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1. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 29

1895 - Leipzig : Hinrichs
Indianer in Nordamerika. 29 jedem Ereignis, das ihn betroffen macht, steckt für ihn ein geheimnisvoller Geist: so im Bären oder Büffel, der seinem Schusse entgeht, im wildrauschenden Strome oder Gewitter, im heranrauschenden Dampfschiffe, im Ticktack der Uhr. Wie alle Völker niederer Bildung glaubt er fest an Träume, an Ahnungen und hat dafür tausend gute oder böse Deutungen. Nicht das geringste Werk unternimmt er, ohne vorher die Manitu durch Opfer, Beschwörungen und allerhand Teufeleien zu sühnen und sich geneigt zu machen. Kein Bursche geht auf seinen ersten Kriegspfad hinaus, ohne durch Nachtwachen, Fasten und Be- schwörungen an einsamen Orten sich seinen Schutzgeist, gleichsam seinen Leibmanitu, einznfangen, den er wie durch plötzliche Ein- gebung auf einmal in einem bunten Sternchen, in einem Aste oder Wurzelfigürchen zu entdecken glaubt. Der heilige Sack (Medicine bag), der bei den religiösen Tänzen der Indianer eine große Rolle spielt, und bei dessen Berührung sie häufig in Zuckungen fallen, enthält nichts als eine Sammlung von allerlei Knöchelchen, Muscheln und Holzsigürchen, an welche die Manitu gefesselt sind. Jeder Mann hat seinen Medizin- Manu, der Arzt, Zauberer und Priester in einer Person ist. Er wird für seine Kuren bezahlt und steht in großer Achtung. Manche Medizin-Männer sind geschickt und kennen viele heil- kräftige Pflanzen, die sie verordnen; wenn sie nicht Helsen, dann spielen sie den letzten Trumpf aus, der ist ,,die Medizin" oder der Zauber. Sie ziehen sich fürchterlich lächerlich an. tanzen vor dem Kranken, schütteln ihre schrecklichen Klappern und singen Zauberlieder, um den bösen Geist der Krankheit zu bannen; dann posaunen sie ihre Kunst aus; stirbt er — nun, so ist es der Wille des großen Geistes. In Romanen und älteren Reisebeschreibungen ist viel von den körperlichen und sittlichen Vorzügen der Indianer die Rede. Heutzutage aber läßt sich nicht viel davon rühmen. Urbilder der Kraft und Schönheit find gewiß zehnmal mehr unter den gebildeten als unter den wilden Völkern zu finden. Die Natur hat die Indianer mit keinen Vorzügen bedacht, die sie vor andern Sterblichen voraus hätten, wohl aber haben Entbehrungen und Mühsale bei ihnen frühzeitig die Wohlgestalt zerstört. Die Feinheit und Schärfe ihrer Sinne ist erstaunlich, und sie leisten Bewundernswertes im Fasten und in der Ausdauer auf Reisen und Jagden. Aber gleichwohl übertrifft sie der Gebildete

2. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 55

1895 - Leipzig : Hinrichs
Beduine. 55 das Feuer seines Gemütes; sein Blut, leicht in Wallung, kühlt sich nicht bald, und schwer versöhnbar ist das nach Rache dürstende Herz. Eine Beleidigung nicht rächen, gilt für ent- ehrend; die Verpflichtung zur Blutrache geht bis in das fünfte Geschlecht, und Verachtung trifft die, welche sie nicht erfüllen. Der Lebhaftigkeit seiner Gebärden entspricht ein scharfer, heller Verstand, der sich an schlagenden Witzen und sinnvollen Sprüchen ergötzt, und eine glühende Phantasie, die sich eine Welt dichte- rischer Bilder gestaltet; denn Dichtung ist Anfang und Ende der Weisheit der Araber. Sie lieben es, bei hellem Mond- scheine sich Märchen und Geschichten zu erzählen oder zu singen. Jünglinge und Mädchen wiederholen in Chören den vom Vor- sänger gesungenen Vers und begleiten ihren Gesang mit Hände- klatschen und allerlei Bewegungen des Körpers. Der Beduine wohnt in Zelten, die aus Kamelhaaren ge- webt sind. Seine Kleidung ist ein wollenes Hemd und ein Mantel, dessen weiße und braune Streifen des Zebras nach- geahmt sind; seine Waffen bestehen in Schwert und Speer, Helm und Panzer, hier und da auch in Schießgewehren; seine Speise ist süße und saure Kamelmilch, ungesäuertes Brot, Butter, Datteln, Trüffeln der Wüste; sein Reichtum ist das Kamel und das edle Roß.

3. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 6

1895 - Leipzig : Hinrichs
6 Neger. das Meer und kommen darin nach Afrika geschwommen, wo sie Menschen rauben, um sie zu verzehren." Wenn nun aber auch die Möglichkeit einer höheren Ent- Wickelung der afrikanischen Bevölkerung nicht in Abrede gestellt werden kann, so darf man sich doch auch andererseits nicht übertriebenen Hoffnungen in Bezug auf die Hebung dieser Völker hingeben. Die Entwicklungsfähigkeit des Weißen besitzt der Neger nicht. Die Kulturvölker kaukasischen Stammes haben seit Jahrhunderten mit dem Neger in und außer Afrika die mannigfachsten Berührungen, nicht bloß infolge des Sklaven- Handels gehabt; man hat ihn getauft und unterrichtet, er hat in der Sklaverei und in der Freiheit gelebt, die Missionäre ver- schiedener Konfessionen haben sich bemüht, ihn zu sittigen; aber es stellte sich immer heraus, daß die Ergebnisse der Bemühungen nur sehr dürftig ausfielen; sobald man den Neger, gleichviel wo, wieder sich selbst überließ, erfolgte ein Rückschlag zur Barbarei; ohne die Stütze des Weißen vermag er sich nicht auf dem ge- wounenen Knlturstandpnnkte zu erhalten. Einzelne Neger haben durch sorgfältige Erziehung eine hohe Stufe der Ausbildung erstiegen, aber die Mehrzahl endet auf einer niederen Stufe. Der Neger ist nie im höheren Sinne erfinderisch; seine ganze Naturanlage macht ihn zu einem passiven Wesen. Auch hat er nie eine Geschichte gehabt; das schwarze Afrika ist uuhistorisch, es hat stets uur vegetiert. In West-Jndien traten allerdings der Neger und der Mulatte in die Geschichte ein; seine Helden sind Toussaint Louverture, Dessalines, Soulouque! Auf Haiti ist er frei, d. h. kein Weißer bevormundet ihn; es giebt keinen schöneren Fleck Erde als das prächtige Eiland, das sein Eigen geworden ist; alles, was die europäische Kultur bietet, liegt zu beliebiger Auswahl vor ihm. Aber ganz Hispaniola ist dem Verfall preisgegeben und verwildert, wie seine schwarzen Be- wohner, die sich wieder dem Fetischdienst zuwenden und nächt- liche Orgien feiern. Wo der Neger sich in seiner Weise und seinen Eigentümlichkeiten gemäß ausbilden kann, wird er es immer mehr oder weniger in asrikanisch-barbarischer Weise thuu.') Sein Naturell schlägt durch, und der ihm aufgezwungene Firnis von Gesittung fällt ab. Trotzdem dürfen die Versuche, den Afrikaner bis an die *) Vergl. Charakterbilder aus Afrika S. 79.

4. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 76

1895 - Leipzig : Hinrichs
76 Zigeuner. Mitte des Loches liegt ein faustgroßes Stück Eisen als Ambos, dabei einige Kohlen, ein Hammer und eine Zange, ein naktes Kind zieht den Blasebalg — das ist die Werkstätte. Eine große Anzahl von Zigeunern beschäftigt sich mit der Goldwäsche und hat nur die Verpflichtung, jährlich wenigstens einigen Gold- staub an den Aufseher abzuliefern. Die niedrigste Klasse bilden die Wanderzigeuner. Ein paar Schweine, ein struppiger Hund, eine dürre Mähre, die das Zelt trägt oder den Karren zieht, — das ist der ganze Hausrat dieser Nomaden. Mit Unrecht beschuldigt man sie des Diebessinnes. Es fällt ihnen gar nicht ein, sich mit Besitz zu beschweren. Sie nehmen, wie die Kinder, was sie gerade brauchen, und lassen es wieder fallen, wenn sie nicht mehr daran denken. Sie wollen elend bleiben, aber Könige der freien Luft, nicht gebunden an Geschäft und Haus. Doch leben nicht alle Zigeuner in demselben Elende; manche haben sich der Landwirtschaft ergeben und sind in diesem Be- triebe glücklich, wie denn dies Volk zu allem, was es angreift, ein besonderes Geschick zeigt. Ja, es giebt eine gewisse Aristo- kratie unter ihnen, und nicht wenige, die in Städten, namentlich in Hermannstadt und Klausenburg, oder vielmehr in eigenen Dörfchen bei den Städten wohnen, sind wirklich wohlhabend zu nennen. Ihre Wohnungen zeichnen sich nicht selten durch Rein- lichkeit aus. Sie tragen die schöne Husarentracht mit klingen- den Sporen. Ihr Haupterwerbszweig ist die Musik. Wer auf einem Instrumente tüchtig ist, wird in eine Musikbande auf- genommen, und so durchziehen sie das Land und kehren oft mit ansehnlichem Gewinn nach Hause zurück. Wie der Zigeuner die Musik leidenschaftlich liebt, so hat er auch das feinste Ge- hör für sie, was ihn bei Erlernung eines Instrumentes außer- ordentlich begünstigt. Doch befaßt er sich selten mit Noten, sondern zufrieden, eine Melodie gehört zu haben, faßt er sie sogleich vollkommen auf und behält sie mit erstaunlicher Treue. Diese Eigenschaft hat die Zigeuner bei allen Festen in Ungarn und Siebenbürgen fast unentbehrlich gemacht. Gedicht: „Der Zigeunerbube im Norden" von Geibel.

5. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 81

1895 - Leipzig : Hinrichs
Italiener. 81 Wie um den Kultus steht es um die Kunst des heutigen Italiens. Sei es in der Musik, sei es in der, Poesie oder der bildenden Kunst, fast überall finden wir nur Äußerlichkeit, nur Streben nach Sinnenreiz, Formenschönheit, glänzende Erfindung und feine Behandlung, selten aber Größe, Tiefe, Würde, Innerlichkeit. Keine Kunst aber ist hier so volkstümlich und in tiefster Natur begründet, so lebensvoll und gesund als die dramatische Darstellung. Man braucht nur auf eine Stunde sich unter das Volk in ein Marktgewühl zu begeben, um genngfam inne zu werden, welch schauspielerische Befähigung jeder Italiener besitzt, welch ein geborner Schauspieler er ist. Der leichtlebigen Knabennatur des Italieners steht nichts so fern als anhaltend tiefer Schmerz, stille Wehmut und stille Kopfhängerei. Wohl bricht er bei einem herben Verlust zuerst in heiße Thränen und laute Klagen aus. aber rasch wird der Gestorbene aus dem Hause geschafft, meistens schon anderen Tages. An vielen Orten ist's nicht einmal üblich, ihm das letzte Geleit zu geben. Brüderschaften tragen ihn in eine Kirche, er wird eingesegnet, gewöhnlich bei Nacht, schnell zu Grabe gelegt, einige Tage darauf folgt dann in der Kirche das Toten- amt, und damit ist alles vorbei. Kein Zeichen der Trauer, nichts verkündet den andern, daß das Haus vielleicht seinen Herrn, die Familie den treuen Vater, die Kinder die liebende Mutter verloren haben. Man spricht selbst ungern davon. Wohl errichtet der Reiche und Vornehme den Abgeschiedenen kalte Prachtdenkmäler von Marmor in den Kirchen; unbekannt und fremd aber ist unsere Poesie des Friedhofes, unbekannt ist es, still die grünen Gräber zu besuchen, sie liebevoll mit Laub und Blumen zu schmücken, zu bekränzen und zu bepflanzen. Mit wenigen Ausnahmen bieten daher die gemeinsamen Grab- stätten in Italien ein Bild der widerwärtigsten und abschreckend- sten Ode und Kahlheit. Wie dem Italiener alles tiefere Versenken und Eingehen in den Geist der Natur verschlossen ist, alle frische Wanderlust und Freude an Wald und Gebirg abgeht, so fehlt ihm auch gänzlich unser Sinn für behagliche Einrichtung und Wohnlich- keit des Hauses, ein Mangel, den er übrigens mit den meisten Südländern teilen mag. Das Haus gilt dem Italiener wenig, die Straße alles. Buchholz, Völkerkunde. 6

