigenen Ohnmacht schmettert ihn nieder, und es sinkt bald zurück in starre Apathie das Herz, vordem so „trotzig" und bald so „verzagt". Nicht so der Demütige. Aus sich hat er nur Schwachheit, Zwiespalt, Sünde; er weiß sich entbehrlich für Gott und sein Reich, ein „unnützer Knecht", auch wenn er alles gethan, mit den reichsten Gaben ausgestattet, nicht auf diese in eitler Selbst- gefälligkeit den Blick richtend, sondern auf den, der sie ihm zu Lehen

9. Mancherlei für Jung und Alt - S. 188

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
188 erstatten; schau um dich." Nathanael sah um sich her, da trat die Ar- mut vor ihn hin, und die Zweige des Feigenbaums und des Weinstockes deuteten auf sie. Und Nathanael teilte die Früchte mit ihr, ja selbst seinen Mantel, und war selig und zufrieden, und sein Dach trug doppelte Früchte; denn so zwei sich sättigen an einem Brot in Liebe, macht der Herr es doppelt so groß. Clemens Brentano. Der Rosenkranz als katholisches Kennzeichen. Es ist sogar ein Glaubenssatz unserer heiligen Religion, daß unsere Kirche eine sichtbare, und das ganze kirchliche Leben nicht bloß in geheimnis- vollen Zuständen im Innern der Seele, sondern auch in äußerlichen wahrnehmbaren Verhältnissen sich bewege und kundthue. Was den Men- schen ohne Unterschied, den Gebildeten wie den Ungebildeten, -den Reichen wie den Armen, den Glücklichen wie den Unglücklichen angeht, was ihn beleben, erfreuen, trösten, ermuntern, begeistern soll, das kann und darf nicht bloß seine Seele angehen, sondern es muß den ganzen Menschen erfassen, Seele und Leib, Geistiges und Sinnliches, und so mußte denn die Religion, wenn sie die wahre, für den Menschen passende sein sollte, nebst dem für die Seele bestimmten Schatz geistiger Wahrheiten und Gna- den, auch in äußerlichen, sichtbaren Formen erscheinen, es mußten Kirchen sich erheben, aus Stein gebaut, als sichtbare Orte, wo der Mensch zum Göttlichen sich erheben konnte, es mußte ein in schönen edeln Ceremonien ablaufender Gottesdienst eintreten, mit der Kerzen freudigem Schimmer und des Weihrauchs aufsteigenden Wolken. Alle Religionen der weiten Erde, sollten sie den Menschen für sich gewinnen, mußten dies in sich beschließen und haben es zum Teil gethan, und der Unterschied der wahren und falschen Religion lag nur darin, daß das äußere Gepränge der letztern eben nur einen Leichnam kleidete, dem das Gewand kein Leben geben konnte, mit dem es aber endlich verfaulen und vermodern mußte; in der wahren Religion erhielten die äußerlichen, sinnlichen Formen Leben und Bedeutung aus dem innern geistigen Bereiche, und teilten mit der ewigen Wahrheit, in deren Dienst sie standen, ihre Eigenschaften steter Jugend und Unvergänglichkeit. Die katholische Religion versteht ihr inneres und äußeres Leben so wunderbar zu verbinden, und eben deswegen den Men- schen, sei er, wer er wolle, ganz zu gewinnen, weil sie kein religiöses Bedürfnis in ihm unbefriedigt läßt. So ist auch der heilige Rosenkranz ein katholisches Kennzeichen, denn dazu hat ihn die kirchliche Weihe und der Volksgebrauch gemacht. Als Dominikus das Gebet des Rosenkranzes einführte und daran Hoffnung knüpfte, die Irrlehren der Albigenser damit zu bekämpfen und,

10. Mancherlei für Jung und Alt - S. 213

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
213 ihnen den gewöhnlichen Unterschied des Ranges, benützte die passenden Gelegenheiten, dieselben durch zarte Geschenke zu erfreuen, und behandelte sie durchweg mit ungekünstelter Herzlichkeit, vor allen die Freundin ihrer Jugend, Donna Beatrix Bobadilta, nachherige Marquisin von Moya. Elisabeth dagegen kannte und wollte kein freundschaftliches Ver- hältnis zu ihrer Umgebung, sondern bewegte sich stets in zwei schlimmen Extremen, bald die Kokette an ihrem eigenen Hofe spielend, bald dem von ihrem Vater Heinrich Viii. ererbten Temperamente bis zu Flüchen und Beohrfeignngen ihrer Damen und Minister folgend. Dabei miß- traute sie ihrer ganzen Umgebung und hielt niemanden aufrichtiger Treue fähig, ward aber dafür auch in der That von allen Seiten hinter- gangen und durch List und Verstellung ihrer Räte und Frauen zu manchem falschen Entschluß getrieben. Ein Hauptübel ihres Hofes floß aber aus ihrer Kargheit gegen die Beamten und die Glieder des Hof- staates hervor. Darum riß arge Bestechlichkeit ein, Stellen, Monopole und Patronagen wurden überall am Hofe verkauft und mit Prozessen sogar förmlicher Schacher getrieben. Auch die Königin selbst war eine große Freundin des Annehmens von Geschenken, half durch Selbstfordern den Sänmigen nach und wußte aus jedem gnädigen Besuche klüglich einen Raubzug zu machen. Beide Fürstinnen waren in ihrer Jugend von mehr als gewöhnlicher Schönheit der Gestalt, aber während sich Elisabeth von der lächerlichsten Eitelkeit, Gefallsucht und Putzsucht beherrschen ließ, zeigte Jsabella auch nicht die leiseste Anwandlung dieser weiblichen Schwachheit \ Wenn die englische Thetis1 2 Audienzen erteilte, zog sie beständig ihre Handschuhe aus und an, um den aufwartenden Herren ihre schönen Hände zu zeigen, hörte keine Schmeichelei lieber, als das Lob ihrer „himmlischen" Schönheit, und verlangte für diese, sogar als sie schon den Siebzigen nahe stand, noch immer die reichlichste Huldigung in orientalischen Phrasen. Ja sie ver- kündete selbst ihre eigenen Reize und ließ ihren getreuen Unterthanen erklären, daß bisher kein Porträt von ihr dem Urbilde Gerechtigkeit widerfahren lasse; jetzt aber habe sie ihr Bild von geschickten Künstlern fertigen lassen, wonach nun alle früheren korrigiert werden müßten. Ob- gleich sie aber ihrer Schönheit in so hohem Grade selbstbewußt war, glaubte sie doch keineswegs die Künste der Toilette und des Schmuckes verschmähen zu dürfen. Als aber der Bischof von London es einst 1 Jsabellas Gestalt war etwas über mittlere Größe; von Gesichtsfarbe klar; ihr Haar, hellkastanienbraun, schimmerte ins Rötliche, und ihr mildes blaues Auge strahlte Verstand und Gefühl. Sie war ausgezeichnet schön und anmutsvoll in ihrem Wesen. 2 Thetis — Meernymphe im altgriechischen Glauben.
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