6. Erdkunde - S. 316

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 316 — er sich keine Rechenschaft zu geben. Zuerst ist es der ungeheure Maßstab der Riesenbäume, welcher uns in Erstaunen setzt, sodann die gänzliche Verschiedenheit der Pflanzenwelt dieser Wälder von der unseres Erdteils. Wo wir in der Heimat einen blühenden Stranch oder einen Obstbaum in anmutiger Farbenpracht erblicken, da finden wir hier blühende Banmkolosse, deren Höhe die der heimatlichen um das Doppelte, ja selbst Dreifache übertrifft, während ihre Blüten den größten Blumen unserer Prachtgärten an die Seite gestellt Bild 104. Urwald in Brasilien. werden können. Dazu sprossen sie in einer solchen Fülle hervor, daß das ganze Laubdach des Baumes sich oft in ihre Farben zu kleiden scheint. Besonders sind es jene Bäume mit prachtvollen lila oder weißen Blüten, welche ungemein viel zur Zierde der Wälder beitragen, indem sie sich von dem mannigfachen Grün des Laubes unterscheiden. Jeder Baum hat seinen eigentümlichen Wuchs, sein eigenes Lanbwerk und sein von den benachbarten Bäumen ver- schiedenes Grün. Riesige Gewächse, den verschiedensten Arten an- gehörend, verschlingen ihre Zweige und erzengen ein Gemisch des verschiedenartigsten Laubes. Gleich gewaltigen Säulen erheben sich

7. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 45

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
45 Trachten auf die Erlangung und Erhaltung eines mglichst ununter-brochenen Wonnegefhls gerichtet. Dabei leitet ihn die (fgov^ig. Diese zeigt ihm den wahren Weg zum Glcke, lt ihn die ganze Wonne einer Lust durchkosten, lehrt ihn aber auch den wahren Lust-wert bei allen Freuden erkennen. So verlangt er nicht nach jeder Lust, vermeidet nicht jeden Schmerz; denn manche Lust hat grere Schmerzen zur Folge, und gar mancher Schmerz verursacht eine grere Lust. Besonders hlt der Cpikureier alles fern, was die ruhende Lust (Gemtsruhe und Gesundheit) gefhrden knnte, so nicht blo die Krankheiten, sondern alles eigentliche Arbeiten, Ringen und kmpfen, sowie alles das, was dazu antreibt, wie den Ehrgeiz und die Vater-landsliebe. Um die heitere Ruhe eines zufriedenen Sinnes nicht zu stren, kmmert sich der Epikureier mglichst wenig um uere nge-legenheiten. Bei jeder Lust der Bewegung dagegen sieht er vor allem darauf, da er nichts Strendes oder Leidvolles mit in den Kauf be-kommt; lieber verzichtet er darauf und begngt sich mit der ruhenden Lust allein. 34. Das wichtigste der das Leben der Hedoniker und Lpikureier. Die epikureiische Schule ist eine Weiterbildung der von Aristippos begrndeten hedonischen Schule. Aristippos von Kyrene (an der Nordkste von Afrika) war ein Zeitgenosse von Platon, mit der er am Hofe des lteren und spter des jngeren Dionysias (406 - 367, 367 343) zusammentraf. Selber den Freuden des Lebens ergeben, sah er auch in der Lust (fjdovrj) das einzig erstrebenswerte Lebensgut. Epikuros aus Athen (341 -270) trat ungefhr gleichzeitig mit enon in Athen mit seiner Philosophie hervor, um 306. Seine Lehre ist eine Verschmelzung der Atomenlehre Demokrits und der Lustlehre Aristipps. Epikur war so gesittet und freundlich und gutherzig, da seine Schler ihn fast heiligmig verehrten. Unter den spteren Epikureiern ist am bekanntesten der rmische Dichter Lukrez, ein beraus ernster und ehrenwerter Mann, dazu ein abgesagter Feind aller Genusucht. In seiner Dichtung de rerum natura fand Epikurs Lehre einen berzeugten, ja begeisterten Vertreter. 35. vergleichende Zusammenstellung der wichtigsten Lehren von Platon, Aristoteles, Ienon und Epikuros. 1. der das Begriffliche als die Grundlage eines wahren Wissens. Platon machte die Begriffe des Sokrates zu engelartigen Personen, Ideen genannt, die in einem besonderen Ideenhimmel wohnten. Nach Aristoteles wohnen die Begriffe in jedem darunter fallenden Einzelwesen und bleiben darin bis zu dessen Vernichtung. Zenon verlegt sie in den denkenden Menschengeist, der sie dann den Einzelwesen unterlegt.

8. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 48

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
48 und ihre lebendige Redefreudigkeit besonders wirksam waren. Unter solchen Bedingungen bildete sich die Rede naturgem in drei besonderen Gattungen aus als 1. ytvog Sixavixv in Reden vor Gericht, 2. yevog (fvfiovxevtlxv (oder ^Tjiutjyo^txov) in Reden vor dem Rate und der Volksversammlung, 3. yevog emdeixrtxov (oder Tzavv\yvqixv) in Reden vor dem ge-samten, aus festlichen oder traurigen Anlssen versammelten Volke. Alle diese Gattungen wurden in der Bltezeit der Beredsamkeit ein Jahrhundert hindurch, etwa vom Beginne des peloponnesischen Krieges bis kurze Zeit nach dem Untergange der griechischen Freiheit bei Chaironeia (430- 330), theoretisch gelehrt und praktisch gebt in der Weise, da fast alle groen Redner zugleich auch als Lehrer der Redekunst ttig waren. Dazu kam dann noch betreffs der Prozerede eine besondere Klasse von Rednern, die sog. Logographen 1), welche gegen Lohn Reden fr andere schrieben. Diese Ttigkeit hatte ihren Ursprung in dem athenischen Gesetze, da vor Gericht jeder Streitende seine Sache selbst führen mute. 39. Der Kanon'' der attischen Redner. Von den zahlreichen Rednern der Bltezeit wurden durch die Pergamenischen Grammatiker (um 125 v. Chr.) zehn, die man im Altertum als die hervorragendsten Vertreter der Redekunst schtzte, in einem sog. Kanon {xavwv = Richtschnur, Muster) zusammengestellt: 1) Antiphon, 2) Andokides, 3) Lysias, 4) Isokrates, 5) Isaios, 6) Demosthenes, 7) Lykurgos, 8) Hyperides, 9) Aischines, 10) Dinarchos. Wir heben im einzelnen hervor: 40. Lysias. Lysias (449 ober 445 - 378), geboren in Syrakus als Sohn des Kephalos, welcher um 440 auf Veranlassung seines Gastfreundes Perikles von Syrakus nach Athen bersiedelte und als /uttolxog iaotsxrjg (d. h. ausgeschlossen von der Teilnahme an der Staatsverwaltung und Gerichtsbarkeit, aber zugelassen zum (Berichte ohne ngoardzik, von allen Leistungen der Richtbrger, also auch vom /aetoixwv, befreit und zur (Erwerbung von Grundbesitz berechtigt) im Peiraieus eine bedeutende Schildfabrik betrieb. Wahrscheinlich um 430 wanderte Lysias aus unbekannten Grnden wieder nach Unteritalien und zwar in die von Perikles gegrndete Kolonie Thurii, nahm hier Unterricht in der Rhetorik und Politik bei Tisias (s. S. 47) und kehrte im Jahre 411 nach Athen zurck. Auch er betrieb hier mit seinem Bruder Polemarchos, beide als fieroixoi iaoxeleig im Peiraieus wohnend, eine Schildfabrik mit 120 Sklaven. Ihr groer Reichtum erregte die Habsucht der i) Logographen in diesem Sinne sind wohl zu unterscheiden von den Logo-graphen, welche als Vorlufer der kunstmigen Geschichtschreibung, in 20, S. 28 behandelt sind.

9. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 50

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
50 der Einbung vorgelesener Musterreden, teils endlich in einer Anleitung zur Ausarbeitung von eigenen Reden oder Abschnitten von solchen. Unter den von Isokrates selbst verfaten Musterreden erregen das meiste Interesse die der epideiktischen Gattung. Diese groen Prunk-reden waren zugleich politische Flugschriften und fr den Verfasser das Mittel, seine Ideale vom Zusammenschlu aller Hellenen zu gemeinsamer Bekmpfung der Barbaren unter das Volk zu bringen, Ideale, welche bei dem damaligen Stande der Dinge nicht mehr zu verwirklichen waren und deren Zerrinnen bei Chaironeia den fast 100--jhrigen Greis mit solchem Schmerz erfllte, da er 338 sich selbst das Leben nahm. Die berhmtesten seiner epideiktischen Reden sind: der 7zavr\yvqlxog, eine 380 fingiert in Olympia vor der panhellenischen Festversammlung gehaltene, durch abgerundeten Periodenbau, klangvollen Rhythmus, Reinheit der Sprache und Vaterlandsliebe ausgezeichnete Lobrede auf Athen, welche dieser Stadt das Recht auf die Hegemonie zuspricht, und der 7rava&r]vcux6g, eine Rede, die mit greisenhafter Weitschweifigkeit ohne wesentlich neue Gedanken das Lob Athens in denselben Tnen singt, wie der navvflvqlxo*;, und zugleich die rhetorische Kunst des Verfassers selbstgefllig verherrlicht. 42. vemosthenes. Derrtosthenes, Sohn des Demosthenes, aus dem attischen Demos Paiania, wurde wahrscheinlich 383 geboren. Sein Vater war Besitzer einer mit 30 Sklaven betriebenen Schwertfabrik. Kaum 7 Jahre alt, verlor er seinen Vater durch den Tod und wurde durch unehrliche, gewissenlose Vormnder um das nicht unbetrchtliche Vermgen (15 Talente) betrogen. Von Isatos in der Redekunst belehrt und mit juristischen Kenntnissen ausgestattet, zog er einen der Vormnder vor Gericht und erwirkte, obgleich erst 20 Jahre alt, die Verurteilung des ungetreuen Vormundes zu 10 Talenten Schadenersatz, mute sich aber schlielich zu einem mageren Vergleiche bereit finden. So durch die Unehrlichkeit seiner Vormnder zu den ersten Versuchen im Reden gezwungen, suchte er, um sich eine Stellung zu grnden, sich als Redner auszubilden. Es ist allbekannt, mit welch beispiel-loser Entschlossenheit der junge, beraus strebsame Mann die Gebrechen seiner Natur, das Zucken mit der Achsel, die schlechte Aussprache des t> und das zaghafte Bangen gegenber dem rauschenden Lrm der Volksmenge durch das der der Schulter aufgehngte Schwert, durch Steinchen, die er in den Mund nahm, sowie durch Sprechen gegen die brandenden Wogen des Meeres bekmpfte und siegreich berwand. Diese unbeugsame Tatkraft hat den Redner durch sein ganzes, vielbewegtes Leben begleitet. Sein Werden und Wachsen als Redner vollzieht sich in drei Perioden. In der ersten Periode sehen wir ihn als redenschreibenden Rechtsanwalt im Kampfe um feine brgerliche Existenz; in der zweiten tritt er persnlich als Redner auf, zumeist in Privatprozessen, aber durchweg solchen, bei denen zugleich auch ein ffentliches Interesse in

10. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 120

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
120 glnzende Anerbieten ab. Gestorben ist Horaz am 27. November 8 v. Chr., wenige Wochen nach dem Tode des Mcenas, neben dessen Grabe auf dem Esquilin seine Asche beigesetzt wurde. Horaz war von kleiner Gestalt und, wenigstens im spteren Alter, wohlbeleibt. Dafe er frh ergraute, auch von seinen Jugendjahren her an den Augen litt, ist aus seinen Gedichten zu ersehen. - Seine Lebensfhrung war sittlicher als die seiner meisten Zeitgenossen. In seiner Jugend gehrte er, wie er es launig ausdrckt, zur Herde Epikurs", in gereifteren Iahren aber bekannte er sich mehr zu den ernsten Grundstzen der Stoiker. Jedenfalls besa er stets ein warmes Herz fr alles Schne und Edle. Den Freunden, dem Vaterlande, dem Herrscher bewies er aufrichtige Liebe, ohne jemals seine Selbstndigkeit aus Schwche oder gar aus Selbstsucht preiszugeben". -Mit Hellem, gesundem Menschenverstnde verband er gutmtigen und wohlwollenden Humor. Seine schriftstellerische Laufbahn begann Horaz mit zwei Bchern Satiren (s. S. 121). Sie entstanden in den Iahren 41 -30 und verschafften ihm rasch dichterischen Ruf. Neben der Abfassung der Satiren ging die Bearbeitung der schon erwhnten Epoden her. Seit dem Jahre 30 nahm er sich die melische Lyrik der Griechen zum Muster; besonders bemhte er sich die Strophen des Alkaios und der Sappho (s. S. 19) nachzubilden. So wuchs eine Sammlung von Liedern (Oden) heran, die, in den Iahren 30-24 gedichtet, um 23 in drei Bchern verffentlicht wurden. In der Zeit von 24-20 schrieb er poetische Briefe, die alle an bestimmte Persnlichkeiten gerichtet sind; es sind ihrer 20, zu einem Buche (dem ersten Buche der Episteln) vereinigt. Auf den Wunsch des Augustus, der die in den Alpengebieten erfochtenen Siege seiner Stiefshne Tiberius und Drusus verherrlicht wissen wollte, kehrte Horaz noch einmal zur Obenbichtung zurck: in den Jahren 17-13 verfate er 15 Lieber, von benen 5 den Sieges-taten der Stiefshne und dem Herrscher selbst geroibmet sinb; sie bilben das vierte Buch der Oben. Auch das Carmen saeculare, das Festlieb zur Skularfeier Roms im Jahre 17, verbankt einer Bitte des Kaisers seine Entstehung. Des Dichters letztes Werk ist das zweite Buch der (Episteln; es enthlt 3 Briefe, beren letzter unter der Bezeichnung de arte poetica liber bekannt ist. Die Oben des Horaz zeichnen sich vor den Liebern aller andern Lyriker des Altertums durch ihre reiche Mannigfaltigkeit nach Inhalt und Form aus. Veranlassung und Stoff zu poetischer Behanblung bieten ihm nicht nur das Leben der Natur, die Freuben des Weines, der Liebe und der Freunbschaft, sonbern auch zu hherem Schwnge stimmt er seine Leier; mehrfach bringt er den Gttern Hulbigungen bar; in andern Liebern verherrlicht er den Herrscher und sein Geschlecht ober zeigt sich besorgt um des Vaterlanbes Wohl, inbem er mahnenb und roarnenb die Schben der Zeit aufbeckt und die auf die sittliche Wiebergeburt des rmischen Volkes gerichteten Plne des Augustus mit warmherziger (Empfehlung untersttzt; ein Lieblingsthema ist die Macht des Gesanges; sehr entfprechenb enblich sinb die Oben, in benen er, wenn
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